Re: Slupsk - Klaipeda

von: kath76

Re: Slupsk - Klaipeda - 30.10.19 14:40

Endlich! Teil 2:

31.07 Usakovo – Kaliningrad (37km)

Wir wachen früh auf, packen unsere Sachen zusammen und verlassen das “Haus am Hafen”. Die Morgensonne lässt das Haff erstrahlen. Außerhalb von Usakovo frühstücken wir am Feldrand und fahren dann auf Kaliningrad zu. Es sind gut 20 Kilometer bis zur Dominsel und wir kommen gut voran. Der Wind blässt aus anderer Richtung und das Terrain ist flacher. Je näher wir Kaliningrad kommen, desto dichter wird der Verkehr.
Innerhalb geschlossener Ortschaften wechseln wir von der Straße auf Fußwege und haben auch bald die Vororte erreicht.  Am Ortsschild schießen wir viele Fotos und fahren weiter in die Innenstadt. Durch das Brandenburger Tor hindurch und an der Alten Börse vorbei, umrunden wir die Dominsel und fahren zum Fischdorf. Dort genießen wir Crepes und eine Tasse Kaffee bevor wir über die Honigbrücke zum Dom schieben. Dort schauen wir uns die Kirche und die Auslagen der Schmuckverkäufer an. Wir verbringen den ganzen Nachmittag im Park, schreiben Postkarten und spielen Spiele. Am späten Nachmittag brechen wir schließlich auf. Wir sind im Motel Baltica am östlichen Stadtrand von Kaliningrad angemeldet. Es geht am Friedländer Tor vorbei und anschließend immer entlang der großen Ausfallstraße, durch Plattenbausiedlungen und Gewerbegebiete, bis wir schließlich an einem mehrspurigen Straßenkreuz stehen. Wir haben es verpasst, die Straßenseite zu wechseln und der Radweg endet plötzlich. Das Fahren auf der Straße erscheint mir auf dieser Straße zu gefährlich (Einheimische sind durchaus auf der Straße unterwegs) und wir fahren zurück auf der Suche nach einem Radweg, der uns auf die andere Seite dieses Straßenkreuzes aus Schnellstraßen bringt. Es muss hier doch einen Radweg geben! Es gibt ihn. Nach einiger Zeit wir fahren jetzt auf der anderen Straßenseite (südlich) finden wir den Radweg. Wir fahren zunächst durch einen Tunnel, schieben dann über eine große Fußgängerbrücke, die uns auf eine Tankstelle führt und stehen kurze Zeit später vor dem Motel. Hinter dem Motel gibt es eine Zeltwiese, direkt am Mühlenteich. Hier sind fast ausschließlich deutsche Camper. Am Abend gibt es eine Mahlzeit vom Campingkocher. Morgen wollen wir uns Kaliningrad genauer ansehen. Es wird noch einmal in die Stadt gehen, allerdings mit dem Bus.

01.08 Kaliningrad (0km)
Morgens regnet es leicht und wir schlafen aus. Am späten Vormittag fahren wir mit dem Bus in die Stadt. Am Königstor steigen wir aus und laufen an alten Befestigungsanlagen entlang zum Dohna Turm, in welchem sich das Bernsteinmuseum befindet. Es ist weiterhin regnerisch und wir besuchen die Ausstellung. Anschließend laufen wir weiter zum Zentralmarkt und decken uns mit frischem Obst und Gemüse ein. Wenige Meter weiter sind wir an der Christi-Erlöser-Kirche. Wir bummeln durch Einkaufspassagen, finden eine Post und verschicken Postkarten. Am späten nachmittag fahren wir zurück zum Campingplatz und lernen einen netten Radler aus Hamburg kennen und tauschen uns über Reiserouten und Kartenmaterial aus. Am Abend spielen wir Gesellschaftsspiele.

