Re: Göteborg - Südnorwegen - Rallarvegen - Oslo

von: Rennrädle

Re: Göteborg - Südnorwegen - Rallarvegen - Oslo - 18.08.13 09:18

10.7.2013 Geilo – Finse

Die Nacht ist unruhig und ich schlafe schlecht. Der Rücken schmerzt, vielleicht auch wegen der neuen Isomatte, dem starken Wind und dem Verkehr von der Straße. So bin ich früh wach und Stephan wird durch mich geweckt. Wir frühstücken zeitig und sitzen schon um halb zehn auf dem Rad. Normalerweise vergehen 2 Stunden mit langsamen aufstehen, frühstücken und alles packen.

Die Müdigkeit in den Beinen spüre ich deutlich. Aber nach ein paar Kilometern habe ich mich warm gefahren und wir kommen gut voran. Vor allem haben wir perfektes Wetter und der Wind ist schwächer wie erwartet. Schnell gewinnen wir auf dem Weg von Geilo nach Haugastöl an Höhe.




Die im Radführer beschriebene Einkaufsmöglichkeit entpuppt sich als Bar, wo es nur noch Chips und Süßigkeiten zu unglaublichen Preisen gibt. Unsere Essensvorräte sind zum Glück vorher schon aufgefüllt worden. Wir gönnen uns noch einen sauteuren Kaffee und biegen auf den sogenannten Rallarvegen ein. Eine Schotterstraße, die an der Eisenbahnlinie entlang durch das Hinterland und über das Fjell der Hardangervidda entlang führt. Anfangs ein guter Weg, später immer steiniger. Es sind einige Tourenradler mit großem Gepäck unterwegs, die meisten sind aber Tagesausflügler.

Wir haben geniales Wetter, immerhin 15C° und der Gegenwind ist machbar. Weiterhin gewinnen wir an Höhe und Finse liegt bei 1222hm. Direkt bei Finse darf man nicht zelten, so müssen wir noch ein paar Kilometer radeln und es geht auch durch das erste Schneefeld, bis wir einen geeigneten Zeltplatz finden. Landschaftlich traumhaft gelegen zelten wir wild. (67 km, 870hm)

















11.7.2013 Finse - Voss

Ich habe geschlafen wie ein Stein. Stephan wohl nicht, denn er fühlt sich beim wild zelten unwohl und horcht dauernd auf.
Wir sind früh wach und verzichten wegen den Moskitos auf den Kaffee. Ich mache mir ein schnelles Müsli und Stephan startet ohne Frühstuck (da würde ich keine 3 km weit kommen…). So kommen wir früh los, aber es ist noch weit bis nach Myrdal. Es geht auch weiter bergauf und über einige Schneefelder. So ungefähr 8 könnten es gewesen sein, über die wir schieben müssen. Die Landschaft ist genial, das Wetter perfekt und die frühe Sonne gibt ein tolles Licht. Ich mache viele Fotos und auch so geht es wegen dem teils sehr schwierigen Weg eher langsam voran.












Man muss höllisch aufpassen, denn ein Strauchler kann schnell im steilen Abhang enden. Einmal passiert mir solch ein Strauchler, aber außer einem blauen Fleck geht es gut. Die Abfahrt nach Myrdal durch eine Schlucht mit tollen Wasserfällen ist echt schwierig und anstrengend, aber landschaftlich genial.








Wir denken, ganz gut in der Zeit zu sein, um den 11 Uhr Zug durch den Tunnel Richtung Voss zu bekommen. Aber denkste - die letzten 2km sind so was von unbarmherzig. Sausteil mit Steinen und Geröll, fast nicht mal zum Schieben. So geht der Zug ohne uns. Der nächste, der gleich nach dem Tunnel in Upsete hält, fährt erst in über 3 Stunden. Aber wir haben Glück, denn der Zugschaffner eines früheren Zuges vertut sich und sagt er würde halten. Mit zwei älteren urigen Norwegern, die den Schaffner auch zum Halten überreden, fahren wir eineinhalb Stunden früher. Welch ein Glück! Wir wollen noch nach Voss und das sind noch fast 50 km.

Über das Raundalen geht es auf klasse Strecke gen Westen. Vom höchsten Punkt auf dem Rallarvegen bis nach Voss sind das 1300hm nach unten. Aber in Norwegen bekommt man nichts geschenkt und so machen wir trotzdem an dem Tag fast 600 hm nach oben. Unsere Beine sind wirklich müde, dennoch ist der Weg nach Voss ein radlerischer Genuss, sowohl wegen der Landschaft aber auch, weil die Straße nur langsam an Höhe verliert, das Rollen ist einfach toll und unsere Belohnung.





Und wie immer: Kulinarisches kommt bei uns nie zu kurz zwinker




Echt müde kommen wir in Voss auf dem Campingplatz an. Wie es morgen weiter geht wissen wir nicht. Der direkte Weg nach Bergen geht nur über stark befahrene Straßen und die Nebenstrecken gehen wieder auf über 600hm hoch, Stephan hat eine Sehnenreizung am Schienbein und ab übermorgen soll es regnen. Vermutlich fahren wir mit dem Zug nach Dale, um die Tunnel zu überspringen.

