Glantal, Hochwald, Erbeskopf, Hunsrück

von: max saikels

Glantal, Hochwald, Erbeskopf, Hunsrück - 01.02.16 20:22

Flüsse, Bahntrassen und Berge

Vom Glantalradweg hatte ich schon einiges gehört, weshalb ich mir verschiedene Varianten überlegte, diesen einzubauen. Die vorletzte war Glantal hoch, Nahetal runter. Bei genauerem Hinsehen stellte sich aber heraus, dass im oberen Teil im Raum Birkenfeld, wo das Nahetal landschaftlich schön ist, es keinen Radweg dortselbst gibt, sondern der Naheradweg über Birkenfeld geführt wird. Und das letzte Stück von Bad Kreuznach bis Bingen lohnt irgendwie nicht; das hatte ich im Mai bei einer Zweitagestour in Rheinhessen bemerkt.

Also wurde daraus der Plan, in St. Wendel statt in Richtung Nahe abzubiegen, weiter nach Nordwesten zu fahren und dann über den Hunsrückradweg zurück zum Rhein.

1. Tag

Nach pünktlichem Start mit der Regionalbahn in Dieburg stand selbige zwischendurch irgendwo zwischen Klein- und Groß-Gerau oder so wegen blabla über eine halbe Stunde auf freier Strecke rum, weshalb es dann mit dem Anschluss in Mainz und der Ankunft in Bad Münster am Stein ein Stunde später wurde.



Der Ort lohnt nicht wirklich einen Aufenthalt, also gestartet. Der Glan-Blies-Radweg geht tatsächlich vom Beginn der alten Glantalbahn von Bad Münster am Stein bis Niederhausen auf deren Trasse. Das wars dann aber auch schon.





Über den Steg der Staustufe gehts auf die linke Naheseite und hinter Niederhausen rechts unter der Bahn durch. Das wollte ich mir aber nicht bieten lassen, sondern bin weiter der Straße nach nach Oberhausen und wieder auf die andere Naheseite gefahren, weil laut meinem Track auf Oruxmaps dort die alte Trasse weitergehen sollte, wenn auch vielleicht nur als Feldweg, aber auch ein Tunnel. So richtig zu sehen war aber nichts davon, weshalb ich nach Konsultation eines Ortsansässigen doch wieder kehrt machte und besagten Abzweig unter der Bahn durch nahm. Naja, waren nur knappe 3 km Umweg.

Dafür gings dann eine knackige Steigung durch die Weinberge hoch und hinterm Weingut Herrmannsberg wieder runter. Dank meiner Schaltung mit den 14 Gängen konnte ich da hoch und an einem schiebenden Radler vorbei fahren. Der holte mich aber bergrunter wieder ein und wir kamen ins Gespräch. Er ist im Gegensatz zu mir im Vorruhestand und macht eine kleine Halbtagestour nach Meisenheim, wobei er unterwegs an einer ganz bestimmten Stelle probiert, ob die Trauben schon reif sind. An Weinstöcken direkt am Weg auf einem Grundstück, das nicht mehr bewirtschaftet wird. In Meisenheim, ein hübches Fachwerkstädtchen übrigens, trennten sich unsere Wege; er führ wieder zurück nach Kreuznach und ich genehmigte mir eine kleine Cappuccinopause.




Vor lauter Babbeln bin ich kaum zum fotografieren gekommen, deshalb eine kleine Rückblende. Der Glan-Blies-Radweg zweigt kurz vor Staudernheim von der Nahe ab, auf dem Verbindungsstück der ehemaligen Glantalbahn zur Nahetalbahn. Von Staudernheim bis Altenglan ist Draisinenbetrieb, man fährt immerhin oft neben dem Gleis, da wo früher mal das zweite Gleis war. Oder auch etwas weiter in der Talaue.








Vor 30 Jahren wurde die Strecke stillgelegt, dennoch sind ein paar Signale noch erhalten.




Bei so einem Fotostop kam ich mit einem weiteren Radler, aus dem Emsland, ins Gespräch, der eine Zweitagestour von Kreuznach nach Homburg und irgendwie wieder zurück machte. Die Gespräche beim fahren führten auch hier wieder zu etwas weniger Bildern. So richtig Bahntrassenradweg wirds erst wieder hinter Glan-Münchweiler bis Waldmohr. Leider ist der Elschbacher Tunnel wegen Baufälligkeit mittlerweile wohl ganz gesperrt, was 1 km Umleitung mit 40 hm bringt.




