Re: Eurovelo6 St. Nazair bis Istanbul 2012-14 (1)

von: freidurchatmen

Re: Eurovelo6 St. Nazair bis Istanbul 2012-14 (1) - 15.04.13 19:43

21.03.2013

Die vielen gut und ernstgemeinte Ratschläge die ich in den letzten Tagen erhalten habe, lasse ich mir bei meiner Zuganreise von Kassel nach Wien durch den Kopf gehen. Der eine Ra(d)tschlag, der sich nicht mit Essen, Trinken oder den kommenden Übernachtungsgelegenheiten befasst ist bei mir ganz besonders intensiv hängen geblieben.Immer wieder jagt dieser Ratschlag quer durch mein Hirn. “Bleibe Gesund und denke immer an deine Familie und an deine Schwiegermutter“. Das werde ich mir diesesmal ganz besonders zu Herzen nehmen. Für mich ist es eine Selbstverständlichkeit und es bereitet mir Freude mich auf ein gutes Essen bei Muttern und Schwiegermutter zu freuen. Solch großartige Stunden, wenn sie auch selten sind, setze ich nicht leichtfertig auf`s Spiel. Vor mir liegen ab morgen die grünen, weit ausgedehnten Donauauen, die von Tümpeln durchzogen sind. Mich erwarten die ersten Frühlingsblumen und auch die Tiere sind wieder auf dem Fluß zurück. Der herrlich zu fahrende Hubertusdamm, der Wien und Hainburg verbindet, soll einem jeden in bleibender Erinnerung sein. Carnuntum, die einstige römische Lagerstadt kurz vor der slowakischen Hauptstadt Bratislava, werde ich mit dem Rad erkunden. Von Bratislava an geht es am großen Donaustausee weiter bis Gabcikovo und danach wird die südliche Slowakei mit der Stadt Komarom erreicht. Bis nach Budapest nehme ich die flache Route auf der ungarischen Seite der Donau. Sind die Gelder der EU hier gut in die Radwege angelegt worden? Ich werde es euch berichten. Höhepunkte. Am Sonntag gönne ich mir ein Abendessen in Budapest. Von meinen 1500 KM sind dann ein fünftel geschafft.

22.03.2013

Ich habe hervorragend geschlafen. Die Sonne strahlt über Wien, es ist trocken, die Temperatur kann ich hier auf der 12. Etage nicht feststellen. Genauso soll der erste Reistag beginnen. Vom Hotel zur Donau habe ich 45 Min. geplant. Ich werde genau eine gute Stunde brauchen. Aus dem Hotel raus und dann links bis zum Ring und dann ?? Soviel habe ich mir gemerkt. Am Ring erstmal rechts – falsche Richtung. Wieder zurück. Einen Radler gefragt. Der nimmt mich doch glatt an die Hand und fährt vor mir her. Klasse. An einer Kreuzung trennen sich unsere Wege. Ich fahr Richtung Urania, direkt am Prater vorbei. Um 8h das erste Foto vom leeren und stillen Prater. Auch eine Erfahrung. Nach kurzer Zeit bin ich an der Donaubrücke. Jetzt immer nur noch in Richtung Osten. Es gibt viel zu sehen. Ein letzter Blick zurück und dann geht es zügig los. Ich verliere mich in der Natur und genieße die Aussicht viel zu sehr. Am Ende der Donauinsel ist Schluß. Hmmm Sch…. kurze Trinkpause und wieder in Richtung Norden zurück. Aus dieser Richtung kommt heute der starke und eisige Wind. Im kleinsten Gang die ca. 3 km zurück. Durch den Ölhafen geht es in Richtung des 30km langen Hubertusdamm. Auf ihn habe ich mich gefreut. Denkste- der Wind immer von links. Es drückt mich fast vom Damm. Der Straßenbelag ist grober Asphalt und bremst ziemlich. Die Kälte macht mich mürbe. Auf freier Stecke mache ich eine Pause. Der Wind fegt den Helm und die Müsliriegel vom Tisch. Schnell wieder los. Nach 30 Min lege ich mich auf der Südseite des Dammes hin. Akku laden. Die kurze Pause hilft mir sehr. In Hainburg mache ich Mittagspause. Eine Leberknödelsuppe und einen Kaffee bringen die Geister wieder zurück. Flott geht es mit einem leichten Gefälle stetig bergab. So bin ich auch schnell in Bratislava. Das nächste Land erreicht. Die letzten Kilometer Straße in die Stadt sind in Richtung Norden. Noch Fragen?? Ich schiebe zeitweilig. Mein Frustpegel hat den heutigen Höchststand erreicht. Bratislava lasse ich dehalb links liegen. Die Radwege sind hier gut ausgebaut. Jedoch sehr wenig beschildert. Was kann das wohl bedeuten? Ratz fatz wieder verfahren. Ich stehe jetzt in Ungarn. In Zentrum vom Nirgendwo. Mein GPS sagt mir die nächste KFZ Straße in 5 KM an. Na toll. Nach ein paar Minuten kommt ein Förster vorbeigefahren. Ich halte in an. Er spricht englisch. Ich erkläre ihm, wohin ich will. Er schüttelt langsam den Kopf und zeigt auf der Karte meine Position. Entweder 10 KM zurück nach Slovenien oder … Plan B. Also B. Ich rechnete mir aus dass ich bei KM 110 in Gabcikova sein werde. Jetzt nach KM 133 bin ich in Halaszi gelandet. Klar das ich mich hierhin nochmal verfahren habe. Die Sonne geht jetzt schnell unter und ich habe noch kein Bett. Erst im Imbiss nach einem Hotel gefragt. Die Mitarbeiterin spricht kein Deutsch – sie fragt die Gäste. Ein deutschsprechender Italiener hilft mir weiter. Eine Frau vermietet Zimmer, sagt er. Nur 400 m weiter. Die nette Dame gibt mir zu verstehen das die Zimmer jetzt kalt sind und es nicht geht. Die Straße immer weiter gibt es boch ein Hotel sagt sie mir in einem guten deutsch. Hier bekomme ich auch ein Zimmer, das ist auch kalt, hat aber eine Heizung. Für 29€ bekomme ich ein ordendliches Zimmer und für 3.50€ gibt’s noch Frühstück dazu. Das Rad ist sicher untergestellt und mein Abendessen war reichhaltig und lecker. Dieser Tag endet so wie er begonnen hat. Nach 133KM in 7.45 h mit 316 m Steigung und 393 m Gefälle falle ich heute müde ins Bett.

23.03.2013

Und aufeinmal hat es bling, so ein metallisches bling, gemacht. Doch dazu später mehr… Da mein Frühstück heute erst um 8h möglich war, konnte ich so richtig ausschlafen. Gut gestärkt und mit guter Laune in mir, einen stahlend blauen Himmel mit der wärmenden Sonne über mir, ging es um 8.20h los. Bevor es losging fragte ich noch einmal welche Straße ich nehmen sollte. Alles klar, auch der Kompass zeigt mir diese Richtung an. Von Halaszi geht es in Richtung Hedervar. Auf einem sehr schmalen Radweg entlang. Wäre mir jetzt ein gleichgesinnter und gleichgepackter Radler entgegen gekommen hätte ich absteigen müssen. Weiter geht es über Dunaszeg bis nach Györ. Die Radwege lassen hier keine Wünsche offen. In Györ verpasse ich einen Abzweig. Merke es jedoch schnell. Heute bin ich wachsamer. Die Stadtbesichtigung ist schnell erledigt. Aus der Stadt hinaus führt der Radweg an einer vielbefahrenen Straße entlang. Kurze Zeit später wieder Ruhe. Vorbei an Schweine- und Hühnermastbetrieben geht es in Richtung Györszentivan. Hier sehe ich zum Erstenmal die erschreckende Armut außerhalb der Stadt. Auch der Weg wird immer schlimmer. Anfangs noch ungeflickte Betonplatten, später aufgeweichte Forststaßen. Schaut euch das Bild an. Es gab nur 3 unzureichende Möglichkeiten hier durchzukommen. Links- oder Rechts vorbei oder Mittendurch. Ergebniss: Immer alles Matsch. Bis zur Autobahnbrücke konnte ich mich auf die kommende, aufreibende Strecke vorbereiten. Bis nach Böny lief alles gut. Vorbei an jetzt noch meterhohen Schneebergen an der Straße und überfluteten Wiesen und Feldern kam ich zum Abzeig nach Nagyszentjanos. Dort verpasste ich den unscheinbaren Abzweig nach rechts. Als für alle die ihren größten und stärksten Feind nicht zum Freund machen können. Schickt ihn im feuchten Frühjahr auf die Strecke von Nagyszentjanos nach Acs. Er wird Jammern und aus den Büschen und Sträuchern wird er meine Verfluchungen hören können. Ich habe die 3.5 km, nachdem ich xmal auf- und abgestiegen bin nur noch geschoben. Das hat mir Seitenstecken und für die kurze Strecke über eine Stunde Verspätung gebracht. Von Acs geht es nach Komarom, immer noch auf der ungarischen Seite der Donau. Hier gönne ich mir um 16h eine Linsensuppe und eine Kaffee. Für 3.50€. Von Komarom geht es die südliche Route bis nach …. Ja eigentlich wollte ich ja die nördliche Tour fahren, aber durch die Verspätung muss ich meine Übernachtungsmöglichkeiten neu ausloten. Im Süden ist es besser. In Dunaalmas und in Neszemeli habe ich kein Glück. Die Sonne geht schnell unter. Weiter bis nach Sütto. Am Ortseingang frage ich nach einem Hotel. Der Besitzer telefoniert für mich und beschafft mir ein Zimmer. Er will natürlich, dass ich bei ihm esse. Dazu bin ich jetzt noch nicht in der Lage. By the way. Ich bekomme bei Ihm ein Bier und ein ungarisches Gebäckteil umsonst. Mein Zimmer ist nur drei Bushaltestellen entfernt. Macht noch einmal gefühlte drei Kilometer im Dunklen zu fahren. Ich finde es schnell und mache mich frisch für das Abendessen. Dafür laufe ich nochmal 2 Km zurück. Radfahren will ich heute nicht mehr. Die Zahlen liefere ich nach. Mein Imbiss will jetzt schließen. Gute Nacht euch allen.

