Südengland und Bretagne mit zwei Jugendlichen

von: kernig

Südengland und Bretagne mit zwei Jugendlichen - 03.06.14 10:37

Ich bin ein sehr schlechter Reise-Nachbereiter, man möge es mir bitte nachsehen.
Da ich aber hier im Forum viel Hilfe bekommen habe, möchte ich auch gern ein paar Informationen als Rückmeldung zurückgeben. Bitte fallt nicht über mich her, es ist mein erster Reisebericht überhaupt...

Geplant war ein 3wöchiger Urlaub, ausgehend von Roscoff in der Bretagne mit einer Tour durch Südengland und dann die Bretagne. Die Tour de Manche hat sich als nicht praktikabel herausgestellt, wegen der Fährzeiten, deshalb habe ich selber geplant.
Wir waren zwei Erwachsene und zwei Jugendliche (13/14 Jahre alt).

Hier der Link zum Streckenordner auf gpsies mit den geplanten und wirklich gefahrenen Strecken.
Streckenordner auf gpsies.com Das Laden dauert u.U. ein wenig - bitte Geduld.
Und Bilder gibt es unter Fotoordner auf Facebook
(sind die sichtbar für alle?)

Die erste Hürde war das Packen und die Beladung des Autos. 4 Fahrräder und 4 Personen mit Gepäck sind eine Herausforderung für einen Opel Astra H, aber mit Hilfe eine kleineren Jetpacks und eines Taschenrechners und einer Waage konnten wir ihn beladen, ohne die Vorschriften zu den Höchstlasten zu überschreiten:

Die Fahrt aus Oberfranken haben wir in 2 Etappen geteilt, übernachtet in Frankreich auf einem nicht erwähnenswerten Campingplatz voller Pipeline-Bauarbeitern. Unser Auto durften wir in Roscoff auf dem Campingplatz stehen lassen, nachdem wir in spärlichem Französisch dem Besitzer klar machen konnten, was wir wollten.
Dann die Fährüberfahrt nach Plymouth - ein Abenteuer jedesmal - mit dem Rad auf die großen Autofähren. Die haben sich aber inzwischen durchaus auf Radler eingestellt und alles lief recht glatt.

In Plymouth erstmal: Gewöhnung an den Linksverkehr, den ersten Kreisel haben wir schiebend überquert und danach erstmal durchgeatmet :-) Der Linksverkehr war grundsätzlich kein Problem, nur manchmal nach dem Linksabbiegen auf dem platten Land fand sich das Leittier der Herde (meist ist) manchmal auf der falschen Straßenseite wieder. Die Engländer haben wir als durchweg offen und sehr freundlich erlebt - was vermutlich auch daran lag, dass wir die Sprache einfach ziemlich fließend sprachen. Aber auch die Autofahrer dort waren überwiegend rücksichtsvoll. Was durchaus auch absolut notwendig ist, die kleinen Straßen sind schmal, gesäumt von Mauern, die sich als Hecken tarnen und können meist nur schlecht eingesehen werden.

Dafür hat sich das Wetter eher von seiner britischen Seite gezeigt: Es war eigentlich ständig unbeständig. So richtig nass sind wir nur an ein oder zwei Tagen geworden, aber entspanntes Schönwetterradeln sieht eben doch anders aus. Auch die erhofften Badestopps an den großen Stränden fielen überwiegend ins Wasser. Es war einfach zu kalt (das Wasser sowieso, entscheidend war aber für uns die Lufttemperatur von meist unter 20 Grad).

Richtung Dartmoor machten wir Bekanntschaft mit einem Radweg auf einer alten Bahntrasse: leicht aber stetig bergauf und das all day long. worüber wir am ersten Tag jammerten, hat sich aber an den folgenden Tagen als angenehmere Variante herausgestellt: Südengland ist sehr sehr bergig! Wir hatten Etappen von 60km, an denen wir 1000 Höhenmeter hochgekrabbelt sind. Und hochgekrabbelt heißt häufig: geschoben, wegen der heftigen Neigung. Auch wenn man ein Tal durchqueren möchte, kann man meist den Schwung nicht mitnehmen, weil unter Garantie in der Talsohle ein "Cattle-Grid" die Fahrt bremsen wird...

