Re: Kalabrien - Aspromonte, Sila-Gerbirge und Pollino

von: veloträumer

Re: Kalabrien - Aspromonte, Sila-Gerbirge und Pollino - 25.02.07 22:39

Hallo Peter,

hier meine Eindrücke vom Teil Kalabrien aus meinem Giro 2006.
Eines ist Unsinn: Kalabrien ist gefährlich. Mafia, Camorra etc. wirken nur in ihren Milieus, Touristen sind i.d.R. nicht davon betroffen. Abgesehen von den Folgen - wie z.B. das Müllproblem in der Gegend Napoli - sieht und spürt man nichts davon. Große Teile Kalabriens sind ländlich geprägt und daher völlig unbedenklich. In Reggio ist zwar der Verkehr teils sehr chaotisch, am Rande sind ein paar Viertel, die nicht so einladend wirken - aber da hält man sich ohnehin nicht lange auf.

Ich kam vom Norden, daher beginne ich mit Práia a Mare, wenig vorher in Castrocucco hatte ich auf einem Camping am Meer übernachtet. Bei Práia steigt die Straße an, eine Nebenstraße geht auf und ab, die SS 18 verläuft auf der Höhe (max. 100-150m), dann geht es runter nach Scalea. Die Straße ist stark befahren. Der weitere Verlauf ist unspektakulär flach mit freien und kommerzialisierten Stränden. Typische Relikte sind immer wieder alte Türme - bei Scalea gibt es sogar prähistorische Funde. Bei Marina di Belvedere rücken die Berge nah ans Meer und lassen Wasser aus endlos vielen Quellen treten. Noch direkter rücken die Berge Marina di Fuscaldo ans Meer. Sogar Nebelschwaden hingen im Juli in der Talauffahrt.

Bei Páola bin ich über die SS 107 nach Cosenza, auch stark befahren, aber noch erträglich. Autofahrer feuern den Radreisenden gelegentlich an. Alternativ geht die nahezu unbefahrene Strecke über den Passo Crocetta ab, die ich aber aus Zeitgründen der schnelleren Verbindung geopfert hatte. Der Tunnel ist nur kurz und unproblematisch.

Cosenza ist eine langgezogene Stadt mit Universität, junges Volk, breite und saubere Neustadteinkaufszone, man ist gerne Pizza. Habe mich gut mit einem jungen Gastwirt unterhalten. Die meisten Hotels sind eher etwas teurer - deswegen mein Tipp: Hotel/Albergo Grisaro, 28 € für sehr kleines Einzelzimmer, ordentlich sauber, Rad kann ins Hotel gestellt werden, Fr. lohnt nicht, Nähe Fußgängerzone.

Auf der SS 107 nun wenig Verkehr (sonntags morgens). Tolle Panoramablicke, nach Spezzano waldreiche Fahrt auf der SS 648, eigentümliche Vegetation, mehrere Quellen, Nebelwolke durchfahren. Vom Válico di Monte Scuro weiter Blick auf die Seen. Vom Pass geht es weiter hinauf (in Schüben, nicht gleichmäßig) über Almwiesen (Kühe, erinnert ans Allgäu) zum Monte Botte Donato, Straße fast am höchsten Punkt, kein Pass, weite Panoramablicke. Absolut verkehrsarm. Abfahrt auf etwas schlechter Straße, insbesondere allerdings aufpassen wegen der vielen Kiefernzapfen.

Auf dem Weg nach Rovale sieht man wenig vom Lago Arvo. Bescheidener Agritourismus. Leichter Pass nach Silvana Mánsio, noch schöne Blumen, danach langweilig. Kurze Passage nach Westen über die SS 107 bis Croce di Magara, dann völlig einsame Straße nach Germano, zunächst Wiesen & Weiden, dann dunkler Kiefernwald, viele Kühe auch auf der Straße. Wirkt wie eine archaiche Waldlandschaft. Statt direkt am Fiume Neto weiter kleiner Umweg über Germano, irgendo ein Mini-Camping, eigentlich aber kein Tourismus. Schöne Kurvenfahrt durch Blütenbüsche und lichten Wald bis zur SS 107.

In San Giovanni in Fiore kein Camping. Ort ist auch sonst eher eine Enttäuschung. Ziemlich viele Einwohner (Wo arbeiten die alle?), fast kein Tourismus. Eigentlich nur 2 Hotels, beide auf ähnlichem Niveau, ich war im Pino's für 50 €, also eher etwas teuer, allerdings gut ausgestattete Zimmer. Weil ich beim WM-Finale im dortigen Restaurant war (sonst alles geschlossen), konnte ich leider nicht allzuviel genießen. Alle Italiener - Frauen wie Männer - waren wie im Rausch, der Service brach zusammen.

Es geht in eine Talmulde, dann wieder einsam durch dichten Laub- und Mischwald zum Croce di Agnara (P.so Zingomaro). Idyllischer Märchenblick zwischen den Bäumen hindurch auf den Lago Ampolino. Hier beim See ein schön gelegenes Hotel, meine Empfehlung: hier übernachten statt in S. Giovanni. Nun das Highlight: Leichte Kurven durch einen urigen Eichenwald, faszinierende Blicke hinüber auf andere Hügel. Offene Landschaft erst kurz vor Cotronei, danach schattenlose Fahrt hinunter und weiter in der Flussebene auf der SS 107, eher reizlos. Kleiner Hügel nach Crotone, dann toller Meerblick.