24.03.2013

Meine Herberge hab ich gestern nur im Dunklen gesehen. Das Zimmer war sauber und riesengroß. Das Bett (Schlafcouch) war ideal zum schlafen. Im Badezimmer hätte noch ein Whirlpool Platz gefunden. Von Außen ist dieses Gebäude ein funktionaler Bau aus sozialistischen Zeiten. Möchte nicht wissen für welchen Zweck der Betonklotz, in bester Lage an der nahen Donau, mal gebaut worden ist? Innen zeichnet sich das Gebäude durch das Fehlen von jeglichen Dekorationselementen aus. Die Kühle der Lobby und der Gänge spiegeln die Kühle der einzigen Mitarbeiterin wieder. Keine Athmospäre. Wie ein Dieb habe ich mich heute morgen beim Verlassen der Herberge gefühlt. Einfach so rausgeschlichen. War ja keiner da!! Ein Frühstück wurde schon gar nicht angeboten. Die mir am Vortag vom ungarischen Schlitzohr empfohlene Strecke, führte mich immer an der Straße Nr. 10 entlang. Er hatte gesagt, dass es kaum LKW gibt und auch sonst nicht viel Verkehr ist und die Strecke an der Donau entlang 50 Km weiter ist und die Feldwege matschig sind. So viel Infos und Argumente überzeugten mich. Zumal ich seit gestern Nachmittag einen Horror vor den Schlammstrecken habe. Mein Schlitzohr ist Autofahrer. Er hat nicht erwähnt das tausende Autos am Sonntag unterwegs sind und es immer rauf und runter geht!! Noch dazu kam der eisige Wind aus Osten. So 5c MINUS hatte ich gegen 12h. Mein Wasser ist wieder in den Flaschen gefroren. In einer Kneipe fragte ich nach warmen Wasser. Die Dame konnte mir Keines geben. Sie hatte kein warmes Wasser. Das müssen wir uns mal durch das Hirn jagen. Wir können uns solch einen Zustand bei uns gar nicht mehr vorstellen. Hier kommt es häufiger vor. Mein Kopf, meine Arme, meine Beine und mein Torso sind noch keine Einheit mit dem Rad. Selbst die leichtesten Anstiege bringen mich aus dem Tritt. Von den Bergen ganz zu schweigen. Der kalte Wind gibt mir den Rest dazu. Meine Motivation ist gen Null. Bei den tollen Abfahrten schaffe ich kaum mehr als 30 KMH. Der Wind bremst mich aus. Kurz vor Budapest läuft es nochmal richtig gut. Meine Augen sind vom Wind ausgetrocknet. Ich übersehe in Budapest eine rote Fußgängerampel. Der Pkw war noch nicht losgefahren. Ich bremse voll und komme noch weit genug seitlich vom PKW zu stehen. Gut, dass ich mir bevor es losging, neue Bremsbeläge hab aufziehen lassen. Eine Brücke trennt mich noch von der anderen Seite der Donau. Das Befahren ist verboten. Um auf den Fußweg zu kommen muss das Rad die Treppen hochgeschleppt werden. Auch das schaffe ich noch. Über die Donauinsel geht es in Richtung Innenstadt. Wen fragt man am besten nach dem Weg ins Ibis Hotel? Klar den Consierge vom SOFITEL. Er lässt mich nicht ins Hotel, besorgt mir aber einen Plan und erklärt mir in gutem Englisch den Weg. Geht doch. Nach 10 Min bin ich in meinem Hotel. Nach dem Einchecken ist heute erst mal Wäschewaschen angesagt. Jetzt sitze ich im Lokal um die Ecke und lasse mich mit ungarischen Gerichten verwöhnen. Neidisch? Einfach mal mitfahren. Die Daten sind im Garmin und das liegt zum Laden im Zimmer. Nur Geduld, kommt alles noch nach. Jetzt beginnt die Planung für den Abschnitt nach Belgrad.

25.03.2013

Aus meinem Zimmer werfe ich eine letzten Blick auf den imposanten Burgberg auf der gegenüber liegenden Donauseite in Budapest. Nur ca 500 m trennen mich vom Donauradweg, oder auch Eurovelo 6. Ich fahre mal so, mal so die Route. Geradeso, wie es mir Spaß macht. Nur keine festen Ziele und keine Routen mehr vorplanen. Im Bikeline Radführer steht: “Möchten Sie sich die Ausfahrt aus Budapest in dem extremen Verkehr ersparen, fahren Sie einfach von Bahnhof Köpanya-Kispest aus mit der Bahn bis Kiskunlachaza. Abfahrten stündlich, Fahrzeit ca. eine Stunde, Fahrradmitnahme möglich. Von hier geht es dann bis nach Rackeve zur Hauptroute.” Warum habe ich das so nicht gemacht? Ist das Kilometerfressen den so wichtig? Es ging am Anfang wirklich durch die große und lebendige Stadt, mit all seinen roten Ampeln, Baustellen und mal mehr mal weniger ausgebauten Radwegen. Kurz nach der Stadt der Erste, ich nenne ihn mal: Feldweg. Radfahren stelle ich mir anders vor. Es geht den Damm entlang. Auch nicht schön nur auf der Graßnarbe zu fahren. Langweilig ist die Strecke dazu auch noch. Irgendwann wird es mir zu anstrengend. Ich wechsle auf die Straße. Da es keine Schilder gibt, auch nicht gerade so prickelnd. Ich frage eine Mutter mit Kinderwagen nach dem Weg. Schnell merke ich, dass sie mich meinem Ziel nicht näherbringt. Ein Rennradfahrer kommt dazu. Gott sei Dank! Er spricht deutsch und kennt sich aus. Er freut sich deutsch zu sprechen und erklärt mir den Weg in allen Details. Ich muss mir nur merken: an der gelben Kirche nach links, und dann nach Rackeve, dort über die Brücke und dann rechts. Fünf Kilometer vor Rackeve kommt er mir wieder entgegen, strahlt über die wenig sichtbarten Backen, und ruft mir laut mit voller Freude zu. Heute habe ich schon einem Mitmenschen eine Freude gemacht.
Ein gutes Gefühl. Wen habt ihr, liebe Leser, heute eine Freude gemacht?
Ab hier geht es wieder den Damm entlang. Nicht zu fahren. Jetzt kommt eine Nebenstaße direkt an der Donau entlang. Sie ist eigentlich die Zufahrtsstraße für die kleinen Ferienhäuser am Donauufer. Der Ausblick ist unbeschreiblich. Wer kann sich die teilweise nach deutschen Vorbildern gebauten Häuser leisten?
Die Straße wird holpriger. Nur Schmerz und Pein. Um 14h setzt leichter Schneefall ein. Nichts Dramatisches. Hatte ich diese Jahr ja schon mal. Ich wechsle auf die Straße Nr 51. So ein Mist aber auch, dass die für Radfahrer gesperrt ist. Ich bemerke ganz unabsichtlich die Schilder nicht. Komme mit 20KMH gut voran. Nach dem dritten Anhuben und knapp an mir vorbeifahrenden PKWs im mittlerweile starkem Schneefall, verlasse ich die Straße bei Dunavecse. Hier frage ich in einem Kiosk nach dem Weg. Na was glaubt Ihr? Konnte man(n)/frau mir helfen? Richtig!- Selbst ist der Mann.
Mein Kompass zeigt mit die grobe Richtung. Ich fahre/schiebe nach Apostag. Vorbei an einem Bauwagen. Davor zwei angekettete und ein freilaufender Hund. Laut bellend machen die Hunde den Besitzer auf mich aufmerksam. Er schaut aus der Tür und ruft mir was zu. Ich verstehe es nicht. Ist vielleicht auch besser so. Deutlich wird an dieser Stelle wieder die Armut sichtbar. Europa und solch große Unterschiede. Das gibt es sicher auch bei uns Zuhause. Nur wir sehen es nicht oder wollen es nicht sehen. Die letzten paar Hundertmeter nach Apostag schiebe ich im starken Schneefall über einen matschigen zugeschneiten Feldweg. Hier warte ich, nachdem ich eine Bushaltestelle gefunden habe, auf einen Bus. Nach 90 Min hat mich auch der letzte der fünf Busfahrer nicht mitgenommen. Angeblich wegen dem Rad. Die wollten doch nur Ihre Busse nicht schmutzig machen. Innerlich koche ich. Äußerlich klappern mir die Zähne und die Beine zittern durch die Kälte. Der letzte Tropfen Tee ist aufgebraucht. Was bin ich stinkesauer! Mittlerweile kommt der Winterdienst aus den Dorf, um mit Schneeschiebern die Gehwege und Haltestellen freizuräumen. Einer versteht mich und sagt mir auf meine Frage nach einem Zimmer mit Händen und Füßen: “2 Km Gummi und Hotel“. Dort mit viel rutschen und schlingern angekommen, blockiert die letzten 100 Meter davor mein Hinterrad. Na Toll. Hoffendlich gibt es hier ein Zimmer! Gerade noch vor Ladenschluss, es ist jetzt so 17.50, treffe ich eine Dame und zwei Herren im Verkaufsraum des Reifengeschäftes an. Die Dame spricht englisch und bietet mir, wohl aus Mittleid, ein Zimmer an. Ich bekomme auch noch ein warmes Abendessen und etwas zu Trinken, für 24 €, dazu. Jetzt sitze ich in meinem Zimmer, ohne TV – Radio – DU – WC und bemerke beim Schreiben des Textes, dass die Heizung auch noch aus geht. Na dann Gute Nacht. Statistische Daten in der “Motivationstabelle“ nach meiner Rückkehr.
Morgen: “Plan B, Mit dem Zug raus aus dem Schnee“.

