Es geschah im Mai 2023, daß ich mich fragte, warum es denn so frisch draußen ist. Achja: die Eisheiligen. Was das ist? das sind 5 heilig gesprochene
Menschen aus dem Altertum, die ihren Namenstag in der Zeit haben, wenn bei uns mit einer gewissen Zuverlässigkeit Kälteeinbruch herrscht, vom 11. bis 15. Mai. Nun kam mir die Erinnerung an nicht zuende gedachte Wahrnehmungen in früheren Jahren, daß in Italien manche Städte genau diese Namen tragen. Das könnte man doch mal genauer eruieren.
Und siehe da, ich fand zu genau jedem der 5 Heiligen einen Ort dieses Namens.
St Mamertus wurde mir allerdings von Google nur in Form eines Altersheims in Triesen/Liechtensten angezeigt - etwas dürftig, aber was solls. Erst viel später entdeckte ich, daß es in Triesen ein Kirchlein
St. Mamerta gibt, immerhin aus dem 9./10. Jhdt - prima.
Manchmal bin ich ein ordentlicher Mensch und schaute demzufolge in der kalendarischen Reihenfolge nach Heiligem Nr.2: Pankratius. Da bot sich ein Ort zwischen Bergamo und Brescia an:
San Pancrazio. Schön.
Heiliger Nr.3 ist wieder etwas Seltenes, was Orte angeht. Servatius. Gervatius gibt es manche, aber mit S? Doch siehe da, das Dorf Castellinaldo bei Asti hat eine Kirche
San Servasio. Zwar auf einem "Berg", aber Ponyhof kann ich auch danach wieder.
Dann kommt gefühlt alternativlos das Städtchen
San Bonifacio südlich Verona, das hatte ich schon mehrfach gestreift und auch schon mal dort übernachtet gehabt, hier war wohl meine erste gedankliche Assoziation an die Eisheiligen entstanden.
Zum Schluß die "kalte Sophie". Sofia - auch nicht gerade wie Sand am Meer, aber es gibt das Städtchen
Santa Sofia leicht im Bergland südlich von Forlí.
So stand meine Route fest. Ein schönes Zickzack, große Entfernungen mit dem Zug zurückzulegen, meinem momentanen Zustand entsprechend kleinere Etappen von 50-70 km mit dem Rad.
Es beginnt am 4. August, das Wetter ist herbstlich, ein nasses Tief ist gerade dabei, sich zu verabschieden, so optimistisch waren die Vorhersagen nicht gewesen, aber trotz tieffliegender Wolken bleibe ich trocken. (Ach nein, der Weg zum Bahnhof ist verregnet.) Nach kurzem Zwischenaufenthalt in der Metropole Aulendorf befördert mich die ÖBB ohne weitere Umstiege nach Feldkirch.
An der Ill haben sie irgendwie ein kleineres Bauprojekt am Start, man kommt aber dran vorbei:
Weiter geht es im Rheintal, ziemlich bald auf Liechtensteinischem Boden:
Ich bin nicht allein unterwegs:
Und nein, wir sind nicht im Jahre 1823, sondern in 2023:
Das Dorf Triesen kann man nicht verfehlen, es sind dann eben noch die nicht allzu flachen 100 Hm zu bewältigen, bis sich St. Mamerta in Panoramalage zeigt:
Der Blick rheinaufwärts:
In Bad Ragaz überlege ich kurz, ob mir das 5* Parkhotel genügt, ist mir angesichts des spießigen Publikums dann doch zu gewöhnlich:
Chur als älteste Stadt Graubündens zeigt sich der modernen Malerei nicht abgeneigt:
Im Hotel wartet ein guter Geist im Badezimmer auf mich:
Die Rhätische befördert mich am Tag danach ins Engadin, wo sich die Wolken in Trotzhaltung an den Bergen festkrallen:
Sils Maria mit Blick Richtung Fextal:
Nachdem ich die gewaltigen Anstrengungen des Malojaaufstiegs von Osten absolviert habe
, mich den Steilwandkurven des Passes gewidmet habe und in ungläubigem Erstaunen weiter unten den Bergwind wahrgenommen habe, der mich mal nicht ausbremst, komme ich durch Promontogno:
Blick zur Piz Cengalo-Gegend:
Und bei Borgonuovo zu den Kaskaden, den Wasserfällen. Wie derzeit überall in den Bergen, hat es nach den Regenfällen viel Wasser und so schäumen auch hier die zwei Ströme prächtig herunter:
Ein kleines abgesperrtes Sommerfrischenerlebnisareal verlangt etwas Eintritt, die Leute genießen das warme Sommerwetter:
Durch den leichten Wind wird man geduscht, auch wenn man nicht in der Nähe des Wassers steht:
Bald darauf sind sowohl das Wasser als auch in ich Chiavenna angekommen:
Die Stadt hat sich in den vergangenen 20 Jahren enorm hergerichtet und ist wirklich attraktiv. Das finden auch andere und so bleibt meine Suche nach einem Gelateria-Plätzchen im Schatten vergeblich. Noch zwei Eindrücke downtown:
Und ich rolle weiter nach Italien rein. Stimmung am Lago die Mezzola:
Mit dem Zug geht es s e h r langsam über den
Ponte San Michele bei Calusco d´Adda:
Überquerung des Oglio bei Capriolo:
Um von Norden in den Zielort 2 einzufahren: San Pancrazio:
Das Standbild vor der namensgebenden Kirche fertigt der gerade vorbei kommende Pfarrer von mir:
Statt Ri Westen gegen den Wind fahre ich kurzerhand nach Osten bis Brescia und von dort mit dem Zug weiter nach Milano. Google "kann" in Italien ja auch Fahrrad. Spaßeshalber fahre ich mal diese radoptimierte Strecke ab. Ich werde so gut es irgend möglich ist, aus der Zivilisation rausgehalten, nette Wege durch Weinbauebenen, menschenleere (Sonntag) Industrieanlagen - hochromantisch und tatsächlich verkehrsarm. Irgendwann wird mir das aber zu bunt und ich fahre Landstraße weiter. In Brescia wieder moderne Malerei:
Mein fröhliches Zickzack geht am anderen Morgen weiter mit der Zugfahrt nach Asti und der Radetappe zum nächsten Ziel. Unterwegs auf einer Brücke der Blick zu den Alpen. Hinter San Damiano erhebt sich im Dunst der mächtige Monte Viso (3841 m; alle ihn umgebenden Erhebungen sind mind 500 m tiefer):
Ein paar Details vom Wegesrand am beschaulichen Sträßchen unterwegs:
Dann kommt Castellinaldo mit seiner Burgkirchenanlage:
Und seiner Via Roma:
Der hier nochmal bessere Blick nach Westen zu den 4000ern mit dem Monte Rosamassiv:
Und irgendwann (Komoot kennt sich hier nicht mehr aus, Google nur ein bißchen) endet der Weg im Nichts vor einem letzten Haus, aber das Ziel habe ich vor Augen:
Die Kirche San Servasio liegt exponiert auf einem Hügel mit 360° Blick. Leider ist auch sie, wie St Mamerta, geschlossen:
Sehr besucherfreundlich ein schattiger Vorraum:
Und vielen beschwingten Gästen:
Über einer der typischen Bergortsilhouetten das leibhaftige Matterhorn:
Nochmal der Monte Viso:
Mein Hotelzimmer in Alessandria:
Und ebendort die geschwungene Brücke über den Tanaro:
Später der Ticino bei Pavia, kurz vor seiner Mündung in den Po:
Blick aus meinem Zimmer in Pavia: