von: martinbp
Re: Landesflaggen am Fahrrad? - 01.08.13 17:19
Leider habe ich da meine Zweifel.
Die Unabhängigkeitsrhetorik von Orban findet viele Anhänger, mit einer Reihe populistischer Maßnahmen (z.B. dem Absenken der Strom-Wasser-Gas-Kanalisationskosten um pauschal 10%) hat er sich auch etliche Wählerstimmen gesichert, aber am Schlimmsten ist, dass das neue Wahlgesez (2014 im Frühling wird gewählt) eine Einigung der oppositionellen Kräfte schon vor der Wahl voraussetzt. Momentan entstehen Monat für Monat neue Anti-Orban-Parteien, manche auch durch Spaltung vorhandener, so dass es schwer wird sich auf einen Direktkandidaten und eine Wahlliste zu einigen, zumal es auch hier eine 5%-Klausel gibt und etlich der Neugründungen kaum eine Chance haben, ins Parlament zu kommen.
Früher war es einfacher: Es gab zwei Wahlgänge. Im ersten trat jede politische Partei einzeln an, nach dem ersten Wahlgang standen zwei Wochen zur Verfügung, dass sich "befreundete" Parteien einigen, wer zu wessen Gunsten zurücktritt. Im zweiten Wahlgang durften nur noch die drei stärksten Kandidaten antreten.
Zum Nationalismus noch eine Begebenheit: Anfang der 70-er Jahre, als ich gerade mit meinem Studium in Ungarn begann und mal nach Esztergom trampte, war die erste Frage, des mich Mitnehmenden, ob ich wüsste, was "Trianon" bedeutet. Und das zu Sozialismus-Zeiten, wo wir eigentlci alle verbrüderte Länder hätten sein müssen.
Aber unterschwellig war dieses Problem immer in der ungarischen Bevölkerung manifestiert, wenn auch nicht so offen sichtbar, wie heute.
In dem Stadtbezirk, wo ich wohne gibt es eine Installation von ca 20 m2 Größe, wo das Ungarn, wie es vor dem 1. Weltkrieg war, in Form einer Landkarte dargestellt ist, jeder der 64 Burgbezirke mit verschiedenfarbigen Steinen dargestellt.
Vor Trianon (eine Stadt bei Paris, in der die Ungarn betreffenden Friedensverträge unterzeichnet wurden) war das Königreich Ungarn relativ selbständig , es bildete zwar eine Personalunion mit dem Kaiser von Österreich, aber hatte eine eigene Regierung, eigenes Parlament. Damals gehörten zum Kgr. Ungarn die gesamte heutige Slowakei, Siebenbürgen (also der Teil Rumäniens innerhalb des Karpatenbogens, die Karpato-Ukraine, Die ehemalige Vojvodina- heute ein Teil Serbiens und der nicht dalmatinische Teil Kroatiens. Mit dem Schiedsspruch von Trianon hat Ungarn zwei Drittel seiner Fläche und bedeutende Industrieregionen verloren. Aber es ist schon schlimm, dass darauf immer noch herumgeritten wird, und von der heutigen Regierung wird oft auf die Ungerechtigkeit des Schiedsspruchs verwiesen. So sollen nach Wunsch der Bildungsministerin die Schüler im Laufe ihrer Schülerdaseins mindestens einmal einen Ausflug in die "abgetrennten" Gebiete machen.
Zu dieser Problematik lohntz es sich übrigens das Interview mit Adam Michnik im aktuellen Spiegel zu lesen.
VG z.Zt aus Leipzig
Martin
Die Unabhängigkeitsrhetorik von Orban findet viele Anhänger, mit einer Reihe populistischer Maßnahmen (z.B. dem Absenken der Strom-Wasser-Gas-Kanalisationskosten um pauschal 10%) hat er sich auch etliche Wählerstimmen gesichert, aber am Schlimmsten ist, dass das neue Wahlgesez (2014 im Frühling wird gewählt) eine Einigung der oppositionellen Kräfte schon vor der Wahl voraussetzt. Momentan entstehen Monat für Monat neue Anti-Orban-Parteien, manche auch durch Spaltung vorhandener, so dass es schwer wird sich auf einen Direktkandidaten und eine Wahlliste zu einigen, zumal es auch hier eine 5%-Klausel gibt und etlich der Neugründungen kaum eine Chance haben, ins Parlament zu kommen.
Früher war es einfacher: Es gab zwei Wahlgänge. Im ersten trat jede politische Partei einzeln an, nach dem ersten Wahlgang standen zwei Wochen zur Verfügung, dass sich "befreundete" Parteien einigen, wer zu wessen Gunsten zurücktritt. Im zweiten Wahlgang durften nur noch die drei stärksten Kandidaten antreten.
Zum Nationalismus noch eine Begebenheit: Anfang der 70-er Jahre, als ich gerade mit meinem Studium in Ungarn begann und mal nach Esztergom trampte, war die erste Frage, des mich Mitnehmenden, ob ich wüsste, was "Trianon" bedeutet. Und das zu Sozialismus-Zeiten, wo wir eigentlci alle verbrüderte Länder hätten sein müssen.
Aber unterschwellig war dieses Problem immer in der ungarischen Bevölkerung manifestiert, wenn auch nicht so offen sichtbar, wie heute.
In dem Stadtbezirk, wo ich wohne gibt es eine Installation von ca 20 m2 Größe, wo das Ungarn, wie es vor dem 1. Weltkrieg war, in Form einer Landkarte dargestellt ist, jeder der 64 Burgbezirke mit verschiedenfarbigen Steinen dargestellt.
Vor Trianon (eine Stadt bei Paris, in der die Ungarn betreffenden Friedensverträge unterzeichnet wurden) war das Königreich Ungarn relativ selbständig , es bildete zwar eine Personalunion mit dem Kaiser von Österreich, aber hatte eine eigene Regierung, eigenes Parlament. Damals gehörten zum Kgr. Ungarn die gesamte heutige Slowakei, Siebenbürgen (also der Teil Rumäniens innerhalb des Karpatenbogens, die Karpato-Ukraine, Die ehemalige Vojvodina- heute ein Teil Serbiens und der nicht dalmatinische Teil Kroatiens. Mit dem Schiedsspruch von Trianon hat Ungarn zwei Drittel seiner Fläche und bedeutende Industrieregionen verloren. Aber es ist schon schlimm, dass darauf immer noch herumgeritten wird, und von der heutigen Regierung wird oft auf die Ungerechtigkeit des Schiedsspruchs verwiesen. So sollen nach Wunsch der Bildungsministerin die Schüler im Laufe ihrer Schülerdaseins mindestens einmal einen Ausflug in die "abgetrennten" Gebiete machen.
Zu dieser Problematik lohntz es sich übrigens das Interview mit Adam Michnik im aktuellen Spiegel zu lesen.
VG z.Zt aus Leipzig
Martin