Re: Wertigkeit der Technik

von: Martina

Re: Wertigkeit der Technik - 27.05.05 09:48

Lieber Wolfi,

ich befürchte zwar, dass du nicht ausgerechnet von mir eine Antwort haben willst und eventuell wirst du mir auch nicht glauben, was ich gleich schreibe, aber ich erlaube mir das dank meiner frisch erworbenen Gescheit- und Gelassenheit trotzdem mal: ich denke, du hast beinahe uneingeschränkt recht. schmunzel
Ich glaube, die falsche Prioritätenwahl hat vor allem zwei Ursachen hat:
erstens scheint es ganz normal zu sein, dass mit der Beschäftigung mit einer bestimmten Sache auch die 'Freakigkeit' überproportional zunimmt. Man möchte gerne das Beste haben und nicht mehr wirklich darüber nachdenken, ob es weniger nicht auch täte. Das ist meiner Ansicht nach sol lange legitim wie man a) die Kohle dazu hat, b) (edit: vor lauter Angst ohne das Beste geht es eh nicht) nicht ganz auf das Hobby verzichtet und c) sich mit der nötigen Distanz betrachten kann und sich wenigstens manchmal des Freakfaktors bewusst ist. Übel wird es -finde ich- wenn das Ganze dazu führt, dass man nur noch mindestens DA, XTR oder von mir aus Rohloff fahren *kann* (bzw. um ein Beispiel aus einer anderen mich zur Zeit interessierenden Ecke zu bringen, wenn man Musik überhaupt nur auf der eigenen in allen Bereichen optimierten Hifi-Anlage hören kann und alles andere angeblich phyische Qualen auslöst). Bei mir löst das ganz häufig eine Abwehrreaktion in der Art aus, dass ich mich aus lauter Angst selber zum Freak zu mutieren gar nicht mehr mit dem Thema beschäftigen mag und mich lieber mit meinen alten Boxen rumärgere. zwinker
Zweitens glaube ich als Mathematikerin nach wie vor, dass es gar nicht möglich ist, wirklich seriöse Aussagen über die Brauchbarkeit von Teilen zu machen. Obwohl im Prinzip genügend Räder rumfahren, sind die Stichproben mit vergleichbarer Belastung und vergleichbarem Einsatzzweck eigentlich viel zu klein. Wenn das Laufrad bei dir gut funktioniert, kann ich halt nicht serös schließen, dass es das auch bei mir tut. Andererseits gibt es Leute, die eh alles kaputt kriegen. Dazu kommt vermutlich noch eine nicht unbeträchtliche Streuung in der Qualität. Da kann man aus lauter Unsicherheit schonmal dazu kommen, einfach das Teuerste zu nehmen in der vagen Hoffnung, dass es besser ist. Meine persönliche Taktik hat sich darauf eingependelt, Dinge die mir zu früh kaputt gehen, nicht mehr zu nehmen und was anderes zu probieren. Entbehrt zwar nicht einer gewissen Logik, ist aber streng wissenschafltich nicht unbedingt haltbar, es hätte sich ja um einen Ausreißer handeln können.

Du schreibst etwas von 'eher Beratung als XTR'. Das kann ich in der Theorie vollkommen unterstreichen, in der Praxis sehe ich da auch so einige Haken. Denn der der berät hat halt auch seinen persönlichen Hintergrund und seine Vorstellungen vom Radfahren. Klar sollte er nach dem Einsatzzweck fragen, aber auch dann ist nicht garantiert, dass man nicht total aneinander vorbeiredet. Verstehe ich dasselbe wie du unter 'Gelände' oder unter 'steil'? Was soll ich von 'glauben Sie mir, Ihre Meinung wird sich noch ändern, wenn Sie erst mehr bzw. länger damit fahren' halten? Bei mir hat das bisher jedenfalls nur zum Teil gestimmt. zwinker

Das Gleiche gilt für 'passen'. Mein derzeitiges Solorad hat viele Nachteile, aber einen entscheidenden Vorteil: ich sitze sehr gut drauf. Dieser Meinung bin ich 12 Jahre nach dem Kauf immer noch und ich erinnere mich, dass ich damals eine Weile suchen musste. Ich weiss auch noch, dass ein Verkäufer als ich ein Rad als nicht passend ablehnte (zu langes Oberrohr und zu lange Kurbeln), mir erklärt hat, das liege nur daran, dass ich nichts davon verstehe. Ich werde nie erfahren, ob er vielleicht recht hatte. Da ist es doch viel einfacher, sich für 'mindestens XT' zu entscheiden.

Martina