Traumsommer in Norwegen

von: fabianovic

Traumsommer in Norwegen - 27.12.14 19:48

Das wird nun mein erster eigener Radreisebericht.
Ich habe hier im Forum schon immer gerne recherchiert und die Berichte gelesen. Jetzt will ich auch mal etwas Input geben.

Die Route hab ich auf www.gpsies.com hochgeladen. Ist dort unter "Norwegen 2014" zu finden.

Mit dem Flieger von Amsterdam nach Ålesund ging es am 22. Juni los. Vorher war ich schon zum einrollen zwei Tage durchs flache und etwas langweilige Holland geradelt.

Der Flughafen von Ålesund liegt auf der vorgelagerten Insel Vigra. Dort wurde ich von kühlem und regnerischen Wetter begrüßt. So hatte ich es mir auch in etwa vorgestellt, wenn auch nicht erhofft. Trotzdem war ich extrem glücklich endlich meine Tour in Norwegen zu starten und radelte die ersten paar Kilometer zum Fähranleger, um nach Ålesund überzusetzen.



Ålesund, eine Perle des Jungendstils, konnte mich nicht so recht begeistern, was aber sicherlich auch am ungemütlichen Wetter lag.







Zum Glück hatte ich mir für die erste Nacht schon vorher ein Hotelzimmer gebucht. Abends war ich gut essen und habe mir ein bisschen die Stadt und seine Einkaufsmöglichkeiten angesehen. Am nächsten Tag musste ich mich noch mit Proviant eindecken.

Über die Preise in Norwegen wurde hier im Forum ja schon reichlich berichtet. Insofern waren die Preise keine wirkliche Überraschung für mich, aber es ist schon alles ganz schön teuer.

23.Juni
Am nächsten morgen, es regnete immer noch, wurden dann also alle möglichen Besorgungen gemacht. Problematisch war es, für meinen Trangia-Kocher Spiritus zu besorgen. Wie heißt das auf Norwegisch? (Inzwischen weiß ich es: Rødsprit, da der Spiritus hier rosa gefärbt ist) Ich hab in der Tankstelle und in Supermärkten geschaut und nichts gefunden. Schließlich wurde mir in der Apotheke medizinisches Isopropanol verkauft. Tut´s auch und war gar nicht so viel teurer wie der Rødsprit.
Verbraucht habe ich davon nicht viel, da die Campingplätze meistens mehr oder weniger gut ausgestattete Küchen hatten.



Am späten Vormittag ging es dann wieder aufs Schiff mit dem ich auf die Insel Harøy fuhr.
Harøy bin ich dann von einem Ende zum anderen, ca. 8 km, abgefahren um dort die nächste Fähre nach Gossa zu nehmen.







Hier wieder das Gleiche, ein paar Kilometer radeln und ab aufs nächste Boot nach Hollingsholmen. Inselhopping mit ein bisschen radeln und die Sonne schien auch immer mal wieder.







Ich bin dann noch bis kurz vor Bud gefahren und habe dort die erste Nacht auf einem kleinen Campingplatz im Zelt verbracht.
Abends wurde auf dem Campingplatz ein Sonnenwendfeuer angezündet. Im Hellen ist so ein Feuer leider nicht so eindrucksvoll. Die Norweger interessierten sich auch nicht wirklich dafür. Feuer anzünden und wieder gehen, das wars.









24.Juni
Heute stand der Atlanterhavsveien nach Kristiansund an. Dies ist eine Küstenstraße mit schönen Ausblicken aufs Meer und einigen Brücken auf denen man mehrere Gezeitenströme überquert.







Die Sonne schien zwar immer mal wieder, aber der kalte Gegenwind plagte mich doch sehr. Viele kurze Anstiege bei denen ich mich nass schwitze und schnelle Abfahrten, bei denen es richtig kalt wurde. So ging das auch die nächsten Tage und hat mich später noch zu einer zweitägigen Genesungspause gezwungen.

Kurz vor Kristiansund gibt es einen langen Tunnel, der nicht mit dem Fahrhrad befahren werden darf. Früher gabs wohl eine Fähre. Aber der Linienbus nimmt einen auch mit Fahrrad problemlos mit. Der Tunnel geht mehrere Kilometer steil hinab und führt unter dem Sund hindurch, um dann wieder genauso steil hoch nach Kristansund zu führen. Später traf ich einen Fahrradfaher, der mir erzählte, dass er mit dem Fahrrad in den Tunnel hineingefahren sei, daraufhin wurde der Tunnel sofort für den Autoverkehr gesperrt und die Polizei hat ihn in Empfang genommen. Ich weiss gar nicht, was ihn der Spaß gekostet hat.