Das Hotel, welches ich mir in Waldmohr ausgeguckt hatte und nach einigem Suchen gefunden habe, ohne zu reservieren, hat dienstags Ruhetag! Brauchbare Tourist-Info gibts auch keine, aber eine nette junge Frau im Edeka gegenüber hat ganz schnell dann in Waldziegelhütte für mich im Hotel was organisiert. Sie meinte, ich solle hinter ihr herfahren (obwohl es an meinen Klamotten eigentlich zu sehen war, dass ich mit dem Rad unterwegs war). Überhaupt waren die Leute sehr hilfsbereit, aber nochmal 3 km und 80 hm, womit es knappe 100 km wurden, natürlich nicht hinter einem Auto her.

2. Tag

Da ich sowieso in Richtung St. Wendel wollte, war die Übernachtung in Waldziegelhütte ganz praktisch, denn dadurch hatte ich schon ein paar Höhenmeter hinter mir. Am nächsten Morgen, immer noch heißes Wetter, kurz hinter Waldziegelhütte Reste der ehemaligen deutsch-saarländischen Grenze, die Auflager des Schlagbaums.



Das europäische Kriegsführungshauptquartier der USA ist in der Gegend sehr präsent; hat man im Rhein-Main-Gebiet seit dem Weggang der US Army verdrängt.



Über die nordsaarländischen Hügel und Berge nach St. Wendel und auf die nächste Bahntrasse, die Strecke St. Wendel – Tholey, auch Wendalinus-Radweg genannt. Reine Radler- und Inliner-Strecke, ziemlich neu und asfaltiert, aber vor dem zugemauerten Tunnel vor Tholey hörts auf und es geht den Berg hoch.








In Tholey hatte ich nichts verloren, also gings direkt Richtung Theley weiter, wo ich mir eigentlich die zusätzlichen Höhenmeter antun und den Schaumbergturm besichtigen wollte. Das Wetter war aber zunehmend diesig und mit solchen Sichtverhältnissen hatte ich im Juni auf dem Hohen Peißenberg (angeblich 200 km Alpenpanorama) schon mal schlechte Erfahrungen gemacht. Also gestrichen, bis Primstal habe ich die Landstraße benutzt und nicht den Saarlandradweg, war mir zu umständlich. Von Primstal auf der Primstalbahntrasse bis Dagstuhl, nicht asfaltiert, aber einigermaßen zu fahren und landschaftlich schön.





Von Dagstuhl nach Wadern und Weiskirchen über einige Hügel rüber, landschaftlich zwar nicht langweilig, aber auch nicht umwerfend, und dann richtig knackig hoch bis auf 600 m, auch wieder Landstraße, aber unangenehm, da Hauptstrecke nach Trier und deshalb recht stark befahren. Und das 3 km bei 6 % Steigung. Naja, Großglockner war schlimmer.



Von der Höhe hinunter ins Ruwertal nach Kell. Vielleicht wäre es besser gewesen, nicht über Weiskirchen zu fahren, sondern in Morscholz weiter geradeaus die Landstraßen über Steinberg, Reidelbach den Schwarzwälder Hochwald hoch nach Kell; wäre deutlich kürzer gewesen und wahrscheinlich weniger Verkehr.

Aus der Idee, in Hentern im Landgasthof Kopp zu übernachten, wurde nichts; die machen nur noch Restaurant. Und ich verrate hier nicht, wie lange es her ist, dass ich in dem Gasthof mal übernachtet habe.

Das erste Hotel in Kell hat Betriebsferien, bei der Pension Doris ist keiner da, aber die Leute gegenüber beim Feierabendhock verweisen mich aufs Hotel zur Post am Bahnhof. Der sehr freundliche und hilfsbereite Wirt bedauert, alles schon belegt zu haben, telefoniert aber mit dem “Hotel Typisch” gegenüber. Da ist was frei, aber die Wirtin kommt erst abends um zehn zurück. Er bietet mir an, in seiner Fahrradstation zu duschen und mich umzuziehen; Frühstück + Lunchpaket gäbs auch bei ihm und er würde die komplette Abrechnung machen. Dann hab ich da auf der Terasse, direkt am Ruwer-Hochwald-Radweg, auch zu abend gegessen. 0,4 Liter Viezschorle für 2,50!






3. Tag

Am nächsten Morgen doch einen Abstecher runter nach Hentern und wieder zurück gemacht und nach Auffüllen der Wasservorräte in Kell weiter auf dem Ruwer-Hochwald-Radweg Richtung Hermeskeil. Der Weg ist ja auch erst ein paar Jahre alt, asfaltiert und in entsprechend gutem Zustand und gut genutzt. Schade fand ich, dass er gerade im Bereich des Ruwerdurchbruchs nach Zerf runter nicht auf der Bahntrasse, sondern daneben auf einem asfaltierten Waldwirtschaftsweg verläuft.








