Re: Cyfly - mehr Kraft beim Treten?

von: derSammy

Re: Cyfly - mehr Kraft beim Treten? - 22.09.17 14:24

In Antwort auf: Toxxi

Die normale Ketten- oder Nabenschaltung ist in mehr als 100 Jahren Entwicklung derart durchoptimiert worden, dass da einfach nicht mehr viel zu optimieren ist.

Naja, so wesentlich viel ist da nicht durchoptimiert im Sinne von, dass es sich verändert hätte (der Wirkungsgrad und die Schaltvorgänge schon, das Prinzip nicht). Es geht faktisch seit Anfang an darum eine kreisförmige Kurbelumdrehung in die Radrotation zu überführen - und zwar mit einer zwar schaltbaren, aber im Prinzip festen Übersetzung. Einzig die unrunden Kettenblätter scheren da aus, etwas vereinfacht gesprochen schalten die über den Tretzyklus kontinuierlich periodisch rauf und runter. Allen üblichen Fahrradantrieben gemein ist aber die kreisförmige Kurve der Pedalen.

Was die Formel betrifft: Die gilt nur für gleichförmige Rotationen. Hier ändert sich aber sowohl das Drehmoment, als auch die Rotationsgeschwindigkeit zeitlich periodisch. Da berechnest du die mittlere Leistung über 1/[Länge des Tretzyklus]*[Integral von Drehmoment * Rotationsgeschwindigkeit über einen Zyklus]
Bei der klassischen Kurbel ist die Eingangsrotationsgeschwindigkeit konstant, aber das Drehoment ändert sich über den Tretzyklus. Wer einen "runden Tritt" hat, bei dem ist es gleichmäßig hoch, üblich ist aber wohl schon, dass nur in dem Moment des "Runterstapfens" ein recht hohes Drehmoment anliegt und sonst recht wenig. Die Cyfly-Leute drücken das mit ihren Bildchen vereinfacht so aus, dass quasi nur in 1/4 der Zeit eines Tretzyklus ein Drehmoment anliegt, sonst nichts. Die Kernidee ist nun mit einem aufwändigen geometrischen Getriebe die Sache so zu verändern, dass man eine möglichst lange Zeit des Tretzyklus in der "Runtertretsituation" verbringt, danach die Pedale recht schnell über den Totpunkt hinweg geführt werden um dann wieder recht langsam durch den nächsten Runtertretabschnitt zu laufen. Anteilsmäßig befindet man sich so über den gesamten Zyklus betrachtet länger in der Situation des Runtertretens und das ist halt genau die Phase, wo man Energie in den Antrieb steckt. Das soll dann das Bildchen mit dem größeren Kuchenstück versinnbildlichen.

Das zur Idee. Wie es praktisch funktioniert, muss man ausprobieren. Die Leute schreiben ja selbst, dass man den Tretablauf komplett neu lernen muss. Ich finde hier mein Schwimmbeispiel oben als Analogie ganz gut. Cyfly ist wie ein anderer Schwimmstil. Er kann Potential haben schneller zu sein, aber das muss man ggf. lernen, trainieren und es ist nicht klar, was langfristig praktikabler ist. Delphinschwimmen ist schneller als Brustschwimmen (weil mehr Antriebsleistung generiert/umgesetzt wird), das gilt aber nur für kurze Distanzen, weil es z.B. gegenüber Brustschwimmen sehr ermüdend ist (und wohl auch im Sinne einer Wirkungsgradbetrachtung nicht so effizient wie andere Stile).