Re: Vom Ruhrgebiet nach München

von: veloträumer

Re: Vom Ruhrgebiet nach München - 19.02.18 21:40

In Antwort auf: Mooney
Ich bin einmal über den Westerwald gefahren, und es ist auch lange her. Meiner Erinnerung nach war das eine ausgezeichnete Tour ohne viel auf und ab. Seitdem läuft der Westerwald bei mir als Hochebene, die man zwar erstmal erklimmen muß, aber wenn man einmal oben ist, kann man problemlos Kilometer bolzen. Ganz anders als der Taunus übrigens.

Ich weiß nicht mehr, welche Strecke ich damals gefahren bin, aber sie verlief jedenfalls weiter östlich, denn es ging von Bad Laasphe nach Limburg. Weder war es kalt noch besonders windig.

Wie du an o.a. Routenempfehlungen siehst, liegt auch deine vermutliche Strecke in anderer Lage als die vom Threadersteller erdachte. Von Bad Laasphe nach Limburg lässt sich ggf. eine Route weitgehend durch Hessen ziehen – wenn man so will ist das Westerwald „light“ - auch die Himmelsrichtung gemäß Kompassnadel ist verschieden. Wie du gut festgestellt hast, lässt sich der Westerwald als Hochebene interpretieren. Wäre da nicht die Sache mit dem Widerspruch zum Wortsinn HochEBENE. Die meisten dergleich bezeichneten Landschaftsgebiete zeichnen sich durch wenig ausgeprägte Täler oder mehr oder wenig fallstrickartige Senken aus – die, oh Wunder – zu recht sperrigen Auf und Abs führen. Letztlich ist es ja eine Erhebung des Rheinischen Schiefergebirges - Basalt, Ton, Bimsstein - jede Menge Arten von Erdklumpen und Stein.

Schon die „Ebenen“ der „Hochebenen“ sind nicht selten Stein des Anstoßes für zähes Fortkommen, lassen sich dortige Steigungen kaum erkennen, obwohl vorhanden. Von den Senken usw. gar nicht zu sprechen. In Karstregionen sind sie manchmal wie eine Berg- und Tallandschaft – nur scheinbar ohne System und ohne Fluchtkanal nach unten. Gewiss, selten erreichen Steigungen auf Hochebenen die der Aufstiege, das verleiht ihnen aber lange noch nicht sanfte Anmut – zumindest nicht aus Sicht des Radlers, noch weniger aus Sicht des ungeübten Radlers. Ich könnte hier weitschweifige Analysen von Filderebene und Schwäbischer Alb aus jahrelanger Betrachtungen ebenso geben wie über „Hochplateaus“ in alpinen Regionen. Alle sie würden aber nur eines sagen: Wenige Wege ergeben einen leichten Lauf des Abrollens, die meisten Wege zeugen von zumindest zähen, wenn nicht teils ziemlich kantigen Steigungskurven. Die geschickte Planung erlaubt natürlich meistens auch entspannte Varianten – aber eben nicht per Federstrich schlechthin.

Für die Nordwest- Südostachse Richtung Taunus durch das Kerngebiet des (rheinland-pfälzischen) Westerwaldes gibt es eine gute bekannte Route, nämlich die A3. Zwischen Lahnbrücke bei Limburg und Ausfahrt Siebengebirge findest du als Autofahrer ausreichend Senken und Hügel, die den weniger geübten Radlwaden durchaus in der Lage wären Furcht einzuflößen. Ich will hier keine Angstszenarien aufwerfen, aber so ein galanter Kinderradweg ist die Route auch jenseits der Autobahn halt nicht. Es gibt hier auch keine Hilfe kleiner Flusstäler, die großen Bekannten der Region wie Sieg, Wied und Lahn sind stark mäandernde Rheinzuflüsse mit zur angestrebten Route konträr quer laufenden Achsen. Mathematiker mit Oberstufenwissen über Kurvendiskussionen in Ergänzung Erdkunde Leistungskurs sprechen ggf. von einem rechtwinkligen Konfrontationskurs zu den Synklinalen und Antiklinalen aus Wellentälern und Wellenbergen.

