UNR: Unsere Not-Reparaturen

von: cyclist

UNR: Unsere Not-Reparaturen - 08.04.20 20:25

Hallo zusammen,
regelmäßig geht es ja hier in diversen Themen, was man an Werkzeugen und Ersatzteilen bzw. "Flickzeug" (Draht, Isolierband, Seamgrip, etc.) mitnehmen sollte auf eine längere Reise (speziell abseits von "Gut & Böse").
Bislang gab es aber noch kein Thema, wo mal gebündelt über Notreparaturen berichtet wurde. Gemeint sind da weniger die einfachen Reparaturen, wie Speiche gewechselt, verlorene Schrauben, Kette neu vernietet, sondern solche Reparaturen, die einen erst mal ermöglichen, überhaupt erst mal wieder weiter zu kommen.
Egal was man ja bekanntlich mit nimmt, es geht genau alles andere kaputt, womit man nicht gerechnet hat...

Mal ein paar Beispiele, die ich selber erlebt habe:
- 1991, erste große Radreise, erstes Reiserad, Lowrider u. Gepäckträger aus Alu von Agu. Den Lowrider hatte ich schon vor dem Tourstart einmal reklamiert und ausgetauscht bekommen, wegen Haarrissen an 2 Schweißnähten. An den selben Stellen vor dem Start erneut Haarrisse festgestellt, Reklamation beim Händler angemeldet, Austausch war aber kurzfristig nicht mehr möglich. Also los...
Nach ca. 1 Woche brach dann am Gepäckträger eine der Streben. Zuerst provisorich mit dicken Drahtstücken und Klebeband geschient und fixiert. In Faborg (Fünen, Dänemark) nach ca. 10 Versuchen den "Dorfschmied" (der alles vom Fahrrad, Rasenmäher bis hin zum Traktor repariert) gefunden, der dann die Bruchstelle verlötet hat. Sah zwar nicht schön aus, hielt aber die 5 Wochen und gut 2tkm bis nach Hause durch. Im Gegensatz zu der anderen Seite, die auch gebrochen ist.
Die Bruchstellen am Gepäckträger, sowie auch Bruchstellen am Lowrider (Haarrisse, s.o.) wurden dann nach und immer wieder mit Draht und Isolierband geschient und fixiert.
Zuhause dann beide Träger reklamiert und gegen welche von Blackburn (das war noch vor der Zeit, als Tubus bekannt war) eingetauscht.

- 2004, Maramuresch (Rumänien), ein Mitradler hatte einen "richtig guten" (glaubte er zumindest...) Lowrider vom Erwin. Hielt leider nur knapp 1 Woche... Natürlich passierte es mitten in der Pampa, der nächste Radladen mindestens 100km entfernt...
Der Lowrider-Bügel von links nach rechts ist weggebrochen. Erste Idee war, die beiden Taschen bzw.deren Inhalt auf uns 2 Mitradler umzuverteilen, das war aber schwierig, da wir beide alle Taschen gut voll hatten. Nach ein bissl Hin und her bin ich dann in den Busch und habe mir eine Astgabel (Schweizer Messer mit Säge war da ganz hilfreich) besorgt. Diese haben wir dann gemeinsam mittels Draht und Kabelbindern anstatt des originalen Bügels montiert. Das ganze hielt sogar besser wie zuvor, da die Astgabel noch frisch und schön flexibel war. Hielt sogar bis zuhause durch, trotz reichlich Pistenkilometer.

So, dann mal ran, gerne auch mit Bildern! lach
von: panta-rhei

Re: UNR: Unsere Not-Reparaturen - 08.04.20 20:38

In Antwort auf: cyclist

Mal ein paar Beispiele, die ich selber erlebt habe:
- 1991, erste große Radreise, erstes Reiserad, Lowrider u. Gepäckträger aus Alu von Agu. ...
Nach ca. 1 Woche brach dann am Gepäckträger enine der Streben

- 2004, Maramuresch (Rumänien), ein Mitradler hatte einen "richtig guten" (glaubte er zumindest...) Lowrider vom Erwin