Auch wenn wir von Wetter und Geländeprofil zwischendurch immer mal wieder leicht genervt waren (60km als Tagesetappe war meist schon mehr als genug), hat die Landschaft uns immer wieder begeistert! Trotzdem haben wir die geplante Route abgekürzt, vor allem um unsere begleitenden Teenager zu motivieren, die sich so einen Fahrradurlaub teilweise ganz anders vorgestellt hatten (sich aber vorher für die Planung nicht interessiert hatten :-) ).

Deshalb blieben wir einige Tage auf einem Campingplatz in der Nähe von Penzance (Heamoore) und machten von dort aus Tagesausflüge ohne Gepäck, was eine echte Wohltat war. Den einzigen kompletten Regentag haben wir im EdenProject zugebracht, dorthin sind wir mit der Bahn gefahren. Das Pladdern des Regens auf den Gewächshäusern war Balsam auf unsere Seelen. Sonst hatten wir endlich Urlaubswetter, was Land's End und Umgebung umso schöner machte.

Von Penzance nach Plymouth sind wir dann mit der Bahn gefahren, von dort auf die Fähre zurück nach Roscoff, wo wir zwischendurch unser Auto besuchten und dann mit dem Rad unsere Tour in der Bretagne fortsetzten.

Frankreich empfing uns mit besserem Wetter und weniger belebtem Geländeprofil. Wir radelten entspannt zunächst Richtung Süden und dann westlich nach Brest. Der Fluss Aulne und der im Tal entlangführende Canal waren lange unsere Begleiter. Flach, aber nach einer Weile auch ziemlich eintönig. Als wir das Tal verließen, wünschten es sich trotzdem alle wieder ganz schnell zurück...

In Brest planten wir einen Aufenthalt von ein paar Tagen (u.a. Stadtbesichtigung und Aquarium), dort ereilte uns dann leider ein Unglück: Unser Sohn schnitt sich im Freibad des Campingplatzes heftig den Fuss an einer Stufe auf. Es folgte ein Programm, wie aus dem Bilderbuch für entsprannte Sonntag-Abende: (extrem unfreundlicher) Notarzt, Taxitransport ins falsche Krankenhaus, Krankenwagentransport ins richtige Krankenhaus, Wartezeit extrem, Behandlung der Wunde unter Lachgasnarkose, Rückfahrt zum Campingplatz spät in der Nacht. Das war natürlich sehr unerfreulich und hat den Frankreich-Teil unserer Reise sehr überschattet. Zumal wir von der Gastfreundlichkeit der Nord-Franzosen sowieso nicht ganz so begeistert waren wie von den Briten... ist, denke ich Geschmackssache.

Eine Weiterfahrt mit dem Rad war leider unmöglich geworden. Mein Mann fuhr also mit seinem Neffen mit der Bahn nach Morlaix und von dort mit dem Rad nach Roscoff und holte unser Auto nach Brest. Dort machten wir noch einen Auto-Ausflug die Küste nach Norden entlang, beluden dann in Ruhe das Auto und starteten von dort Richtung Heimat (1300km), wieder in zwei Etappen, übernachtet haben wir irgendwo in Belgien.

Und ein Fazit: Wir haben einen Super Abenteuer-Urlaub genossen, ich würde es jederzeit wieder tun! Die Jungs hatten kleine Motivationsschwächen zwischendurch und auch mit dem Mitdenken und Mitmachen unterwegs war es nicht immer weit her, was manchmal etwas anstrengend war. Die beiden Pubertiers sind körperlich locker in der Lage eine solche Tour zu überstehen. Leider sind die Lockmittel Fish&Chips, CreamTea, FullEnglischBreakfast und dergleichen in England und Frankreich ziemlich teuer (wie übrigens die Campingplätze auch), deshalb konnten wir sie nicht täglich 5mal einsetzen, was immer mal wieder zu Verstimmungen führte.
Im Nachhinein waren aber beide begeistert von dem Urlaub, äußerten aber, dass sie keinen Fahrradurlaub mehr machen möchten. Schade eigentlich, aber das kann sich ja auch irgendwann wieder ändern...