26.03.2013

In meiner Unterkunft war es die Nacht über ruhig. Ich war ja auch der einzige Gast gewesen. Am frühen Morgen hörte ich die Räumfahrzeuge den Schnee aus der Kurve kratzen. Ein erster Blick gegen 6.00h aus dem Fenster beunruhigte mich nicht. Es hat wie erwartet weitergeschneit. Ich habe einen ruhigen Tag mit einer Zugfahrt bis nach Mohacs geplant. Gegen 8.00 h packe ich meine vielen Sachen auf das Rad und frage bei einer jungen Mitarbeiterin im Reifenshop nach den Weg zum Bahnhof. Sie lächelt mich freundlich an und schüttelt im zweiten Moment mit ihrem Kopf. So habe ich mir das aber nicht vorgestellt. Ruhig bekomme ich erklärt, dass die vielen in meiner Karte eingezeichneten Gleise noch liegen, aber schon lange nicht mehr benutzt werden. So schnell bin ich nun hellwach. Meinen super Plan kann ich in die Tonne klopfen. Es gibt mehrere Alternativen: Mit dem Rad zurück nach Rackeve. Von dort mit dem Zug nach Budapest und dann nach Mohacs. -Das geht ja gar nicht! Das ist wie bei Monopoly. Wieder zurück auf Los und keine 4000 € kassieren… Oder mit den Rad die Strecke weiter Richtung Süden nach Baja fahren. Das ist wie bei WWM auf die 500€ Stufe zu fallen… Erst an der Straße entscheide ich mich. Links oder Rechts. Was meint Ihr?
Meine erste Entscheidung für heute bringt mich auf die Straße mit der Nr. 51. Dieser Abschnitt ist nicht für Radler gesperrt, jedenfalls habe ich absichtlich keine entsprechenden Schilder gesehen. Die ersten Kilometer fahrte ich im leichten Schneefall bei ca. Minus 2c auf der festgefrorenen Schneedecke. Selten ist loser Schnee auf der Strecke. Davor habe ich Respekt. Hier strauchle ich oft. Später, es ist schon gegen Mittag, fängt es an zu tauen. Die feste Schneedecke wird matschig und ist ebenfalls nur schwer befahrbar. Unangenehm ist der Matschbeschuss von den dicht an mir vorbeifahrenden Autos und LKW. Mein linkes Hosenbein ist vom Matsch bedeckt. Die Hose ist gut und es geht nichts durch. Einige Treffer bekomme ich auf der linken Backe ab. Das tut auf der eiskalten Gesichtshaut doppelt weh. Bei den Treffern ins Ohr, muss ich absteigen und den Matsch heraus popeln. Gegen 13.00 sind die Fahrspuren gut, jedoch nicht durchgängig, zu befahren. Zum besseren Verständnis: Streusalz gibt es hier nicht wirklich. Die Fahrzeuge fahren in der Mitte der Straße. So entsteht eine gute Fahrspur. Kommt dann doch mal einer entgegen, wechselt jeder wieder auf seine Seite. Ich traue mich lange nicht dieses System zu übernehmen. Einige Male klappt es gut. Ein anderes Mal erschrickt mich ein PKW. Ich lasse es wieder. Immer wieder nehme ich eine Kaffeepause in einem Laden. Ich nutze die Zeit, um mich aufzuwärmen. Es taut schnell weiter. Jetzt sind auf beiden Seiten der Straße die Fahrstreifen wieder befahrbar. Das ging ja richtig schnell. Nach Baja sind es ca. 80 KM habe ich mir ausgerechnet. 20 KM habe ich noch vor mir. Heute sind meine Füße wieder kalt. Es ist eine andere Kälte als sonst. Sie kriecht so langsam von den Zehen zur Ferse. Eine Steigung zwingt mich zum Absteigen. Das Auftreten beim Laufen schmerzt. Ich habe wohl ein wenig Wasser in den Schuhen. Keine Chance mehr die Füße beim Laufen aufzuwärmen. Sollte mir jetzt einer auf die Zehen treten, werden diese wie Kristall brechen und zersplittern. Die letzten Kilometer ziehen sich durch die schneebedeckten Weinfelder. Ein Schwarm Fasane steigt laut vor mir auf. Musste dieser Schreck jetzt auch noch sein? Es kostet mich richtig viel Energie abzusteigen und das Foto vom Ortsschild in Baja zu machen. Weiter rolle ich nun schon sehr langsam in das Stadtzentrum hinein. Ich Hotel “Duna“ finde ich für 29€ ein Zimmer incl. Frühstück. Beim Ausziehen der Schuhe sehe das ganze Ausmaß der feuchten Schuhe. Alles pitschenass. Die Socken kann ich auswringen. Die Schuhe sind völlig durchnässt. Bekomme ich die bis morgen wieder ganz trocken?
Jetzt gehe ich essen. Davor noch die Zahlen des Tages: 83 km in 4.46h bei 85m rauf und 85m runter. Im Schnitt waren es 17.4 KMH. Die Berichte hören sich zwar hart und unangenehm an, ich fühle mich aber gut dabei.
Eine Antwort bin ich euch noch schuldig: Ich bin nach links gefahren.

