Re: Aktion „Seitenabstand 1,5 Meter“ in Köln

von: derSammy

Re: Aktion „Seitenabstand 1,5 Meter“ in Köln - 19.12.17 17:02

In der Situation des Videos ist es so, dass es auf der Brücke (also zu besagtem Zeitpunkt) rechts einen Radweg gibt, verläuft noch neben den Straßenbahnschienen. Da ist mir nicht so ganz klar, wie verbindliche benutzungspflichtig der ist. Wenn man vor der Brücke aus Sicht des Videos von links kommt, dann sieht man das Schild nicht und kann folgerichtig auch über die Brücke fahren. Habe ich regelmäßig schon so praktiziert. Geht auch gut, weil der Verkehr in dem Bereich gepulst ist (viele Ampeln). Man muss sich als Radler nur breit machen und darf nicht am rechten Rand kleben. Aber ja, "angenehm" geht anders. Rückbau ist an der Stelle kaum möglich - die Leistungsfähigkeit einer zweispurigen Straße ist dort schon nötig.

Nach der Brücke kommt der gute Abschnitt, breiter Fahrradstreifen auf Fahrbahnniveau und die Rechtsabbiegespuren rechts des Fahrradstreifens. Erst drei Kreuzungen später oder so wird der Radweg wieder Hochbord geführt, Rechtsabbieger links des Radwegs und später gar nur Schutzstreifen im Dooringbereich. Das ist natürlich deutlich weniger optimal. Trotzdem DER Hauptpendelweg für Studenten in Dresden - diese Achse.

Was den vermeintlichen Widerspruch betrifft, halte ich folgendes für richtig:
(1) Das mit dem "gleichberechtigten" Verkehrsteilnehmer betrifft vor allem die Wahrnehmung des Rades als Verkehrsteilnehmer, sowohl in der Verkehrsplanung, als auch von anderen Verkehrsteilnehmern (namentlich meist KfZ). Das gilt es grundsätzlich zu propagieren, ganz unabhängig von der verkehrsplanerischen Umsetzung und ob ein Radfahrer da wo er fährt "legal" unterwegs ist, oder nicht.
(2) In verkehrsarmen Bereichen ist Fahrbahnradeln m.E. für alle tollerabel. Piktogramme und Schutzstreifen mögen helfen, die Akzeptanz zu erhöhen, aber eigentlich sollte die da grundsätzlich da sein (und ist es nach meiner Beobachtung in der Regel auch).
(3) An Hauptachsen muss man geeignete Lösungen finden. Das ist immer eine situative Geschichte und mit Patentlösungen meist nicht zu beantworten.
(4) Die Verkehrsplaner sollten meines Erachtens beiden Ansprüchen gerecht werden. Einerseits sollen sie Radverkehrsführungen anlegen, die für flotte Alltagsradler attraktiv sind. Dabei sollte man insbesondere auf einen kontinuierlichen Ausbau von Hauptachsen achten. Andererseits spricht auch nix dagegen, hier und da separate Führungen vorzusehen, die vom motorisierten Verkehr getrennt geführt sind. Sowas muss aber nicht flächendeckend sein, sondern da, wo es sinnvoll ist (z.B. an Flüssen, Parks) und wo es nachgefragt ist.
Wichtig wäre, dass die Verkehrsplaner bei jeder Radverkehrsanlage im Blick haben, für wen sie gedacht und geeignet ist. Eine Anlage kann für beide Interessengruppen geeignet sein - dann muss man aber bei der Umsetzung mehr berücksichtigen, als wenn man sich nur auf die Interessen einer Gruppe konzentrieren muss.