Am Nachmittag habe ich noch kurz Kristansund besichtigt.
Die einzelnen Stadtteile liegen um den Sund herum und sind mit einer kleinen Fähre verbunden, mit der ich auch übersetzte, um zu dem etwas außerhalb gelegenen Campingplatz zu kommen. Dieser liegt unterhalb des Flughafens, von dem ständig Helikopter zu den Bohrinseln starten und landen. Nachts war zum Glück Ruhe. Hier habe ich mir eine kleine Hütte gemietet. Mit Heizung. Im Aufenthaltsraum des Campingplatz dann noch mit völlig emotionslosen Norwegern Fußball-WM geschaut. Ich müsste jetzt mal im Spielplan nachschauen, welches Spiel es war.









25. Juni



Kurz hinter dem Campingplatz ging es auf die nächste Fähre von Selvika nach Leirvag auf der Insel Tustna. Hier habe ich die sehr schöne uns einsame Route an der Südküste genommen, die allerdings mit ihren vielen kleinen Steigungen auch ziemlich anstrengend war.





Bei Arvagen am Ende des Torsetsundet kam dann der erste längere Anstieg auf etwas über 300 m. Bei kaltem Wind und Nieselregen habe ich mich da hochgequält. Das Fahren mit dem vielen Gepäck sind meine Beine am Berg noch nicht gewöhnt. Von oben dann ein toller Blick zurück.
Es folgte eine rasante Abfahrt Richtung Kyrkseterøra.
Abends auf dem Campingplatz in Kyrkseterøra habe ich mir wieder eine Hütte gemietet.



Mit dem Alter kriegt man dann wohl doch ein höheres Komfortbedürfnis.
Auf den Campingplätzen in Norwegen gibt es für die Gäste oft eine kleine Gemeinschaftshütte in der in der Mitte ein Feuer brennt und man drumherum sitzt. Das war bei dem immer noch kühlen Wetter sehr gemütlich. An diesem Abend saß ich da mit mehreren deutschen und holländischen Anglern zusammen, die dort wohl schon seit zig Jahren immer wieder hinfahren. Alle mit geschmuggeltem billigem Dosenbier bestens versorgt. Die einen beklagten sich dann noch über die Problematik, dass man die Dosen wegen des Pfand wieder mit nach Hause nehmen muss, die anderen waren vorher nach Polen gefahren, um sich noch billigeres Bier pfandfrei zu kaufen. So viel Geiz-ist-geil-Mentalität trieb mich dann relativ schnell in mein Bettchen.
Darüber hinaus haben die Angler in Ihren Wohnmobilen Tiefkühltruhen dabei, in denen Sie den ganzen Fisch mit nach Hause nehmen. Die Norweger sind über diese Art des Tourismus nicht wirklich begeistert.

26. Juni
Heute von Kyrkseterøra nach Orkanger.





Weiterhin heftiges bergauf und bergab. Das Wetter bessert sich langsam und einige Kilometer hinter Orkanger lande ich auf einem sehr schönen Campingplatz in einem schnuckeligem Hüttchen.





Und ich bin wieder froh über die Heizung. Der CP war auch mit einer Riesenglotze ausgestattet, so dass ich bei Hamburger und Bier das Spiel gegen die USA schauen konnte.
Danach noch ein schöner Spaziergang in der Abendsonne am Fjord.





27. Juni
Die letzten Kilometer nach Trondheim bin ich am Morgen mit dem Bus gefahren.
Dort habe ich bei sommerlichem Wetter das städtische Leben genossen.
Es war ziemlich viel los in der Stadt, weil sich dort alle Schüler-Musik-Kapellen Norwegens trafen.
Überall zogen Marschkapellen durch die Stadt und spielten.







Ich habe mir den Nidarosdom angeschaut. Die deutschsprachige Führung wurde von einem Franzosen gemacht, so dass nicht wirklich alles zu verstehen war, aber trotzdem interessant.
Ansonsten kann man bei gutem Wetter in Trondheim schön herumflanieren und in Cafes sitzen.





Am Nachmittag habe ich dann die Fähre nach Vanvikan genommen und bin noch fast 80 km bis Årnes gefahren. Eine wunderschöne Strecke durch die Berge, die leider am Freitagnachmittag stark befahren war, weil wohl die Trondheimer alle auf dem Weg zu ihren Wochenendhäusern waren.









Abends um neun war ich dann auf dem schönen kleinen Campingplatz in Årnes direkt am Fjord.
Dort traf ich endlich mal einen anderen Radreisenden, Paul aus der Schweiz. Mit ihm verbrachte ich den Abend und den nächsten Morgen über Gott und die Welt redend. Man hat schliesslich viel zu erzählen, wenn man eine Reise tut. Das war eine schöne Begegnung. Leider war Paul in der Gegenrichtung unterwegs und beendete seine Tour am nächsten Tag in Trondheim. Sonst wären wir sicherlich ein Stück zusammen gefahren.









28. Juni
Heute ging es gleich mit ein paar knackigen Steigungen weiter und ich machte dann schon relativ früh in Osen Station. An den Steigungen fielen Fliegenschwärme über mich her, um sich an meinem Schweiß zu laben. War aber noch nichts gegen die Killerbremsen war, die mich weiter im Norden anfielen.









Direkt neben dem Campingplatz" fand im "Stadion an diesem Abend das lokale Monsters of Rock statt. Am Flussufer glühten die Jugendlichen schon ordentlich vor. Mir schwante für die Nacht nichts Gutes. Aber dann war´s doch ziemlich harmlos. Kurz nach Mitternacht war alles vorbei.

29. Juni
Früh am Morgen, gegen sieben, brach ich zur nächsten Etappe nach Namsos auf.
Weterhin ein munteres Auf und Ab bei wechselhaftem Wetter.









Namsos wirkt an einem Sonntagnachmittag doch etwas trostlos. Tote Hose.
Namsos wird in Norwegen auch als Rock-City bezeichnet, weil wohl ein Großteil der norwegischen Rockszene hie her stammt. Kaum zu glauben.
Ich bin dann etwas außerhalb auf den Campingplatz und hab mir eine Hütte gegönnt. Mal wieder direkt neben dem Flughafen. Hier landen aber nur ca. 5 Maschinen am Tag.

30. Juni
Morgens noch in Namsos im „Design-Café“ gesessen. In Norwegen gibt es auffällig viele Läden rund um das Thema „Schöner Wohnen“, vermutlich weil die Winter so lang sind und man es sich gerne gemütlich macht. An diese Läden ist oft auch ein Café angeschlossen.



Nach Apfelkuchen mit Sahne habe ich dann das Schnellboot nach Rørvik auf Vikna genommen. Meine Beine brauchten mal ein wenig Erholung und ich kürzte mit dem Schiff etwas ab.





Die Fahrt mit dem Schiff hat sich wirklich gelohnt. Es ging durch enge Fjorde und an kleinen Inseln vorbei und ich konnte die Landschaft in aller Ruhe genießen.
Bei der Anfahrt auf Rørvik sieht man das neue Nordland-Museum, was aus der Ferne ein wenig an die Sydney-Opera erinnert. Später habe ich es mir auch aus der Nähe angeschaut und im Museums-Restaurant richtig gute Fish´n´Chips gegessen.





Etwas außerhalb von Rørvik habe ich mir eine Art Mini-Appartement in einem alten Fischerschuppen auf dem Campingplatz gemietet. Saugemütlich. Der ganze Campingplatz war eher ein Fischereihafen mit angegliedertem Zeltplatz. Alle Einrichtungen sind ziemlich alt, aber sauber.









Das Spiel gegen Algerien habe ich dann in Rørvik in der Bar eines Hotels gesehen. Ich war mal wieder der Einzige den es interessiert hat. Zu jeder Halbzeit habe ich mir ein Bier gegönnt. Zur Verlängerung keins mehr. War ja ein echter Nervenkrimi mit Neuer als Libero.

1. Juli
Heute bin ich ca. 70 km von Rørvik nach Kjelda gefahren. Die Landschaft wird immer schöner. Am Anfang noch stark landwirtschaftlich geprägt wurde es später wilder und einsamer.









