Re: Ein Lob der Papierkarte

von: irg

Re: Ein Lob der Papierkarte - 17.06.21 05:52

In Antwort auf: iassu
In Antwort auf: irg
Da sind Leutchen, die ahnungslos ins Abenteuer, eher ins Abenteuerchen stolpern, kein Problem für mich. Lassen wir sie doch!
Nunja, ganz ehrlich: wenn ich feststelle, daß ich früher den gleichen Unsinn gemacht habe, wird das dadurch ja nicht Weisheit, sondern bleibt eben Unsinn.

Ich wäre in keiner in Frage kommenden Altersstufe dermaßen gedankenlos und uninformiert, will sagen desinteressiert, losgefahren. Da beißt sich für mich das Krokodil in den Schwanz. Wenn jemand dermaßen erkennbar keinerlei Interesse für irgendetwas hat, was ihn erwartet: wieso fährt er dann dorthin?

Ich habe da eben wieder den Tunnelblickreisenden vor Augen, den Indalo geschildert hat. Und ich glaube, auf diesem Niveau bist auch du damals nicht nach GR gefahren.



Klar, hätte ich die Möglichkeiten von heute gehabt, hätte ich sie genützt!

Dermaßen gedankenlos los zu fahren ist für mich seltsam: Ich wusste über die bereisten Länder und die Leute, die dort wohnen, sehr, sehr wenig. Das hat mich neugierig gemacht. Mit offenen Augen, Ohren und Nasenlöchern zu reisen ist mir nach wie vor wichtig. Vielleicht hat meine Ahnungslosigkeit die Chance mit sich gebracht, anderes zu entdecken als die anderen vor mir. Auch Kleines zu entdecken kann interessant und berührend sein, wie z.B. die vielen kleinen Marterln auf den griechischen Feldern und an den Straßenrändern, die ich 1984 sehen konnte, mit einem mehr oder weniger billigen Heiligenbild drin und einer Ampel mit "ewigem Licht", daneben einer dreckigen, alten Bierflasche mit dem selbstgepressten Olivenöl für die Lampe.

Auch wenn ich für damals relativ lange Tagesetappen gefahren bin, die Eindrücke wahr zu nehmen war für mich immer wichtig. Dafür bin ich ja geradelt! Heute noch fehlt mir beim Familienurlaub mit Auto und Mini-Wohnwagen, dass ich die Nase nur zu Fuß oder auf Radausflügen wirklich ins Land stecken kann. Stumpfsinniges Kilometerschrubben mag manche freuen, ich kann damit gar nichts anfangen.

Etwas ist mir aus dieser frühen Radreisezeit geblieben: Ich bereite mich zwar weit besser vor als früher, "alles" will ich davor immer noch nicht wissen. Manches will erfahren im wörtlichen Sinn werden, um erfahren zu werden.

lg!
georg