Lowrider sind für "Notreparaturen" ja geradezu prädestiniert: vgl. Fahrradzukunft 4 ... hatte auch nach ruppiger Nivolet-Überquerung einen Bruch unten an einem Stahl-HR-Träger. Bis ich das auf der rasanten Abfahrt gemerkt hatte, hat das freischwingende Blechteil auch schon ziemlich an meiner Ortlieb genagt traurig ... der Träger sah übrigens den guten alten Peugeot-2-Stebendingern ähnlich, allerdings war die Lasche für die Verschraubung unten 2x je 90° geknickt ... viel "bessere" Sollbruchstellen habe ich nicht mehr gesehen. Seitdem weiss ich, dass schweissen auf Italienisch "sondare" heisst, ein Autodengler war meine Rettung.
von: cyclist

Re: UNR: Unsere Not-Reparaturen - 08.04.20 20:58

Hallo Stefan,
bei meinem damaligen Lowrider (Kombi aus Lowrider u. Frontträger) - den ich nach der Tour als Bausatz in mehreren Einzelteilen dem Händler übergeben habe - war das Alu-Rundprofil (Vollmaterial) parallel an das andere Rundprofil angeschweißt. Geschweißt wurde aber nur an der einen unteren Seite, nicht aber an der oberen (ähnlich Bild 5 in dem von dir verlinkten Artikel). Durch die Vibrationen kam es dann zu den Haarrissen und zu den Brüchen.

Bei dem Gepäckträger wurde das Alu-Rundprofil (Vollmaterial) an den seitlichen Streben um 45° gebogen. Dass das etwas leichter ging, wurde auf der inneren Seite des Bogens ein Stück ausgenommen. Sollbruchstelle... Der Träger ging ebenfalls als Bausatz an den Händler zurück...
von: Thomas S

Re: UNR: Unsere Not-Reparaturen - 09.04.20 10:11

In Antwort auf: cyclist
Zuhause dann beide Träger reklamiert und gegen welche von Blackburn (das war noch vor der Zeit, als Tubus bekannt war) eingetauscht.


Hallo Markus,

da habe ich mir doch gleich mal den alten Guylaine-Katalog von 1991 rausgesucht. Bekannt mag Tubus damals noch nicht gewesen sein aber den Tubus Cargo gab es damals schon im Angebot. Ich habe damals aus Sparsamkeitsgründen den Blackburn genommen, der Cargo hätte 110 DM Aufpreis gekostet.

Einen Lowrider von Tubus gab es zumindest nicht im Katalog von Guylaine. Da habe ich auch einen Blackburn genommen. Die haben beide durchgehalten, bis sie durch Tubus-Modelle ersetzt wurden (viele Jahre).
von: irg

Re: UNR: Unsere Not-Reparaturen - 10.04.20 14:35

Hallo!

Die schönste Notreparatur habe ich beim Rad eines anderen Reiseradlers gemacht:
In Griechenland habe ich ein Paar getroffen. Beim Rad des Mannes hat es v.a. bergauf immer wieder fürchterlich im Antrieb gekracht. Wir sind zusammen in den nächsten Ort gefahren und haben beim örtlichen Radl- und Moped-Reparierer geschaut, was los ist. Dort habe ich das Mittellager mit Hilfe des Werkzeuges des Radhändlers zerlegt. Mit jedem Teil, das ich demontiert habe, ist der arme Besitzer immer blasser geworden. Nach dem Entfernen der Achse war die Ursache klar. Der Lagerkäfig war gebrochen. Mit alten Ersatzkugeln aus der Kramkiste des Radmechanikers, Fett aus seiner Dose und einem neuen Keil, den ich auf seinem Schraubstock passend gefeilt hatte, konnte ich das Radl wieder zusammensetzen. Am Schluss hatten wir Schwierigkeiten, dem Herren für seine Hilfe etwas bezahlen zu können. Umgerechnet 7,50 Schilling ließ er sich dann geben. Heute wären das etwa 50 Cent plus die Inflation.

Auf der selben Tour bin ich einmal mit dem ausgebauten Hinterrad in eine LKW-Werkstätte gewandert. Die lieben Leute dort wollten mich natürlich hinaus komplimentieren und haben etwas gebraucht, zu verstehen, dass ich nur kurz den Schraubstock für den Abzieher brauche. Dann gab es ein fröhliches Hallo über den Radlfahrer, der gegenüber der LKW-Werkstätte eine Speiche tauschte, um weiter fahren zu können.

lg!
georg