Einige Kilometer begleitete mich ein herrenloser Hund. Vor Freude mich zu treffen wäre er mir beinahe ein paar mal ins Rad gelaufen. Ich musste einige Vollbremsungen hinlegen. So lieb der Hund auch war, irgendwie musste ich ihn wieder loswerden. Ein Bauer der mich mit dem Traktor überholte, habe ich gebeten Ihn für eine Weile festzuhalten, damit ich wegkomme. Das hat dann auch geklappt. Hoffentlich hat der Hund sein zuhause wieder gefunden.
In Kjelda, was nur eine Straßenkreuzung ist, gibt es einen schönen schlichten Campingplatz, auf dem ich dann der einzige Gast war. Der Campingplatz gehört zu einem Road-Stop in dem sich am Abend die Einheimischen aus den umliegenden Wäldern treffen. Ich bekam von der Wirtin einen leckeren Burger gebraten und konnte wieder Fußball-WM (Argentinien-Schweiz) schauen.







2. Juli
Traumhaftes Wetter, wunderschöne Landschaft. Mehr ist eigentlich nicht zu sagen.






Ich bin bis Brønnøysund gefahren und habe dort das Schnellboot auf die Insel Vega genommen. Dort bin ich noch zum anderen Ende der Insel gefahren, wo am nächsten Morgen die nächste Fähre ablegt.
Direkt neben dem Fähranleger ist ein kleiner Yachthafen und Unterkünfte für Angler mit einem kleinen Zeltplatz. Man wirft seine Campinggebühr einfach in eine Box. In der Küche kann man sich Kaffee kochen und wirft dafür ein paar Kronen in einen Schlitz in der Wand. Angenehm unkompliziert und total entspannt hier. Ich sitze mit dem Kaffee in der Sonne auf der Holzveranda und bin glücklich.







3. Juli
Am Morgen geht es mit dem Schiff nach Tjøtta und mit dem Rad weiter nach Sandnessjøen. Weiterhin bestes Wetter und toller Rückenwind. In Sandnessjøen steige ich dann schon auf die 12. Fähre meiner Tour. Die Fahrpläne der Fähren habe ich mir alle als pdf-Datei auf mein Smartphone geladen. Mit dieser Fähre fahre ich bis Stokvågen, kürze damit deutlich ab und spare mir ein paar lange Tunnel, vor denen ich bisher noch etwas Bammel habe. Das Wetter wird nun leider wieder schlechter und windiger. Ich radel noch ein paar Kilometer und quartiere mich mal wieder in einer kleinen Hütte ein. Vom vielen Wind habe ich einen richtigen Brummschädel, der bei jeder Erschütterung weh tut. Sind das die Stirnhöhlen?









4. Juli
Der Schädel brummt immer noch. Ich beschließe heute nur eine ganz kurze Etappe (ca. 25 km) zu fahren. Dabei überquere ich auf der Fähre von Kilboghamn nach Jektvika den Polarkreis.







In Jektvika quartiere ich mich in einer luxuriösen Hütte oder eher schon einem Ferienhaus ein. Mit Fernseher, es steht Deutschland – Frankreich an. Im winzigen Ort mit kleinem Supermarkt kaufe ich erst mal ordentlich ein. In der topp ausgestatteten Küche wird erst mal richtig gekocht. Die ewigen Burger oder Pølser (Würstchen) an Tankstellen und Nudeln mit Pesto oder wahlweise Tomatensauce vom eigenen Kocher hängen mir zum Hals raus. Endlich auch mal wieder frischer Salat. Hier kuriere ich mich erst mal aus.









5. Juli
Schönstes Sommerwetter knapp nördlich des Polarkreises. Ich verbringe einen sehr relaxten Ruhetag. Meine Luxusherberge musste ich allerdings gegen ein eher schlichtes Einzelzimmer im Nachbarhaus eintauschen. Was auch deutlich billiger ist. Ansonsten sitze ich in der Sonne auf dem Bootssteg und schaue dem Herbergsvater beim Handyangeln zu. Seiner Tochter war das Handy ins Wasser gefallen. Er hat es tatsächlich wieder rausgekriegt, aus 4 Meter Tiefe!
Abends und Nachts wieder WM geschaut. Da scheint dann um kurz nach Mitternacht schon wieder die Sonne zum Fenster rein.



Der zweite Teil folgt.