Re: Gepäckträger - Stützstrebe im Schutzblech

von: EmilEmil

Re: Gepäckträger - Stützstrebe im Schutzblech - 05.05.22 12:15

Nein, sparen bestimmt gar nichts und sind, wenn man zwei Konstruktionen vergleicht-eine Leichtbau-Konstruktion und die andere eben dieser "schlimme" Finger mit der versteckten Abstützung-, ist die letztere mit Sicherheit schwerer. Warum ?
Leichtbau heißt u.a. "Benutzung direkter Kräftepfade". Anschaulich: Z.B. ein Koffer vollgepackt mit Ziegelsteinen auf dem Gepäckträger muß sich an der Hinterachse abstützen. Ob ich da nun 25 [kg] oder 40 [kg] draufpacke, ändert an dem Prinzip nun mal nichts. Natürlich muß ich, wenn die Dimensionierung die Dauer-Haltbarkeit voll ausreizt, für den Träger mit größerer Belastung auch kräftiger dimensionieren.
Üblich besteht ein Gepäckträger aus einer Plattform (meist ein rechteckiger Rahmen), an dem das Gepäck befestigt wird. Für das Gepäck ist es sinnvoll, eine gleichmäßige Verteilung auf der Plattform anzunehmen. Die Abstützung gegen die Achse kann dann über 4 Streben gegen das Ausfallende erfolgen. Denn wegen der Positionierung über dem Rad ist eine Art "Gabel (Bügel)" erforderlich. Je 2 Streben pro Seite (Minimum !) formen mit der Plattform bzw. einem Teil davon einen Dreiecks-Verband, der selbst bei Verbindung durch "dreh-bewegliche" Vernietung/Verschraubung kinematisch stabil ist. Die geringste Durchbiegung infolge der Last, erfährt z.B. ein gestützter Gepäckträger-Rahmen, wenn die Streben an den Bessel-Punkten (ca 21 % nach "innen" von den Enden des Rahmens entfernt) angeschweißt werden. Angeschweißt deshalb, weil ein Gepäckträger seitliche Steifigkeit besitzen muß. Angenietete Streben formen wegen der Aufweitung des Nietloches bei großer Lochleibung (Druck in der Bohrung) und kumulierender Gebrauchsdauer ein "Kugelgelenk". Zur Befestigung am Ausfallende empfiehlt sich dagegen eine Verschraubung mit kombinierter Höhenverstellung. Wegen der Verstellung ist eine Verschweißung dort nicht sinnvoll. Die im Prinzip mögliche Verdrehung dort muß aber unterbunden werden. Die Idee, über eine Klemmung an einer Niete oder Verschraubung irgendwelche Momente abzufangen, die aus Kräften mit großen Hebelarmen resultieren, ist keine "tragfähige" Lösung auf Dauer.
Außerdem möchten manche Radler die Wahl zwischen Gepäckträgern aus Edelstahl, Aluminium oder Titan haben oder eine Nachrüst-Möglichkeit haben. Angeschweißte Konstruktionen sind kontraproduktiv. Die verstärken den Rahmen nur minimal und/oder leiten aber weitere Kräfte in die Sitzstreben. Ein Gepäckträger sollte möglichst autark die Kräfte zur Hinterachse (Vorderachse) leiten ohne den Rahmen zusätzlich zu belasten. Die Rahmen Haltbarkeit ist dann nicht betroffen und der Radler muß sich keine Sorgen machen, ob z.B. das Gesamt-Gewicht den Rahmen überfordert. Da ist evtl. bei vielen Radlern noch Potential vorhanden, das Radl mit mehr Gepäck zu belasten als man bisher angenommen hatte, wenn man nur auf das angegebene Gewicht geschaut hat.
Natürlich müssen die Laufräder (incl. Reifen, Felgen, Speichen, Nabe und Achse) die Belastungen aus schwerem Gepäck ertragen können und die Auswirkungen auf das Fahr-Verhalten sind ebenfalls zu beachten.
Eine Verschraubung ist im Prinzip ein Drehgelenk um die Gewindeachse. Die Rotation des Gepäckträgers um eine Querachse muß deshalb durch eine weitere Verstrebung sicher gehalten werden. Die Trägheits-Kräfte (Z.B. beim Beschleunigen oder Bremsen) werden durch mindestens eine Abstützung gegen den Rahmen in der Nähe des Sitzrohr-Knotens festgelegt. Besser sind natürlich zwei Streben, die zusätzlich einen Beitrag zur Seiten-Stabilität leisten. Meine Konstruktion für diese Streben ist ein Doppel-Bügel (8 [mm] Alu-Rohre) mit 4 Klemmkloben, der anderen Konstruktionen in der Steifigkeit und im Gewicht überlegen ist.
Bild 1 Gepäckträger-Anschluß (Steif und Leicht)



Die Seitenstabilität ist ein im Allgemeinen sehr vernachlässigter Aspekt. Ich hatte da mal vor etlichen Jahren ein prägendes Erlebnis, als mir die hintere Befestigungslasche des Frontträgers brach, weil ich den mit einem 500 [g] leichten Anorak belastet hatte. Die Fahrbahn war ein geschotterter Waldweg, der den Träger zu seitlichen Schwingungen anregte, die ich wegen der guten Beobachtungs-Position ausgezeichnet sehen konnte. Zugegeben war die Konstruktion noch nicht einmal Murks, sondern nur lächerlich (Nach 3 [km] hatte sie "fertig" !. Seitdem habe ich immer ein Auge auf die Gepäckträger. Auch ein hinterer Träger kann bei entsprechend mieser Seiten-Steifigkeit ein Problemfall sein. Denn ungünstige Schwingungs-Verhältnisse können z.B. beim Schwingen im Gegentakt (Rodeo-Effekt) zu nur noch schwer beherrschbarem Fahrverhalten führen. Deswegen bin ich beim hinteren Gepäckträger für die 3-Bügel Lösung. Gegenüber 2 Bügeln sind 3 Bügel natürlich entsprechend steifer.

Bild 2 Gepäckträger mit 3 "Bügeln"



Eine Neu-Konstruktion mit dem Anschluß (Verschweißung) der äußeren Bügel an den Bessel-Punkten ist bei mir seit längerer Zeit im Fokus, konnte aber wegen Zeitmangels noch nicht durchgeführt werden. Der Frontgepäckträger wurde dagegen mit etwas geringeren Anforderungen (Tragfähigkeit 9 [kg] gegenüber hinten mit 25 [kg]) neu konstruiert. Der erwähnte Front-Träger (Stahl-Eumel) am 540-er Falter vorn wanderte in die Tonne und wurde durch eine neu Konstruktion (Wie etwa am 406-er Falter im Bild) ersetzt.
Mein Plädoyer geht ebenfalls auf nicht am Rahmen angeschweißte Gepäckträger, die nach Leichtbau-Prinzipien konstruiert sind. Den Design-Flatulenzen (Stützstrebe im Schutzblech u.a.) erteile ich eine Abfuhr.

MfG EmilEmil