Re: beratung zu Übersetzung am Berg

von: derSammy

Re: beratung zu Übersetzung am Berg - 06.12.18 11:34

Hallo Andre,

dein Vorgehen ist gedanklich völlig richtig. Aber wenn man das so angeht, dann entlavt das ja völlig das Voodoo über die Vorzüge von Zweifach-, Einfachkettenblätter, den Mythos um unterschiedliche Kettenstärken bei 8fach, 9fach, 10fach oder 13fach, die Fluffigkeit feinster Gangsprünge usw. lach

Sinnig ist, ein paar praktische Werte über marktübliche Grenzen zur Hand zu haben. Damit erledigen sich bestimmte theoretische Überlegungen von selbst. Ich liste mal die wichtigsten Aspekte auf, auch ein paar Ausnahmen und bin mir bewusst, dass es da sicher noch mehr gibt. Wenn jemand konkret anderes weiß, bitte korrigieren:

- Die kleinsten Kettenblätter hängen vom Lochkreisdurchmesser ab. 22Z (bzw. 20Z bei Mountaingoat) sind die untersten Grenzen. Rennradkurbeln haben größere Durchmesser, bei den Standard-Kompaktkurbeln (2fach) ist 34Z die untere Grenze. Mit alternativen Kurbeln oder MTB-Kurbeln am Rennrad geht etwas weniger (aber nicht von der aktuellen Stange). 11Z, 12Z, 13Z und was du alles so aufgelistet hast, bekommt man nur mit Bastelei drangefrickelt. Und es wird dann schwer, dazu passende Umwerfer zu finden.
- Nach oben hin gibt es bei den Kettenblättern theoretisch keine Grenze. Ein paar unabhängige Kettenblatthersteller bieten da auch viel an, z.B. für den Liegerad-, Faltrad- und Velomobilbereich, wo so große Scheiben gefragt sind. Was in großen Zahlen vertrieben wird, ist beim MTB (dreifach) bei etwa 48Z Schluss, beim Rennrad in den tiefen 50ern (52Z oder 54Z, oft auch nur 50Z).

- DAS gängige Kassettenabschlussritzel ist das 11er, weniger geht nur mit speziellen Freiläufen (Shimano Capreo). 12er sind auch noch üblich. Bei Rennradkassetten, wo feine Stufungen gefragt sind, sind auch größere Abschlussritzel üblich. Der Sprung 11-13 ist heftig, 11-12 für sensible Sportfahrer auch noch.
- Nach oben ist bei den gängigen Kassetten so bei 30,32,34 oder maximal 36 eigentlich Schluss. Erst mit dem Aufkommen der Zweifach- oder gar Einfachantriebe sind noch größere Ritzel jetzt auf dem Markt. Die sind aber teuer und oft z.B. nicht für 3fach-Antriebe gedacht.

Fazit: Für den kleinsten Gang ist das 22er-Blatt vorn (oder gegebenenfalls das 20er) quasi gesetzt und man schaut dann, wie groß das kleinste Ritzel sein soll. Oder man kann in der Tat mit einem größeren kleinsten Blatt auskommen.
Für den höchsten Gang ist das 11er oder 12er Ritzel quasi gesetzt und du schaust dann, welches Kettenblatt dazu passt.
In den aktuellen Shimano-Gruppen zum Beispiel ist die Auswahl oft nicht sonderlich groß und in der Regel fürs Radreisen zu lang übersetzt.

Bei den Schaltwerken stehen die Kenngrößen eigentlich immer dabei, eine Übersicht ist mir nicht bekannt. Ich greife mal ein aktuelles Beispiel heraus. Die Angaben zum größten und kleinsten Ritzel sind selbsterklärend. Hinzu kommt noch die sogenannte Kapazität. Das ist die Summe aus Zähnedifferenz Kassette plus Zähnedifferenz Kettenblätter. Also bei 22-33-44 vorn und 11-...-36 hinten wären das (44-22) + (36-11)=47.
All diese Shimanoangaben sind aber nicht in Stein gemeißelt, meist geht da merklich mehr. Bei den großen/kleinen Ritzeln kann man z.B. einiges über die B-Schraube machen, bei der Kapazität kann man die Kette einfach etwas länger lassen, so dass sie bei klein-klein schleift oder gar durchhängt. Weil dieser Diagonalgang eh redundant ist, stört es nicht. Groß-groß braucht man eigentlich auch nicht, aber bei zu kurzer Kette zerstörst du dir Schaltwerk und/oder Schaltauge, also definitiv nicht empfehlenswert.
Die Daten zu den Schaltwerken stehen bei diversen Händlern dabei, Google geht da oft am schnellsten. Zu Shimano findest du prinzipiell die ganzen offiziellen Daten beim Deutschen Importeur Paul Lange. Häufig reduziert sich die reale Auswahlmöglichkeit nur auf die Käfiglänge (kurz (SS), mittel (GS), lang (SGS)).