Definiere minimalistisch. Wenn ich es mit meiner zweiten Leidenschaft, dem Ultraleicht-Fernwandern vergleiche, ist das Gepäck auf einer Radtour gerade Luxus und m.E. nicht minimalistisch! Im Rucksack habe ich inklusive zeitweise bis zu 3-4 kg Essen und Trinken maximal 8 bis 9 kg, das ist wirklich sehr reduziert. Im Vergleich dazu kann man in Satteltaschen fast Zeugs ohne Ende reinpacken. Alles eine Frage der Sichtweise und der Relation.
Das kann man auch noch reduzieren, gibt eine medienbekannte Ultraleichtwanderin und Autorin, die hat weit weniger dabei. Letztlich läuft es auch beim Wandern auf die selben Unterschiede der Rahmenbedingungen heraus: Brauchst du ein halbes oder ein richtiges Zelt, einen Biwacksack oder gar nichts zum Schlafen? Machst du nur Hütten-/Hotelübernachtungen und Essen per Einkehr? Mit den Anforderungen an schwierige Bedingungen steigt dann auch das Rucksackgewicht. Ist ja kein Zufall, dass gewisse Bergsteiger mit Trägern und Basislagern arbeiten. Andreas (iassu) hat das schon auf den Punkt gebracht, du kanst immer eine Extrem noch über dem Durchschnitt draufsetzen. Man kann auch mit abgesägter Zahnbürste wandern, wie es einige Radler auch tun. Die Sinnfrage bleibt in beiden Fällen übrig.
Was du außerdem übersiehst: Radfahren haben ein paar andere Anforderungen in der Ausrüstung, nicht zuletzt Werkzeuge und Ersatzteile. Letztes Jahr hatte ich z.B. neue Kette und entsprechendes Werkzeug dabei, aber nicht gebraucht - dieses Jahr darauf verzichtet und prompt war die Kette fällig. Kostete dann 60 Euro im Radlagen mit Montage, obwohl ich zuhause mehrere neue Ketten zu Discountpreisen rumfliegen. Je nach Tourkonzept unterscheidet sich das auch mal drastisch und bleibt trotzdem "minimalistisch", obwohl das recht viel Gewicht ausmachen kann. Mehr "Luxus" habe ich dadurch noch nicht.
Das gilt aber auch für Kleidung u.a., weil die Anforderungen beim Radfahren andere sind als beim Wandern. Ein Wanderer kann gemütlich durch Regen mit Regenschirm laufen, ein Radler braucht bei einer Abfahrt Klamotten mit mehr Widerstandskraft. Habe auf der letzten Tour bis zu 6 Lagen am Oberkörper gebraucht, Regenhose war auch zwingend nötig nicht nur wegen Regen, sondern sogar wegen Kälte. Wohnzimmerluxus hatte ich dadurch immer noch nicht, sondern nur das Minimum, um keine gesundheitlichen Schäden zu erleiden.
Das Bevorratung mit Essen oder anderen Sachen ist zudem auch eine Geldfrage. Ich kann immer nur unmittelbaren Bedarf in kleine, teuren Bergläden einkaufen, vom 10er-Pack Taschentücher neun wegschmeißen, und dann ein paar Tage später wieder so nachkaufen, Sonnecreme für wenige Tage abfüllen usw. Ich kann aber auch mit mehr Weitsicht einkaufen, im günstigen Supermarkt mich mehr bevorraten als für einen Tag und nicht alle drei Tage Sachen nachkaufen, die ich aus Gewichtsersparnis weggeschmissen habe. Ich mache eben keinen Wettbewerb mit Sponsoren.
Zwei meiner Kolleginnen, Anfang und Mitte Dreißig, sind kürzlich solo mit ihren Gravelrädern durch Italien und Schweden gereist, mit Arschrakete und Co., Übernachtung im Zelt, über Warmshowers und was gerade so möglich war. Sie sind gar nicht auf die Idee gekommen, meine jahrzehntelange Reiseraderfahrung (bin auch schon Ü60 und mit klassischer Ausrüstung unterwegs gewesen) anzuzapfen. Ich glaube, das ist denen alles viel zu altbacken, sie wollen ihre eigenen Erfahrungen machen, ihren eigenen Weg gehen, ihren eigenen "Style" leben.
