In Antwort auf: ro-77654
Beratungsklau ist ein gängiger Begriff, aber der trifft es gut. Es geht nicht darum, dass Leute sich in mehreren Geschäften beraten lassen und dann in einem kaufen. Es geht darum, dass der Kauf bei einem Händler stattfindet, der nicht beraten hat, aber etwas billiger ist.

Kürzlich hatte ich einen Lehrer hiet, der drei Stunden Testfahrt gemacht hat und das,Rad dann in Karlsruhe kaufte. Der Händler dort hatte kein Vorführrad, ist ja schliesslich 6000 Euro Investition und nach 500 Testkilometern hat es mindestens 1000 Euro Wertverlust.

Das Verhalten dieses Lehrers finde ich nicht in Ordnung. Wobei ich sagen muss, dass 3 Stunden Testfahrt ein Grenzfall sind: Einerseits kann ich nach einer kurzen Runde um den Block nicht viel sagen, andererseits ist so eine Strecke, die er in dieser Zeit zurück legen kann, schon recht ordentlich. Selbst dürfte ich recht schnell heraus finden, ob ein Rad zu mir passt, oder wenigstens derart ist, dass ich es im Fall des Falles adaptieren kann. Aber andere schaffen das nicht.

In der derzeitigen Misere zwischen Ausnützen von beratenden Betrieben und Ausplündern von Kunden als Extremen weiß ich keine allen gerecht werdende Antwort. Im Baugewerbe sind viele Anbieter schon so weit, dass sie erst für ein Angebot ordentlich Geld wollen, und dann sind sie nicht einmal bereit, den Preis wirklich bekannt zu geben. Bei uns gibt es z.B. einen Photovoltaik-Anbieter, bei dem musst du ein paar Hundert Euro bezahlen, dass er überhaupt kommt. Dann erstellt er ein Anbot mit Preis, allerdings mit dem Zusatz, dass der echte Preis vor dem Bau erstellt wird. Und bis dahin wartest du 2 Jahre, wenn die Zeitschätzung stimmen sollte. Der kann dann irgendwas fordern, und die Summe für die "Beratung" steckt er ohnehin ein. Die Zimmerer, die ein bescheidenes Projekt abgewickelt haben, haben bei uns die Rechnung ordentlich erhöht, und nur ein Teil der Mehrkosten war für mich nach vollziehbar.

Als Radhändler bist du natürlich in einem anderen Bereich. Eines muss ich schon sagen, wenn ich ein Lastenrad kaufe, rede ich wahrscheinlich mit mehreren Händlern und fahre mehrere Räder zur Probe, bevor ich mich entscheide. Sollte jeder die Pfote für die Beratung aufhalten, wird das teuer.

Mein Radhändler nimmt solche Geschichten, wie von dir geschildert, mit Humor und verbucht sie unter "bin ich froh, so einen Kunden los zu sein", würde ich sagen. Das ist natürlich nicht besonders lukrativ, aber was soll er anders machen? Ich vermute, da er einer der wenigen ist, die Lastenräder auch warten und reparieren, kommen genug Kunden wieder, die auch kaufen.

lg!
georg