Re: 5.Getöteter Radler in Berlin, Mahnwache 9.2.

von: Uwe Radholz

Re: 5.Getöteter Radler in Berlin, Mahnwache 9.2. - 10.02.20 13:06

Nein, das trifft den Kern des Problemes überhaupt nicht, es ist falsch.

Deutschland ist ein Land mit einer außerordentlich hohen Verkehrssicherheit. Die Zahl der getöteten Menschen im Verhältnis zur Zahl der zugelassenen KfZ ist weltweit Spitze. Und da haben wir das Problem auch schon. Die Verkehrsdichte ist so hoch, und sie steigt unaufhaltsam, dass es nicht mehr damit getan ist, dass sich jeder zusammenreißt, aufmerksam fährt und an die Regeln hält. Auch wenn vieles dafür spricht, das dieser Unfall durch einen undisziplinierten und rücksichtslosen Fahrer verursacht wurde. Die Zustände selbst sind so, dass es immer zu Tötungen und Verletzungen kommen wird, auch wenn sich alle wie Japaner benehmen würde. Und ich spreche nicht mal von der Verschwendung natürlicher Ressourcen, vom CO2-Ausstoß, von der Verschandelung unseren Wohnumfeldes durch Milliarden Tonnen gefrorenes Blechs, von
Krankheiten durch Lärm und Schadstoffe.

Der Freund vom ADFC, der gestern auf der Abschlusskundgebung vor dem Roten Rathaus sprach, wirkte auch ein wenig ratlos. Er forderte technische Hilfsmittel in allen KFZ, die solche Kollisionen verhindern. Ich vermag über die Machbarkeit, insbesondere die Nachrüstung bereits fahrender Autos, nichts sagen. Das ist bestimmt eine gute Sache, würde aber, wenn es sich durchsetzen ließe, vielleicht ein Jahrzehnt dauern. Wie viele Menschen werden in dieser Zeit durch einen Unfall sterben?

Gestern war ein Tag der Trauer. Die Veranstaltung verlief auch sehr würdig, sehr still und diszipliniert. Es gab keine aggressiven Aktionen gegen andere Verkehrsteilnehmer und auch Dank an die Polizei, was in Berlin nicht selbstverständlich ist.
Aber eben auch so was wie Ratlosigkeit. Die aber müsste in Wut umschlagen. Nicht in eine, die sich im Anpöbeln von Polizisten oder SUV-Fahrern entlädt, nicht eine Wut, die beim Wahlkreuz endet.

Wir waren gestern -auch wenn ich das sehr schwer schätzen kann - vielleicht zweihundert Radler. Wir müssten aber 20,000 sein, um gehört zu werden. Immer und immer wieder.
Nur wenn wir uns so Gehör verschaffen würden wird sich was ändern. Egal ob in Eigeltingen, Köln oder Berlin.
Es muss klar werden, dass es kein Menschenrecht gibt, jeden Ort in einer Stadt jederzeit mit dem Auto erreichen zu können und ebenso wenig, dieses dann irgend wo einfach hinstellen zu dürfen. Die zulässigen Geschwindigkeiten in der Stadt müssen reduziert werden. Es müssen sehr viel mehr Verkehrsflächen für den MIV unerreichbar werden.

Und ja, es geht. Der Artikel, den Jan verlinkte, zeigt es in Helsinki. Kopenhagen, Wien, Amsterdam zeigen es. In Oslo wird gehandelt.
Heute morgen las ich, dass die Bürger von Basel mehrheitlichen am Wochenende beschlossen haben, den MIV in ihrer Stadt einzuschränken.

Man sieht, Vernunft ist mehrheitsfähig.