Unsere Ausrüstung war nah am Optimum, wir hatten fast keine Pannen (in Morlaix war nur eine neue Kette und Ritzel für das älteste Rad fällig), gute Ausrüstung zahlt sich aus bzw. die Wartung vorher. Mit dabei waren mein Diamant ElanDeluxe, ein neues Staiger-Rad, ein Cube-Mountainbike sowie ein von meinem Mann abgelegtes (vorher auf Vordermann gebrachtes) No_Name-Trekkingrad für unseren langbeinigen Sohn.

Was ich mir gewünscht hätte, wäre weniger Gewicht. Mit Zelt und Kochausrüstung werden die Steigungen doch sehr anstrengend. Obwohl wir sicher nichts Überflüssiges dabei hatten, da bin ich mir eigentlich ziemlich sicher. Wir waren ja schon häufiger mit dem Rad unterwegs und packen ziemlich "auf den Punkt".
[Wir haben ein junges deutsches Pärchen getroffen, die waren voller bepackt als wir und erzählten uns aber, sie würden in Bed&Breakfast übernachten. Die Frau war völlig fertig von den Steigungen, ich empfahl ihr, ein großes Paket mit Sachen zu packen und dies mit der Post nach Hause zu schicken um weniger schleppen zu müssen. Sie meinte "als Frau braucht man etwas mehr zum Anziehen"... ich (als Frau!) konnte sie nur verwundert anschauen. Der junge Mann sah nicht sehr glücklich aus mit dem unzfriedenen Mädel an seiner Seite. Die beiden machen das nächste Mal bestimmt lieber Cluburlaub ;-) ]

Oder wir müssen unserem Alter doch irgendwann Tribut zollen und etwas mehr Geld in die Hand nehmen und ohne Zelt verreisen... Oder in ein sicher warmes und trockenes Land fahren, um die warmen Sachen einsparen zu können.

Hervorheben möchte ich noch die technischen Neuerungen, die uns begleitet haben: Ein Garmin Oregon 450t mit OFM, ein Sony XperiaGo und ein Zzing, der uns Strom lieferte. Das Garmin Gerät möchte ich nicht mehr missen, wir haben uns in den 3 Wochen kaum 100m verfahren. Vor allem die Suche nach Campingplätzen und Supermärkten in der nahen Umgebung war super-hilfreich!
Das Smartphone war unser Routing-Backup, dass wir zum Glück nicht gebraucht haben (mit Osmand+), unser Sprachführer Dictcc sei Dank und unser Reiseführer. Dazu möchte ich noch sagen: ich werde nie wieder ein ebook kaufen, schon gar keins als pdf! Das war alle super-umständlich, im entscheidenenden Moment musste ich die DRM-Kennung erneuern, einfach total ärgerlich. Da hole ich mir das nächste Mal die Infos lieber direkt aus dem Internet.
Der Zzing hat gut funktioniert, allerdings hat aufgrund des bergigen Terrains die Geschwindigkeit nicht immer für all unsere elektronischen Geräte ausgereicht. Zum Glück kann man über nacht (meist gegen Bezahlung) z.B. Akkus auch mal an der Steckdose (Adapter!) laden lassen.

So, ich hoffe, ich konnte ein wenig zu den Reiseberichten hier beitragen und jemandem Lust auf eine ähnliche Tour machen. Schon diese Woche werde ich auch das Fotoalbum des Urlaubs vom letzten Sommer drucken lassen können. Was lange währt, wird irgendwann doch auch manchmal gut :-)

(Ich habe nicht verstanden, wie man hier direkt Fotos einfügt, habe es mit einem Dropbox-Link versucht...sonst hätte ich den Text noch ein wenig damit aufgelockert)

Grüße
Elke