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#1480217 - 27.09.21 23:34 Jubiläum - 20 Jahre Radreise nach GR Teil 3
iassu
Mitglied
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Beiträge: 24.797
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Zeitraum:
Entfernung:0 Kilometer
Bereiste Länder:

In Patras war ich zu lange. Ich war zu vorschnell bei der Fährenterminierung gewesen. Einmal gebucht (=bezahlt) ---> festgelegt. Aus der Nummer kommst du nicht mehr raus, ist nicht so wie bei Hotelbuchungsportalen. Nun hatte ich neben Milos auch Ithaka gecancelt, waren jeweils verschiedene Gründe, und hatte in Patras folgerichtig einige Tage übrig.

Natürlich aber gibt es noch Ecken, die zu entdecken sich lohnt. Sowohl im Umland als auch in der Stadt. Nehmen wir dieselbe zuerst.

Wer hier hoch dackelt (gemäßigte 35°)...



....hat diesen Ausblick:



Rechts daneben ist eigentlich der Eingang zu einer Art Höhenpark mit Festungsruine, Bäumen und einer gewissen Wildromantik. Leider geschlossen.

Dann eben nicht. Unten in der neuen Fußgängerzone ist es gestopft voll, die Leute sitzen vor den Straßencafés wie die Himmelsanwärter am Mannatopf. Kann ich hier ja leider nicht zeigen.

Etwas nach Süden rausgefahren kommt immerhin der Reisegrundgesetzartikel 1 zur Anwendung:
Das Recht auf Baden ist unantastbar. Man beachte die Option, sich in der Guccikabine während des Umkleidevorgangs vor den lüsternen Blicken der Massen schützen zu können:



Indes wartet der Onkeldas Fahrrad an einer der Selbstkontrollstationen wohlerzogen auf die Rückkehr seines Erziehungsberechtigten vulgo Vormunds, sicherheitsbeabstandet von der bösen Salzluft, während ich nicht zögere, von meinem Grundrecht Gebrauch zu machen party :



Ein bißchen Wildwildwestflair findet sich am zentralen Bahnhof "Agios Andreas":



Ein ähnliches Stimmungsbild vermittelt dieser gepflegte Raritätensammelplatz:



Für den vorletzten Tag in Griechenland 2021 habe ich mir dann Größeres vorgenommen. Es gibt ein Dörfchen namens Rakita auf 1100 m Höhe. Gemerkt habe ich mir das durch die Eselsbrücke Rakete+Makita (Heimwerkermaschinen). Ich fahre in Patras zum Taxistand. 20 Taxis warten, keine Kunden in Sicht. Das Amdranstenseiende, vorderste ist ein kleiner Nissan. Ich hätte gerne für den gefalteten Onkel was Größeres. Aber da kommt niemand. Also dann nicht. Der Fahrer: klar kenne ich Rakita. "Give me 5 minutes!" - "Ok."

So lange brauche ich, um das Rad zu falten und vorzubereiten. Das VR muß diesesmal auch mit raus, das vordere Schutzblech braucht ja nur ausgeklickt zu werden, der Lenker samt Vorbau wird abgenommen, der Sattel samt Stütze entfernt. Alles paßt wie dafür gemacht in den Kofferraum, auch vergessen wir weder Taschen, Flaschen, Schloß noch Kleinigkeiten. Los.

Er nimmt, soviel kann ich schon sagen, durch die Stadt einen reichlich bescheuerten Weg, bis wir dann, hinter Linienbussen wartend und Eiltöffs vorbei lassend endlich raus kommen. Das Dorf Chalandritsa als letzter Vorbote der Zivilisation streicht vorbei und es geht hoch in die Einöde. Tolle Ausblicke auf das beeindruckende Erymanthosmassiv im Süden und wunderschöne Hügellandschaften säumen die Straße, die sich unbeirrt immer weiter hoch schraubt. Ein paar Bauern rechts auf einer Wiese werden gefragt, ob es hier nach Rakita geht: jajaja.

Dann irgendwann noch ein Dorf. Rakita? jajaja, immer nur weiter. Jedesmal erzählt er den Leuten, daß er einen Mensch mit Fahrrad im Auto habe, der dort hoch wolle, weil er von dort nach Aigio wieder runterfahren wolle, selber, allein. Ähm - ja.... Fahrrad? Ja, dort hinten drin. Achjaklar, völlig normal, so normal wie 4 Beine unterm Tisch....Achselzucken, zwei Verrückte am Samstagmorgen, geht vorüber.

