von: Gitanesraucher
Re: Umbau Trekkingrad - 20.04.19 15:02
Frohe Ostern in die Runde,
Zum Kona:
Die Kona-Geometrie steht ja nun nicht wirklich stellvertretend für moderne (Straßen-)Räder. Sie ist abgeleitet vom MTB, man kann damit auch auf Straßen fahren, klar. Ziel dieser „rather-odd“-Geometrie ist aber das „dirt touring“ abseits der Zivilisation in der „Walachei“, auf felsigen Trampelpfaden oder baumwurzelübersätem Terrain im Böhmerwald - und da machen der lange Reach des Rahmens und kurzer Vorbau sehr viel Sinn. Eine Patientin meiner Gefährtin macht damit Eifel und Ardennen unsicher - „Mountain bike feel. “ Auf der Straße??? - „Nun ja, es rollt halt nicht so schnell.“
An ihrem Merckx-Rennrad fährt sie den Kona-Lenker jedoch nicht sondern einen „ttt-Ergonova”. Dieser Lenker hat einen Reach von 77 mm und einen Drop von nur 123 mm.
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Zum Rahmen und zu „Wigro“:
Der Markenname Wigro steht für Wilhelm Grohmann. Grohmann war ein Metall- und Eisenwarenhändler in Kiel, der u.a. Produkte der Stahlwerke Mannesmann (nahtlos kalt gezogene Rohre u.ä.) vertrieb und auch Fahrräder (anfangs Holland- und dann diese fürchterlichen Klappräder der 70er Jahre) unter seinem Namen produzierte oder zumindest sein Wigro-Kürzel auf die Rahmen kleben ließ. Ab den 80ern ließ er auch (der aufkommende Rad-Boom in der Bundesrepublik ließ grüßen) hochwertigere Räder mit Mannesmann-Rohren produzieren. Mannesmann 25CrMo4 ist ein verlässliches, hochwertiges Rohr, schwerer als die 35CrMo4-Legierung, keine Frage, jedoch vergleichbar mit Reynolds 531 oder Kogas FM 2, spielen alle in derselben Liga.
Ob in deinem Fall die Rohre an den Lötstellen mit Endverstärkungen versehen sind („butted“),die Wandstärken also abgestuft sind (einfach, zweifach und dreifach endverstärkt), vermag ich natürlich nicht zu sagen. Gar so wichtig ist das hier für den Verwendungszweck (da kein Rennrad) aber nicht: Genau genommen sind nämlich nicht die Enden verstärkt, sondern der Mittelteil des Rohres wird aus Gewichtsgründen ausgedünnt. Lager Rede kurzer Sinn: Wenn der Rahmen sonst in Ordnung ist, müsstest du damit noch einiges anstellen können.
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Zur Geometrie:
Wenn das Sitzrohr (Mitte Tretlager - Oberkante Sattelmuffe) 58 cm beträgt und das Oberrohr (Mitte Steuerkopfrohr - Mitte Muffe Sattelrohr) 57 cm beträgt, spricht schon einiges für eine klassische Geometrie). Spann mal eine Schnur von Vorder- zu Hinterradnabe und messe mit einer Schmiege den Winkel des Sitzrohres zur Schnur (hin zu den Hinterbaustreben). Wenn der 71 Grad beträgt, der Abstand von gespannter Schnur zur Mitte vom Tretlager etwa 5,5 cm, dann sieht das gut aus. Wenn der Abstand der Naben 106,5 cm beträgt („Lang läuft“), hast du die klassische Reiseradgeometrie. Wenn es weniger sind, messe die Länge der Kettenstreben. Die dürften dann etwa die übliche Länge eines Rennrads haben, ca. 43 cm statt 44,5 bis 45 cm. Fährt sich mit viel Gepäck nervöser, hat man aber schnell im Griff.
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Das Rad kannst du problemlos mit einem Rennlenker fahren - kein Thema.
Nach dem Bild zu schließen, sitzt du - vermute ich mal - jetzt eher aufrecht wie ein Besenstiel drauf. Also, da stimmt einiges nicht.
Du musst bedenken, dass bei einem Reiserad mit Renn- oder Randonneurlenker eine (eher) aufrechte Sitzposition einfach nur dämlich ist. Bei einer komfortablen Sitzposition ist der Oberkörper bei nicht durchgestreckten, sondern leicht eingeknickten Ellenbogen (Unterarmen) 45 Grad nach vorn geneigt (Rennrad etwa 30 Grad) …
Danach lässt sich auch die Vorbaulänge schon mal ganz gut berechnen.
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Wenn ich Zeit finde, äußere ich mich auch zu deinen anderen Fragen.
Heute nur so viel: Vom angedachten "Großumbau" würde ich erst einmal die Finger lassen (auch angesichts der Kosten). Also möglichst preiswert:
- (Randonneur-)Lenker 25,4 oder 26 mm: Velo Orange (die Nittos B 132 oder 135 halte ich heute für maßlos überteuert, haben in den 80ern mal DM 35 bis 38,--, also keine 20 EUR gekostet);
- 1-Zoll-Vorbau aus der Bucht: Kalloy (Zoom, Promax, Diamant Retro usw. kommen auch alle aus der Kalloy-Fabrik, der überteuerte Soma *Sutro* übrigens auch, ist halt noch extra poliert);
- Rennrad-Bremshebel: Tektro Aero oder Shimano Road BL-R400 (ich weiß gar nicht, ob es die teuere Variante Road BL-R600 bei uns noch gibt);
- wenn in der Bucht oder deren Kleinanzeigen aufzutreiben ist: Lenkerendschalthebel 7- oder 8-fach …
Und dann erst einmal fahr'n, fahr'n, fahr'n … und dann weitersehen.
