Re: Pinion & Co.

von: Falk

Re: Pinion & Co. - 22.08.16 11:10

Zitat:
Selbst bei Kraftfahrzeugen lernen Mechaniker in der Ausbildung zwar die Reparatur eines Getriebes oder eigentlich nur das Zerlegen und den Zusammenbau, doch tatsächlich wird diese Arbeit nur bei einer kompletten Überholung durchgeführt, dauert Stunden und lohnt nur bei seltenen Oldtimern oder teuren Sportwagen.
Also selbst beim Auto wird das Getriebe auf Verschleiß gefahren und bedeutet dann den wirtschaftlichen Totalschaden für den Wagen.

Bei einem Fahrrad mit mehr als 100.000 Km sähe das ähnlich aus. Zwar lässt sich ein Getriebe immer noch komplett tauschen oder eben im Werk überholen, aber bis dahin sind mehrere Teile des Rades vom Verschleiß geprägt. Mit dem Getriebetausch wäre eine wirkliche Überholung des Fahrrades nicht abgeschlossen und die Kosten würden leicht den eines vergleichbaren gebrauchten oder sogar neuen Rades einholen.

Das ist der typische, kraftfahrzeuggeprägte Denkfehler. Im Gegensatz zu den ganz und gar nicht heiligen qualmenden Blechmülleimern ist ein Fahrrad auch weiterhin ein Baukastensystem. Die meisten Teile sind unabhängig vom Rest des Fahrzeuges tauschbar. Der »wirtschaftliche Totalschaden« ist damit echte Verarsche und dient nur dazu, den Leuten noch mehr Geld aus den Taschen zu ziehen. Darauf sollte jeder selberdenkende Mensch eigentlich selber kommen.

Zumindest beim R-Gerät ist nichts verkapselt. Der Getriebeblock ist tauschbar und das halte ich für deutlich einfacher, als den Radstern umzuspeichen. Wer mal gesehen hat, wie das Getriebe montiert wird, der weiß, dass es keine Zauberei ist. Das Entscheidende sind durch unterschiedlich starke Beilagescheiben eingestellte Spiele und damit sollte es möglich sein, den Getriebeblock zu zerlegen und wieder zusammenzusetzen, wenn alle Teile wieder in dieselbe Lage kommen. Das Problem dürfte eher die Ersatzteilverfügbarkeit sein, doch Getriebeteile für Kraftfahrzeuge gibt es auch nicht im Dorfkonsum irgendwo in Bolivien. Seltsamerweise macht das unseren kraftfahrenden Freunden keine schlaflosen Nächte. Ein Totalausfall, der das Fahrzeug fahrunfähig macht, dürfte bei den beiden hochübersetzenden Getriebebauarten, die für Fahrräder derzeit verfügbar sind, gleichermaßen unwahrscheinlich sein.

Wieso eine Kettenschaltung nun zum »Normalfall« definiert wurde, ist mir auch weiterhin nicht klar. Vielleicht fehlt mir die entsprechende Sozialisierung. Das dürfte dieselbe sein, die aus alten starrübersetzten Mühlen schicke ähm chice »Singlespeeder« gemacht hat.

Nur beim Vergleich mit den Zahnriemen geht mir regelmäßig das Messer auf. Im Kolbentriebwerk sind die Riemen Teil der Steuerung und nicht der Kraftübertragung. Naja, muss wohl ebenfalls an der (west)deutschen Kraftfahrzeugprägung liegen.

@cyclerps, als gelernter Tischler solltest Du eigentlich mit der Handhabung von Schrauben bestens vertraut sein. Dass die Gewindegänge in den Metallhandwerken etwas enger stehen, ändert doch am Prinzip nichts. Der Kettenantrieb dürfte niemanden mit zwei intakten Händen und zehn Schuljahren vor unlösbare Probleme stellen.