Lausitz - Erzgebirge - Fichtelgebirge (Teil 2)

von: albinkessel

Lausitz - Erzgebirge - Fichtelgebirge (Teil 2) - 23.05.14 13:29

Der vierte Tag (107 km) war der eigentliche „Kammtag“. Fast ohne Ortschaften ging es durch Moore, Wälder und vorbei an Talsperren und den allgegenwärtigen Ebereschen. „Kamm“ darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass es eigentlich immer bergab oder bergauf geht, die Steigungen sind nicht sehr lang (nicht mehr als 200 hm am Stück), haben es aber oft in sich und summieren sich ganz schön. Tagesziel war Oberwiesenthal (940 m), wo ich mich für einen Ruhetag in einem Sporthotel außerhalb des Ortes einquartierte.

An diesem fünften Tag (24 km) fuhr ich durch den Wald hinunter ins 350 m tiefer und 20 km entfernte Annaberg mit seiner wunderschönen, spätgotischen Annenkirche, die den Abstecher sehr lohnte. Zurück gönnte ich mir – es war ja Ruhetag – die Fahrt mit der dampflockbespannten Fichtelbergbahn. Nachmittags regnete es (das einzige Mal tagsüber in der ganzen Woche), so dass ich mich in der Sauna noch wohler fühlen konnte.

Am sechsten Tag (108 km) fuhr ich von hinten, also über Waldwege und ein Stück Skipiste, auf den Fichtelberg (1.214m). Von dort gab es – bei jetzt ganz klarer Sicht – einen herrlichen Blick auf das Wolkenmeer im böhmischen Becken bis hin zum bayrischen Wald. Die Abfahrt ist rasant ich überschritt – erstmals – die 60 km/h-Marke. Nach Westen folgt dann ab Bozi Dar (Gottesgab) der vielleicht schönste Abschnitt der Tour durch ein ausgedehntes Hochmoor (auf etwa 100 m Höhe) rund um den markanten Božídarský Špičák unter einem hohen, weißgetupften Himmel, und so gut wie ohne Verkehr.
Dieser Abschnitt endet vor dem tief eingeschnittenen Tal von Kraslice. Um Höhenmeter zu sparen, umfuhr ich dieses, abweichend vom ausgeschilderten Kammweg, nach Norden, was sich Fehler erweisen sollte: Zunächst ließ es sich noch gut an, unter anderem mit einem urigen Coop-Markt im winzigen Dorf Bublava, einem Relikt aus sozialistischen Zeiten, wo es aber alles zu kaufen gibt, was das Radlerherz begehrt. Sobald man aber auf der deutschen Seite angekommen ist, wird es mühsam. Der dort ausgeschilderte Radweg führt erst in unsinnigen Bögen (horizontal und vertikal) durch die Landschaft, um sich dann im Nichts zu verlieren. Hinter Klingenthal (wo man doch noch fast so weit hinunter muss, wie in Kraslice) geht es dann auf einem extrem steilen (deutlich über 10%), geschotterten Waldweg hinauf, auf dem ich mein bepacktes Rad teilweise schieben musste. Auch landschaftlich ist der monotone Fichtenwald lange nicht so schön, wie die offenen Wiesen und Moore auf der Südseite.
Der Kammweg endet bei Luby. Von dort verließ ich mich mangels aussagekräftiger Landkarten ganz auf die Fahrradwegweiser in Richtung Františkovy Lázně (Franzensbad). Diese führten teilweise über übelste Waldwege, einmal sogar über eine Wiese, auf der eigentlich keine Wegspuren zu erkennen waren: Die Wegweiser sind aber zuverlässig, führen zum Ziel und lassen einen zwischendurch nicht im Stich. In Franzensbad war leider die heilende Quelle schon geschlossen, aber zur Stärkung gab es noch die köstlichen, frisch gebackenen und gefüllten Oblaten. Nahebei, im Erholungsgebiet „Amerika“, fand ich einen modernen Campingplatz in schöner Lage in einem See; „modern“ heißt hierzulande aber offenbar auch, dass alle 20 m eine Laterne aufgestellt ist, so dass es die ganz Nacht über taghell ist – mit Mühe konnte ich den Wächter überreden, wenigstens die hinterste Reihe abzuschalten, wo außer mir noch ein einziges weiteres Zelt stand.

Am morgen des siebten Tages (Samstag, 97 km) ging es weiter nach Cheb (Eger), einer sehr lebendigen und adretten Stadt, wo man am Markt gut (und günstig) Frühstücken kann. Von da ist es nicht weit zur Grenze. In Bayern sind dann zwar zahllose Radrouten ausgeschildert, die aber sehr vernachlässigt und lückenhaft sind und nach bekannter Manier über unsinnige Umwege führen, nur um ein paar Meter Landstraße zu vermeiden. Nach einigen solchen Abwegen blieb ich dann auf den auch im Landkreis Wunsiedel nur mäßig befahren Straßen, bis gegen Mittag langsam das Fichtelgebirge in Sicht kam. Auf dessen Höchsten, den Schneeberg (1.051m) führt eine von der US Army angelegte, breite Asphaltstraße, im Mittelteil kerzengrade himmelwärts durch den Wald. Der renaturierte Gipfel ist Naturschutzgebiet, neben einem militärischen Betonmonster gibt es einen netten hölzernen Aussichtsturm – und sonst nichts.
Hinunter geht es – mit einem kurzen Gegenanstieg nach Bischofsgrün – über einen Bahntrassen-Radweg gleichmäßig bergab ins Maintal, dem ich bis Trebgast folgte. Oberhalb des Ortes fand ich zwischen Hecken und Maisfeldern ein Plätzchen für mein Zelt – mit Aussicht auf die zurückliegende Etappe.

Am achten und letzten Tag (60 km) ging es zum Frühstück in das malerische fränkische Marktstädtchen Kulmbach. Dort fühlt man sich als Berliner fast schon zu Hause, prangt doch überall der Brandenburgische Adler: Kulmbach gehörte lange Zeit den Hohenzollern. Oberhalb liegt die eindrucksvolle Renaissancefestung der Plassenburg mit einen über und über verzierten Innenhof. Der Weg hinauf ist für Fahrräder verboten – angesichts einer Steigung von über 20% kam ich dem gerne nach ([url=bergaufhttp://www.rad-forum.de/images/icons/default/wink.gif][url=bergaufhttp://www.rad-forum.de/images/icons/default/wink.gif][url=bergaufhttp://www.rad-forum.de/images/icons/default/wink.gif]bergaufhttp://www.rad-forum.de/images/icons/default/wink.gif[/url][/url][/url]).
Zum Abschluss der Tour ließ ich es auf dem Mainradweg bis Lichtenfels ausrollen, von wo man in etwa vier Stunden mit zwei Regionalzügen und dem Connex ab Leipzig zurück nach Berlin gelangt.