Ach ja, die Bierchen heute als Belohnung waren lecker (87km, 580hm)


12.7.2013 Voss - Finse – Geilo

Es kommt ganz anders. Abends beim Einschlafen kommen wir auf die Idee mit dem Zug zurück auf die Höhe nach Finse zu fahren, von dort den uns nun bekannten Weg über den Rallarvegen zuruck nach Geilo zu radeln, dort unseren seit langem notwendigen Ruhetag einzulegen und dann weiter nach Oslo. Die Entscheidung, nicht nach Bergen zu fahren, fällt uns leicht. Denn Bergen kennen wir schon von früher und der dort gemeldete Regen reizt uns in keinster Weise. Zudem haben wir noch eine ganze Woche Zeit.

Früh stehen wir auf um am Bahnhof die Karten zu kaufen. Es sieht gar nicht gut aus. Die Radplätze im Zug sind ausgebucht und wir bekommen erst Tickets für den späten Nachmittag. 8 Stunden warten.... Aber wir versuchen unser Glück und fragen den Schaffner des 9 Uhr Zuges, ob er uns mit nimmt und tatsächlich macht er mit.

So sind wir um 10 Uhr wieder auf der Hardangervidda in Finse, holen erst mal das Frühstück nach und radeln genussvoll die 50km nach Geilo. Wieder geniales Wetter und 25° warm! Ich könnte dem Schaffner echt noch einen Schmatzer geben schmunzel

Schon um halb drei sind wir nach einem Einkauf auf dem Campingplatz und genießen die Zeit mit nichts tun außer Wäsche waschen, futtern, Stephan mit Elchbraten braten usw. (52km, 350hm)
















13.7.2013 Geilo

Ruhetag, lange ausgeschlafen, kurz nach Geilo rein zum bummeln, wo es aber nichts zum bummeln gibt. Viel gelesen und ausgeruht. Tagesleistung geschlagene 4-5 km. Morgen soll es richtig kalt werden, aber ansonsten soll es trocken bleiben. Wenn der Wind so bleibt werden wir ordentlich nach Osten geschoben. schmunzel
Außerdem: die Jugendherberge und ihr Campingplatz ist wirklich nett und sehr freundlich. Kann man absolut empfehlen.

14.7.2013 Geilo – Stavn

Was für ein Radlertag! Es ist anfangs kalt, saukalt schon in der Nacht und dann morgens. Es hat nur 12° und daher verzichten wir auf den selbstgekochten Kaffee und frühstücken in dem Wanderheim. Es sind noch andere Radfahrer vor Ort und man kommt so ins Gespräch. Ein Kölner will nach Trondheim dem Wind und Regen entgegen. Wir haben es besser, denn von Geilo geht es talabwärts und mit dem Wind. Es rollt unglaublich gut und heute fehlen mir die hohen Gänge. Mein 14er Gang ist echt zu klein und ich könnte noch mehr mittreten. Selbst ab Gol, wo die Straße nun einen 90 Grad Knick nach Süden macht, bleibt es beim Rückenwind, der zum Nachmittag sogar noch stärker wird.
In Gol ist ein Straßenrennen, und als wir durch den Ort radeln, bekommen wir von den Zuschauern großen Applaus. Echt ein netter Moment den ich mit viel innerem Spaß genieße.

Wir bleiben immer auf der E7, da der Sonntagsverkehr ohne Lkws ganz in Ordnung ist. Bei 94km geht es auf den Campingplatz. Wir hätten gerne die 100 noch vollgemacht, aber der nächste Cp ist noch über 40km weg und das wird uns dann doch zu lang. Nervig ist, dass die Rezeption nicht besetzt wird und irgendwann um 21 Uhr soll jemand zum Kassieren kommen und dann gibt es erst die Duschmarken. Na toll, da schlummern wir schon meist. So war es eine Waschlappenwäsche - geht auch. (94km)


15.7.2013 Stavn- Sundöya

Motto des Tages: nie wieder Abkürzungen, der Tag der Rekorde und vertraue keinen Karteneinträge bzl. Campingplätzen:

Abends hat es noch dermaßen gestürmt. Wir wären nur noch dahin geschoben worden, so stark kam der Wind aus Norden. Wir haben beide nicht so gut geschlafen und es ist erst recht kalt am Morgen. Sobald die Sonne raus kommt wird es angenehmer und wir machen doch unser Frühstück. Mir passiert noch ein Missgeschick, indem ich mir meinen Fuß beim Vorwärtschieben (Rohloff!!) zwischen das Pedal des schweren Rades und dem Boden einklemme. Es tut gut weh, aber noch ohne weiter Probleme.


