Re: Mein neuer Sattel kostet nur 7,99€, und nun b

von: iassu

Re: Mein neuer Sattel kostet nur 7,99€, und nun b - 17.05.19 07:39

In Antwort auf: tomrad
Mich ärgert es immer, wenn die Moralkeule ausgepackt wird und auf Käufer von Kik etc. herunter geschaut wird, weil sie keine "anständigen" Preise wie für Markenklamotten zahlen. Über unterschiedliche Einkommens- oder Vermögensverhältnisse wird dann hinweggesehen.
Ich habe nicht auf dieses Argument gewettet, aber ich hätte bei einem Buchmacher je nach Quote satte Gewinne einfahren können, so sicher war das, daß das kommt. Ich finde es aber nicht stichhaltig. Die eine Tatsache wird nicht deswegen anders, weil eine andere existiert, die ihr gleicht oder ähnelt. Auch wenn nicht klar ist, ob hinter der Produktion von Escada, Hermes oder Gucci ähnliche Un-Verhältnisse stecken: Das 2,99 T-Shirt von KIK oder die 8,99 Jeans von C&A bleiben dennoch unter diesem Aspekt verwerflich, da hierbei kann und muß ich sicher davon ausgehen.

Hinter dieser Argumentation steckt vor allem eines: Ich möchte nicht, daß mir jemand meine Schnäppchen madig macht. Und noch etwas: ich packe keine Moralkeule für andere aus, denn ich bin selber weit entfernt davon, bei jeder Socke einen Fairtradefußabdruck vorweisen zu können und kaufe vieles in der Tat bei C&A ein. Aber sich dieser Verhältnisse bewußt zu sein, kann ja wohl nicht schaden, oder.

Bewußt bin ich mir ebenfalls, daß man angesichts der Herkunft von gefühlt 80% aller hierzulande erhältlichen Artikel aus Fernost oftmals garnicht anders kann, als so einzukaufen, daß man von verwerflichen Arbeits- und Umweltbedingungen profitiert. Dennoch: man profitiert eben trotzdem davon, egal, in welchen Einkommensverhältnissen hier man sich befindet. Und man darf diese Tatsache sowohl selber denken als auch mal aussprechen.

Und noch ein erwartbares Schein-Gegenargument: die Menschen dort hätten ja sonst garnichts, nicht einmal ihre Hungerlöhne. Abgesehen davon, daß das so nicht stimmen würde, verändert es trotzdem nicht die Tatsache, daß es sich auch für dortige Verhältnisse um Hungerlöhne handelt. Und daß ich das weiß, wenn ich diese Produkte kaufe.

Es ist in meinen Augen allzubequem, wenn man sich in Resignation der angeblichen Unveränderbarkeit hingibt. Denn dieser moderne globale Kolonialismus ist genau null weniger brutal als der des 19. Jahrhunderts. Und die Fairtradebewegung hat ja vorgeführt, daß es möglich ist, anders zu konsumieren. Es gibt eine Fülle von kleinen oder ganz kleinen Initiativen, die auch im Bereich Kleidung versuchen, gegen die Ausbeutung vorzugehen und das recht erfolgreich.