02.08 Kaliningrad – Zelenogradsk (52km)

Wir bauen in Ruhe das Zelt ab, frühstücken und quatschen ein wenig mit unseren Zeltnachbarn bevor wir uns auf die Räder schwingen und Kaliningrad Richtung Osten verlassen. Wir fahren an hübschen Neubauten vorbei und biegen nach Norden in Richtung Gurjewsk (Neuhausen) ab. In Neuhausen stoppen wir an der Kirche, ein chorloser Feldsteinbau mit Backsteinturm aus dem 13 Jahrhundert. Überraschender Weise werden wir von einem jungen Mann auf Deutsch angesprochen. Er kümmert sich um die Grünflächen und führt Gäste durch die Kirche. Wir lassen die Räder stehen und gehen mit ihm in den Innenraum, der sich in einem guten Zustand befindet. Die ehemals evangelische Kirche ist im Besitz der neuapostolischen Kirche und wird von einer Berliner Gemeinde unterstützt. Nach einiger Zeit brechen wir wieder auf und radeln auf einer Nebenstraße vorbei an Gemüsefeldern auf denen Kartofflen, Zwiebeln und Kohl geerntet werden. Da die Straße teilweise große Schlaglöcher aufweist sind nahezu keine Autos unterwegs und wir genießen diesen Streckenabschnitt. Bald sind wir in Orlovka und zurück auf einer größeren Straße, der wir bis Muromskoje folgen. Wir passieren mehrere Panzer die am Eingang zu einem Soldatenfriedhof stehen und fahren weiter. In Muromskoje biegen wir nach Cholmy ab, können aber die auf unserer Karte eingezeichnete Straße nicht finden. Wir sprechen ein mit schweren Einkaufstüten beladenes Päarchen an und fragen nach dem Weg. Sie meinen sie wären auch auf dem Weg nach Cholmy, es wären zu Fuß etwa zwanzig Minuten, der Weg ginge in einen Trampelpfad über und sie seien sich nicht sicher ob man mit dem Rad dort durchkäme. Wir wollen es versuchen und fahren los. Etwas ratlos stoppen wir wenige Hundert Meter weiter und werden bald wieder von dem Paar samt etwa 6jährigem Sohn eingeholt. Wir schließen uns ihnen an, schieben über den Pfad und hieven die Räder über Bahngleise. Bald wird der Weg wieder breiter. Wir bedanken uns mit einem Lutscher bei dem Jungen und radeln die letzten Kilometer nach Zelenogradsk. Einen Zeltplatz gibt es nicht und so suchen wir uns, nachdem ich einen Kaffee genossen und die Kinder ein wenig am Strand gespielt haben, ein günstiges Hotel. Wir beziehen ein Doppelzimmer und gehen anschließend zurück auf die Promenade. Wir essen Sandwiches, beobachten die Menschen und genießen den Sonnenuntergang.

03.08 Zelengradsk – Nida (61km)

Wir frühstücken im Hotel und packen anschließend unsere Taschen. Heute geht es auf die Kurische Nehrung. Über die Promenade und durch den Park sind wir schnell auf der Nehrungsstraße und am Schlagbaum. Dort entrichten wir unsere Gebühr für den Nationalpark und fahren nun immer geradeaus. In Lesnoj füllen wir unsere Vorräte auf und machen ein zweites Frühstück. Hinter Lesnoj machen wir an der Straße Rast und laufen durch die Dünen an die Ostsee. Es sind kaum Menschen am Strand und die Kinder spielen eine Weile im feinen Sand. Da an der Vogelwarte gerade keine Gruppen ankommen während wir dort eine Rast einlegen entfällt der Besuch leider und wir fahren weiter zu “Müllers Höhe”. Am Parkplatz schließen wir die Räder an und wandern zum Aussichtsturm. Von hier aus haben wir das Haff und die Ostsee im Blick, sehen in einiger Entfernung große Dünenfelder und militärische Einrichtungen. Zurück bei den Rädern fahren wir in den kleinen Ort Rybacij und decken uns fürs Abendessen ein. Wenige Kilometer weiter stoppen wir am Tanzenden Wald. Wir stellen die Räder ab und gehen die Pfade entlang, vorbei an merkwürdig verkrümmten  Kiefern. Am Parkplatz von “Ephas Düne” kaufen wir für unsere letzten Rubel ein leckeres Schaschlik. Dann radeln wir die letzten Kilometer zum Grenzübergang.  Die Ausreise verläuft ebenso problemlos wie die Einreise. Während wir an der letzen Schranke warten, begrüßen uns, schon auf litauischem Boden, drei zahme Füchse. Nun legen wir noch die letzten vier Kilometer bis Nida zurück, bauen das Zelt auf, kochen schnell Nudeln auf dem Campingkocher und fallen dann müde ins Bett.

04.08 Nida (8km)
Heute wird ausgeschlafen! Während die Kinder noch dösen oder lesen schwinge ich mich auf mein Rad und fahre ins beschauliche Nida. Schnell finde ich den Supermarkt und kaufe für die kommenden Tage ein. Am Campingplatz gibt es Kühlschränke und da wir vier Nächte bleiben wird unser Vorrat etwas üppiger und abwechslungsreicher bestückt. Nach dem Frühstück erkunden die Kinder den Campingplatz und ich schaue ob ich unsere Wäsche waschen kann. Leider sind alle Waschmaschinen belegt und es gibt keine Liste in die ich mich eintragen könnte. Die Kinder wollen zum Strand und so fahren wir zur Ostsee. Hier verbringen wir den ganzen Tag. Wir baden, lesen, bauen Sandburgen und spielen “Schiffe versenken”. Gegen Abend kehren wir zum Campingplatz zurück und Jonte entdeckt das Zelt des Hamburgers gleich neben unserem. Abends toben die Kinder über den Campingplatz und ich genieße ein Alster beim Italiener auf dem Campingplatz. Spät am Abend radelt dann plötzlich das schwedische Päarchen auf den Campingplatz. Wir freuen uns, uns wieder zu treffen und stellen fest, dass sie den Hamburger in Frombork kennengelernt haben. So sitzen wir noch bis in die Nacht zusammen und unterhalten uns.