Ich auch nicht. Vor 25 Jahren, als ich mit Radreisen anfing, waren mir Foren und Internet generell weitgehend unbekannt, hatte auch keine Radreisefreunde. Eigene Erfahrungen haben die Menschen schon immer gemacht. Ich sehe noch nicht den signifikanten Unterschied zu heute. Dass sich Rädertypen und Eqiupment mit der Zeit ändern, ist nicht so wirklich überraschend. Eher gibt es mehr Varianten als Wandel. An Gravelräder passen die die alten Taschensysteme entweder gar nicht oder nur umständlich. Das ist doch der einzige Unterschied und war früher schon für Rennradreisende ein Problem. Einige haben dann Gepäckträger angepasst oder selber "Arschraketen" gebastelt. Geh mal in Fahrradmuseen und du wirst sowas wie moderne Bikepacking-Taschen finden, die 100 Jahre alt sind. Der eigene Stil macht andere Stilarten noch nicht obsolet. Die Möglichkeiten für Radreisen mit Gepäck sind begrenzt und nahezu alle längst bekannt. Ein paar optische Veränderungen sind noch keine reine Neuwelt.
In Antwort auf: JDV
Genauso wenig kämen sie auf die Idee, hier im Forum zu stöbern, da gibt es wohl jede Menge attraktivere Möglichkeiten in Social Media-Kanälen für Jüngere, als hier dem Geknötter der alten "Herren" zu folgen.
Im Pedelecforum gibt es tatsächlich Kollegen, die so Sätze schreiben wie "Habe jetzt für Frauchen einen Tiefeinsteiger gekauft"...
Da bist du auf dem Holzdampfer. Sowas findest du in Social eher noch mehr als in Foren, weil die Sprachkultur dort noch mieser ist, die Infos meist schlechter und Häme verbreitet. Pedelec-Forum sagt ja alles, eher die ältere Altersklasse. Trotzdem bleibt ein E-Bike ein E-Bike, auch wenn du in eine hippe Social-Media-Gruppe gehst. Machen dann die jungen E-Biker auf jungdynamisch mit E-Bikes, die für Opas gemacht sind. Gibt ja kaum weniger Junge als Alte, die E-Bike fahren. Also auch nichts "anderes" oder "junges". Auch hier gibt es wieder Grenzen. Fahrradfahren ist mühsam, die Leiden recht identisch, egal ob 100 Jahre alt oder in den 20ern. Die Erkenntnis wächst schnell und viele werden wir nicht mit Fahrrad wiedersehen, sondern mit E-Bike als "Funsport". Das gilt dann als hipp und Fahrrad als altbacken. Damit wird die Fahrradwelt auf den Kopf gestellt.
Das ist wirklich Altherrendenken und Altherrensprech, wie so manches in diesem Forum. Ich kann Lionnes Reaktion vollständig verstehen, habe ähnlich reagiert.
Das halte ich für Unfug. Wenn frau Gelegenheiten sucht, Altherrensprech und Muchismo und das Belächeln von Frauen aufzustöbern, dann soll sie das tun. Ich schrieb aus eigener Erfahrung (5x), daß manche Zeitgenossinnen, wenn sie das erstemal überlegen, eine Radreise zu machen, erst einmal ins Grübeln kamen, was das denn für ihr Gepäck bedeutet. Mehr nicht.
Weder habe ich behauptet, daß das alle so machen, noch daß sie es immer so machen. Ich würde gerne mal im Gegenzug wissen, wieviele Männer nicht beim ersten Mal viel zu viel Zeug mitgenommen haben. Und darum ging es: Minimalismus, und daß der relativ ist. Wer hier eine Geschlechterproblematik reinbringen muß: bittesehr. Noch ein Tip: genau lesen und versuchen, das, was geschrieben wurde, so zu verstehen, wie es gemeint ist, ist oftmals hilfreich.
Muskatreibe erinnert sich noch daran –es muss irgendwann in den 80ern gewesen sein– das erste mal so Satteltaschen (ja, man nannte sowas damals noch Satteltaschen) gesehen zu haben, die man einfach nur so auf den Gepäckträger aufstecken musste / konnte. Absolut wasserdicht hatten sie erzählt, seien diese roten Dinger. Und Reißverschlüsse konnten da auch keine kaputt gehen, da sie gar keine hatten, sondern einfach nur so zurollte. Echt cooles Zeug damals.
