Re: Via Lusitana: Lissabon - Santiago de C.

von: Hansflo

Re: Via Lusitana: Lissabon - Santiago de C. - 09.05.24 06:46

Etappe 6, 25.04.2024: Aveiro – Porto

Radreisetag Nummer sechs wird ein Tag mit viel Aussicht auf Wasser links und rechts unserer Strecke. Zur Abwechslung bläst heute kein Gegenwind, .… sondern Gegensturm. Zuerst geht es einige Kilometer nach Westen, bevor unser Weg sich nach Norden dreht.

[ von live.staticflickr.com]

Eine Fähre bringt uns über das breite Öffnung der Aveiro-Lagune nach São Jacinto,

[ von live.staticflickr.com]

danach radeln wir für etwa 30 Kilometer an der Lagune entlang nach Norden.

[ von live.staticflickr.com]

Heute, 25. April ist Nationalfeiertag, die Nelkenrevolution von 1974 feiert 50. Geburtstag und entsprechend viele Menschen verbringen den schönen Tag am Wasser.

[ von live.staticflickr.com]

Die Landschaft ist wirklich schön, der Wind bremst uns allerdings ordentlich in der Reisegeschwindigkeit

[ von live.staticflickr.com]

Bei Furadouro treffen wir wieder auf die Atlantikküste, der Wind wird dort natürlich nicht schwächer.

[ von live.staticflickr.com]

Nördlich von Furadouro geht es für zehn Kilometer durch eine schöne Naturparklandschaft am Rande eines Luftwaffenstützpunktes. Der Wind bremst sich hier etwas ein und es sind wunderschöne Genusskilometer auf recht brauchbarem Radweg.

[ von live.staticflickr.com]

Im Parkgelände wird der Nationalfeiertag fröhlich und ausgelassen gefeiert, hier von vielen jungen Leuten, deren schöne Autos deutlich älter sind als sie selber.

[ von live.staticflickr.com]

Der ganze Naturpark wirkt gut gepflegt und immer wieder sind abgeholzte Stämme in großen Haufen zum Abtransport bereit. Offensichtlich werden gezielt alle Eukalyptusbäume entnommen. Sehr schön sind auch die folgenden Kilometer (tatsächlich als Geh- UND Radweg beschildert) auf Holzbohlen durch ein ausgedehntes Feuchtgebiert mit Schilfbewuchs

[ von live.staticflickr.com]

Wegen des Feiertags sind alle Strandlokale geöffnet, wir entscheiden uns für eine Pause in einem Lokal mit vielen freien Plätzen (und wissen danach, warum es viele freie Plätze gab)

[ von live.staticflickr.com]

[ von live.staticflickr.com]

Am späten Nachmittag kommen wir in Porto, der zweitgrößten Stadt des Landes, an. Auf der Touristenmeile am Douro-Ufer drängen sich die Touristenmassen.

[ von live.staticflickr.com]

Der Blick auf die gegenüberliegende Stadt gefällt natürlich auch uns,

[ von live.staticflickr.com]

ebenso wie die Überfahrt über die berühmte Stahlkonstruktionsbrücke Ponte Luís I.

[ von live.staticflickr.com]

Am anderen Ufer stehen wir etwas ratlos an der Straße. Wie sollen wir dort hinauf ins Zentrum und zu unserer Unterkunft kommen?? Der Schrägaufzug sieht nicht nach Radmitnahme aus, Google zeigt uns einen kurzen Fußweg mit ordentlich Stufen sowie eine Autostrecke mit ordentlich Umweg. Wir probieren dann ein Mittelding, schieben ein paar Dutzend Höhenmeter durch enge Gassen und sind dann überraschend schnell oben im Herzen der Altstadt.

Ich hatte wieder ein Alojamento Local auf halbem Weg zwischen Altstadt und Bahnhof gebucht, dieses Mal ein Apartment mit Zugang zum Garten, damit wir unsere Räder abstellen können. Nach der Dusche machen wir uns zu Fuß auf den Weg zum Bahnhof Porto Campanha. Die heutigen 82 km gegen den stürmischen Wind sitzen uns in den Knochen, die Wetterprognose für morgen verheißt Regen und wir suchen eine Alternative zum Fahrradsattel bei Kaltregen und Sturm.

Eine Karte können wir allerdings nicht kaufen, der Schalterbeamte erklärt uns, was wir eigentlich eh schon wissen, aber nicht recht glauben wollten: Wir sollen zur Abfahrtszeit am Bahnsteig stehen, der Schaffner entscheidet dann nach freien Kapazitäten im Zug, ob wir mitsamt den Rädern mitfahren dürfen oder nicht und verkauft uns dann auch die Fahrkarten. Nämlich Fahrkarten für uns Personen, die Räder reisen nämlich kostenlos.