27.03.2013

Es gibt ja an einem jeden Tag etwas Gutes.
Gestern war es der Rezeptionist, der noch im Vergleich mit seinen Servicemitarbeitern, kundenorientiert handelte. Die beiden, einer hatte sich nicht einmal die Arbeitsuniform angezogen, waren so etwas von desorganisiert, ach lassen wir die Floskel, die waren nur noch faul. Ich fragte ihn nach einer Zugverbindung von Baja nach Vucovar. Er bat mich um etwas Zeit, um die Verbindung für mich zu bekommen. Gerne! Alle Zeit der Welt – bis zum nächsten Morgen denke ich mit. Schnell kommt er mit meinen Infos zurück. Sauber aufgeschrieben auf einem A6 Zettel. Kurzfassung: Fünf Mal umsteigen. Über Budapest. Dauer: bis zum nächsten Tag um 4.45h. Da bin ICH mit meinem Rad fast schneller.
Bis hierher war der Anfang gestern Abend noch geschrieben. Der restliche Teil des heutigen Tages war bis vor 10 Min fertig gewesen. Ich kann nur sagen er war gut. Beim Korrekturlesen die falsche Taste gedrückt. Alles futsch.
Es ist jetzt 19h und ich beginne aufs Neue zu schreiben. Heute morgen an diesem nebligen Tag gut gefrühstückt und sehr gut gelaunt in den Tag gestartet. Baja hat mir so gut gefallen, dass ich noch eine Stadtbesichtigung eingeschoben habe. Satte 90 Min habe ich gebraucht, um auf meine Straße Nr 51 zu kommen. Ich habe alte und junge Frauen und Männer gefragt. Alle schickten mich in eine anderer Richtung. Ein Fahrschullehrer erklärte mir den Weg dann doch so, dass er mich auf die Zielstraße führte. Mein Ziel für heute ist Sombor. Grobe Richtung Mahacs kurz davor links in südlicher Richtung ab. Endlich auf der Staße angekommen, komme ich auch zügig mit einem leichten Schiebewind vorran. Vorbei an weitläufigen, schneebedeckten Feldern. Rechts von mir sind landwirtschaftliche Gebäude. Sie stehen auf einer Fläche von ca drei Fußballfeldern. Mitten drin eine kleine Kapelle. Das Schild “Wildwechsel“ hat hier in dieser Gegend noch seine berechtigte Bedeutung. Mehrmals überqueren Rehe und Hasen die Fahrbahn. Auch die Rebhühner und Fasane sind hier zu Hauf zu finden. Mir läuft beim Strampeln das Wasser im Mund zusammen…
Die übergroßen Fahrzeuge für die Feldarbeit in Ungarn sind zum Teil mit Ketten ausgerüstet. Gegen 13h komme ich zum Grenzübergang, Backi Breg, nach Serbien. Wie alle anderen darf ich mich hinten an der kleinen Schlange anstellen. Einer der Grenzbediensteten kommt neugierig auf mich zu. Auf seinem Namensschild kann ich seinen Vornamen lesen: Robert. Genau wie mein Name. Ich spreche ihn auf unsere Gemeinsamkeit in Deutsch an. Er antwortet in Deutsch. Wir quatschen über den ungarischen Frühling, der in diesem Jahr ein Winter ist, über mein Rad mit dem Rahmen aus Stahl und über mein Reiseziel Bukarest. Er sagt “Komm mal mit zu meiner Kollegin“ und lotst mich an der Schlange vorbei. Angela,die Kollegin, schaut auf meinen Personalausweis und winkt mich freundlich durch. Die Schlange wird im Übrigen durch einen alten OPEL mit einen Saisonkennzeichen aus meinem Heimatland mit dem Buchstaben “L“ ausgelöst. 100 Meter weiter Serbien. Die Mitarbeiterin ist mit ihrem Mobilphone beschäftigt und scannt mein Dokument nebenbei. Ein Nicken signalisiert mir die Weiterfahrt. Ein sichtbares Zeichen eines Grenzübertrittes ist der wechselnde Straßenbelag. Anfangs wird er schlechter, nach wenigen Kilometern besser. In Bezan mache ich eine kleine Pause. Am Straßenrand befindet sich in einem Gebäude ein Fischgeschäft, ein Imbiss und eine Kneipe. Hier bin ich jetzt. Ich gönne mit zwei Kaffee. Während meines Aufenthaltes bekommt der Fischladen eine Lieferung von Karpfen. Alles Prachtexemplare von ca 1.5 kg Gewicht. Was ich alles damit machen könnte…. Grobgeschätzt werden hier 300 KG, frische Karpfen, ausgeladen. Nebenan kann das Gemetzel beginnen. Für meine zwei Kaffee bezahle ich einen €. Das Wechselgeld bekomme ich in Landeswährung zurück. Jetzt bin ich ein reicher Mann. Weiter geht es an einer nur wenig befahrenen Straße nach Bezan und danach erreiche ich das Tagesziel Sombor. Mein erstes Ziel ist der Bahnhof. Auf meine Frage nach einer Verbindung nach Vukovar bekomme ich die Auskunft, dass es mit dem Rad nicht möglich ist. Ich hoffe, dass es in Rumänien einfacher ist… Erst grüble ich noch, ob ich bis nach Apatin weiter fahre. Mein Körper stimmt ab. Zwei kalte Füße gegen einen Verstand. Zwei zu eins. Die Füße haben gewonnen. Im Hotel Internal sind zwar die Türen auf, das Licht aus, jedoch die Umzugskartons gepackt. Auf mein Klingeln kommt der Hausdrachen aus einem Nebenraum. “Hier gibt es kein Zimmer mehr“ ist die Antwort. Die Frage habe ich doch noch gar nicht gestellt! “Egal wohin du jetzt ziehst – nur weit weg von hier, ja auch von dieser Welt!” denke ich mir und verlasse das Gebäude. Ein Passant empfiehlt mir die “Vila Kronic“ 3 km außerhalb. Gar nicht meine Richtung aber was soll es. Dort, ohne Umwege angekommen, werde ich freundlich empfangen. Für das Zimmer, das Frühstück und den Platz für das Rad zahle ich 20€. Heute bin ich 113 km in 6.07 h geradelt, macht einen Schnitt von 18.3kmh. Es ging 74m hoch und 93m runter. Also eigentlich immer geradeaus.
Morgen möchte ich in Vukovar sein. Der erste Weg geht dort zum Bahnhof. Mal schauen was in Kroatien möglich ist. Durch den Wintereinbruch habe ich fast 200 KM von meinem Endziel verloren.
Bis morgen. Jetzt 21.00h- ich gehe schafen.

28.03.2013

Die ersten Vögel begrüßen den neuen Tag mit einem zwitschernden Konzert. Später gurren auch noch die wilden Tauben dazu. Ein erster Blick aus dem Fenster zeigt nur Gutes: Kein Schnee, ein leichter Nebel liegt in der Luft. Der erste Griff an meine Schuhe bestätigt mir, dass sie, wie schon am Tag davor, noch feucht sind. Also wieder die Plastiktüten über die Socken anziehen. Mein Frühstück besteht aus Spiegeleiern mit Schinken und einem Kaffee der mich fast aus den Latschen kippt. Echt stark mit einem dicken Kaffeesatz am Boden.
Der heutige Tag ist bis jetzt einer der schönsten Tage auf dieser Tour. Die Sonne schafft es bis zum Mittag durch die Wolkenlücken zu kommen. Schnell wird es warm. Noch in Serbien ziehe ich die erste Jacke aus. An der Grenze nach Kroatien werde ich gefragt ob ich Alkohol, Lebensmittel oder Zigaretten dabei habe? Ich antwortete wahrheitsgemäß, dass ich noch vier Bananen, zwei Liter Wasser und 10 Müsliriegel habe. Der Zöllner schmunzelt und winkt mich durch. Es wird immer wärmer. Was für ein göttlicher Empfang in Kroatien. Der Straßenbelag ist gut. Unerwartet schnell bin ich in Dali. Vukovar ist nur einen Steinwurf davon entfernt. Es ist jetzt 14.30h ich mache eine Pause in einem Lokal direkt an der Donau. Ich suche mir eine Tomatensuppe aus. Es kommt eine Terrine voll. Als Einlage auch noch mit Nudeln. Das ist genau das Richtige. Hier kann ich mit Euro zahlen. Heute will ich noch die Stadt Ilok erreichen. Falls der Wind heute, wie bei Wetter.com von vorne versprochen, nicht stärker wird, bin ich um kurz vor 18.00h dort. Es ist jetzt 18.30h und ich habe das Hotel Danube, direkt an der Donau gefunden. Eine Perle. Bis hierher habe ich noch viel, sehr viel strampeln müssen. Die guten 30 KM zogen sich endlos lange. Durch die noch kahlen Weinberge immer so ca 500m bis 1000m von der Donau entfernt. Zum einen der Wind, zum anderen die Berge. Immer so um die 6- 8% rauf und runter. Das ganze so fünf Mal hintereinander. Die Abfahrten mit bis über 50KH waren toll. In Erwartung der nächsten Steigung war die Freude jedoch schnell wieder futsch. Bei den Steigungen habe ich nur noch geschoben.
Ein Autofahrer kam mir mit Lichthupe entgegen und zeigte den Daumen nach oben. Das gab mir wieder einen Motivationsschub. Er ist entweder selber Radler oder einfach nur ein netter Mensch, der wusste was mir auf den nächsten Kilometern noch bevorsteht.
Für diese 30KM habe ich zwei Liter Wasser gebraucht. Im Hotel angekommen, bestelle ich mir zuerst eine kleine Hopfenkaltschale. Das zischt nur so. Jetzt die Frage nach der sicheren Unterstellmöglichkeit für das Rad usw…… Heute ist schon wieder Waschen angesagt. Morgen ziehe ich die Sommerklamotten an. Das Abendessen ist fürstlich. Der Tischwein einfach klasse und günstig noch dazu. Heute waren es, bei zunehmendem Sonnenschein, immerhin 116 KM, in 7.22h bei einem Schnitt von 15.8 KMH. 333HM rauf und 344HM runter. Ich spüre meine Knochen. Die Spitzenabfahrt hatte ich mit 54.2 KMH aufgezeichnet. Udo und Andreas wollte ich morgen in Novi Sad abgeben. Das hat sich ja nun erledigt. Die beiden wären wohl gar nicht mit dem Zug mitgenommen worden. Zugfahren ist hier wirklich sehr schwer. Wo ich Ostern sein werde arbeite ich heute grob aus. Bis bald. @schon gespendet?