Eigentlich beginnt der Tag ganz harmlos. Wir radeln gut 10km nach Fla, wo es ganz überraschend einen Mac und somit einen Kaffee und Internetpause gibt. Zudem haben wir die Möglichkeit über den Berg und somit ca. 30 km abzukürzen. Die Karte, das Gps und der nette Herr des Hotels bestätigen die Variante. Hätten wir nur die Finger davon gelassen! Anfangs geht es gut steil aber auf geteerter Straße hoch. Dann kommt ein Schlagbaum und Schotter, anfangs befahrbar. Eigentlich sollten wir schon lange in dem Hochtal sein, bis wir merken, dass der nun unbefahrbare Weg die höchste Erhebung mitnimmt. Es dauert geschlagene eineinhalb Stunden bis wir ganz oben sind und die "Abfahrt" ist keine, da der Schotter extrem grob und weich ist. Irgendwann dann wird der Weg besser und wir sind in einer wunderschönen Seengegend.



Das ist dann unsere Belohnung und wir kommen nach Sokna. Noch 13 km zum im Archies und in der Karte eingetragenen Camping. Geschlossen - naja, noch haben wir Körner bis zum nächsten in Hönefoss, nochmal 10 km.
Wieder nicht mehr existent, zudem kann ich mit meinem Fuß kaum mehr laufen. Weiter nach Vik, nochmal 13km drauf, wir knacken die 100km und 1000 Höhenmeter (eher nichts besonderes) des Tages und die 1000km der Tour.
Vik und Campingplatz? Wieder nix und mit Gegenwind zum nächsten: nochmal gut 5km. Unglaublich aber diesen gibt es tatsächlich in Sundöya.
Es ist spät, ein sonniger Abend und wir sitzen noch eine Weile am See. Ich kühle meinen Fuß im Wasser und Stephan versucht, einen Einweggrill anzuzünden, was ihm wegen des starken Windes nicht gelingt. So muss die Küche des Cp herhalten. Ansonsten: Gute Nacht!




Wir sind nur noch wenige km nördlich von Utoya, wo vor 2 Jahren dieser verrückte Mensch auf dieser Insel in einem Zeltlager viele junge Menschen erschossen hat. Ein beklemmendes Gefühl, denn dort werden wir morgen vorbei kommen. (107km, 1120hm)


16.07.2013 Sundoya – Oslo

Wir schlafen lang bis halb zehn aus und lassen uns viel Zeit. Bis Oslo sind es nur knapp 50 km und somit drängt uns nichts. Wir fahren nicht über das Lommedalen sondern an der alten E16 entlang. Bald kommen wir an Utoya vorbei und einer Stelle, die mit Blumen an die Opfer von vor zwei Jahren erinnern. Ein ziemlich bedrückender Moment.



Vorerst haben wir die Straße für uns allein, dann jedoch sind wir auf der neuen E16. Teils mit eigenem Radweg, aber dann auf der Straße mit all den anderen Autos und Lkws macht es nicht wirklich Spaß. Es geht ordentlich hoch und dann nach Sandvijk, wieder angenehm auf Nebenstrecken.

Die 30 km nach Oslo und zum Ekkeberg Campingplatz werden zur Qual. Das GPS und wir tun uns schwer, den Weg zu finden. Baustellen und eine wirklich miserable Radwegausschilderung machen es zu einer zähen Angelegenheit, die Richtung zu finden. Zudem keinerlei Hinweis zum Campingplatz. Dieser liegt sausteil oben am Berg - ich schiebe das Rad im Zickzack hoch. Das habe ich auch noch nie gemacht, aber was bekommt man nicht so alles hin.
Wir bleiben nun 3 Nächte in Oslo und am Freitagabend geht die Nachtfähre nach Frederikshavn. (56km, 530hm)

17. – 20.07.2013 Oslo
Der Campingplatz ist riesig. Zwar wirklich schön gelegen, aber teuer und die Sauberkeit der sanitären Einrichtungen ist echt übelst. Was liebe ich doch die kleinen, einfachen! Den ersten Tag verbringen wir im Zentrum von Oslo, indem wir gemütlich bummeln. Die Räder lassen wir stehen und legen den langen Weg in die Stadt mit dem Bus zurück.
In den weiteren Tagen besuchen wir bei bestem Wetter mit über 25Grad den Holmenkollen, den absolut sehenswerten Vigelandpark, die neue Oper und Hafenfront – ja es gibt viel zu sehen.










Oslo hat sich stark verändert. Es wurde und wird sehr viel gebaut, hochmoderne Gebäude sind entstanden und es ist vieles im Wandel.
Am Freitag, dem Tag unserer Abreise, radeln wir noch nach Bugdoy rüber, die Insel der Museen. Dort beobachten wir die große Fähre bei ihrer Ausfahrt nach Kiel.

Am Abend geht dann unsere Fähre. Wir gönnen und das leckere Buffet auf dem Schiff und laben uns an Garnelen, Langusten, Lachs und vielem mehr.
Norwegen verabschiedet uns mit einer stimmungsvollen Dämmerung und Landschaft, während die Fähre gen Süden durch den langen Oslofjord fährt. Wir legen uns in unserer Kajüte zum schlafen und kommen morgens dann wieder in Frederikshavn in Dänemark an.


Es war eine tolle, erlebnisreiche Tour. Zudem die längste, die wir in einem solchen Zeitraum je geradelt sind. Das Wetter war wieder ein Geschenk – wenige Tage waren bewölkt, nur einmal sind wir in den Regen gekommen, ansonsten viel Sonne, sowie viele schöne Momente.