Re: Was bedeutet Euch Eure Heimat?

von: tkikero

Re: Was bedeutet Euch Eure Heimat? - 02.02.08 11:19

In Antwort auf: scherbe

Interessante Frage !!

Für mich ist Heimat die Region in der ich aufgewachsen bin ...



Das ist der Knackpunkt: Ich denke, Heimat hat viel mehr mit Bezugspersonen und mit den Erfahrungen mit diesen Bezugspersonen zu tun, als mit Geographie. Die Zeit, in der man/frau aufwächst, ist ja die Kindheit, in der man noch im Idealfall unbeschwert, liebevoll unmsorgt und beschützt leben kann, weil mit den eigenen Eltern zwei Personen (wenn nicht noch Oma und Opa, Tante und Großtanten dazukommen) hat, zu denen man eine sehr starke emotionale Bindung hat.

Wenn es größere familiäre oder, wie es so schön heißt, "sozioökonomische" Probleme gab (Scheidung/Trennung, Gewalt, Vernachlässigung, Überforderung, Arbeitslosigkeit, Armut), dann sieht das schon wieder anders aus: Ich kenne bestimmt ein Dutzend Erwachsene, die auf Teufel komm raus nicht mehr in den Ort ziehen würden, an dem sie aufgewachsen sind.

Wenn eine ganze Region von Armut und Elend betroffen ist, dann ist's mit dem Heimatgefühl meistens auch nicht weit her. Wer kann, der "migriert" dann, und meistens genügen dann wenige Jahre in der neuen Heimat, um sich in der alten so richtig fremd zu fühlen.

Und @Thema Ossihass der Bayern: Den gibt es natürlich, aber genauso gibt es Wessihass im Osten und Bayernhass in Mecklenburg-Vorpommern. Engstirnige, vorurteilsbehaftetes Denken gibt's überall, ebenso Unzufriedenheit und Fremdenangst. In Bayern gibt es schon viele Gegenden, in denen es einem "Zugereisten" sehr schwer gemacht wird, wo Xenophobie virulent ist, es gibt aber auch Gegenden, die sehr offen und tolerant sind.

Ich habe zur Zeit über einen Bekannten von mir ein wenig Einblick in die Situation im Münchner Speckgürtel, der gleichzeitig in Alpennähe liegt: Wenn man nicht gerade gut verdienender Ingenieur ist (wie mein Bekannter, aber selbst der stemmt nur mit Mühe noch die Finanzierung eines Grundstücks zu 350 EUR/qm), kriegt man dort mit Familie keinen Fuß mehr auf den Boden, weil sich wohlhabende Interessenten aus ganz Deutschland und Europa dort Immobilien einheimsen, mit entsprechenden Folgen für die Preise, Mieten usw., und für die Bevölkerungsstruktur.

Das führt dann z.B. dazu, dass einfache Polizeibeamte oft nur noch weit außerhalb von München bezahlbar wohnen können, und im Norden natürlich. Ein wenig Groll auf die Zugereisten erscheint mir da schon verständlich.

Fast scheint es so, als müsse man sich Heimat auch leisten können :-( ... wer es sich erlauben kann, im Bewerbungsgespräch zu äußern, man wolle die nächsten 20 Jahre an dem Ort bleiben und man könne sich einen Standortwechsel nicht vorstellen, der muss es schon sehr gut haben.