29.03.2013

Mein Zimmerchen für die letzte Nacht war klein. Hatte jedoch zwei Heizkörper, die zum Trocknen der Klamotten so wichtig sind. Aber, und da ist wieder der Hacken, nachts geht hier die Heizung aus. So gegen 4.00h kroch die Kälte in mein Bett. Draußen blies ein stürmischer Wind. Die Stühle auf meinem Balkon machten krach. Ich ahnte schon, wie der neue Tag beginnen wird. Mit diesem Gedanken im Kopf konnte ich auch nicht mehr richtig einschlafen. Von meinem Zimmer habe ich den Blick auf eine riesengroße Infotafel für die Schiffer. Da wird jetzt schon die Temperatur mit 10c angezeigt. Ob das wohl stimmt? Von diesem schön gedeckten Tisch gibt es bestimmt auch ein leckeres Frühstück. Meine Enttäuschung war groß. Das war heute nicht der gewünschte Start in den Tag. Das Rad reisefertig gemacht und los ging es gegen 08.30h. Immer Richtung Osten, mein erstes Ziel Novi Sad. Von hier kommt heute auch der starke und wie ich meine, später zunehmender Wind. Die Strecke geht immer an einer mit vielen LKWs befahrenen Straße entlang. Kleiner Gang und strampeln bis der Schweiß auf der Stirn steht. Alle 30 Min Pause. Gegen 11h gebe ich auf. Vor mir eine Bushaltestelle und 200 m hinter mir ein Niederflurbus. Der kann – muss – mich jetzt mitnehmen. Nur in diesen Bus bekomme ich mein Rad rein. Es muss klappen! Die Damen vor mir steigen ein. Jetzt bin ich dran. Ich sehe schon seine Ausdruck im Gesicht. Das “No” steht auf seiner Stirn. Ich gestikulierte und zeigte ihm starken Wind an und blicke mit hochgezogenen Augenbrauen auf die hintere Tür- noch immer “No”. Einige Insassen rufen etwas. Sie helfen. Die hintere Tür geht auf. Jetzt ist für mich Ostern!! Ich fahre mit bis zum Bahnhof nach Novi Sad. Den Busfahrer konnte ich nicht zahlen. Ich zog einen 500er Schein aus dem Geldbeutel. Er lehnt die Zahlung ab. Erst später am Bahnhof habe ich gemerkt warum. Es waren Forint. Hier wollte ich bis zum Mittag sein und die Mittagspause einlegen. Kurzentschlossen löse ich eine Zugfahrkarte nach Belgrad. Ein halber Tag Ruhepause. Das ist auch nach den letzten 36h nötig. Der Zug geht um 13h noch eine gute Stunde Zeit, Kaffee im Bahnhof ist noch drin. Der Kaffee kostet € 0.80. Die Zugkarte für mich und die guten 80 KM nochmal € 2.80. Das Rad wird beim Schaffner bezahlt. Macht dann nochmal € 1.00. Der Bahnsteig wird voller und voller. Hunderte Menschen. Es ist hier üblich auch von der anderen Bahnsteigseite einzusteigen. Bei uns undenkbar. Hier wird auch einfach über die Gleise gelaufen. Mein schweres Rad bekomme ich alleine nicht in den hohen Zugeinstieg. Gut, dass noch einige hinter mir sind und sich unfreiwillig die Hände schmutzig machen. Einer hat im Vorfeld schon gesagt, er fasst nicht mit an. Mochte er den “D“ Aufkleber an der Satteltasche nicht? Ich will es gar nicht wissen. Schon auf dem Bahnsteig ist mir an der Kleidung der Menschen die finanzielle Situation der Menschen aufgefallen. Hier herrscht noch überwiegend die Armut. Ich wünsche mir meinen Sohn jetzt dabei zuhaben. Seine und die kommenden Generation haben die mächtige Aufgabe in einem globalen Europa dafür zu sorgen, dass es allen gut geht. Der Waggon ist sehr alt. Könnte schon in den 80er Jahren bei uns ausgemustert worden sein. Es funktioniert hier nichts mehr. So viel Schmutz auf den von mir zu überblickenden 6qm habe ich noch nicht in einem deutschen Zug gesehen. Das Ein- und Aussteigen ist ein Hin- und Herschieben meines Rades. Die Tür zur Toilette fliegt immer wieder auf. Der Gestank ist nicht zu beschreiben. Immer schnell die Türe zuziehen. Ich mag gar nicht mehr aus meinen Flaschen trinken. Vorbei geht es an keinen Städten. An den Gleisen wohnen auch Menschen in Hütten. Überall der viele Müll. Die EU schafft es in diesen Ländern ein Rauchverbot im öffentlichen Raum durchzusetzen, für die Organisation des Abfalls in diesem Land ist noch keiner zuständig. Es zieht aus allen Ecken. Langsam kühle ich aus. Die Jacke ganz zuziehen, Mütze auf und auch noch die Handschuhe an. Noch zwei Stunden bis Belgrad. Beim Aussteigen sind die Jungs hilfsbereiter und packen kräftig mit an. Ich versuche ein günstiges Hotel zu finden. Von € 75 kämpfe ich mich in zwei Stunden auf € 32 runter. Na gut. Direkt am Bahnhof, die Hauptstraße unter meinem nur schlecht schließendem Fenster. Eben nur für eine Nacht. Von Ilok nach Belgrad ins Hotel habe ich jetzt auch 8h gebraucht. Die ersten 30 KM mit viel Schweiß, die restlichen KM mit viel Überwindung. Für Morgen hoffe ich auf weniger oder keinen Wind mehr aus Oste(r)n.

30.03.2013

BELGRAD. BELGRAD. Was sagt uns der Name der serbischen Hauptstadt? Ich habe noch die Meldungen aus der hart umkämpften Stadt aus der 20h Tagesschau im Kopf. Nicht etwa im Hinterkopf, nein ganz präsent. Die Anreise in die Stadt mit dem Zug, einem bedeuteten Knotenpunkt für Zugreisende in den Balkan, hat mich schon auf die Stadt eingestellt. Am heutigen sehr frühen Morgen plätschert der angekündigte Regen an mein undichtes Fenster. So werden meine Socken nicht trocken. Dabei habe ich ja mehrere. Die Skisocken aus Linz, die selbstgestrickten Socken der Mutter und die von der Schwiegermutter. Es ist Ostersamstag. Welche ich anziehe bleibt mein Geheimnis. Den Regen in der Nacht habe ich mir gewünscht. Tagsüber will ich ihn nicht erleben. Ich verlasse das Hotel “Bristol“ gegen 8.30h. Bis zu einem Park in der Nähe des Bahnhofes schiebe ich. Dabei genieße ich die warme und klare Luft. In der Parkanlage frage ich zwei, noch sehr junge, Polizisten nach dem Weg zur Brücke, die mich über die Donau bringt. Zwei KM in die Richtung ist Ihre Antwort, nach reichlichem Studium meiner Karte. Mein GPS Gerät habe ich gestern Abend wieder verstellt. Die Daten im Display sind für Sportler nicht jedoch für mich. Egal die KM Anzeige ist eingestellt. Los geht’s. Nach zwei KM noch nichts von der Straße zu sehen. Ich frage wieder einen Polizisten, der die geparkten Polizeiautos bewacht, nach dem Weg. Er schickt mich wieder zurück! Also back to the roots. Etwa in Höhe des Bahnhofs spricht mich ein deutscher Student an. Er liest die Infos auf meiner Jacke und findet es ganz toll, was ich da so unternehme. Er ist auf dem Weg mit dem Zug in die Türkei nach Antalia. Am Mittwoch soll er dort sein, um eine Exkursion seiner Uni zu begleiten. Er hat die Anreise mit dem Zug gewählt. So treffen sich weit ab von Zuhause zwei deutsche Reisende. Die Staßen in Bukarest sind entweder Einbahn- oder Schnellstraßen. Oft gehen sie auch durch Tunnel. Immer bergauf und bergab. Ich traue mich nicht durch den nächsten Tunnel zu fahren und nehme wieder, ohne beim Aussteigen danach zu fragen was es kostet, den Bus. Es sind ca 5KM nach meiner Karte. Der Bus Nr. 16 ist voll. Mir egal. Nur bis zur Brücke bin ich bei euch. Ich frage zwei junge Männer wie weit es ist. Sie sagen noch drei Stationen. Wirklich wahr. Von Weitem kann ich sie schon sehen. Also mit dem vollbepackten Rad wieder raus aus dem Bus. Jetzt kommt der schönste Moment der Tages. Ein Passant winkt mich ran und sagt “Bicicle do vorne“. Ich sehe in die Richtung und erkenne 100 m weiter ein Gruppe von Radlern. Es sind junge, sind alte begeisterte Radfahrer, die sich hier zum wöchentliche Ausfahren treffen. Egal ob Trecking- oder Rennrad- alles ist dabei! Ich werde mit Handschlag von allen begrüßt. Ich strahle und freue mich. Auf meiner Jacke erkennen sie mein Vorhaben. So oft wie heute Morgen wurde ich noch nicht von hinten fotografiert. Das gemeinsame Gruppenfoto darf natürlich nicht fehlen. Die Treckinggruppe lotst mich über die viel befahrene Donaubrücke. Hier wird mir einmal mehr klar wie breit die Donau schon ist und noch werden wird. Am anderen Ende trennen sich unsere Wege. Mit Trillerpfeifen werde ich von der Gruppe verabschiedet. Einfach ein tolles Gefühl dabei gewesen zu sein!
So jetzt wird erstmal gearbeitet. An der Autobahn mäßig ausgebauten E70 geht es im leichten Gegenwind in Richtung Pancevo. Auf der freien Stecke kommt ein Radler an mich ran und quatscht mich in Englisch-Serbisch voll. Sein Opa und Vater kommen aus Dülmen bei Dortmund. Bis nach Omoljica ist er am meiner Seite. Der Kontakt war gut, jedoch auf der falschen Stelle erfolgt. Mehrmals haben uns die Autos angehubt. Er fuhr immer links von mir. Später in Kovin entscheide ich die restlichen guten 50KM, trotz des Windes noch zu nehmen. Wasser, Cola, Gummibärchen und Müsliriegel habe ich noch genug dabei. Kurz nach Kovin zieht sich der Himmel schnell zu. Minuten später schüttet es aus Eimern. Pitsche nass bis auf die Haut bin ich jetzt. Um 11.45h habe ich ein Foto an der Tanke mir 19c Temperatur gemacht. Jetzt ist es so 15h. Es wird kälter und der Wind nimmt zu. Es sind 50 KM bis nach Bela Crkva. Werde ich die schaffen? Die Karte zeigt noch einige Höhenmeter an. Ja, ich will und werde es schaffen! Der schon wunde Hintern muss da durch. Noch ist nichts im Ar… . Der Regen lässt dann doch noch nach und der Wind trocknet die Jacke und Hose schnell wieder. In Bela Crkva angekommen, nehme ich das erste Hotel. Hier habe ich ein super Zimmer und ein Mega Badezimmer. Alles negative heute vergessen. Ich esse die Empfehlung: Hühnersuppe mit Nudeln und danach ein Hähnchen “ Cordon bleu“ mit Pommes und Krautsalat. Noch 11 KM bis zur Grenze. Morgen habe ich wieder gute 90KM, jedoch mit Bergen vor mir. Übermorgen kommt der Donaudurchbruch. Der Höhepunkt von allem. Jetzt glaube ich zu ahnen, dass ich die leichtere, wenn auch für die Fotos falsche, Seite gewählt habe. Was solls. Der Weg ist das Ziel. Euch allen ein frohes Osterfest!