Wirklich glücklich sind wir mit der Antwort nicht, der Fußmarsch zum Bahnhof hat aber auch sein Gutes, wir entdecken ein sehr nettes Lokal in der Nähe unserer Unterkunft und mit dem Abendessen sind wir dann sehr zufrieden.

Etappe 7, 26.04.2024: Mit dem Zug von Porto nach Viana do Castelo

Am nächsten Tag frühstücken wir in einem Café in der Altstadt und verbummeln den Vormittag noch großteils regenfrei, bevor wir uns zum Bahnhof aufmachen.

[ von live.staticflickr.com]

Rund um die Kathedrale sehen wir erstmals größere Pilgeransammlungen; hier beginnt für die meisten ihr Camino Portugues und viele lassen sich dort ihren Pilgerpass abstempeln. Von der Kathedrale weg geht es vorerst bergab und alle schreiten tüchtig aus, bei den meisten sieht man, dass es der erste Tag ihres Camino sein wird. Als langjährig geübte Bergwanderer mit geschultem Blick fürs Gepäck auf dem Rücken sind wir bei vielen Pilgern überzeugt, dass sie am Ende des ersten Tages ein Paket nach Hause schicken werden.

Am Bahnhof tun wir dann wie geheißen, der Schaffner verweist uns gleich an den richtigen Waggon und verkauft uns dann während der Fahrt die Fahrkarten. Der Zug ist eine Art Interregio mit einer überraschend großen Zahl an Fahrradhängeplätzen.

[ von live.staticflickr.com]

Unser Tagesziel heißt Viana do Castelo, die Ankunft bei zehn Grad schaut wenig einladend aus und wir flüchten uns auf kürzestem Weg ins Hotel. Beim Abendessen staunen wir dann: das Restaurant ist voll mit internationalem Publikum und offensichtlich alle auf dem Weg nach Santiago de Compostela. Zum Glück hatte ich vorher angerufen und einen Tisch reserviert, damit wir nicht lange bei Regen und Kälte herumsuchen müssen (meine Frau kommentiert das mit einer Bemerkung zum Alter). Pilgern bedeutet in der heutigen Zeit also nicht mehr zwangsläufig Pilgerherberge mit Stockbetten und kargem Pilgermenü. Nachdem es im Lokal keine Pilgerpass-Kontrolle gibt, dürfen auch wir es uns gut gehen lassen, dieses Mal (Überraschung!) mit Fisch.

[ von live.staticflickr.com]

Auch die Hotelgäste, auf die wir beim Frühstück treffen, sind allesamt Peregrinos und eine kleine Gruppe davon samt Wienerin hat sich gestern wegen des Starkregens ein Uber gerufen, wie wir uns erzählen lassen. Das beruhigt uns doch sehr, dass wir nicht die einzigen Reisenden sind, die nicht gerne im Regen auf der Straße sind.

Etappe 8, 27.04.2024: Viana do Castelo (P) – Baiona (E)

Der Wetterbericht für Tag acht verspricht Regen-Aus noch am Vormittag, wir brechen etwas später auf als sonst, es nieselt noch ein wenig, aber binnen einer halben Stunde setzt sich die Sonne durch. Wir radeln heute den ganzen Tag mehr oder weniger an der Atlantikküste entlang – und überholen dabei alle paar Hundert Meter den einen oder anderen Pilger.

[ von live.staticflickr.com]

Landschaftlich ist der heutige Tag vom ersten bis zum letzten Kilometer purer Genuss; so viele schöne Küstenkilometer haben wir noch nicht oft erlebt. Küstenkilometer sind natürlich Windkilometer – und heute kommt er (Überraschung!!) von vorne und ist wieder ganz schön heftig.

[ von live.staticflickr.com]

Wo wir sonst locker mit 25 Stundenkilometer dahinrollen, treten wir heute mit 15 kräftig in die Pedale. Aber unbestritten bleibt, es ist wunderschön:

[ von live.staticflickr.com]

[ von live.staticflickr.com]

Für die Überfahrt über den Grenzfluss Minho/Miño gibt es eine Art Taxi-Verkehr mit einem Außenborder. Der Kapitän sitzt bei unserer Ankunft gerade beim Mittagessen und lässt die pilgernde Meute lange warten, hebt dann dafür in einem Kraftakt unsere Räder samt Gepäck ins schaukelnde Boot und erzählt uns während der Überfahrt die wildesten Geschichten aus der christlichen Seefahrt über den Fluss mit seinem 75-PS-Baby, wie er den Motor nennt.