In Reinsfeld Abstecher zur Gedenkstätte SS-Sonderlager Hintzert. Auch mit Rad nur über die Landstraße zu erreichen. "Der Lagerkomplex ist für nach Auffassung der Nationalsozialisten straffällig gewordene Arbeiter ziviler und militärischer Großbauvorhaben im Bereich des 'Westwalles' eingerichtet worden." Daher waren es hauptsächlich Menschen aus der Region, die dort interniert, ausgebeutet und ermordet wurden.






Ab Hermeskeil weiter auf dem Hunsrück-Radweg, der Ruwer-Hochwald-Radweg ist Teil davon. Hermeskeil selbst sollte man eher in Richtung Abtei umfahren und sich dabei die Radwegführung durch ein großes und ödes Gewerbegebiet sparen, und 90 Höhenmeter. Hinter Thiergarten gehts 4 km und 160 hm durch Buchenwald auf den Hochwaldkamm, auf dem es nochmal 7 km auf einer gut gepflegten, asfaltierten Forststraße bis zum Erbeskopf sind. Der hölzerne Aussichtsturm steht immer noch, ist immer noch gesperrt, wobei ichs mir diesmal verkniffen habe, trotzdem hoch zu steigen. Die Aussicht vom neuen "Windklang" ist zwar auch ganz schön, aber halt nur auf den Nordwest-Halbkreis, nix Richtung Südosten oder so.







Die Abfahrt nach Morbach geht auf geschotterten Waldwegen, halbwegs erträglich zu fahren. Bei der Augustsonne und den Steigungen habe ich mal wieder den Trinkwasserbedarf unterschätzt, hab nix mehr, aber Morbach ist ja nicht mehr weit. In Morbach drei Radwegweisern zur Tourist-Info, aber die haben nur bis vier Uhr auf, meinte ich, nachdem von außen alles verschlossen wirkte. Wie mir später auf Nachfrage per Email mitgeteilt wurde, hätte ich einfach nur in den Vorraum der Tourist-Info gehen müssen; der ist bis 10 Uhr abends geöffnet und da gibts auch Infos über freie Zimmer und so. Ich habe trotzdem auch so was zum übernachten gefunden, das aber im Vergleich zur Post in Kell unangemessen teurer, wobei letzteres auch nicht ganz billig war.


4. Tag

Nachts etwas Regen, dadurch morgens kühler. Auf der Höhe im Hunsrück ists eh nicht so heiß wie im Rheintal. Kurz hinter Morbach gehts ab Bischofsdhron recht beschaulich abseits der Hunsrückhöhenstraße bis Hinzerath, teils asfaltierter Feld- und Waldweg, teils Straße, beidseitig von Linden gesäumt.





Ab Morbach ist schon wieder mehr von der Hunsrückquerbahn zu sehen, die dort zeitweise auch militärisch genutzt wurde, Flugplatz Hahn und so. In diesem Zusammenhang wird wohl schon seit vielen Jahren diskutiert, die Strecke als Flughafenzubringer zu reaktivieren. Wird wahrscheinlich wegen der Kosten und der sowieso autobahnähnlich ausgebauten B50 nix.





In Sohren (Flugplatz Hahn) ist noch deutlich an Gebrauchtwagenhändlern und dergleichen zu sehen, dass der Ort früher von der US Air Force gelebt hat. Und die Region, hinunter bis Idar-Oberstein. Hinter Kirchberg den ersten Reiseradler seit Bahnhof Hermeskeil, nach 70 km Wegstrecke gesehen. Und kurz danach eine Reiseradlerin aus dem schwäbischen getroffen, die gerade aus Venedig kam. Haha, mit dem Flugzeug von Venedig zum Hahn, nach einer Zweiwochen-VCA. Sie wollte jetzt mit dem Rad irgendwie Richtung Bingen und Frankfurt und dann mit dem Zug nachhause. Fuhr ein ganz schön flottes Tempo.

In Simmern haben sich unsere Wege wieder getrennt, da ich nach links auf den Schinderhannes-Radweg abgebogen bin. Das ist die Trasse der ehemaligen Hunsrückbahn über Kastellaun nach Emmelshausen, als Radweg asfaltiert. Landschaftlich nicht spektakulär, es gibt aber immer wieder schöne Ausblicke über die Hunsrückhöhen. Leider ist in Emmelshausen das letzte Stück der Trasse bis zum Bahnhof zugebaut.






Das Teilstück Boppard-Emmelshausen ist noch in Betrieb und ein lohnenswertes Stück Zugfahrt, falls man eine Hunsrückradtour in Boppard starten will. Oder beenden. Da ich das von der adfc-Eifeltour vom Vorjahr und auch "von früher" kannte, bin ich lieber zum Abschluss auf der schmalen Straße durchs Gründelbachtal runter nach St. Goar; das gab nochmal etwas Gebirgsfeeling ob der Serpentinen und 400 hm auf 10 km.



Der gleiche Bericht nochmal, bisschen anders und paar andere Bilder.