Hallo!

Als alter Reiseradler und neuer Liegeradler schreibe ich euch, was mir zu meiner ersten Radtour mit dem Liegeradl einfällt.

Das Radeln über längere Etappen ist mit dem Liegeradl unvergleichlich entspannend. Mich haben zwar die aufrechten Räder dank laufender Umrüstung auf altersentsprechende Ergonomie (das klingt schon nach Kukident, schrecklich!) auch nicht sonderlich gequält, aber zu tun hatte ich im Laufe der Jahre immer mehr. So musste ich aufpassen, dass die Finger nicht taub werden. Mit dem Liegeradl ist das alles kein Thema mehr.

Zumindestens mein Liegerad verzeiht weniger als meine aufrechten Räder. Z.B. bin ich gleich auf den ersten Tourenkilometern unfreiwillig "abgestiegen", weil ich auf einem Flecken mit tiefem, losem Schotter das Vorderrad verschneiden ließ. Was keine besonders gute Idee war. Auch Hundeattacken, von denen ich leider einige erleben durfte, sind mit dem Liegeradl heikler als mit dem aufrechten Radl. Zweimal hat es mich bei der Notbremsung gelegt, einmal sogar mit einer Art Pirouette über dem Vorderrad. Ich wusste gar nicht, dass mein Lieger auch voll beladen über das Vorderrad aufsteigen kann. Beladen ist er ja ausgesprochen hecklastig. (Passiert ist dabei glücklicher weise gar nichts außer einem kleineren Achter im Hinterrad, den ich schon wieder ausgezogen habe.)

Das Radeln bei starkem Gegenwind ist auch mit meinem vergleichsweise hohen Liegerad erstaunlich widerstandsarm.

Auch mit normalen Regenklamotten bin ich an einem starken Regenradeltag relativ trocken geblieben. Es war aber auch relativ warm. In Norwegen hätte ich wahrscheinlich mit Unterkühlung zu kämpfen gehabt. Ein Schauer war so stark, dass mir beim Aufsetzten trotz geschlossener Kapuze das Regenwasser aus den Ohren geronnen ist. Es war also wirklich ein etwas feuchter Tag.

Zweimal musste ich umständehalber deutlich längere Tagesetappen fahren, als geplant, eine mit viel Regen (siehe oben), eine andere mit vielen Höhenmetern. Mit dem Liegeradl war das leichter und weniger ermüdend als mit einem aufrechten Radl.

Das Bergfahren ist mit dem Liegerad nach wie vor eine Herausforderung. Die Übersetzungsverhältnisse habe ich für mich optimiert, die passen. Aber Berganstiege mit 4,5 - 6,5km/h machen es (zu mindestens mir) schwer, das Rad gerade laufen zu lassen, ohne gelegentlichen Schlenkern. Da der Pass den Velebit hinauf kaum befahren war, war das fast immer möglich. Bei manchen Anstiegen auf der Küstenstraße davor war das aber manchmal mehr als unangenehm. Schieben geht mit dem Obenlenker, diese Möglichkeit brauche ich auch.

Wahrscheinlich hätte ich vor der Tour noch mehr Kilometer mit dem Liegeradl fahren sollen. Umständehalber bin ich mit gut 300km Liegeraderfahrung los gefahren. Das war wahrscheinlich etwas wenig.

Zum Radl: Ich habe ein bereits wohlabgehangenes Challenger Distance (wahrscheinlich zwischen 10 und 15 Jahre alt) günstig gekauft, zerlegt und neu renoviert wieder aufgebaut. Beide Laufräder haben 26". Das Rad hat einen Obenlenker und eine gefederte Hinterradschwinge. Diese ist auf Tour auch nötig. Bis auf den harmlosen Achter hat das Rad die Tour bestens überstanden.

Zur Tour:
Ich hatte etwa eine Woche, in der bin ich von Ilirska Bistrica über Novi Vinodolski südlich an Plitvice vorbei nach Bihac gefahren, danach wieder nach Hause nach Graz. Das waren gut 700km, die ich, wo irgend nur möglich, auf Nebenstraßen gefahren bin.

Fazit:
Das Fahren mit dem Liegeradl war ein echter Genuss. Ich wundere mich nur, warum ich nicht schon längst eines gekauft habe. In meinen Augen spricht nichts dagegen, ein gebrauchtes Radl zu kaufen und für Touren zu renovieren. Aber vielleicht habe ich nur Glück gehabt, dass nur das erledigt war, was ich selbst reparieren kann. (Und das war nicht wenig.) Ein gebrauchtes Rad vermindert das Risiko bei einem Fehlkauf.

Vielleicht ist ja die eine oder andere Anregung für manche von euch dabei.

lg!
georg