[ von live.staticflickr.com]

Auf der spanischen Seite in A Guarda besorgen wir uns im Supermarkt ein paar Kleinigkeiten

[ von live.staticflickr.com]

die wir dann später mit herrlichem Blick auf den Atlantik verspeisen.

[ von live.staticflickr.com]

Hier treffen wir auf einen schön ausgebauten und gut markierten Eurovelo #1, dem wir bis Baiona mehr oder weniger folgen.

[ von live.staticflickr.com]

Inzwischen hat der Wind deutlich nachgelassen und die Temperatur ist in einen angenehmen Bereich gestiegen, in leichtem Auf und Ab radeln wir nach Norden

[ von live.staticflickr.com]

Der Rad- (und Pilger-) weg führt immer wieder auch zur Küste hinunter und durch kleine Dörfer, es ist wunderschön

[ von live.staticflickr.com]

In Oia gibt es ein kleines Café, welches man nicht als solches erkennen würde, wenn es sich nicht viele Pilger davor gemütlich gemacht hätten. So tun auch wir

[ von live.staticflickr.com]

Danach geht es weiter, immer in Küstennähe. Die Landschaft erinnert uns immer wieder an Irland,

[ von live.staticflickr.com]

die Pilger holen uns immer wieder in die geografische Realität zurück

[ von live.staticflickr.com]

[ von live.staticflickr.com]

Die Leuchtturm von Cabo Silleiro an dieser spektakulären Küstenlinie markiert in etwa das Ende unserer heutigen Nordrichtung, danach dreht die Straße für die letzten Tageskilometer nach Osten und wir erleben eine Ahnung von Reiseradeln mit Rückenwind.

[ von live.staticflickr.com]

Für die letzten Kilometer des Tages verlassen wir den Pilgerweg und bleiben höhenmeterschonend auf dem Eurovelo entlang der Küstenstraße.

[ von live.staticflickr.com]

Unser Tagesziel Baiona (galizisch) bzw. Bayona (castellano) ist eine Tourismusstadt mit großem Bootshafen.

[ von live.staticflickr.com]

Unser Hotel liegt am Ende der Strandmeile und es ist schon 18 Uhr vorbei, als wir ankommen. Der späte Aufbruch wegen des Regens, das Warten am Grenzfluss auf die Überfahrt und der Zeitzonenwechsel nach Mitteleuropa haben den Tag flugs schwinden lassen. Wir fallen also in die erste Kneipe neben dem Hotel (wie meine Frau weiß, wir werden nicht jünger …), zwei große Bildschirme übertragen ein Fußballspiel der primera división, dem das gesamte bunt gemischte Publikum gespannt und lautstark folgt, es gibt eine kleine Karte, wir sind glücklich nach dem schönen Tag und machen uns über (ausgezeichnete) Burger und https://de.wikipedia.org/wiki/Estrella_Galicia#/media/Datei:Estrella_Galicia_a_contraluz_(6008367246).jpg Estrella Galizia her.

Etappe 9, 28.04.2024: Baiona – Pontevedra

Tag Neun beginnt wieder kühl, der Wind ist schwach und kommt heute (ich fürchte, ich wiederhole mich) von vorne. In der Nacht hat es geregnet, die Straßen und Wege sind nass, es ist Sonntag und auf den Straßen wenig Verkehr.

[ von live.staticflickr.com]

Kurz vor Vigo treffen wir auf einen schönen Strand

[ von live.staticflickr.com]

Vigo selber gefällt uns nicht sonderlich, wir sind froh, für die Ausfahrt auf eine Via Verde, eine aufgelassene Bahntrasse zu treffen, die uns einige entspannte flache Kilometer verschafft.

[ von live.staticflickr.com]

Danach geht es wieder in steileres Gelände (und auf Straßen mit zeitweise viel Verkehr)

[ von live.staticflickr.com]

Sehr schön ist die Ponte Sempaio über den Rio Verdugo

[ von live.staticflickr.com]

Am Nachmittag treffen wir nach ausgiebigen Höhenmetern an unserem letzten Etappenort ein, der Provinzhauptstadt Pontevedra, auch hier geht der Stern Galiziens auf – und ich reserviere im Lokal gleich für das Abendessen.

[ von live.staticflickr.com]

Auch Pontevedra ist ganz offensichtlich auf Pilgertourismus eingestellt. Unser Hotel ist voll mit Pilgern und Pilgergruppen, die Plätze vor den Lokalen in der Innenstadt sind ebenfalls pilgerbelebt und die Restaurants zum Abendessen sowieso.