Re: Wieder einmal Bikepacking ...

von: Keine Ahnung

Re: Wieder einmal Bikepacking ... - 06.09.18 20:01

In Antwort auf: Toxxi
Wenn ich wegen jedem Schluck Wasser anhalten muss, dann trinke ich viel zu wenig. Gerade dann, wenn es warm ist oder ich längere Zeit bergauf fahre. Es ist mir schleierhaft, wie du das bei deinen täglichen Kilometerleistungen durchhältst.


Ich gebe zu, dass mein Beitrag absichtlich etwas provozierend formuliert war. Ich sehe aber einfach viele Komponenten in der Bikepacking-Diskussion, die meinen Vorstellungen einer Radreise sehr konträr entgegenstehen und eher in den Bereich Rennradeln und MTB-Geländetour hineinfallen. Weder möchte ich das Bikepacking generell verurteilen, noch möchte ich z. B. "Nuckelflaschen" verteufeln. Ich hatte zeitweise meine PET-Flaschen auch mit einem entsprechenden Verschluss versehen und zuvor nur die typischen Radflaschen verwendet. Aber ich bin eher der "Intervalltrinker". Wenn ich anhalte, um kurz zur Flasche zu greifen, dann ist auch einmal ein ganzer Liter in fast einem Zug verschwunden. Das bekomme ich mit dem Nuckelsaugstutzen nicht effizient geregelt und auch das Fassungsvermögen der 1.5 oder 2.0 Liter PET-Flaschen kommen mir hier entgegen. Nach dem "Tankstopp" geht es dann wieder recht lange Zeit ohne Pausen (Fotografieren ausgenommen) voran. Ich denke, dass die Trinkstopps bei meiner Gesamtfahrzeit nur ein Rauschen ausmachen. Meine Kilometerleistung schaffe ich dennoch gut, obwohl ich mich dieses Jahr schon anstrengen musste. Die vielen Steigungen deutlich über 10% haben doch gebremst und die gleichzeitig hohe Temperatur hat den Flüssigkeitsbedarf entsprechend nach oben geschraubt.

Wieder sehe ich übrigens einen Beitrag, in dem ein Alpencross als Argument für Bikepacking herhält. Nein! Ein Alpencross ist nicht die übliche Radreise, auch wenn sie natürlich eine Radreise ist! Und nein! Eine Ausstattung mit Rucksack, der zum Teil hoch über dem Sattel thront ist nicht die empfehlenswerte Variante für die durchschnittliche Reise ("durchschnittlich" meint hier den Schnitt der Forumsteilnehmer basierend auf den vorgestellten Reiseberichten). Der Rucksack ist eine Lösung für Leute, die über alpine Pisten "downhill" fahren wollen und dafür keine Lasten am Fahrrad befestigen wollen. Die gezeigte Ausstattung ist für den Alpencross wahrscheinlich gut. So sollte das aber dann auch geschrieben werden. Einen Rucksack als den sinnvollen Ersatz für Packtaschen auf Touren zu sehen, die im Wesentlichen Straßen und "Nicht-Single-Trail-Wegen" folgen, halte ich für nicht nachvollziehbar. Es kommt zum Glück aber auch die Aussage, dass diese Ausstattung eben für diesen Zweck perfekt geeignet war.

Es gibt Anwendungen bei denen Bikepacking und sogar Rucksäcke Vorteile bieten. Es gibt Anwendungen, bei denen normale Packtaschen ungeeignet sind. Die meisten Radreisenden sind aber - und ich bin davon überzeugt - mit "normaler" Taschenausrüstung (von mir aus mit Bikepacking-Komponenten als Ergänzung) sicherlich besser bedient. Ich habe auf meiner Fährüberfahrt von Nordirland nach Schottland mit zwei weiteren Radreisenden die Fähre geteilt. Eine junge Frau aus Kalifornien war total überbeladen (vorne zwei Back Roller und hinten zwei der neuen Back Roller Plus mit 70 l und einem großen Packsack). Sie war das Extrembeispiel für ein Mitglied der Schwerlastfraktion und hatte wohl auch an den Bergen ziemliche Probleme (viele Schiebestrecken). Ein junger Mann aus (ich glaube es war) Neuseeland hatte zum ersten Mal auf Bikepacking gesetzt, um diese Variante auszuprobieren (Bilder werde ich wohl in meinem Reisebericht - wenn der einmal geschrieben ist - zeigen). Ich hatte ihn natürlich ausführlich interviewt. Er gestand ein, dass das Packsystem gewöhnungsbedürftig sei und weniger komfortabel als das Taschensystem, welches er bisher genutzt hatte. Man gewöhne sich aber daran und das System käme ihm windschnittiger vor. Er würde aber wohl wieder auf die normale Umrüstung umsteigen. Lediglich die Tasche im Rahmendreieck wollte er auch in Zukunft beibehalten.

Man kann sicher mit jeder Variante fahren, wobei ich denke, dass die Beladung der jungen Radreisenden aus den USA auch ihr selber am Ende nicht behagt hatte (sie plante von Glasgow nach Holland zu gelangen, da ihr die hügelige Landschaft zu anstrengend erschien). Hier war aber das Problem die Überlast, die dazu beitrug, dass zwei Mann mit anpacken mussten, um das "Lastenrad" beladen auf die Fähre zu wuchten. Jeder soll aber für sich selber entscheiden, wie er unterwegs sein will. Es sollten aber definitiv nicht "Modetrends" sein, die einen in die eine oder andere Richtung lenken.