Welches der drei genannten Räder
- R+M Delite
- R+M Intercontinental
- TT Panamericana
hat eigentlich den besten Federungskomfort?
Hat jemand schon einmal alle drei Räder getestet?
Das dürfte sehr stark von den verwendeten Federgabeln und Dämpfern abhängen.
Wie ich gesehen habe, weisen diese Räder unterschiedliche Rahmenfederungskonzepte auf. Gibt es hier nicht eine besonders vorteilhafte Ausführung?
Leider nein, kein klarer Vorteil für irgendein Modell. Mir sind alle drei Modelle bekannt, die beiden r+m-Typen kenne ich aus langjähriger Erfahrung.
Delite black und Intercontinental sind sogenannte Eingelenker mit gefedertem Heckträger. Das neue Delite travel ist leichter und nur bis 130 kg zugelassen, das schwere Intercontinental bis 150 kg.
Vorteile Eingelenker: einfacherer Aufbau, theoretisch wartungsärmere Schwingenlagerung (2 Lager großen Durchmessers), Hinterbauständer montierbar, theoretisch preisgünstiger, da weniger Fertigungsaufwand.
Nachteile: Eingelenker sind wippfreudig und neigen theoretisch zu Kettenrückschlägen (gilt insbesondere bei Kettenschaltung und kleinstem oder größtem Kettenblatt, mittleres Kettenblatt liegt normalerweise im Optimum). Das kann ich trotz 3x8 Kettenschaltung nicht spüren. Gelegentlich mal eine Fehlschaltung, aber sonst funktionierts (auch Dank sauber verlegter Nokon-Züge).
Der Dämpfer wird ungünstig belastet, da kleine Verwindungen des Hinterbaus den Dämpfer mit ungünstigen Querkräften belasten.
Die Gepäcklast vom Heckträger mal Hebelarm bis zum Dämpfer belastet den Dämpfer enorm.
Beim alten Delite black kam ein ungünstiges Übersetzungsverhältnis von 3,0 dazu. Es gab keinen sensiblen Stahlfederdämpfer, der das auf Dauer (bei mir mehr als 3500 km) überlebt hat. Grund: Für 150 kg Systemgewicht und 25 kg Hecklast müsste ein Stahlfederdämpfer eine sehr steife Feder haben, die aber (laut Hersteller) mehr zum Versetzen/Verbiegen neigt. Dadurch Schäden durch Biegebelastungen auf der Kolbenstange. Arbeitsscheue Billig-Stahlfederdämpfer, die sowieso schlecht ansprechen, zeigen das Problem später.
Mein Delite black war letztlich nur mit einem german-a-Luftdämpfer mit Gelenkkugellagern dauerhaft und sehr gut in Funktion. Am Eingelenker sollte der Dämpfer unbedingt in Gelenkkugellagern montiert werden, da diese Verwindungen der Schwinge ausgleichen können und den Dämpfer schonen. Wippen gibt es mit diesem speziellen Dämpfer nicht (außer im Wiegetritt). Fazit: Stahlfederdämpfer sind nicht automatisch langlebiger. Eingelenker nicht unbedingt wippfreudig. Ein gut gemachter Eingelenker mit perfekt abgestimmtem Dämpfer und geeigneter Federgabel kann begeistern (Klassiker: Cannondale Super-V).
Die Standardausstattung ist ein Kompromiss des Herstellers um den Preis zu drücken. Das Potential eines vollgefederten Rades zeigt sich aber nur mit individuell passend gewählten und perfekt justierten Komponenten (Gabel und Dämpfer). Eine kurze Probefahrt beim Händler genügt nicht, um ein vollgefedertes Rad einzuschätzen - ähnlich wie beim Sattelkauf.
Beim Intercontinental wurde das Übersetzungsverhältnis verbessert (2,7), was den Dämpfer entlastet. Neue Erfahrungen mit Stahlfederdämpfer habe ich nicht, da ich beim Luftdämpfer geblieben bin. Es fährt sich halt träger, aber stabiler als mein altes Delite black. Der abgestützte Heckträger liegt endlich ruhig.
Tout Terrain kam später und ist für mich nicht bezahlbar. Auf Reisen muss man auch mit einem Totalverlust rechnen... Das Ansprechverhalten war im kurzen Test etwas schlechter, als beim Intercontinental mit german-a-Dämpfer. Deckt sich mit Zeitschriftentest. Kann man aber vernachlässigen. Rahmen ist viel leichter als beim Intercontinental. Leider keine lebenslange Garantie. 5 Jahre sind mir auch bei einem Stahlrahmen zu wenig - bin eben vorbelastet. Dämpfer läuft laut Typenblatt mit sehr niedrigem Druck (sehr positiv, schont den Dämpfer). Die Vielzahl von kleinen Kugellagern im Hinterbau ist aus meiner Sicht ein Problem. Wie ich schon anderswo schrieb, sind Pendelbewegungen Gift für jedes normale Industriekugellager. So ca. ab 10.000 km muss man mit beginnenden Lagerschäden rechnen (Druckpunkt fühlbar), die irgendwann das Ansprechverhalten spürbar verschlechtern und dann zu Knackgeräuschen führen - Lagerwechsel nötig. Wer macht das? Was kostet das? Wie oft ist das nötig?
Der mehrgelenkige Hinterbau neigt theoretisch weniger zum Wippen, ist aber wegen der Vielzahl der fluchtenden Lager und der komplizierten Formen auch sehr teuer, trotz Fertigung in Tschechien. Der Preis ist nachvollziehbar. 80 mm Federweg am Hinterbau sind für den hohen Aufwand nicht viel, möglicherweise zu wenig (Geschmackssache).
Ob und wie eine Seitenstütze montiert wird, weiß ich nicht mehr, wäre aber zu beachten.
Das Rahmenfederungskonzept ist aus meiner Sicht bei beiden Herstellern brauchbar. Eine wirklich reisetaugliche Federgabel gibt es noch nicht. Ausnahmsweise teile ich hier die Meinung der Radtouren-Zeitung. Gibt es Langzeit-Erfahrungen über 20.000 km einschließlich Winterbetrieb mit der Maverick-Gabel? Offene, ungeschützte Gleitführungen im Schmutzbereich - wie lange geht das gut? Was passiert im Schadensfall? Notlaufeigenschaften? Notreparaturmöglichkeiten?
Das Preisniveau eines gefederten Reiserades liegt pro Kilogramm deutlich über dem schwäbischer Sportwagen, die Wartungsintervalle ähneln denen aus der Flugzeugwerft.
Es fehlt Federungstechnik auf dem Niveau von SON, Rohloff, Ortlieb.