Das E-Werk "aufbohren"

von: roland.bike

Das E-Werk "aufbohren" - 18.01.16 12:55

Da ich dieses Forum schon mehrfach nützliche Informationen entnehmen könnte, möchte ich auch mal etwas beitragen: Über das "Aufbohren" des E-Werks zwecks Leistungssteigerung und etwas über USB-Pufferakkus.

In Analogie zum Minimallader habe ich habe ich Elkos ins Kabel kurz vor den Wechselstromseintritt beim E-Werk geschaltet und die produzierte Leistung des E-Werks beim Radfahren verfolgt. Gemessen habe ich mit einem "Voltcraft PM-60V/20A" mit eigener Energieversorgung. Das Voltcraft-Gerät war zwischen E-Werk (Standardinstellungen: 4.9V/1.5A) und dem USB-Pufferakku "SIStech Powerbank XL41" (41 Wh, nicht mehr käuflich, schon etwa 2,5 Jahre alt und viel genutzt) geschaltet. Meine Standard-Velostrecke ist etwa 35 km lang, es geht auf und ab, durch Stadt und über Feldwege. Die Geschwindigkeiten liegen zwischen 8 und 30+ km/h mit einem Schnitt im Bereich von 16 bis 17 km/h. (Auf Radreisen mit Gepäck fahre ich nicht schneller.) Stromquelle ist ein Shimano Nabendynamo (DH-3N72) in einem 26'' Laufrad.

Mit dem Voltcraft lässt sich Spannung, Strom und Leistung ablesen und bei verschiedenen Geschwindigkeiten (nach meinem nicht sonderlich genauen Fahrrad-Tacho) betrachten, aber auch die Gesamtleistung über die Tour wird aufaddiert. Der Pufferakku hat eine integrierten Anzeige für die Zellspannung, die normalerweise vor einer Tour im Bereich von 3.7 bis 3.8 V liegt, der Akku also gut halb voll ist. Die Powerbank XL 41 lässt - abweichend von den Herstellerangaben mit 1 A - bis etwa 1,6 A Ladestrom zu.

Ohne Elkos wird der Akku im Mittel mit 0,153 Wh/km (15,3 Wattstunden pro 100 km) geladen. Was macht der angeblich so "intellente" (und teure) Pufferakku mit MPPT beim Laden? Er zieht maximalen Strom aus dem E-Werk bei einer Spannung, die ein Stück oberhalb der Leerlaufspannung der Zelle im Pufferakku liegt. Liegt beispielsweise die Leerlaufspannung des Akkus bei 3,7 V, erfolgt eine Ladung mit etwa 4,2 V bei 0,6 A, was etwa 2,5 W entspricht und bei etwa 16 km/h eintritt. Das ist nicht die optimale Leistung des E-Werks, sondern der maximale Strom bei dieser Geschwindigkeit. Die Ladeleistung ist somit abhängig vom Ladezustand des Akkus. Ist der Akku mit 3,2 V weitgehend leer, liegt die Ladespannung deutlich tiefer und dies bei nur wenig stärkerem Strom, was zu einer geringeren Ladeleistung führt. Ist der Akku 3/4 voll (etwa 3.9 V) ist die Ladeleistung besser. Die Ladespannung steigt erst auf 5 V, wenn der Akku weitgehend voll ist, also seinen den Ladestrom an der Akkuzelle limitiert. MPPT regelt nur einen Innenwiderstand der einen tiefen Spannungseinbruch beim E-Werk durch zu hohen Strom verhindert und sucht nicht den "maximalen Leistungspunkt" zwischen Spannung und Strom.
Ich vermute, dass der äussere Ladestrom dieser Powerbank dem tatsächlichen Ladestrom in die Akkuzelle selbst weitgehend entspricht. Damit lässt sich die tatsächliche gespeicherte Energiemenge abschätzen, da der chemische Umsatz in der Akkuzelle proportional zum Strom (und nicht zur elektrischen Leistung) erfolgt. Bei einer Akkuzelle mit 3,7 Volt Leerlaufspannung (halb voll) und dem obigen Beispiel mit 2,5 Watt Ladeleistung: 3,7 V * 0,6 A = 2,2 W. Der Rest von 0,3 W (12 %) ist nur Abwärme. Mein noch älterer und kleinerer Powertank XL-21 (21 Wh) mit MPPT limitiert seinen Ladestrom - entgegen der Herstellerangaben von 2,1 A - bei max. 0,8 A. Die Powerbank machte mir bei Radtreisen bei tiefem Ladestand Probleme und pufferte nur bei hohem Ladezustand knapp ausreichend. Jetzt ist es mir klar: Bei einer Leerlaufspannung bei leerem Akku bei 3 Volt ist bei max. Ladeleistung (5 V * 0,8 A = 4 W) die Ausbeute jedoch nur 3 V * 0,8 A = 2,4 W (40 % Verlust, der schlechteste Fall). Selbst wenn ich 30 km/h fahren würde, ich komme vermutlich nur auf 2,4 W nutzbare Ladeleistung beim XL-21 an.

