10.1.2022: Coatzacoalcos

von: joeyyy

10.1.2022: Coatzacoalcos - 11.01.22 02:27

Die 140 km von gestern stecken mir noch ganz schön in den Beinen. Ich schlafe bis um zehn wie ein Stein. Mein Frühprogramm beginnt normalerweise mit Yoga, Pilates und ein paar Mobilisierungsübungen für das ISG. Heute nicht, heute beginnt es mit Liegenbleiben. Danach aufstehen, aus dem Fenster schauen, Regenwolken beobachten, wieder hinlegen.

Um zwölf stehe ich auf und gehe raus. In einem kleinen Café mit eigener Rösterei trinke ich frisch gebrühten Kaffee mit Bohnen aus Oaxaca. Wie gut der Kaffee hier doch schmecken kann. In den Comedores stellte man mir meistens eine Tasse heißes Wasser und ein Glas Nescafé zum Selbstdosieren hin. OK, dafür sind die Suppen dort genial.

Coatzacoalcos ist ein offensichtlich von Pemex, der staatlichen Öl Gesellschaft, geprägter Ort. Gestern die Raffinerie, heute gehe ich am Pemex Krankenhaus vorbei. Zumindest von außen hat das Haus den Anschein, dass das Kerngeschäft von Pemex eben die Petrochemie und nicht die Gesundheit ist.

Meine Gesundheit ist mir wichtig, am Malecon kaufe ich mir eine frische Kokosnuss, trinke deren Inhalt und später in einer Fruteria suche ich mir noch eine fette Papaya aus. Ich weiß nicht, wie schwer das Ding ist, aber mehr als ein Kilo hat sie sicherlich drauf. Die Hälfte davon esse ich im Hotelzimmer. Damit habe ich rund 350 Prozent meines täglichen Vitamin C Bedarfs gedeckt und ganz viel der Vitamin B Gruppe. Meinen Mineralstoffhaushalt fülle ich ebenfalls mit dieser Frucht zur Genüge auf, zumal ich mit dem Kokoswasser von vorhin eine große Menge der bei meinen Aktivitäten hier benötigten Mineralstoffe Magnesium, Kalzium und Kalium zu mir nahm.

Am Nachmittag ruhe ich mich noch mal aus, es beginnt zu regnen und ich lese im Guardian, dass der Luxus Autohersteller Rolls Royce im letzten Jahr so viele Autos verkaufte wie nie zuvor. Die Begründung ist so simpel wie nachdenkenswert.

Die reichen Schnösel haben festgestellt, dass das Leben ziemlich kurz sein kann und damit aufgehört, für sie wichtige Entscheidungen immer nur in die Zukunft zu verschieben.

Manchmal kann man sich sogar bei der sogenannten Elite noch was abschauen...

Im Zeitalter des Materialismus ist Rolls Royce ein Sinnbild für Perfektion und damit Ästhetik und das (nicht notwendige) Schöne in der Welt. Und ein wichtiges Statussymbol, mit dem man zeigen kann, welchen Stellenwert in der Gesellschaft der Besitzer oder die Besitzerin hat.

Mein Stellenwert in der Gesellschaft ist mir ziemlich egal (Sehr lesenswert dazu: die Aphorismen von Schopenhauer). Und obwohl in den britischen Nobelkarossen sicherlich viel handwerkliches Geschick und eine Hinwendung zur Perfektion steckt, bewegen mich Autos eher selten emotional.

Statt an den Reichen würde ich mich persönlich eher an der Figur des Petronius aus "quo vadis?" (für einen Agnostiker wie mich der einzigen Figur des Romans mit einer nachvollziehbaren Vernunft) orientieren und Reichtum eher im eigenen Sein in der Welt, der Kunst, der Musik und dem Pflegen von Freundschaften sehen - auch mit sich selbst. Und im Radeln durch Mexico.