Re: Projekt Marokko: 10-Länder-Tour im Sommer

von: Menelus

Re: Projekt Marokko: 10-Länder-Tour im Sommer - 23.09.13 18:29

Schönes Slovenien, hässliches Italien: Ruhetag Venedig, 7 Tage, 676km, ~2000hm

Wie so oft, wenn wir nur das Innenzelt aufstellten, krochen morgens ziemlich viele Nacktschnecken auf der Außenhaut herum, die man erstmal wegschnippen durfte. Wir fuhren in Slowenien große Strecken bergab und sollten nachmittags wieder Italien und das Mittelmeer erreichen, nach nicht mal 2 Wochen radeln. Es war ein ziemlich krasses Gefühl. In Slowenien ging ich einmal essen, der Geschmack war etwas zu neutral, dafür bekam man für günstigeres Geld eine riesige Portion. Bis Monfalcone zogen wir durch, sogleich ging es hier an den Strand und in die Fluten, unter den typischen Gafferblicken der 0815-Bierbauch-Touristen.

Wegen Wildcampen in Italien hatte ich Bedenken, da ich mal was von scharfen Polizisten und hohen Strafen gelesen habe. Trotzdem wollten wir es wagen, warteten aber bis zur kommenden Dämmerung und bauten unser Zelt versteckt auf einem gemähten Feld hinter Strohballen auf. Um vornweg zu greifen, wir bekamen niemals Probleme mit irgendjemand beim Zelten. Italien war nun schon deutlich wärmer als Österreich, also sind wir schon 5:30 aufgestanden und losgefahren. Meine Partnerin wurde in einer Plantage beim Birnenklauen erwischt, aber außer einem Wasserschwapp aus dem Schlauch ist nix passiert. Später haben wir uns cleverer angestellt. Erneut ging es an den Strand, aufgrund des Massentourismus war es aber schwer, einen Platz zu finden (wir haben schließlich im Schatten hinter einem Kiosk campiert und sind immer einzeln ins Wasser). Eines noch zu den Radwegen: In Norden Italiens gibt es keine Durchgängigen. Meistens sind diese auch so schlecht, dass man lieber die Straße benutzt. Und gerade das Fahren auf der Straße ist stressig, wenn man sich in einem Tourismusgebiet befindet. Das hatte man sofort beim Grenzübergang aus Slowenien nach Italien gemerkt. Bis Venedig blieb es auch so, die Hoffnung hielt uns aufrecht, das es danach im Landesinneren besser werden würde.


Von l.o. nach r.u.: Slowenische Ruhe, erste Eindrücke Italiens, Massentourismus, Italienische Villa, Mittelmeer

7km vor unserem Zwischenziel Venedig ist es passiert, das wir uns aus den Augen verloren hatten. Ich bin dann vor gefahren zum Hostel (Hotel Colombo) in Maestre, während sie sich noch eine Weile durch die Stadt gefragt hat. Für die Mühe bekam meine Partnerin auch ein kostenloses Essen von einem Restaurantinhaber spendiert, der Mitleid hatte. Maestre war eine Zwischenstation für 2 Tage, da ich mir einen Tag Venedig anschauen wollte. Wir hatten ein Einzelzimmer im Hostel mit Bett für 2 bekommen, es war klein, aber ausreichend! Der Raum war übersäht mit unseren Ausrüstungsgegenständen und Wäsche schmunzel Ich bin abends zu Fuß Richtung Venedig gelaufen, jedoch musste ich feststellen, dass man die Wasserstadt nur über eine Auto/Zugbrücke erreichen konnte.

"All you can eat" hieß es zum Frühstück. Denkste! Was erstmal dastand, war ein Witz. Um unseren Hunger zu stillen, haben wir 10 Joghurts gegessen, die Weißbrotplärre war in Sekundenschnelle verdaut. Auch Tee oder Kaffee gab es nicht. An dem Tag wollte ich mir Venedig anschauen. Meine Partnerin ist absolut kein Fan von vielen Menschenansammlungen, entschied sich jedoch trotzdem zum Mitkommen. Da wir trödelten, sind wir erst kurz vor dem Mittag in Venedig angekommen: Großer Fehler. Fassen wir es mal zusammen: Wir sind durch die Gassen gelaufen, Richtung Markusplatz und drauf. Die Schlangen vor den einzelnen Sehenswürdigkeiten waren riesig, worauf ich auf ein Anstellen verzichtete. Das Wasser roch nicht gerade lecker und an jeder Brücke und auf dem Wasser selbst stauten sich Unmengen an Touristen. Afrikaner mit ihrem seltsamen Sortiment an Flummifiguren, Rolex Uhren und Sonnenbrillen hielten sehnsüchtig Ausschau nach Kunden. Eine Fahrt mit einer Gondel kostet 80 Euro, mein 0,33l Bier im Hardrock Café kostete 6,65 Euro. Hatte meine Partnerin schon beim Betreten die Schnauze voll, ich hatte es hier auch. Kein Wunder das die Stadt unter dem Gewicht der Touris ächzt und am Untergehen ist. Nun ja, ich kann nun sagen, ich hab es mal gesehen. Alles in allem wäre es sicher besser gewesen, am frühen Morgen die Stadt zu besuchen.