31.03.2013

In meiner heutigen Herberge in Rumänien glaube ich an einem Wandbild die Brooklyn Bridge zu erkennen. Dort, in New York, war ich noch vor zwei Jahren gewesen, zusammen mit meiner Tochter. Die Reise dorthin war mein Geschenk, die Belohnung für die Anstrengungen für das sehr gute Abitur.
Aber bis hierhin war es ein langer, anstrengender und mit vielen Überraschungen für mich gewesener Weg. Vom Hotel bin ich gut gestartet. In meinem Zimmer mit Klimaanlage wurden all meine Klamotten in der Nacht richtig trocken. Es gab es kein Frühstück, weil die Mitarbeiterin erst um 12h kommt. Das habe ich noch hingenommen. In der Nacht hat der Wind sich mit den typischen Geräuschen im und durch das Zimmer bemerkbar gemacht.
Bis zur Grenze nach Rumänien sind es nur 11KM. Schon die hatten es in sich. Der Gegenwind und dann noch 12% Steigung auf vier Kilometern ließen mich verzweifeln. Ich habe laut schreiend diesen Tag verflucht. Der Dachs der vor mir die Straße langsam überquerte war immer noch so schnell das ich kein Foto machen konnte. Immer im kleinsten Gang. Dem Wind entgegen. Vom treten tun mir die Pobacken schon weh. Am Anfang steige ich alle 500 Meter ab. Später schiebe ich nur noch gegen den Wind und die Steigung an. Bis zur Grenze habe ich für die knapp 14 KM fast zwei Stunden gebraucht. Nur laufen geht schneller – oder? In den Reiseinformationen wird von einer unbeschreiblichen Abfahrt erzählt. Ich kann mich nicht rollen lassen. Der Wind zwingt mich zum Gegenantreten bei der Abfahrt. So habe ich mir das nicht vorgestellt. Die Grenzkontrolle ist ohne Problem. Die Beamten sprechen deutsch, fragen nach meinem Ziel in Rumänien und lassen mich passieren. Noch auf dem Grenzübergangsgelände wollte ich eine Pause einlegen. Einfach nur 10 Min Pause in einer windgeschützten Ecke machen. Sich hinsetzen und die Beine ruhen lassen war mein Wunsch. Der nette und sehr gut deutsch sprechende Beamte kommt gleich auf mich zu und sagt hier ist es verboten! – Also weiter. Zwei Kilometer nach der Grenze habe ich die Wahl. Entweder mit Schiebewind in Richtung Westen zurück und dann wieder Richtung Osten nach Pojejenia. Hier müsste ich ein großes “S“ fahren. Pest oder Cholera. Was mache ich jetzt? Geradeaus geht noch eine Straße über die Berge mit so 250 HM nach Pojejena. Ich halte in meiner verdienten Pause einen Caddy an. Die beiden Herren kommen wohl vom Markt und nehmen mich mit. Hinten im Caddy sitze ich mit dem Rad. Es gibt da noch was zu erwähnen: Im Auto ist eine Schicht Stroh. Es riecht noch so richtig nach Schaf oder Ziege.- Egal besser als nichts. Nach draußen kann ich nur schwer durch das vordere Fenster schauen. Mein GPS sagt mir die Höhenmeter und die Richtung an. Ich habe keine Ahnung wo die beiden mit mir hinfahren. Ich vertraue einfach. Kurz nach Pojejena lassen sie mich aussteigen. Der Platz wurde von den beiden wegen seiner Aussicht gewählt. Einfach Toll. Die Donau liegt riesig ausgebreitet vor mir. Die kurze Pause kann ich nicht genießen. Der Gegenwind lässt mir hier auch keine Ruhe. In Coronini gibt es ein Motel. Mit eigener Kraft kann ich es nicht schaffen. Mehrmals frage ich in den kleinen Dörfern, ob mich jemand mitnimmt. In Moldova Veche habe ich Glück. Ein Grenzbeamter stimmt zu. Gemeinsam packen wir das Rad auf die Ladefläche und er bringt mich, nicht ohne mir vorher seine zukünftige Frau vorzustellen, nach Coronini. Während der Fahrt frage ich,ob er mich für den kleinsten €uro Schein bis nach Berzasca bringen kann, er lehnt, mit der Begründung dass er nicht genug Sprit hat, ab. Das glaube ich ihm. Bei der Abfahrt hat er einen 5 Liter Kanister Sprit vorne in den Motorraum gestellt. Einen Tank hat das Auto wohl nicht. Eben ein anderes Land. Er liefert mich im Motel ab und klärt für mich alle Fragen. Der Besitzer spricht deutsch und ist sehr hilfsbereit. Die Mitarbeiterin hat schon in Deutschland, Mannheim, bei SPAR gearbeitet und spricht auch ein wenig meine Sprache. Nach dem Essen und Trinken gehe ich heute sehr früh ins Bett. Für morgen habe ich mir kein Ziel vorgenommen. Der Wind entscheidet für mich.

01.04.2013

Ein dicker Nebelfilm hat die Donau eingehüllt. Kaum 100m Sichtweite. Das großartige Panorama von gestern Abend ist verschwunden. Kein Wind, dafür leichter Regen. Windgeschwindigkeiten heute bis 6KMH und das auch noch von Westen. Da Radle ich doch gerne los. So was hätte ich gar nicht träumen können. Bis 12h habe ich 55 KM runter. Die bisherige Bestzeit auf dieser Tour. Mal leicht bergauf, mal wieder bergab. Der nur leichte Wind schiebt mich an. Heute geht es endlich an der Donau entlang. Vorbei die Berge und trostlosen Landschaften. Die Landschaft hat sich total geändert. Jetzt herrschen die Berge mit ihrem Waldbewuchs und eben der Fluss vor. Eines ist jedoch geblieben. Der unsagbar viele Müll. Berge von Plastikflaschen. Bei diesem Anblick denke ich an die Aktion von Günter Ö. In seinem Ladengeschäft “Berufsmoden Schwab“, ruhig mal bei Facebook vorbeischauen, versucht er seine Kunden von der Plastiktüte wegzubringen. Dort steht auch eine Spendendose. Wer wird wohl damit unterstützt? Die Mukoviszidose Selbsthilfegruppe in Kassel. Zwei Mal schon ist ein dreistelliger Betrag eingezahlt worden. An dieser Stelle mein großer und vom ganzen Herzen kommender Dank an alle Unterstützer meines Projektes. Ohne eure aufmunternden, wärmenden und motivierenden Kommentare wäre ich ganz schön alleine unterwegs. Um 12h zog ich dann die dicke Jacke aus. Die zweite Jacke öffnete ich fast bis zum Mitte. Was für ein Wetter. Der Himmel hat kaum noch Wolken. Es sind bestimmt 20c! Wie ist das Wetter denn in Lohfelden? Heute schon alle den Schnee geschippt? Gestern Abend habe ich mein Garmin auf eine Rundengeschwindigkeit eingestellt. Sollte ich zweimal für 5KM mehr als 40 Min benötigen breche ich wieder ab. Die langsamste Runde war mir, ich glaube 25 Min und die schnellsten 5 KM mit 4 Min angezeigt. Im Schnitt hatte ich bei den 27 Runden, das sind mal locker fast 130KM, 19,3KMH auf dem Tacho. Die schnellste Abfahrt nach Orsova runter hatte ich fast 59 KMH drauf. Nach 80KM erreichte ich den Donaudurchbruch. Leider kann man von dieser Seite nicht direkt dorthin. Das heißt es gibt einen Wanderweg durch das Naturschutzgebiet. Dauert zwei Stunden. Fotos sind erst nach Dubova möglich. Von Coronini ging es auf einer sehr wenig befahrenen Straße bis nach Orsova. Die angekündigten Pferdefuhrwerke gibt es wirklich. Es kam einige Male vor, dass die Straße sich in eine aufgeweichte Schotter- und Lehmpister verwandelt. Hier bin ich wie auf Schmierseife gefahren. Die Autos und LKW kamen langsamer als ich vorran. In Orsova lohnt sich der Abstecker an die Promenade. Ich habe hier meine Pause in der warmen Sonne genossen und mich zu den nächsten knapp 30 KM entschieden. Am Pennymarkt versorgte ich mich mit Bananen und Müsliriegeln. Mein erster Fehlkauf. Es waren megasüße Nougatriegel. Vor dem Markt bettelt ein Junge mich an. Schon ein komisches Gefühl für mich. Im Geschäft wurde keine EC Karte akzeptiert. Am Automaten nebenan holte ich mir Bargeld für die nächsten Tage. Wenn ich mit €uronen zahle ist es immer mehr. Gestern haben sie mich zum zweiten Male versucht abzuzocken. Ab jetzt nicht mehr. Es lief heute einfach alles gut. Bei der Hotelsuche war ich schnell erfolgreich. Das Zimmer ist gut und mein Abendessen war schmackhaft. Mit einem leichten Sonnenbrand beschließe ich diesen motivierenden Tag. Es gibt noch so viel über den heutigen Tag zu berichten. Das ein anderes mal. Ich sage nur schon mal vorab: Hundeangriffe und Zöllner!