Immerhin hat es ein Westerwälder namens Rudolf Scharping zum ersten Fahnenträger deutscher Radsporthelden geschafft, wohl nicht ganz zufällig. Andererseits lässt dessen Sprachgeschwindigkeit darauf rückschließen, dass er sich mit großer Mühe über die Hügel des Westerwaldes geschleppt haben muss. Da der Themenersteller und seine Kinder nicht dem Profilager des Apothekenpromotion-Kaders angehören, könnte also die Voraussetzung für lockeres Auf- und Abrollen nicht vollständig gegeben sein. Damit woill ich nicht dsagen, dass 90 % der Forumsfahrer eine Rudolf Scharping zu fürchten haben - zumindets nicht in Sachen Sprachgewandtheit - aber ich spreche ja hier für einen möglicherweise noch zart muskulären Radlnachwuchs aus dem Ruhrgebiet. (Welch Freude, aus Kohlekumpel werden in Zukunft Radkumpel! bravo)

Die Kenntnis über Schnee erhielt ich als Bewohner der geschützten Kölner Bucht durch Autos, die im Winter die Eiskristalle auf ihren Autodächern bis hinunter an den Rhein brachten. Nur den Amerikanern ist im Westerwald (Westerburg) zu warm – sie haben sogar ihre Unterhosen ausgezogen und als Flagge gehisst (wohin auch sonst damit?). Den Wind habe ich mir eigentlich auch nicht erdacht, er pfeift mir heute noch durchs Ohr, war ich doch gezwungen das Westerwaldlied nicht nur häufig mir zu Ohr zu führen, sondern sollte auch noch lautmalende Lippenbewegungen dazu machen. An den Rändern des Westerwaldes gibt es auch Orte wie Winden, Windeck und Windhagen – gemeinhin sind Ureinwohner nicht wählerisch mit Ortsnamen gewesen, sondern haben Eigenschaften ihres Ortes für das geografische product placement verwendet. Anders gesagt: Die Neandertaler haben schon gerufen: „Kommt her, ihr Windradbauer, macht Ökostrom im Westerwald, wo der Wind so pfeift.“

Apropos Windhagen und Bewohner. Eine liebsam aussehende Mitschülerin mit dunklen, unschuldigen Kulleraugen, brauner Teint (Höhensonne Westerwald?) platzierte das fachmännisch (Schlachthof-Hintergrunderfahrung war vorhanden) ausgestochene Rinderauge samt fädenziehender Nerven- und Sehnenstränge auf dem Fahrzeugsperrpfahl des Schulhofes. Ich möchte jetzt nicht den Themenersteller dahingehend abschrecken, dass im Westerwald Gefahr besteht, dass dort Vagabunden Augen ausstechen oder gar Kindermörder unterwegs sind, sondern das vielmehr positiv gewendet sehen, dass man sich dort den Besuch teurer Geisterbahnen sparen kann, der Grusel gleich in den Wäldern daselbst weilt. Weitere Erkenntnisse der Klima- und Anthropologieforschung auch hier.

Als originär der Kaste der Schaumschläger und angeberischen Klüngelkönige möchte ich meine despektierlichen Äußerungen natürlich nicht ungebremst und ohne reumütige Läuterung stehen lassen. Immerhin unterscheidet sich der Lahntäler doch deutlicher vom Westerwälder – Dillenburg, Herborn oder Hadamar sind schon eher Lahntäler als Westerwälder. Mein Bruder war mal auf einem Internat in Hadamar (nein, nein, ich gehe nicht auf Hadamar dunkles NS-Kapitel ein…), welches eine Art Vorort zum Lahntäler Limburg darstellt. Schon der Arm des Limburger Bischofs reicht zu diesem Internat. Und aus dem Limburger Bischofshause ist ja lebensfrohe Lebensweise mit Whirlpool, Marmoraltar und Haut-Cuisine-Küche gut überliefert – ein Genießervolk nahe am Lichtkranz eines Sonnenkönigs. So gesehen gibt es kaum eine lieblichere Gegend und die Grenzen sollen auch dort durchlässig sein zwischen Lahntal und Westerwald.

Ach so: Vorsicht, kann Spuren von Satire enthalten – bekanntlich selten wissenschaftlich fundiert, selten komplett unwahr unsicher bier

Ach noch: Zwischen Erpeler Ley und Neuwieder Becken wird schon Wein angebaut und gesoffen (?), im Westerwald ist man von Weinkultur aber weiter entfernt als in Schweden. Das ist auch ein klimatischer Hinweis. bier2

Ach nee: Höre gerade, die Gottesvertreter haben schon wieder Ärger mit diesem lästigen Goldsäcken, nicht nur Lahntäler...