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#65037 - 05.12.03 19:01
Re: ALPHA ON TOUR
[Re: Sasa]
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Hallo Sascha, nicht wegen den paar Gramm werde ich mir das Teil nicht kaufen, sondern einfach deshalb, weil mein Spanisch viel zu schlecht ist, als ich mit dem Atlas etwas anfangen koennte. Mein spanisches Vokabular beschraenkt sich auf vieleicht 80 bis 100 Worte. Du kannst jetzt voller Unverstaendniss sein, oder mit mir schimpfen, aber es ist nun mal so. Waehrend der Reise werden es einige Vokabeln mehr werden.
Deiner Karte, Du Du eingescannt hast, entnehme ich, das es in "La Negra" und "Agua Verde" Wasser zu kaufen gibt. Sind dies wirklich die einzigen Orte? Die Leute (Englisch sprechend, davon einer aus Puerto Montt) hier vor Ort haben mir als weitere Stellen "Paradero Barazarte" (63 km Suedlich von Antafagasta" und "Los Vientos" (ca. 150 km suedlich von Antofagasta) genannt. Ausserdem soll es noch hier und da eine Posada geben, wo es moeglich waere, Wasser zu kaufen. Aber ich haette es lieber gerne von Dir abgesegnet, ob das auch stimmt. Ich hatte mir bei der Planung der Route schon ueberlegt, ob ich an der Kueste entlang fahre. Genau aus dem Grund den Du genannt hast - die Strassenzustaende - habe ich mich dagegen entschieden. Vielleicht kommst Du ja noch dazu, mir zu sagen, wo ich Wasser kaufen kann?!
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#65047 - 05.12.03 20:14
Re: ALPHA ON TOUR
[Re: ALPHA]
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Die Karawanne zieht weiter der Peter kriegt Durst...
Hallo Leute, Hier mein vorerst letzter Bericht, da ich damit rechne, auf den naechsten gut 500 km keinen Internetzugang zu haben. Damit ihr eine ungefaehre Ahnung davon bekommt, wo ich mich zur Zeit aufhalte, einige Infos:
Antofagasta liegt im Nordchile, auch "grosser Norden" genannt. Die Stadt liegt im Zentrum der trockensten Wueste der Welt. Häufig faellt hier jahrelang kein Regen. Die Stadt hat ungefaehr 230.000 Einwohner - und wenn man sich die Anzahl der Leute anschaut, die hier durch die Fussgaengerzone tappern (und diese Anzahl ins Verhaeltniss zu der Anzahl der Leute in Koelns Fussgaengerzone setzt) - dann meine ich fast, es koennten auch ein paar zehntausend mehr sein. Von der Bedeutung her kann man Antofagasta im Norden mit Puerto Montt im Sueden vergleichen, den die Stadt versorgt mit ihrem Hafen den gesammten Norden Chiles mit wichtigen Guetern. Antofagasta lag einst auf bolivianischen Terrain. Aber im Salpeterkrieg, (auch Pazifischer Krieg genannt und 1879 bis 1884 ausgetragen) wurde die Region Atacama an Chile verloren. Im 19. Jahrhundert war die Zugehörigkeit der Grenzregion zwischen Chile, Peru und Bolivien strittig und das Interesse aufgrund des Nitratvorkommens sehr groß. Chilenische Unternehmen begannen als erste das Nitrat abzubauen, was für Peru und Bolivien 1873 Grund für eine geheime Allianz war, mit dem Ziel sich die chilenischen Firmen anzueignen. Ergebnis war, dass Bolivien 1874 die Kontrolle über das Gebiet vertraglich gesichert erhielt, mit der Bedingung von den chilenischen Firmen 25 Jahre lang keine Steuern verlangen zu dürfen. Jedoch verlangte 1878 der bolivische Präsident Hilarión Daza von den Firmen Steuern und gab Chile damit einen Grund Truppen zu entsenden. Die Truppen besetzten daraufhin die bolivische Hafenstadt Antofagasta und Chile erklärte den paktierenden Ländern Bolivien und Peru 1879 den Krieg. Die Truppen Chiles erwiesen sich auf See und Land als überlegen. Noch im selben Jahr errang die Flotte bei Kap Angamos einen wichtigen Sieg und die Landtruppen stießen 1880 nach Arica und Tacna vor. Dies ließ Bolivien keine andere Wahl als die Aufgabe. Peru, damals ohne eine Grenze zu Chile, setzte den Kampf fort, allerdings eroberte Chile 1881 die Hauptstadt Lima und drängt die Verteidiger ins Bergland wo sie zwei Jahre später aufgaben. Am 20. Oktober 1883 kam zwischen Chile und Peru der Vertrag von Ancon zustande. Darin erhielt Chile die peruanische Provinz Tarapaca. Am 4. April 1884 kam zwischen Chile und Bolivien der Vertrag von Valparaiso zustande. Darin erhielt Chile die bolivische Küstenregion um Antofagasta, was Bolivien den Zugang zum Pazifik kostete und natürlich die Provinz Atacama. Erst 1904 wurden diese Bedingungen offiziell anerkannt.
