Re: Schlachtfelder um Verdun mit dem Fahrrad?

von: Keine Ahnung

Re: Schlachtfelder um Verdun mit dem Fahrrad? - 05.10.18 14:49

Es ist kein "gewöhnliches Schlachtfeld". Es ist nicht eine Wiese, zu der erzählt wird, dass sich hier Truppen gegenüber gestanden haben, wie bei so manch anderen Kriegsschauplätzen, wo nur noch sehr viel Fantasie die Schrecken des Krieges erfassen kann. Es gibt dort an diversen Stellen durchaus recht gute Darstellungen dessen, was in den Schützengräben stattgefunden hat. Wenn man dann noch sieht, wie nah sich diese Schützengräben zum Teil waren und wenn man liest, wie viele Tote nur wenige Meter nach vorne oder hinten bedeutet haben, so vermittelt der Besuch durchaus auch dem etwas weniger abstrakt Denkenden eine Vorstellung von der Unsinnigkeit und der Tragödie dieses Kampfes, den die Soldaten wohl von sich aus nie geführt hätten. Alleine die Tatsache, dass Weihnachten gemeinsam Lieder gesungen wurden, um sich danach wieder gegenseitig abzuschlachten, erzeugt tiefe Betroffenheit und auch Unverständnis. Begriffe wie "Ehre", "Patriotismus" und "Heldentum" relativieren sich für denjenigen, der sich dieses Elend vergegenwärtigt, recht gründlich.

Schade, dass sich diese Erkenntnis nach dem ersten Weltkrieg nicht genügend verbreitet hatte. Die Nazi-Demagogen hätten mit ihrer Dolchstoßlegende und ihrem Wahn, dass der "arische Deutsche" eine Überlegenheit besitzen würde und alle wirtschaftlichen und sozialen Probleme den "nichtdeutschen Elementen" zuzuschreiben seien, keinen Erfolg gehabt, so dass der Menschheit KZ-Gedenkstätten sowie weitere Schlachtfelder erspart geblieben wären.

Ich gebe Dir aber recht. Nicht jeder Besucher - ob Jugendlicher oder Erwachsener - wird gleich auf das reagieren, was dort oder in einer KZ-Gedenkstätte zu sehen ist, und nicht überall wird die Geschichte gleich gut vermittelt. Mir persönlich ist es z. B. wichtig, nicht nur von geschichtlichen Ereignissen gelesen zu haben, sondern ihnen auch in gewisser Weise "nahe zu kommen". Ich denke, dass das in Verdun einigermaßen gut gelingen kann. Wenn man sich dann noch ein wenig Zeit nimmt, eine der zahlreichen Kriegsgräberstätten aufzusuchen und die "Daten" dort zu lesen und sich versucht vorzustellen, dass der da nach vielleicht qualvollem Leiden ruht der Bruder, Sohn, Vater, Ehemann, Onkel, Freund anderer Menschen gewesen ist - egal welcher Nation, so überkommt einen Trauer und Wut zugleich.

Wenn ich dann so die aktuellen politischen Strömungen in Deutschland und in anderen Ländern betrachte, so überkommt mich Frustration und auch Unverständnis. Wie kann man so wenig aus der Vergangenheit lernen? Ich denke, dass ein Besuch von Stätten wie Verdun inklusive eines sinnvollen Geschichtsunterrichts hilfreich sein könnte. Und das nicht, um ein Schuldgefühl zu erwecken, sondern vielmehr, um mehr verantwortungsbewusste und wachsame Bürger zu erzeugen, die sofort Alarm schlagen, wenn Dinge in gefährliche Richtungen laufen.