Re: Radreisen für Familien zu teuer?

von: Thomass

Re: Radreisen für Familien zu teuer? - 13.01.09 20:41

Meine letzten Radreisen – solo – liegen reichlich 10 Jahre zurück.

Ich bin immer in und über die Alpen zum Bergsteigen gefahren, in einer historischen Zeit muß man nunmehr sagen, als man die Berge noch nicht zum Funpark erklärt hatte, zur schiefen Ebene für die Sportunterhaltungsindustrie und den ausufernden Tourismus vor Ort.

Damals konnte man noch fahren, wo man wollte und Österreich hatte die Forststraßen noch nicht gesperrt. (Jetzt, nachdem man herausgefunden hat, dass die MTBler die ausgabefreudigste Tourismusgruppe sind, hat man die Forstwege sogleich wieder geöffnet.)

Rucksack auf den Gepäckträger gezurrt und los gings.
Diese Art des Reisens war praktisch kostenlos, jedenfalls billiger als Daheimbleiben.
Das Geld verbrauchte sich für Müslipackungen, für lokale Spezialitäten (... die lebensbeste Canederli-Suppe habe ich abseits des Hauptweges zur Seiseralm gegessen, auf dieser versteckt gelegenen Alm...), für gelegentliche Seilbahnfahrten und manchmal für einen Campingplatz als Stützpunkt für Gebirgserkundungen, wie in der Adamello-Gruppe.
Oft hatte ich mehrere dieser Bundeswehr-Rationen – 20 Jahre haltbar – dabei, hängt einem dann bald zum Hals raus, war aber umsonst.

Und nun eben der Schock.

Diese Art des Vagabundierens mit dem Fahrrad verdichtet sich zu solch einer existentiellen Erfahrung, von solch immenser Größe und Verlassenheit, von herber Schönheit und gewaltigen Räuschen der Monotonie, dass sie zu einem Gut wird, das man den eigenen Kindern weitergeben möchte und man sieht: Es geht nicht.

Also steckt man zurück und plant eine simple Familientour am Fluß und sieht sich mit der Frage konfrontiert: Wie stellen wir sicher, dass Junior abends seine warme Milchi erhält?

Solo und Familie trennen Welten und es führt in die Irre, auf eigene Erfahrungen zurückgreifen zu wollen; man beginnt gänzlich von vorn.

Letztes Jahr unternahm ich mit den Kindern eine gattinenbefreite Probetour zu einem 20 Kilometer weit gelegenen Campingplatz an einem See. Ich hatte Proviant für eine Woche dabei und musste den Anhänger nehmen. Die Anfahrt war herrlich, das Wetter göttlich.
Dann regnete es zwei Tage und wir verbrachten praktisch die ganze Zeit im 2-Mann-Bergsteigerzelt. Mama hat uns dann gerettet.

Das Zeitfenster ist schmal. Mit dreizehn wollen sie schon nichts mehr von einem wissen und halten das elterliche Anhängsel für ein unvermeidliches Übel, auf das man erst dann wieder versöhnlich zugreift, wenn man die Kohle für den Führerscheinerwerb braucht.

Fazit: Ich werde familienfahrradtechnisch wohnortnahe Kurzfahrten durchführen zu sämtlichen halbwegs erreichbaren Campingplätzen in der Umgebung.

Ich habe schon ein Zuckerl mit der Gattin ausgehandelt:
Für alle Fahrten, die ich allein mit den Kindern unternehme, bekomme ich im gleichen Quantum Solo-Zeit für mich.
Mal schauen, ob ich noch den Berg hochkomme.