Aber Moden kommen und gehen. Jeder Kohorte eben ihre Produktwelt. – Und wenn du dann am Campingplatz siehst, wie lange die neuer Ausgestatteten rumfummeln müssen, bis alles fahrfertig verstaut und festgezurrt ist, guckst du nicht überheblich, sondern hast Zeit, sie um ihre breiteren Reifen zu beneiden.
... Ich schrieb aus eigener Erfahrung (5x), daß manche Zeitgenossinnen, wenn sie das erstemal überlegen, eine Radreise zu machen, erst einmal ins Grübeln kamen, was das denn für ihr Gepäck bedeutet. Mehr nicht.
Weder habe ich behauptet, daß das alle so machen, noch daß sie es immer so machen. ...
In Antwort auf: iassu
... Die meisten Damen, die ihre Herren das erstemal auf einer Radreise begleiten wollen, sind gewöhnlich entsetzt, wie wenig Kleidung, ibs Unterwäsche sie mitnehmen "dürfen". ...
Naja, komm, das hat, so verallgemeinert formuliert, schon ein Altherrengeschmäckle . Und Du hast ja nicht geschrieben, "ich kenne da 5 Paare, wo ..." (den Tipfehler hab ich mal korrigiert im Zitat ...)
Ich habe mich an den letzten Beitrag gehängt, meine aber alle Diskutierenden. Können wir uns wieder aufs Thema zu bewegen - das hier ja ohnehin schon hin und wieder etwas ins Hintertreffen geriet und nun noch weiter aus dem Fokus zu gleiten droht?
Noch ein Tip: genau lesen und versuchen, das, was geschrieben wurde, so zu verstehen, wie es gemeint ist, ist oftmals hilfreich.
Noch ein Tipp - nochmal prüfen, was Du selbst geschrieben hast, Andreas Dein Text, wörtlich zitiert "Die meisen Damen, die ihre Herren das erstemal auf einer Radreise begleiten wollen, sind gewöhnlich entsetzt, wie wenig Kleidung, ibs Unterwäsche sie mitnehmen "dürfen". grins "
Was ist, zudem mit dem Smiley als Betonung, daran missverständlich? Falls es witzig gemeint gewesen sein sollte, nun es war eher deplatziert, missglückt.
Aber nach dieser unmissverständlich herablassenden Replik, habe ich mit Sicherheit auch den ersten Kommentar ganz richtig verstanden.
Ganz ohne Smiley.
Viele Grüße Christine
Sorry, die direkte Antwort musste noch sein. Ich bitte um Verständnis.
Vielleicht nochmal zum Sprachlichen. Im Englischen gibt es bike-touring und bike-packing und so wie ich das verstehe, ist das bikepacking doch eher das leichtere, wo das Gepäck verzurrt wird, anstatt von eingehakt.
Ich persönlich kombiniere ja gerne die beiden Formen, eben wegen der Offroadfähigkeit und Aerodynamik. Trotzdem bin ich gefühlt teilweise mit doppelt so viel Gepäck wie andere Leute unterwegs, eben weil ich Angst vor einem kalten Tag habe und nicht gerne frierend im Zelt um 0300 aufwache.
Natürlich kann man das Gewicht bei Fernwanderungen noch weiter reduzieren, mache ich je nach Tour auch! Basislager (das sind dann Expeditionen und keine Fernwanderungen) lassen wir mal außen vor. Mein Gepäck ist jeweils der Tour angepasst und immer so minimalistisch, wie es geht. Wobei jeder einen anderen Komfort braucht oder möchte, da sind die Grenzen fließend.