Gitanesraucher
Zum Kona:
Die Kona-Geometrie steht ja nun nicht wirklich stellvertretend für moderne (Straßen-)Räder. Sie ist abgeleitet vom MTB, man kann damit auch auf Straßen fahren, klar. Ziel dieser „rather-odd“-Geometrie ist aber das „dirt touring“ abseits der Zivilisation in der „Walachei“, auf felsigen Trampelpfaden oder baumwurzelübersätem Terrain im Böhmerwald - und da machen der lange Reach des Rahmens und kurzer Vorbau sehr viel Sinn. Eine Patientin meiner Gefährtin macht damit Eifel und Ardennen unsicher - „Mountain bike feel. “ Auf der Straße??? - „Nun ja, es rollt halt nicht so schnell.“
An ihrem Merckx-Rennrad fährt sie den Kona-Lenker jedoch nicht sondern einen „ttt-Ergonova”. Dieser Lenker hat einen Reach von 77 mm und einen Drop von nur 123 mm.
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Zum Rahmen und zu „Wigro“:
Der Markenname Wigro steht für Wilhelm Grohmann. Grohmann war ein Metall- und Eisenwarenhändler in Kiel, der u.a. Produkte der Stahlwerke Mannesmann (nahtlos kalt gezogene Rohre u.ä.) vertrieb und auch Fahrräder (anfangs Holland- und dann diese fürchterlichen Klappräder der 70er Jahre) unter seinem Namen produzierte oder zumindest sein Wigro-Kürzel auf die Rahmen kleben ließ. Ab den 80ern ließ er auch (der aufkommende Rad-Boom in der Bundesrepublik ließ grüßen) hochwertigere Räder mit Mannesmann-Rohren produzieren. Mannesmann 25CrMo4 ist ein verlässliches, hochwertiges Rohr, schwerer als die 35CrMo4-Legierung, keine Frage, jedoch vergleichbar mit Reynolds 531 oder Kogas FM 2, spielen alle in derselben Liga.
Ob in deinem Fall die Rohre an den Lötstellen mit Endverstärkungen versehen sind („butted“),die Wandstärken also abgestuft sind (einfach, zweifach und dreifach endverstärkt), vermag ich natürlich nicht zu sagen. Gar so wichtig ist das hier für den Verwendungszweck (da kein Rennrad) aber nicht: Genau genommen sind nämlich nicht die Enden verstärkt, sondern der Mittelteil des Rohres wird aus Gewichtsgründen ausgedünnt. Lager Rede kurzer Sinn: Wenn der Rahmen sonst in Ordnung ist, müsstest du damit noch einiges anstellen können.
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Zur Geometrie:
Wenn das Sitzrohr (Mitte Tretlager - Oberkante Sattelmuffe) 58 cm beträgt und das Oberrohr (Mitte Steuerkopfrohr - Mitte Muffe Sattelrohr) 57 cm beträgt, spricht schon einiges für eine klassische Geometrie). Spann mal eine Schnur von Vorder- zu Hinterradnabe und messe mit einer Schmiege den Winkel des Sitzrohres zur Schnur (hin zu den Hinterbaustreben). Wenn der 71 Grad beträgt, der Abstand von gespannter Schnur zur Mitte vom Tretlager etwa 5,5 cm, dann sieht das gut aus. Wenn der Abstand der Naben 106,5 cm beträgt („Lang läuft“), hast du die klassische Reiseradgeometrie. Wenn es weniger sind, messe die Länge der Kettenstreben. Die dürften dann etwa die übliche Länge eines Rennrads haben, ca. 43 cm statt 44,5 bis 45 cm. Fährt sich mit viel Gepäck nervöser, hat man aber schnell im Griff.
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Das Rad kannst du problemlos mit einem Rennlenker fahren - kein Thema.
Nach dem Bild zu schließen, sitzt du - vermute ich mal - jetzt eher aufrecht wie ein Besenstiel drauf. Also, da stimmt einiges nicht.
Du musst bedenken, dass bei einem Reiserad mit Renn- oder Randonneurlenker eine (eher) aufrechte Sitzposition einfach nur dämlich ist. Bei einer komfortablen Sitzposition ist der Oberkörper bei nicht durchgestreckten, sondern leicht eingeknickten Ellenbogen (Unterarmen) 45 Grad nach vorn geneigt (Rennrad etwa 30 Grad) …
Danach lässt sich auch die Vorbaulänge schon mal ganz gut berechnen.
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Wenn ich Zeit finde, äußere ich mich auch zu deinen anderen Fragen.
Heute nur so viel: Vom angedachten "Großumbau" würde ich erst einmal die Finger lassen (auch angesichts der Kosten). Also möglichst preiswert:
- (Randonneur-)Lenker 25,4 oder 26 mm: Velo Orange (die Nittos B 132 oder 135 halte ich heute für maßlos überteuert, haben in den 80ern mal DM 35 bis 38,--, also keine 20 EUR gekostet);
- 1-Zoll-Vorbau aus der Bucht: Kalloy (Zoom, Promax, Diamant Retro usw. kommen auch alle aus der Kalloy-Fabrik, der überteuerte Soma *Sutro* übrigens auch, ist halt noch extra poliert);
- Rennrad-Bremshebel: Tektro Aero oder Shimano Road BL-R400 (ich weiß gar nicht, ob es die teuere Variante Road BL-R600 bei uns noch gibt);
- wenn in der Bucht oder deren Kleinanzeigen aufzutreiben ist: Lenkerendschalthebel 7- oder 8-fach …
Und dann erst einmal fahr'n, fahr'n, fahr'n … und dann weitersehen.
Gitanesraucher