02.04.2013

Es geht dem Ende entgegen. Nur noch so viel Kilometer wie ich mag. Jetzt mache ich mich nicht mehr kaputt. Somal ich ja noch gar nicht weiss ob es sich der Einsatz für den Mukoviszidose eV in Kassel gelohnt hat. Der heutige, in Nebel und leichtem Regen, begonnender, Tag hatte es in sich. Aus Drobeta-Turnu Severin bin ich, trotz der vielen roten Ampeln, gut rausgekommen. Bis Hinova ging es der stark befahrenen Straße auf dem Seitenstreifen entlang. Auf dem Seitenstreifen immer ganz links zu fahren habe ich mir angewöhnt. Kommen die Fahrzeuge schnell von hinten an und kommen nicht vorbei bremsen sie ab. Meistens jedenfalls. Kommen sie mir zu nahe habe ich noch den Meter bis zur Leitplanke für mich. Der Seitenstreifen ist nicht so einfach durchgehend zu befahren. Es findet sich auf Ihn so einiges. Angefahrene Tiere, meist Hunde die meist wie kleine Füchse aussehen. Jedenfalls bellen die nicht mehr und auch das jagen von Radlern lassen sie jetzt. Danach folgen Gummireste von geplatzten Reifen, Holzreste und jede Menge Metallreste. Die vielen tiefen Schlaglöcher nicht zu vergessen. Ab Hinova habe ich 150HM vor mir. Es geht in das Landes innere. Immer Bergauf. Ich schiebe. Die Zeit habe ich eingerechnet. Sanfte Steigungen mit bis 12%. Die Strecke brachte mir heute zwar die Berge aber auch 20KM weniger ein. Ab hier habe ich die, für uns deutsche, nicht fassbare Armut kennen gelernt. Sollte sich jemand erlauben über Rumänien zu sprechen, der nur in den Feriengebieten unterwegs war, der die heutige Strecke nicht abgefahren ist zu urteilen ist Er oder Sie ein großer “Dummschwätzer“. So viel Armut, abseits der Touristischen Punkte, schreit zum Himmel. Ich habe noch nie kleine Kinder erlebt die mit Money, Money rufen auf mich zurannten. Jugendliche die ganz gezielt mit der Aussicht auf €uros auf mich zu gekommen sind. Mein Sicherheitsabstand, egal ob ein Auto hinter mir war, war 2 Meter oder mehr. Ich kann jetzt die “Begründen Anlagen“ zwischen den Häusern und der Straße verstehen. Sie sind mit liebe und engagement angelegt worden. Auch wenn sie für uns deutsche nur ungepflegt aussehen. Ich selbst habe die Frauen gesehen die mit einer kleine Harke die Böden bearbeiteten. Für uns sieht das alles billig und schäbig aus. Die Menschen hier habe nicht mehr. Sie machen aus allem mit den wenigen (kleinen) Mitteln das Beste. Meinen Respekt und Hut ab davor. Die beiden Bergetappen hatten es in sich. Die meiste Zeit bin ich geschoben. Hier hatte ich die Zeit zum Nachdenken. Das war auch gut so. Kurz nach Maglavit ging es wieder auf die E79. aber kaum Verkehr. Auf den Grundstücken der angrenzenden Autohändlern konnte ich die Herkunft der PKW erkennen. Sauber sortiert nach Türen, Kotfügeln oder anderen Ersatzteilen. Es findet sich so manches Auto aus Deutschland hier wieder. Heute habe ich mir keine Pause aus Angst vor den streunenden Hunden oder bettelnden Kindern gegönnt. In einem Lokal, an der Stelle an der ich auf die 56 abbiege mache ich Pause. Meine erste, so richtige Pause. Mein erster Versuch um Kontakt mit Zuhause aufzunehme. Ja WIFI da. Aber die Bandbreite unzureichend. Sollte etwas passiert sein so gibt es ja noch die SMS. Keine Panik. Alles ist organisiert. Hier Völlig fertig angekommen tropft mir der Schweiß aus meinen Shirts auf den Boden. Das hatte ich auch noch nicht. Der heutige Tag war eine herausforderung für meine Psyche. Nach Calafat rolle ich die letzten KM in Trance hinein. Auf der Brücke mache ich die letzten Fotos von meinem Unverständnis. Hier gibt es einen Bahnhof der mich in die Hauptstadt “Bucaresti“ bringen kann. Er ist mein erstes Ziel in Calafat. Am Bahnhof ist alles zu. Dienst von 6.00 h bis 12.00h. Soviel kann ich lesen und verstehen. Zum Bahnhof bin ich hinuntergerollt. 500 Meter vorher war ein Hotel. Da bin ich heute untergekommen. Nobel. Für 115 Lei. Das reichhaltige Abendessen kostete nochmal 50 Lei. Noch immer ist nicht geklärt wie ich nach Bucaresti komme! Am Bahnhof verstehe ich aus den Zetteln “Nur Bahnhof“. Also Plan B. Wer kann helfen? Eine sehr liebe, aus Rumänien stammende Bekannte, sie wohnt jetzt in Essen wird von mir über “Whats App“ kontaktiert. Sehr schnell meldet sie sich bei mir, natürlich mit den entsprechenden gewünschten Informationen zurück. Ich freue mich sehr. So sollte eine Freundschaft über viele Grenzen funktionieren. Danke Lia für diesen so umfangreichen Einsatz an diesen Tag. Das alles so ganz nebenbei im Dienst erledigt. Lia du bist meine Engel an diesem so überwältigenden Tag. Danke dir dafür. Der heutige Tag ist zwar im Kopf sortiert aber noch nicht alles ist dokumentiert. Bitte gebt mit die Chance die Restlichen Eindrücke in den nächsten Berichten zu beschreiben. Heute bin ich 102 KM für den guten Zweck in 6.25 h geradelt. Macht 16 KMH im Schnitt bei 394 HM hoch und 424 HM runter.

