Re: Schuhe und Sattel

von: Anonym

Re: Schuhe und Sattel - 16.05.18 06:21

Ist ein ewiges Thema und es ist auch das Wichtigste dazu bereits gesagt. Daher mal ein anderer Aspekt, hoffentlich technisch korrekt.
Alle bekannten Sättel - außer reinen Carbonschalen - arbeiten mit dem Prinzip "Polsterung". D.h. am Druckpunkt geben sie nach und verteilen dadurch Kraft/Gewicht. Bei Entlastung gehen sie wieder zurück. D.h. sie müssen permanent in "Form" gedrückt werden. Ideal und ohne Druckspitzen wäre ein Wasserkissen, aber es ist zu schwabbelig. Also ging man auf Gel, aber nun müssen die Stellen eben "aktiv gedrückt" werden. Weil Gel zu schwer und zu schwabbelig sein kann, versucht man mit ausgeklügelten Kunststoffschaumhärten eine straffe Polsterung zu erreichen. Der Widerspruch bleibt aber bzw. wird noch größer: Nicht an den konkreten Hintern angepaßt soll er optimal Kraft/Gewicht verteilen und trotzdem dafür nicht weich sein. Wenn die Grundform der Schale unter dem Polster bzw. die Polsterkontur nicht zur Form des Hintern paßt, müssen sich bestimmte Teile sehr stark verformen und andere Stellen nicht und genau das spürt man dann dauernd. Deshalb gibt es so unterschiedliche Beurteilungen zu einem Satteltyp.
Der Kernledersattel löst das anders, weil er kein Polster ist, sondern eine Sitzschale, die sich dem Hintern durch Einfahren dauerhaft anpaßt und eben danach nicht mehr in diese Form gezwungen werden muss. Wenn die neue "Lederschale" überhaupt nicht zum Hintern paßt, wird das Einfahren ein Höllenritt, wenn sie schon ungefähr passt dauert es zwar recht lange, aber mit nur wenigen Beschwerden und wird perfekt. Die Verformung eines so eingefahrenen Sattels sind nicht extrem, aber genau passend an den richtigen Stellen.
Leider hat der Hauptvertreter Brooks zwar diesen Vorteil des Kernleders über die Zeit beibehalten, aber das Sitzgestell (und wahrscheinlich die Maschinen) sind auf dem Stand des 19. Jahrhunderts eingefroren worden. Es fehlt alles, was moderne Sättel sonst haben: Maßhaltige Sitzschienen, leichte Gestelle, Seitenneige-Beweglichkeit der Gestelle (ohne die grotesken Federn).