Venedig und seine vielen Touristen.

Am nächsten Tag sind wir dann auch wieder verschwunden, weg vom Mittelmeer, ab in Richtung Landesinnere. Die nächsten Tage fuhren wir ziemlich exakt nach Westen und fuhren an Padova, Vicenza, Verona und Brescia vorbei. Essen gab es am Tag unseres Aufbruches in der Hostelküche gar keines, da es irgendein Wasserleck gegeben hat. Wir haben einfach das restliche Zwieback verspeist und alle Brotbeläge eingesteckt, die wir fanden. Im Übrigen sollte ich mein Vorhaben, Spanisch zu lernen, erwähnen. Ich habe ein Lehrbuch für Spanisch und hatte mir vorgestellt, abends nach dem Radeln immer eine halbe oder eine Lektion durchzunehmen. Allerdings bin ich kaum vorangekommen, ich hab es dann mit einem Reisespanischheft probiert. Für geistige Tätigkeiten ist man aber am Tagesende zu erschöpft. Inzwischen habe ich dieses Semester angefangen, einen Kurs zu belegen.

Die Strecke war tatsächlich wesentlich entspannter als am Mittelmeer. Teils gab es Flussradwege, die von vielen Joggern bevölkert war, gegen Abend beruhigte sich das alles jedoch. Berge gab es ziemlich genau zwei, die wir bewältigen mussten, vor Vicenza und vor Verona, ansonsten absolut ebene Strecke. Meinem Knie ging es inzwischen hervorragend, ich belastete es immer noch vorsichtig, hatte aber keine Beschwerden mehr. Beim Gardasee fuhr ein Auto mit Chemnitzer Kennzeichen in eine Parklücke, was 20km um die Ecke von meinem Wohnort ist. Natürlich ergab sich dadurch ein kurzes und nettes Hallo.

Ich wurde einmal nachts um 4 von meiner Partnerin geweckt mit den Worten, das es brenne. Tatsächlich hatte jemand 100m entfernt von unserem Schlafplatz auf dem Feld ein großes Feuer entzündet, es sah sogar aus, als ob ein Strommast mitten darin stände. Allerdings war das eine optische Täuschung, als ich mir das aus der Nähe ansah, ließen die Flammen auch schon nach und das Auto, das wir vorher noch am Feuer gesehen hatten, düste weg. Trotzdem war es um die Jahreszeit extrem gefährlich!

Bei Como kenne ich einen Italiener, den ich mal bei einem Besuch in London kennenlernte. Diese Stadt erreichten wir auch am 19. Tag, leider hatte meine Bekanntschaft keine Zeit und so zogen wir noch am selben Tag weiter in die Schweiz.


Von r.o. nach l.u.: Pausenbild hinterm Supermarkt, Vicenza, Gardasee, Lago de Iseo, bei Como, Schweiz

Tag 12, 13.07.: 116km, 320hm, 6h40': Bovec - Fossa Vecia
Tag 13, 14.07.: 121km, 140hm, 7h: Fossa Vecia - vor Jesolo
Tag 14, 15.07.: 50km, 60hm, 3h17': Jesolo - Maestre
Tag 15, 16.07.: Besuch von Venedig
Tag 16, 17.07.: 72km, 40hm, 4h32': Maestre - Selvazzano Dentro
Tag 17, 18.07.: 111km, 520hm, 7h15': nach Padova - Palazzolo
Tag 18, 19.07.: 113km, 540hm, 6h53': Palazzolo (vor Gardasee) - Chiuduno
Tag 19, 20.07.: 103km, ~400hm, 6h41': Chiuduno - Como - Balerna (Schweiz)