Lange Rede, kurzer Sinn: Der Pufferakku muss hohe Ladeströme zulassen (1 A ist Minimum) und Herstellerangaben sind leider oft falsch. Es ist bei jedem verwendeten Akku oder anderen USB-Verbrauchern sinnlos beim E-Werk die Ladespannung auf 5,6 Volt zu schalten. Dies führt eher zu Problemen mit empfindlichen USB-Verbrauchern wegen Überspannungen bei geringen Ladeströmen.
(Eher besser sind 4,2 Volt bei sehr tief entladenen und grossen "intellenten" Akkus (geringerer Innenwiderstand beim Laden mit höheren Strömen), da steht etwas mehr Strom über die Umspannung im E-Werk zur Verfügung. Sehr viele Powerbanks akzeptieren vermutlich jedoch nur Spannungen > 4,5 V und laden unter 4,2 V nicht.)

Das "Aufbohren": Mit zwei 470 uF (25V, Ultra Low ESR, Jianghai, gekauft bei Conrad Electrictric) lässt sich die mittlere Ladeleistung auf 0,191 Wh/km (19,1 Wattstunden pro 100 km) steigern, was etwa 25% besser ist, als ohne Kondensatoren. Die Ladeleistung liegt bei 10 km/h bei 1,4 W, bei 12 bei 2 W, bei 13 bei 2,3 W, bei 15 bei 2,9 W, bei 16 bei 3,1 W, bei 17 bei 3,2 W, bei 20 bei 3,6 W, bei 25 bei etwa 4,3 W.
(Bei einer leeren Powerbank XL-41 lässt sich beim Limit auf 4,2 V am E-Werk ähnliche Werte (0,192 Wh/km) erreichen, obwohl bei Talfahrten die begrenzte Spannung sehr hohe Ladeströme durch steigenden Innenwiderstand des Akkus behindert. (Mein E-Werk sperrt leider schon bei 4,1 V.))
Mit zwei 680 uF (25V, low esr, Yageo) oder einem bipolaren 330 uF (63 V, für HiFi, Intertechnik) liegen die Ladeleistungen bei niedriger Geschwindigkeit (Bergfahrt) günstiger, die Gesamtbilanz (680 uF: 0,18 Wh/km) ist jedoch schwächer; bei 15 km/h werden "nur" etwa 2,7 W erreicht.

Direktes laden eines iPhone 4s: Direktes laden ohne Pufferakku, aber mit Kondensatoren verläuft zuverlässiger, da nur noch selten beim Losfahren das iPhone mit einer Fehlermeldung das Laden abbricht. Hat mein iPhone gerade einen Ladezustand 100% erreicht, konsumiert das iPhone bei voller Beleuchtung des Displays und laufender App "MapOut", die den Weg aufzeichnet, ca. 1,6 Watt, bei "Display aus" 0,7 Watt.
Liegt der Ladezustand z.B. bei 50%, steigt der Ladestrom mit steigender Geschwindigkeit auf 0,5 A an, wobei die Spannung deutlich unter 5 V liegt. Erst in der Nähe von 0.5 A steigt die Spannung auf 5 V (2,5 W), was bei etwa 14-15 km/h geschieht. Dann scheint das iPhone wohl auf höhere Ströme umzuschalten: die Spannung fällt unter 5 V, der Ladestrom steigt dabei mit steigender Geschwindigkeit bis auf 0,8 A an. Liegt die Temperatur im Herbst aber unter 10°C, bleibt der Ladestrom bei 0,5 A kleben. Bei 5 °C bleibt mein iPhone schon bei 5 V und 0,4 A stecken.

Laden mit Pufferakku: Auf einer Tour erst einen Akku laden und nach der Tour mit dem Akku dann einen Verbraucher aufladen führt zu sehr hohen Verlusten, die ich semi-empirisch auf 40% und schlechter schätze. (Lade ich auf meinen leeren Pufferakku 10 Wh und lade danach mit dem Akku mein leeres iPhone 4s (angeblich mit Akku 5,3 Wh) voll, bleibt im Pufferakku kaum noch Restleistung übrig.) Um bei einer Anordnung Dynamo -> E-Werk -> Pufferakku -> iPhone den Puffer nicht unnötig mit 5 W bei einem leeren iPhone zu belasten, hängt hinter dem Pufferakku ein manipuliertes USB-Kabel, das das iPhone auf 2,5 W Lademodus schaltet. Das reicht, um das Handy zu betreiben und auch zu laden. Bisher habe ich nur mit zwei 680 uF-Kondensatoren meine Standard-Velostrecke mit nur 40% geladenem Handy abgeradelt. Bis der Ladezustand etwa 85% erreicht hat, deutet die Spannungsanzeige im Pufferakku darauf hin, das sich der Akku etwas entladen hat. (3,78 V -> 3,74 V). Erst dann beginnt wieder ein Aufladen des Pufferakkus. Wenn es wieder wärmer ist, werde ich mit zwei 470 uF testen und hoffe auf eine ausgeglichene Bilanz. Wenn nicht, kaufe ich mir einen Forumslader . schmunzel

Zusammmenfassung: Dieser Beitrag ist quälend lang geworden. Das System 5V-USB und Akkus/Handys/etc. mit einer mittleren internen Spannung von nur 3,7 V ist ein einziges Energieloch und technische Angaben von Pufferakkus entsprechen dem Standards von VW. Für einem Apfel ohne Ei lässt sich die Leistung vom E-Werk merklich steigern.

MfG-