05.08 Nida (4km)

Nach dem Frühstück entscheidet sich der Hamburger einen weiteren Tag in Nida zu verbringen und wir beschließen abends gemeinsam zu grillen. Heute wollen wir uns zunächst die Hohe Düne ansehen, die im Grenzgebiet von Litauen und Russland liegt. Vom Campingplatz sind es nur wenige Hundert Meter bis zur Parniddener Düne und wir laufen zu Fuß zur Düne. Dort genießen wir die Aussicht und laufen anschließend hinunter zum Haff und in den Ort. An Gartenlokalen vorbei schlendern wir zum Hafen und besorgen Grillgut im Supermarkt. Anschließend geht es zurück zum Campingplatz. Während ich noch die Vorräte verstaue und endlich eine Waschmaschine starten kann, fahren die Kinder schon vor zum Strand. Wir wollen noch ein wenig faul in der Sonne liegen und die OStsee genießen. Heute ist die Ostsee ruhig. Gegen 18:00 Uhr sind wir zurück am Campingplatz und stellen fest, dass der Grill schon vorbereitet wurde. Gemeinsam schnippeln wir Gemüse und verbringen die nächsten Stunden bei einem üppigen Mahl am Grill. Gegen 21:00 Uhr schwingen wir uns alle auf die Räder und fahren noch einmal an den Strand um bei einer Tasse Kaffee den Sonnenuntergang anzuschauen. Die Kinder planschen noch im Wasser. Gegen 22:00 Uhr sind wir zurück am Campingplatz.

06.08 Nida (6km)

Wir schlafen aus, frühstücken und verabschieden anschließend den Hamburger und die Schweden. Es regnet leicht und wir verkriechen uns noch einmal ins Zelt um das kurze Regenschauer abzuwarten. Am späten Vormittag wird es heller und wir radeln nach Nida. Entlang des Haffs geht es zunächst geht zum Thomas Mann Haus. Anschließend besuchen wir die Kirche und den Friedhof. Wir schauen uns die Totenbretter und lesen die alten Grabinschriften. Die Kinder wollen zur Erinnerung noch Bernstein erwerben und wir fahren noch einmal in die Nähe des Hafens. Beide suchen sich einen schönen Stein aus. Anschließend quälen wir uns zum Leuchtturm hinauf und rollen nach kurzem Stopp hinab zum Ostseestrand. Es heißt noch einmal Baden und Buddeln! Am Abend genieße ich noch ein Alster beim Campingplatz Italiener während die Kinder gemeinsam spielen. Morgen werden wir unsere letzte Etappe radeln.

07.08 Nida – Klaipeda - Giruliai (64km)
Es ist Zeit aufzubrechen. Wir packen zusammen und verlassen Nida auf der Haffseite. Wir fahren den ganzen Tag auf einem separaten Radweg abseits des Verkehrs, kommen durch die kleinen Dörfer Preila und Pervalka, vorbei an den Toten Dünen und machen schließlich eine ausgedehnte Badepause bei Juodkrante. Die Wellen laden zum Baden ein und die Kinder sammeln Steine und Bernstein (alles was nach Bernstein aussieht). Später geht es weiter bei bestem Radfahrwetter bis zum Fähranleger. Wir halten und rasten und erfreuen uns am Blick auf die Hafenstadt Klaipeda – Ziel unserer Reise. In einiger Entfernung sehen wir die großen Fähren, von denen uns eine morgen über die Ostsee nach Deutschland bringen wird. Nun müssen wir aber ersteinmal einen Zeltplatz für die kommende Nacht finden. Die Fußgänger- und Radfahrerfähre bringt uns ans andere Ufer nach Klaipeda. Wir besorgen einige Lebensmittel und verlassen Klaipeda in nördlicher Richtung. Vorbei am Freilichttheater fahren wir weiter durch den Stadtwald nach Giruliai. Dort steuern wir den Campingplatz an, bauen das Zelt auf und bereiten uns, in der vollständig eingerichteten Küche, ein warmes Abendessen zu, welches wir im großzügigen Aufenthaltsraum genießen. Im Anschluss spielen wir noch etwas. Gut, dass wir heute diese Küche und den Aufenthaltsraum nutzen können. Draußen wimmelt es nur so vor Mücken. Im Dunkeln verkriechen wir uns ins Zelt – morgen können wir ausschlafen.