03.04.2013

Immer wieder begegnete mir dieser Geruch. Hausbrand, Kohle, Äste, altes Heu, Reifen oder auch nur das Gras am Straßenrand. Alles wird hier an kleinen offenen Feuerstellen verbrannt. Es brennt nicht wirklich mit einer hellen, lodernden Flamme, vielmehr glimmt und raucht es vor sich hin. Schon aus einem Kilometer Entfernung ist es zu riechen. Es ist unangenehm in diesen Rauch hineinzufahren oder schnell hindurch zu fahren. Die Augen tränen. Dieser Geruch bleibt in den verschwitzten Klamotten kleben. Bei der nächsten Pausen ist er noch allgegenwärtig. Beim Überqueren der Eisenbahnschienen wurde ich von einem lauten Knall und blauem Nebel erschreckt. 20 Meter vor mir, auf der anderen Straßenseite ist einem LKW beim schnellen Überfahren der Schienen ein Reifen geplatzt. Die Gummiteile flogen durch die Luft. Nicht auszudenken, wenn so etwas auf einer der engen, von den LKW schnell befahrenen, Straßen neben mir passiert. Die Chance dafür ist groß. Die vielen Reifenteile erinnern mich immer wieder daran. Gänsehaut. Jedes Mal wenn ich die Hunde hab am Straßenrand stehen sehen, fing das Kopfkino an. Bleibt der oder die Hunde stehen? Interessieren sie sich für mich? Die Tiere sind meist klein. Einige wenige sind so groß, wie Schäferhunde. Rumänische Kampfhunde habe ich nur einen gesehen. In den Dörfern sind sie friedlich. Außerhalb an den Hütten abseits der Straße sind sie immer gleich mit mehreren anzutreffen. Plötzlich höre ich sie bellen. Sekunden später habe ich sie neben mir. Ich trete was die Beine und die Lunge hergeben. Die Hunde schaffen locker so 30 KMH. Ich auf gerader Straße auch! Immer 100 Meter mehr zu radeln, wenn sie abdrehen ist mein Ziel. Meine festen Wanderschuhe geben mir an den Zehen Schutz. Rede ich mir selbst ein. An die Wade werden sie nicht schnabben. Beim Kläffen kann ich die vier großen und vielen kleine Zähne im Maul sehen. Ich bin gegen Tollwut ausreichend geimpft. Das beruhigt mich ein wenig.
Um 12.25h bringt mich der Zug Nr R9136 von Calafat nach Craiova. Mit maximal 50KMH geht es voran. Dort umsteigen und um 15.52h mit dem Zug Nr IR1896 nach Bucuresti. Ankunft um 19.54h. Nur einmal umsteigen. Das hatte es jedoch in sich. Erstmal aus dem ersten Zug raus, zuerst die vier Taschen. Danach das Rad. Dabei hatte ich Hilfe. Welches Gleis? Bahnsteig 2. Toll kein Aufzug. Einmal die Treppen runter. Ganz einfach mit dem voll gefederten Rad. Dann wieder hoch. Auf dem Bahnsteig habe ich noch Zeit mich umzuschauen. Keine 50 Meter entfernt ein ebener Zugang. Zu spät gesehen. Bald kommt der nächste Zug. Nochmal www.freidurchatmen.de gleich kommt die nächste Anstrengung. Dieser Zug ist ein ganz moderner. In etwa so einer wie unsere privaten Regiobahnen. Von der Firma Siemens 2003 gebaut. Einsteigen ist hier ein Kinderspiel gewesen. Nicht zu vergleichen mit den anderen Zügen. Draußen regnet es immer noch stark. Links und rechts der Gleise sind die weiten Felder. Einige sind schon mit dem Wintergetreide bestellt und grünen schon. Die anderen liegen noch brach. Der Regen hat alles aufgeweicht. Schafe- und Rinderherden finden sich immer an den Gleisen wieder. Das Hupen der Lokomotive kündigt sie an. Ich dachte mein Abteil für mich alleine zu haben. Nach etwa einer Stunde entdecke ich eine Maus im Abteil. So schnell wie sie da war, ist sie auch wieder verschwunden. Im Zug ist es laut. Beim Überfahren der Gleisverbindungen rappelt es nur so. Immer der gleiche Takt. Hier, wo kaum Menschen sind, gibt es auch keinen Müll. In den Senken der Felder haben sich große “Seen“ gebildet. Der Regen heute Nacht hatte es in sich. Er war angekündigt. Muss der Niederschlag und der Wind immer gleich so extrem sein? Die nächste Ortschaft kommt bald. Woher ich das weiß? Der Müll nimmt zu. Gestern habe ich an der Straßen gemauerte Waschplätze gesehen. Dorthin bringen die Frauen mit ihren Kindern die Wäsche. Teils wird sie in Körben dahin gebracht, teils einfach auf dem Gepäckträger des Rades.
… Eine schon sehr alte Frau kommt mit einem Bollerwagen entgegen. Da ich hier den Berg hochschiebe kann ich diese Situation lange auf mich wirken lassen. Der Wagen ist sehr laut. Es klappert richtig. An dem Wagen gibt es keine Gummireifen mehr. Es rollt nur auf den verbliebenen Felgen. Bergab mag das ja noch so einigermaßen gehen. Doch wie bekommt sie später die nasse, schwere Wäsche den Berg, die 500 Meter, wieder hoch?…
Nach dem Umsteigen nehmen die Industriegebiete zu. Viele moderne Anlagen wurden entlang der Strecke hier gebaut. Der Schaffner ist ein ganz Genauer. Da ich an der falschen Tür eingestiegen bin, schickt er mich durch den engen Gang ins nächste Abteil. Ordnung muss sein. Er hat alles unter Kontrolle. Hier fühle ich mich sicher aufgehoben. In einer halben Stunde erreiche ich Bukarest. Der zweite große Teil meiner Reise geht hier ersteinmal wieder zu Ende.

05.04.2013

Ein Mammut gibt es wohl in jedem Naturkundemuseum auf der Welt…
Die letzten beiden Tage habe ich genutzt, um mich zu erholen. Gestern habe ich mir eine rumänische Shoping Mall angesehen. Rund herum um diesen modernen Bau, mitten in der Stadt, hat sich so einiges getan. 200 Meter von diesem Monster der Technik und der modernen Architektur fand ich die “Kneipenmeile“. Restaurants, Kaffees, Bars, aus aller Herren Länder sind Wand an Wand mit Imbissbuden, Night Clubs und zwei mobilen “Würstelbuden“ aufgereiht. Am frühen Nachmittag ist hier noch nicht viel Los. Neben den schon fein herausgeputzten Lokalen finden sich auch noch Bauruinen wieder. An einigen wird schon wieder gearbeitet. Andere liegen noch brach und rotten vor sich hin. Ja, rund um die Piata Unirii gibt es viel zu entdecken. Von meinem Hotel bis dort hin sind es nur sieben Stationen mit der Metro. Vier Linien fahren durch die rumänische Hauptstadt. Die Metro ist schon alt. Auf einer Linie sind es die Wagen ebenso. Auf der anderen Linie wird man von den modernen Zügen komfortabel fortbewegt. Ich habe es doch glatt geschafft vor lauter Schauen das Umsteigen zu vergessen. Laufe ich in eine Seitenstraße, werde ich schnell wieder in die Realität zurückgeholt. Auch hier gibt es, mitten in der Stadt, die große Armut. Aufgefallen sind die vielen großen, gut gepflegten Parkanlagen. Hier ist der Frühling bei so um die 18C schon eingezogen. Ich genieße durch den Park zu gehen und lasse mich von der Sonne verwöhnen. Meine Jacke ziehe ich schon am Vormittag aus. Sobald Wolken die Sonne verdecken wird es auch schon wieder kühler. Der Winter wurde nach Deutschland vertrieben.
Auf dem Weg zum Flughafen komme ich an der größten Parkanlage vorbei. Hier im Parcul Herastrau kann sich der Englische Garten in München einige Male verstecken. Die Straßen sind sehr sauber. An allen Ecken sehe ich meist Frauen die mit ihren Wägen die Straße sauberhalten. Alle internationalen Automarken sind mit ihren Autohäusern hier vertreten. Der Ferrarihändler darf auch nicht fehlen. Beeindruckend sind die großen Bauten. Ich denke, da sie alle gut abgesichert sind, handelt es sich um Behörden. Auffällig ist auch die hohe Präsenz von Polizei und Mitarbeitern von privaten Sicherheitsfirmen. Heute habe ich meine Sachen für den Rückflug gepackt. Alles mehrer Male in die Radtaschen und wieder raus. Jetzt, nachdem auch das Taschenmesser nicht mehr in der Jackentasche ist, sollte es passen. Bin gespannt, ob morgen früh beim Check-in alles gutgeht.
Eine letzte Geschichte habe ich noch für euch. Sie ist mir bei meinen Länderwechseln oft durch den Kopf gegangen. Einem Zöllner der kurz vor seiner Pensionierung stand ist seit einiger Zeit ein Radfahrer aufgefallen. Jeden Tag passierte er die Grenze mit einem Rad und einem Sack, gefüllt mit Sand, auf dem Gepäckträger. Dem Zöllner war klar, dass er schmuggelt. Aber was? Er lies den Sack mit dem Sand ausleeren, den Sand sieben, eine Analyse im Labor hat er auch veranlasst. Jedes Mal nichts gefunden. Er tat dem Radler kund, dass er nur noch fünf Tage bis zur Pensionierung hat und er ihn noch dingfest machen wird. Er schaffte es nicht. An seinem ersten beschäftigungsfreien Tag stand er, ohne seine Uniform, an der Grenze und bat den Radler ihn doch jetzt zu sagen was er schmuggelt. Der Radler lächelte ihn an, kam ganz nah an sein Ohr und flüsterte leise “Fahrräder“. Stieg auf und rollte davon. Von da an wurde er nicht mehr gesehen…
Bis zum 30. Oktober 2013 ist jetzt noch die Chance am versprochenen Abendessen, mit leckeren Speisen aus meinen diesmal bereisten Ländern, teilzunehmen. Der Gewinner ist, wie schon beim letzten Mal der- oder diejenige mit der höchsten Zuwendung für die Mukoviszidose Selbsthilfegruppe in Kassel. Am 01.04.2013 hatte ich 304 Klicks auf der Seite www.freidurchatmen.de. Das, und dass ihr mich mit euren Kommentaren auf Facebook und auf meinem Blog unterstützt habt, zeigt mir, dass ihr an der ungefilterten Wahrheit interessiert seid.
Danke, möchte ich noch an die fleißigen Helfer, Marlene und Franz, sagen. Die beiden haben mich bei allen technischen unzulänglichen Problemen per Whats App mit dem Lösungen versorgt. Meinen ganz besonderen Dank an meine liebe Frau Martina. Sie hat in den letzten Wochen oft über mich Auskunft gegeben. Das ist ihr nicht immer leicht gefallen. Die verbleibende Zeit meines diesjährigen Urlaubs gehören jetzt uns beiden!

Alle Fotos dieser phantastischen Tour findet ihr auf meinem Blog.