Dann: RAKITA. Menschenleer. Die sind alle bei der Kirche: Hochzeit. Wir finden dann an einer/m falschen AusfallstraßeFeldweg noch eine Frau, die erklärt uns, nachdem ihr erklärt wurde, was meine Mission ist; daß wir wenden sollen und dann dort schräg rechts weiter. Und ja, man KANN dort nach Aigio runterfahren. Aber das ist eine "alte Straße" und es sind 25 km schockiert

Der höchste Punkt, die Paßhöhe (1150 m) ist erreicht, direkt bevor der Naturweg in eine Gebirgspiste übergeht und abwärts im Wald verschwindet. Hier gestatte ich dem wackeren Taxifahrer, doch noch den Absprung von der Reise in die Unterwelt machen zu dürfen, quasi auf den letzten Zentimetern, und lasse ihn, versehen mit einem großzügigen Honorar, umdrehen und heimfahren. Der hat sein Wochenerlebnis gehabt... grins



Nach weiteren 10 Minuten Vorbereitung (nein, ich habe keine der Schrauben verloren, die die Scharniere zusammenhalten) stürze ich mich vorsichtig in die Freuden der Abfahrt. Heute ist hier oben tatsächlich wunderbar frische Luft, es ist ja auch erst Vormittag, und eine fantastische Ruhe umgibt mich, nur gelegentlich vom Gepiepse hochkreisender Milane unterbrochen:



Bald komme ich aus dem Wald raus. Der Belag verlangt meine ganze Aufmerksamkeit und ich lobe mir meine Vollfederung. Auf den Bildern kommen die in den Boden eingelassenen Felsbrocken kaum richtig zur Geltung:





Höhenangst sollte man an dieser Stelle tunlichst zuhause gelassen haben und zu hohes Tempo könnte zu unfreiwilligen Freiluftabenteuern führen:





Es wird etwas ziviler, ich habe auch schon 200 Höhenmeter vernichtet:



Ich finde mich in einem Weinbaugebiet wieder. Dort oben rechts hinter dem Berg und höher als dieser, da kam ich gerade her:



Es finden sich unterm Sand tatsächlich Reste einer Belagsbefestigung in dieser Kurve (nach 8 km). Ich gelobe, unten im Tempel des Heiligen Shimanos ein Dankgebet wegen seiner famosen Saint(<-->famoses Wortspiel)-Bremsen zu entrichten. Kein Fading, kein Schleifen. Genial:



Und bald kommen die süßen Früchtchen leibhaftig in Augenschein:



Sie werden, ich hatte das schon wegen der Kleinheit vermutet, nicht gegessen oder gekeltert, sondern zum Trocknen ausgelegt:



Sie schmecken unglaublich süß und aromatisch, habe ich fast noch nie so gegessen. Auf daß es leckere Korinthen gebe (auch wenn wir hier von Korinth etwas entfernt sind):



Ich schraube mich auf inzwischen leibhaftigem Asphalt in die Tiefe. Die Küste beidseits des Golfs wird erkennbarer:



Das Städtchen Aigio:



Ein Dorf unterwegs:



Das silbergrüne Gold:



Und: unten!



Die Gegend unterhalb der Stadt am Wasser ist trostlos. Das Haus: verfallen mit eingestürztem Dach, die Bahngleise: seit 12 Jahren verwaist, der ambitioniert-rote Radweg: eine Farce, eine Flüchtlingsunterkunft im Elend um die Ecke, davor ein leerer Puppenkinderwagen.

Die Farben sind schön:



Etwas weiter gibt es aber ein Restaurant. Ich bestelle blauäugig etwas, was ich als gemischten Vorspeisenteller kenne: eine Pikilia - eine Platte mit "Verschiedenem". Hier aber kommt zu meiner Überraschung eine Fleisch- und Wurstorgie mit zweifelhaften Dips und Patates:



Zwei Drittel davon lasse ich zurückgehen...

Auf dem Rückweg nach Patras auf der Küstenstraße gibt es Schönes zu sehen: Kirche in Longós (das war der Ort, aus dem ich vor drei Wochen hätte schleunigst verschwinden sollen wegen wildfire schockiert ):



Und auch weniger Schönes, verbrannte Erde und Güter:



Man sieht dieses lebensvolle Grün mit anderen Augen an, wenn man kurz vorher durch dessen Zerstörung gefahren ist:



Nein, ich bin weder beim Orangensaftdiebstahl ( zwinker )erwischt worden noch befinde ich mich in Abschiebehaft. Es ist einfach eine Wartestation im Schatten beim Auscheckprocedere am Hafen:



Der linksseitige Schiffsbauch reicht gerade so aus, den blauen Onkel zu beherbergen:



Die Taschen kommen gleich mit hoch in die gute Stube:





Dann folgt der letzte Blick auf die Bucht und den Berg:





Der Vollständigkeit halber noch ein paar Bilder von der Heimreise in Italien. Einfahrt nach Forlí:



Ohne Worte:





Passend zu den vielen, hier nicht allen erwähnten Abbrüchen wegen Unwetter, Hitze, Schwäche usw breche ich die Reise in Forlí ab. Der bevorstehende Bahnstreik in D gibt, neben dem Regen am Morgen, den Ausschlag. Am Bahnhof habe ich schon das Ticket nach Tirano (bitte WO-hin?) gekauft und will nochmal fragen, wo ich umsteigen muß. Da winkt der Schalterbeamte heftig und meint, ich solle mich jetzt beeilen. Also gut. Der abgefahren geglaubte Jetzt-Zug hat Verspätung und mit Hängen und Würgen schleppe ich das vollbepackte Rad die Treppen hoch und es geht los. Mein Glück, sonst hätte ich es abends nicht mehr geschafft.

Ich steige nicht wie angewiesen in Fidenza um, sondern in Piacenza. Wieder mein Glück. Die Option Tirano-Engadin-Chur-Bregenz-grüne-Grenze-Lindau habe ich schon abgeschrieben. Meine Bedenken bezüglich Quarantäne waren wohl wirklich unbegründet. Dann ist Mailand-Zürich klar besser. In Mailand gehe ich sofort von Gleis 32 zu Gleis 8 zum wartenden Schnellzug nach Zürich (ohne Ticket würde ich, aus der Stadt kommend, kaum auf die Bahnsteige gekommen sein...). Den draußen stehenden Schaffner frage ich, ob es auch ohne Reservierung und Tickets eine Chance gibt. Ja, in Wagen 3 fürs Rad und mich und warten, er käme dann vorbei.

Erst 5 Minuten vor der Grenze in Chiasso kommt, gerade vor dem Personalwechsel, seine Kollegin und ich kann mit Karte zahlen. Der Aufpreis ist grotesk, darüber schweige ich lieber, fürs Rad wird mir nix berechnet. Der Zug kommt pünktlich in Zürich an. 02:45 Dauer sind, dank des neuen Ceneri-Tunnels, gigantisch. 7 Minuten später fährt ein Zug nach Singen. Ich habe aber laut internet eine Stunde, bis der durchgehende IC nach Stuttgart fährt. Also wird es eine günstige Rotewurst mit Apfelschorle im Bahnhof für nur zwölfeinhalb Fränkchli.

Ein Ticket zu kaufen, erweist sich als unmöglich. Die Automaten können das nicht, die Schalterhalle hat 40 Minuten Wartezeit und übers smartphone kriege ich es nicht hin. Zu meiner Befremdnis fährt "mein" Zug laut Anzeigetafel auch nur bis Singen. Ich frage also wieder den Schaffner. Der ist supernett und verkauft mir das Ticketset gleich bis Tübingen, zwei elektronische Geräte nutzend, das schweizer und das deutsche. Mein Glück, wiedermal. Denn in Singen ist keine Zeit dafür.

Ab Horb ist Beustelle und SEV, wer mit der Bahn nach Stuttgart will, muß über Tübingen fahren. Im letzten Wagen gibt es 6 Fahrradplätze ohne Reservierung, eine Neuerung offenbar. Umsteigen in Horb in 6 Minuten, reicht so. Um 23:00 bin ich dann zuhause. In drei Stunden beginnt der 5-tägige Bahnstreik. Ich bin nirgendwo nach irgendetwas gefragt worden, weder nach dem italienischen PLF in Ancona, noch nach irgendwelchen Dokumenten in der Schweiz oder in Deutschland.

Eine wunderschöne Reise. Radfahrmäßig ein Flop: 1150 km, ein Nichts für die 42 Tage. Ging nicht anders. Ich nehms gelassen. 20 Jahre früher war mein Motto: alles unter 100 km/Tag ist rechtfertigungsbedürftig. Inzwischen bin ich Senior (was mir die Fährgesellschaften übrigen mit sehr ordentlichem Nachlaß vergüten). Im Prinzip habe ich gehabt, Radreise und auch Griechenland. Wenn das nun nicht mehr länger immer so weiter möglich sein sollte, bin ichs zufrieden. Der Rest ist Bonus und Ideen habe ich noch genug. schmunzel

Ganzganzganzvielleicht mach ichs ja dereinst forsch und sexy wie diese Zeitgenossin bei Patras am Strand:



Telos - Ende. schmunzel












...in diesem Sinne. Andreas

Geändert von iassu (28.09.21 00:32)
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#1480717 - 05.10.21 12:15 Re: Jubiläum - 20 Jahre Radreise nach GR Teil 3 [Re: iassu]
Mooney
Mitglied Übernachtungsnetzwerk
anwesend und zufrieden anwesend
Beiträge: 695
Danke für deinen in jeder Hinsicht einsichtsreichen Bericht und dafür, daß ich mich amüsiert habe.

Wolfgang
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