Ich wollte Dir mit meinem ursprünglichen Beitrag nur verdeutlichen, dass ich bei meinen Fernwanderungen ganz genau überlege, was ich mitnehme, weil ich es AUF DEM RÜCKEN tragen muss. Ich übersehe deshalb gar nichts: auf meinen Radtouren hat sich dieses "Problem" für mich nie gestellt, weil ich quasi immer so viel mitnehmen konnte, wie ich wollte, es war/ist immer genügend Platz - und das Gewicht war für mich auf dem Rad immer zweitrangig. Z.B. nehme ich auf Radtour natürlich mein 4 kg-Hilleberg-Zelt mit, auf Wanderung doch lieber das 600g-DCF-Zelt. Und glaube mir, man plant das schon sehr genau und weitsichtig mit dem Essen und anderen "Consumable Products", wenn man zu Fuß unterwegs ist. Das ist ein ziemlich zeitaufwändiger Teil der Planung! Dass Wanderer jedoch gemütlich mit dem Regenschirm durch Regen laufen können und Radler hier viel mehr den Wetterunbilden ausgesetzt sind, halte ich dann doch für ziemlich arrogant. Radler können viiiiel schneller einen Unterstand aufsuchen, wenn es zu heftig wird, Wanderer sind über einen viel größeren Zeitraum dem Wetter ausgesetzt. Wenn ich meine Touren vergleiche, waren unangenehme Stunden und Tage durch schlechtes Wetter als Wanderer viel bedeutsamer und heftiger als beim Radeln.
Aber gut, war mir eigentlich klar, dass mein Post von Dir zerpflückt wird. Eigentlich darfst Du hier nur eine vergleichende Meinung haben, wenn Du beides praktizierst. Tust Du aber nicht. Von daher sind viele Deiner Aussagen ziemlich theoretischer Natur.
Ich finde, das Minimalisieren ist schlicht ein weiter Bereich und relativ. Das war es auch, was ich weiter oben audrücken wollte. Es hängt von soviel verschiedenen Vorgaben ab, wie weit wer minimieren kann und will. Äußeren Bedingungen und subjektiven Bedürfnissen. ZB auch von im Alter nicht gerade zunehmenden körperlichen Fähigkeiten. Uswuswusw. Ich denke, auf diesen gemeinsamen Nenner könnte man sich einigen.
Ich kann mich erinnern, dass wir vor unserer GR20 Tour (Korsika überquerung) mit der Stoppuhr vor dem Trangiakocher saßen und abstoppten, wie viel Spiritus wir benötigten, um die für uns erforderliche Menge Wasser zu erhitzen. Genau so viel nahmen wir dann auch mit (etwas Reserve dazu). Ähnlich versuchten wir bei allen anderen Ausrüstungsgegenständen zu minimieren. Löcher hatten wir dabei nicht in die Trekkingstiefel gebohrt aber sonst schon sehr viel getan, um das Rucksackgewicht zu minimieren. Das war 1985. Wenn man täglich bis zu 8h mit Rucksack bis auf 2000m Höhe unterwegs ist, macht es schon was aus, ob man 23kg oder 18kg im Rucksack hat. Die arithmetische Rucksackverträglichkeitsvormel sagt ja: Geht das Rucksackgewicht gegen Null, steigt der Tragekomfort ins Unendliche. Letztlich war das auch dann ein Grund, die Welt mehr mit dem Reiserad die Welt zu erkunden. Da geht es gepäckmäßig doch etwas komfortabler. Wenn es aber einer sportliche Ambitionen hat, so wenig, wie möglich aufs Rad zu packen, dann ist Bikepacking wahrscheinlich der richtige Ansatz.
Kleiner Nachtrag zu diesem Faden, der auch mir Nichtgraveller im Nachhinein nun doch noch was gebracht hat:
Ich fahr nicht mehr viel Rennrad. Bisher schob ich die mangelnde Motivation auf altersbedingte Leistungsdefizite. Nun hab ich aber durch die hier ausgetragene Arschraketen-Diskussion meine alte Ortlieb Saddle Bag mal wieder ausgekramt (die man als Mini-Arschrakete sehen könnte), mit den nötigsten Utensilien bestückt und am Sattel angeschraubt.
Und hastunichgesehn: da passt neben der dünnen Regenjacke sogar noch eine Brotzeit rein. Plötzlich machts wieder Spaß, mit dem Renner auch mal wieder weiter als 20 km zu fahren.
Anscheinend wars weniger das fortschreitende Alter als vielmehr der mangelnde Stauraum, der mich den Renner hat am Haken verstauben lassen.
Indiesem Zusammenhang sind auch Gravelbikes eine ganz gute Variante, wieder mal eine Rennradrunde zu drehen. Viele älterenRennradler haben ihre bockharten Räder auf 25mm oder breiter aufgerüstet (falls möglich), weil der Bock dann viel komfortabler ist. Vielleicht noch einen höheren Vorbau und schon macht die Fuhre wieder mehr Spaß undnist praktisch genauso schnell. Die richtige Mischung machts eben immer wieder.