Re: Schlachtfelder um Verdun mit dem Fahrrad?

von: derSammy

Re: Schlachtfelder um Verdun mit dem Fahrrad? - 08.10.18 10:04

In Antwort auf: cyclerps

Da gebe ich Dir recht Max saikels. So lange jeden Tag Mord und Massaker im Fernsehen das normalste der Welt ist, Länder irgendwo ihre Bomben abladen (manche dürfen das weil es die guten sind) wird die Belehrung auf schändliche Zeiten ins leere, immer mehr ins leere, laufen.


Sorry, aber bei diesem Vergleich bekomme ich arge Bauchschmerzen. Es ist sicher richtig, dass man heute im Fernsehen mit deutlich mehr Gewalt konfrontiert wird, als es lange üblich war. Und sicher auch mit mehr Gewalt, als es der momentanen Sachlage entspricht. Laut dieser Quelle sind es allein im öffentlich-rechtlichen Fernsehen 40 Morde pro Woche, also 2000 im Jahr. 2017 gab es offiziell in Deutschland 450 Morde, 1850 Totschlagsfälle/Tötung auf Verlangen. Das zeigt sehr plastisch, welche Relatiätsverzerrung da unsere Krimikultur zeichnet.

Der Punkt ist aber, dass ein Krieg (der 1.WK war der erste, bei dem im großen Stil Massenvernichtungswaffen zum Einsatz kamen) oder gar der der Genozid und industrielle Massenmord in der NS-Zeit nochmals eine völlig andere Qualität an Brutalität und Menschenverachtung zeigen.

Die Frage, ab welchem Alter man die geistige Reife hat, sich damit auseinandersetzen zu können, ist durchaus berechtigt. Und wegen der Heterogenität der Antworten darauf, ist es für Lehrer sicher auch nicht leicht abzuwägen mit welcher Klasse in welcher Jahrgangsstufe eine solche Auseinandersetzung sinnvoll und vertretbar ist. Aber wo, wenn nicht in der Schule, soll eine differenzierte Auseinandersetzung mit so schwerer Kost stattfinden? Dass sie nötig und unabdingbar ist, sehe ich genauso wie Arnulf.

@Heinz: Nach allem, was du recht unzurückhaltend so über deinen Sohn schreibst, ist der reif für die Auseinandersetzung mit der Sache. Fahrt hin, nehmt euch Zeit und sprecht darüber.

Ach ja, um abschließend einen von Markus angesprochenen Aspekt nicht völlig zu vergessen: Ich bin absolut entsetzt, mit welcher Gelassenheit unsere Gesellschaft kriegerische Auseinandersetzung mittlerweile wieder als legitimes Mittel der Außenpolitik ansieht. Dass rechtsstaatliche Prinzipien (Gerichtsverfahren, Unschuldsvermutung, Menschenwürde) im modernen Drohnenkrieg (der letztlich nichts anderes als staatlich legitimiertes Morden mit einkalkulierten Kollateralschäden auf Knopfdruck) auf einmal keinen Pfifferling mehr wert sind. entsetzt
Anscheinend findet mittlerweile viel zu wenig Auseinandersetzung mit der Grausamkeit eines Krieges statt. Anscheinend sind WK 1&2 schon viel zu weit weg, um sich daran zu erinnern, welches Leid da nicht nur auf den Schlachtfeldern stattfand, sondern auch welche Traumata da über Jahrzehnte und generationsübergreifend in die Familien gebracht wurden.