Crotone mit engen Gassen, eindrucksvoller Festung, außen viel Industrie, Innenstadt absolut ruhig. Fahrt am Meer, wenig Verkehr, das eindrucksvolle Blau stets nebst der ockerfarbenen Strände, beim Capo Colonna niedrige Steilküste. Reizlose Fahrt nach Ísola di Capo Rizzuto, von hier zum Capo Rizzuto, mehre Stichstraßen zu Campings und Feriendörfern am Meer. Ruhetag auf dem FKK-Camp Pizzo Greco (13 €), sher guter Platz mit mäßigem Restaurant, herrlicher Blick aufs Meer, eigener, ockerfarbener Strand, tolle Mondnacht, alte ital. Lieder am Strand (von Gästen). Restaurant-Tipp: kurz nach dem Abzweig zu Pizzo Greco, rechte Seite, mit Gartenterrasse, herrlich.

Auf SS 106, meist mit Merrblick, sonst langweilig nach Catanzaro Lido. Strandort mit viel Betrieb (auf Abstecher Catanzaro habe ich verzichtet). Einsamere Strandabschnitte Richtung Squillace Lido. Verkehr nunmehr etwas geringer, Richtung Süden immer weniger. In Soverato nochmal intensive "Strandkultur", danach immer mehr freie Strände.
Bei Monesterace Marina nach Stilo, zunächst flach, dann Anstieg, seltsame Erdfalten, schöne Abendsenerie. Stilo ist Wallfahrtsort, u.a. Bustouristen, kleiner Ort, wenig Alternativen zum Übernachten. Hotel Cittá del Sole (45 €), sauber, geräumige Zimmer, eher anonym, ohne Frühstück, für diesen Ort auf jeden Fall zu teuer. Sehr enge und steile Gassen im Ort.

Tolle Fahrt zum Passo di Pietra Spada, absolut verkehrsarm, lichter, später dichter Buchenwald, Quellen, auf der Abfahrt Urwald-Feeling. Serra San Bruno sehr quirliger Ort, in Schüben geht es nach unten, Landschaftswechsel, Olivenhaine, idyllischer Blick auf Angitola-See (nicht zum Baden geeignet).
Auf der SS 522 nun wieder starker Verkehr nach Pizzo Straße mit Baustellen-LKWs, Staub, Matsch inkl. Auf Meerterrasse in Briático wieder sehr ruhig, zurück auf SS 522 wieder starker Verkehr bis Tropea. Obwohl von Touristen überfüllt doch einen Besuch wert, nicht nur wegen der Kirche auf der Meerinsel, auch die hübshcen Gassen, die roten Zwiebeln (sogar Marmelade aus Zwiebeln) etc. Camping La Lanterna (6 €) direkt an der Stichstraße zum Capo Vaticano, bescheidene Sanitäranöagen, kleiner Platz, 3 Ristorante direkt in der Nähe. Von Santa Maria di Ricadi sehr steile Auffahrt nach Ricadi. Schöne Fahrt (Auf und Ab) bis Nicótera, danach Flachstrecke, weitgehend reizlos, weite auch teils wenig besuchte Strandabschnitte. Von Gióia Táuro nicht zu unterschätzender Anstieg (starker Verkehr) nach Sant Elia. Auf dem Berg Club-Camping in dunklem Kieferwald (La Pineta, 10 €). Restaurant dort oder auch in der Nähe. Vorne am Berg Panorama bis nach Sizilien.

Ebenso schönes Panorama auf kleiner Abfahrt bis zum Abzweig auf SS 112. Wunderbare Buchenwaldauffahrt nach Sant'Eufémia (liegt wieder in Mulde). Treffe Australier, die hier ihren Lebensabend bestreiten. Dann steile Auffahrt erneut durch Buchenwald und Blütenbüsche. Später flacher, gerade Straße, offene Wiesen. Dann dichter Wald mit Farnen, tolle Lichteffekte. Gambarie ist Wintersportort, Lift vorhanden, Hotels auch im Sommer zu benutzen. Moderner Brunnen als Blickfang.

Weiter mit wenig Verkehr leichte Fahrt zum Sella Entrata, wieder eindrucksvoller, dichter Buchenwald. Dann mehr und mehr Blütenbüsche, Bienen, Schmetterlinge, offener, schließlich trocken. Knorrige Eichen auf Abfahrt, braun-erdige Berge, gegenüber hochgelegene Orte in den Bergen, wo noch griechische Dialekte gesprochen werden. Wirken wie Felszapfen von Süden her betrachtet.

Von Mélito di Porto Salvo eher reizlose Fahrt nach Réggio, nicht versuchen an der Küste entlang in die Stadt zu kommen, wegen des Flughafens muss man ohnehin auf die hier sehr unangenehme SS 106. Drumherum chaotisch, an der Promenade herrscht edle wie hippe Flaniermentalität. Majestätische Brettwurzelbäume. Riesiger Melonenstand an der Nordausfahrt. Außer einem Camping weit südlich von Réggio gibt es hier keine Campings mehr. Übernachtung in Villa San Giovanni im Hotel La Conca (45 €), ordentliche Zimmer, absolut selten: gutes Frühstück, große Kuchenauswahl (auch als Proviant geeignet).

Weiter ging's dann noch 2 Tage nach Sizilien (mit Ätna)...