08.08 Giruliai - Klaipeda – Kiel (22km)

Nachts werde ich wach, als ich erste Regentropfen aufs Zelt prasseln höre. Ich schlüpfe schnell aus dem Zelt und schiebe unsere Räder, an denen die Fahrradtaschen befestigt sind, unter ein Vordach. Danach krieche ich zurück in den Schlafsack. Als wir morgens aufwachen regnet es immer noch und es haben sich große Pfützen auf dem Waldboden gebildet. Zum Glück stehen unser Räder samt Gepäck im Trockenen. Das Wetterradar verspricht, dass es ab 11:00 uhr weniger regnen wird, ab 12:30 soll es trocken bleiben. Da wir keine Eile haben bleiben wir noch ein wenig liegen. Wir bereiten uns Frühstück in der voll ausgestatteten Küche zu und trinken in Ruhe Kaffee. Während die Kinder Schiffe versenken spielen, bringe ich Isomatten, Schlafsäcke und Zelt unters Vordach und packe unsere Sachen zusammen. Um kurz nach 12:00 Uhr brechen wir auf und fahren durch den Stadtwald zurück nach Klaipeda. Wir halten noch einmal an der großen, in die Jahre gekommenen Freilichtbühne und radeln weiter zum deutschen Soldatenfriedhof. Auf vierzehn Gedenktafeln finden sich in alphabetischer Reihenfolge die Namen gefallener deutscher Soldaten des 2. Weltkriegs. Anschließend geht es weiter in die Stadt und wir setzten noch einmal auf die Kurische Nehrung über. Wir haben noch viel Zeit und so besuchen wir noch das Delphinarium. Die Kinder sind von der 30-minütigen Show begeistert. Inzwischen scheint auch wieder kräftig die Sonne und während wir das Treiben rund ums Aquarium und Delphinarium beobachten trocknet unser Zelt in der Sonne. Am späten nachmittag geht es zurück in die Altstadt. Wir fahren noch in den Supermarkt um uns ein wenig mit Lebensmitteln einzudecken. Danach geht es noch zum Italiener und anschließend weiter zum Hafen. Wir stellen uns im Hauptgebäude an um unsere Tickets für die Fährüberfahrt nach Kiel abzuholen. es geht nur langsam voran. Als wir an der Reihe sind, erfahren wir, dass wir als Radfahrer unsere Tickets direkt an der  Zufahrtsschranke erhalten. So verlassen wir den Ticketschalter und fahren zur Schranke um uns an der nächsten Schlange anzustellen. Es geht dann aber alles ganz zügig und kurze Zeit später warten wir mit einigen anderen Radfahrern darauf, dass wir den Kilometer zur Fähre radeln dürfen. Es bleibt kaum Zeit sich etwas warmes überzuziehen, da geht es los. Gemeinsam fahren wir, gefolgt von den LKWs, auf das Fährschiff, welches uns nach Kiel bringt. Wir schließen unsere Räder an, nehmen unsere vorsortierten Sachen für die nächsten 24 Stunden und erkunden das Schiff auf der Suche nach unserem Schlafplatz. Abends um kurz nach 22.00 Uhr verlassen wir den Hafen und sind kurze Zeit später auf der weiten Ostsee.

09.08 Kiel – Braunschweig (9km)
Nach einer ungemütlichen Nacht wachen wir früh auf. Die Sonne scheint und wir gehen an Deck um einen Blick aufs Meer zu werfen. Die See ist ruhig. Wir genießen ein ausgedehntes Frühstück und verbringen den Tag mit Spielen, Lesen und netten Gesprächen. Morgens kommt die deutsche Ostseeküste in Sichtweite, so ist zum Beispiel Rügens Küste deutlich zu erkennen.  Gegen 17.00 Uhr laufen wir pünktlich in den Hafen von Kiel ein. Als Radfahrer sind wir mit die ersten, die vom Schiff gelassen werden. Wir beeilen uns zum Bahnhof zu kommen. Es bleibt noch Zeit ein Eis, Wasser und ein Buch zu kaufen bevor wir in den IC nach Hamburg steigen. In Hamburg kommen wir mit etwas Verspätung an und eilen dann zur Regionalbahn nach Uelzen. Unsere 15 Minuten Umstiegszeit sind auf sechs Minuten zusammengeschmolzen. Am Hundertwasserbahnhof in Uelzen müssen wir noch einmal umsteigen. Da der Aufzug ausgefallen ist mühen wir uns die Räder vom Gleis zur Unterführung hinunterzutragen. Zum Glück wird uns Hilfe angeboten, so können die Gepäcktaschen am Rad bleiben und wir kommen mit den 15 Minuten Umstiegszeit zurecht. Die nächsten 100 Minuten verbringen wir voller Vorfreude auf zu Hause und schließen pünktlich um 22:53 Uhr den Papa in die Arme.