Schweizer Berge: Bergtag Furkapass, 5 Tage, 545km, ~4400hm
In der Schweiz hat man keine Probleme, den Internationalen Radwegen zu folgen, wir fuhren erst den EV3 und dann den EV1 entlang. Die Schweiz hatte sofort Ähnlichkeiten mit Österreich, was kein Wunder ist, immerhin teilen sich beide Länder dasselbe Gebirge. Der Berghintergrund war jetzt permanent, jedoch spürten wir die Höhenmeter erst am zweiten Tag, dafür richtig heftig. Laut Navigation gab es noch einen großen Anstieg, und so war es auch: Von 450m ging es bis auf 2106m rauf, dem Passo del Gottardo. Bis 1100m ging es problemlos hoch zu strampeln (Airolo), ab dann ging es ans Eingemachte. Serpetinen zogen sich steil nach oben und da ich nun auch noch in die Mittagshitze geriet, musste ich hin und wieder schieben. Während ich bei 1700m meine Mittagspause einlegen musste, war meine Partnerin etwas fitter und bereits oben. Nun folgte ein Wechsel auf den EV1 bis Realp und Kurskorrektur zum Furkapass. Abfahrt auf 1500m und erneuter Aufstieg auf die Passhöhe von 2436m. Dieser Anstieg war irgendwie leichter zu bewältigen, weil es nicht mehr so warm war. Die Aussichten unterwegs waren atemberaubend. Für den Anstieg hab ich 3 Stunden gebraucht und traf oben ein ungeduldiges Mädchen, das schon Ausschau nach mir hielt.


Aufstieg zum Passo del San Gottardo und Furkapass

Laut Joes Hüttenliste gab es hier eine Schutzhütte, die wir auch fanden, diese war jedoch verschlossen. Im Film sieht man immer, wie man einfach unter den Fußabtreter greift und den Schlüssel findet. Leider war jede Suche zwecklos, auch im naheliegenden Hotel wusste keiner etwas. Also wieder Zelt aufbauen, was bei dem nun stürmischen Wind nicht ohne war.
Den nächsten Tag sind wir nicht Fahrrad gefahren, der Tag wurde oder sollte zumindest zum Bergwandern genutzt werden. Schon in der ersten Stunde geschah jedoch ein Beinahe-Unglück. Auf dieser Höhe gab es schon einiges an Schnee und ein paar Meter war ein Bergpfad an einem steilen Hangstück unpassierbar geworden. Wir versuchten beide die paar Meter hochzuklettern und uns darüber zu hangeln, rutschten jedoch ab. Sie verdrehte sich die Knie, ich schürfte mir das Unterteil und die Waden auf. Mir war dann erstmal eine Weile schwindelig, dank Traubenzucker von 2 Bergsteigern, die das ganze kopfschüttelnd von unten beobachtet hatten, ging es dann aber wieder. Erst im Nachhinein ist mir bewusst geworden, das es das hätte gewesen sein können, wenn ich angefangen hätte, mich zu überschlagen. Wir haben unsere Unternehmung an dem Tag stark zurückgefahren, überhaupt kam man ohne Winterausrüstung nicht über 2600m, und besuchten nur einen Gletscher und ein paar Aussichtspunkte, bevor es am nächsten Tag nach unten ging.


Impressionen zum Furkapass

Vom Furkapass aus ging es innerhalb von 20min 1100m hinunter. Da es so kalt war, hatten wir uns dick eingemummelt, hunderte Meter tiefer konnte man sich jedoch sehr schnell wieder freimachen. Wir folgten schließlich der Rhone (welcher später bis zum Mittelmeer unser Begleiter war) und fanden einen Badesee samt Golfplatz, den wir sofort zu unserem Wohl nutzten. Wir schafften an dem Tag ziemlich viel Distanz und hätten noch mehr geschafft, wären uns die leckeren Obstplantagen nicht dazwischen gekommen. Abends, als wir uns auf der Suche nach einem Schlafplatz befanden, trafen wir auf zwei Franzosen, die uns spontan zu sich einluden und uns für diesen Abend wunschlos glücklich machten. Eine interessante Parallele fand sich zu der Erfahrung mit unseren vorhergehenden Gastgebern: Uns gegenüber gastfreundschaftliche Menschen sind meistens auch vielreisende und weltoffene Menschen. Aufgrund des guten Frühstücks verzögerte sich auch der Aufbruch eine Weile, verspätete ging es weiter der Rhone entlang, bis wir schließlich auf den Genfer See trafen. Dieser ist groß, sehr groß! Aufgrund zu plündernder Obstplantagen und der Durchfahrt durch Genf selbst verloren wir diesen See erst am nächsten Nachmittag aus den Augen. Die Grenze zu Frankreich verlief schleichend und wir hätten außer durch anders aussehende Ortsschilder nicht mitbekommen.


Von l.o. nach r.u.: Ein Traum von einer Abfahrt, Rhone, See mit Panoramablick, Obstplantagen, Genfer See

20. Tag, 21.07.: 105km, 640hm, 6h55': Balerna - Giornico
21. Tag, 22.07.: 80km, 2680hm, 8h49': Giornico - Passo del San Gottardo - Furkapass Realp
22. Tag, 23.07.: Bergwanderung Furkapass
23. Tag, 24.07.: 145km, 160hm, 8h11': Furkapass Realp - Riddes
24. Tag, 25.07.: 115km, 240hm, 7h13': Riddes - Chigny
25. Tag, 26.07.: 100km, ~600hm, 6h45': Chigny - Genf - Mons (Frankreich)