Meine frühen Reiseträume sahen anders aus als heute. Zum Radreisen bin ich sehr spät gekommen. Das hat meine Landkarten deutlich verändert - im Laufe der Zeit ist der Kreis immer kleiner geworden. Von meinem Studium her war ich mal ganz global aufgestellt, das hat sich beruflich nicht umgesetzen lassen - nochmal heute gefragt würde ich aber auch dort den Kreis enger ziehen wollen. Andererseits ist das immer eine Frage, wie sich das Leben entwickelt und nicht das Leben von Plänen. Nicht mal, wenn sich Träume erfüllen, weiß man, ob es letztlich das Beste gewesen ist. Träume sind Fiktion, werden sie erfüllt, verlieren sie ihre Jungfräulichkeit.
Fakt heute ist, dass es mir fast wie inga-pauli geht. Europa ist mir schon zu groß, um alles erobern zu können - die Zeit dafür ist beschränkt. Mir liegt mehr daran, diverse Regionen bis ins Nadelöhr kennen zu lernen - also so etwas wie eine "Experte" zu werden. Ganz streng bin ich da aber auch nicht. Meine Traumziele liegen also immer noch auch in den Alpen, Pyrenäen, Spanien, Italien - auch wenn mancher glaubt, ich müsse da schon alles kennen. Beim Balkan wird es schon schwierig, ich hoffe noch auf einige Spezialtouren - mal sehen. Die Griechen dürfen auch noch hoffen. Meine Sprachkenntnisse setzen auch Schranken, das wird sich kaum noch ändern. Die Sehsnucht nach mehr Gespräch auf Reisen hingegen wächst. Es sind vielleicht auch nicht die unbefangenen Träume der Jugend, sondern eher schon praktische Abwägungen.
Meine Welträume sind ziemlich zerschlagen - vom Finanziellen mal abgesehen -, Madagaskar und Südafrika haben eine sehr schlechte innere Entwicklung genommen. Es gibt auch ein paar alte Freunde in Tansania, Mexiko, Brasilien, die ich gedachte mal zu besuchen - doch würde ich allenfalls mit Mexiko noch ein geeignetes Radreiseland verbinden. Einer Andentour fühle ich mich nicht gewachsen - vor allem klimatisch doch nicht mein Revier - schon nach Island möchte ich nicht zum Üben. Zudem: Lateinamerika ohne Spanisch ist eigentlich wie Sauerkraut ohne Eisbein. Schöne Bilder ist das eine, die Gegebenheiten das andere. Neuseeland wär mir noch gewogen, doch erschreckt mich immerzu auch der viele Regen, auch die Länge des Fluges und doch insgesamt ein kleines Straßennetz - ähnlich Taiwan. Appalachen und Rocky Mountains mit Pazifikküste - theoretisch ja, aber irgendwie auch nicht mehr - mal sehen. Kleinere Ferninseln wie Hawaii und Neu-Kaledonien hatte ich auch schon mal auf der Wunschliste.
Wichtiger als die Ziele wären mir eigentlich mehr Zeit und Geld für Radeln. Manche Träume sind eigentlich ganz klein, ich würde zu schwierigen Jahreszeiten auch mal wieder gerne öfters in gemütlichen Gasthöfen übernachten, manchmal auch ein großes Bild von einem Künstler kaufen oder 30 Flaschen St-Emilion direkt vom Weinbauern nach Hause ordern - dorch wer bezahlst? Ist die Wohnung zu Hause doch zu klein? - Ziele würde ich immer finden - dazu brauche ich nicht mal Träume, sondern nur Landkarten.

Ein Traum wäre es vielleicht, an unterschiedlichen Orten ein halbes Jahr oder auch mal mehr als freier Schriftsteller zu arbeiten und die andere Zeit wieder weiter zu radeln, um wieder eine neue Heimstatt zu finden. Nomade mit Teilzeitheim. Ob das aber zu jeder Zeit mein Traum wäre, das glaube ich auch nicht, dafür bin ich zuviel Zauderer, der sicherlich auch noch andere Träume als Radlerträume in sich trägt.