Gestern Abend habe ich mir von der Terasse des Hotels aus das Lichtermeer von Antofagasta angeschaut. Es war wirklich sehr beeindruckend, da sich die Stadt von Meeresniveau an, mehre hundert Meter die Berge hinauf, aufwaerts schwingt, und die Lichter wie von einer gigantischen Tribuene herab leuchten. Es Weinachtet hier in Chile auch schon etwas, aber - welch Wohltat - es ist lange nicht so schlimm wie in Deutschland. Hier und da sieht man einen Christbaum stehen, da es sonst um Antofagasta herum Null Baeume zu sehen gibt, kann man also sagen, das ich mich - mathematisch ausgedrueckt - in einem diskreten Wald befinde. Es faellt auf, das hier alle Etagen, in den Kaufhauesern (und auch in den Hotels) mit eins aufwaerts anfangend beginnen. Das Erdgeschoss ist also bereits die erste Etage, was anfaenglich bei mir grosse Verwirrung ausloesste! Aber jetzt hab ich es raus :-)) Und dann sieht man ueberall Wachleute in den Eingaengen der Kaufhaueser stehen. Deutlich mehr als in Deutschland, wo man sie auch an den Eingaengen der grossen Kaufhaueser sieht. Um mir neue Sonnenmilch zu kaufen (Lichtschutzfaktor 45) musste ich erst umstaendlich einen der Kaufhausangehoerigen bitten, mir die Vitrine aufzuschliessen, in der die kostbare Flasche eingeschlossen war. Bevor man mit der Ware das Kaufhaus verlassen kann, muss man sich eine Rechnung ausstellen lassen, mit dieser vor ein Karbuff treten, in der jemand hockt, sich eine Quittung abholen und dann wieder zum Lagerplatz der Ware zurueck. Die Quittung vorzeigen und dann darf man gehen. Die Tueten werden vorher noch versiegelt, wahrscheinlich damit man nicht ein zweites Mal "umsonst einkauft".
Gestern Morgen habe ich vor dem Mac Donalds so eine abgerissene Gestalt gesehen. Er hat den vorbeigehenden Passanten fuer 2000 Pesos eine Uhr angeboten. Hmmm... Um offiziell auszusehen, hat er sich noch so eine Kappe von Mac Donalds auf den Kopf gesetzt, die man in diesem Restaurants zu den groesseren "Menus" dazu bekommt. Mit Argusaugen habe ich mein Rad bewacht, den ich hatte kein Interesse, das er es Stunden spaeter irgendwo fuer Dosmill Pesos verscherbelt. Ja ja, so ist das, alle haben Angst, bestohlen zu werden...
Das Paket, welches ich mir selbst postlagernd nach Antofagasta geschickt habe, ist noch nicht angekommen. Da meine Tour durch Bolivien ausgefallen ist, bin ich mindestens 2 Wochen zu frueh hier. Aber das ist eigentlich nicht tragisch. Ich bin bislang viel weniger Rad gefahren, als ich vor der Reise gedacht haette und es ist noch nichts verschlissen, von der Ausruestung. Ausserdem klafft ein gewaltiger Unterschied zwischen der Tatsache, was man vor der Reise meint, was wichtig ist, und der Erkenntniss die ich unterwegs bekomme, von dem, was ich brauche.
Hier vor Ort habe ich mich nochmal bei einigen Leuten erkundigt, wo es Wasser gibt. Schon ungefaehr 15 Kilometer ausserhalb von Antofagasta gibt es in La Negra Wasser zu kaufen. Ich werde also mit wenig Wasser starten, damit das Rad nicht zu schwer wird und ich besser in die Berge komme. Danach gibt es allerdings lange Durststrecken. Hilfreich ist es, das es hier Flaschen in allen moeglichen Groessen gibt: 1,5 / 1,6 (sehr verbreitet) / 2,0 / 2,2 / 2,25 / 2,5 und 3-Liter Flaschen habe ich hier gesehen, neben den 5-Liter Kanistern. Die 2-Liter-Flaschen passen gut in meine XL-Minoura-Flaschenhalter, somit kann ich schon mal 4 Liter am Rahmen des Fahrrades unterbringen. Was fuer die grossen Durststrecken natuerlich nicht reicht... Die Leute mit der Wasserinfo - hoffentlich stimmen die - haben mich noch unglaeubig angeschaut. There is absolutly nothing! Und sie haben mich vor der Sonne gewarnt, ich soll mir mal meine Lippen ansehen und auf jeden Fall einen guten Sunblocker mitnehmen.
Auf dem Spaziergang durch die Stadt habe ich mir die Kirche angeschaut. Sie ist nicht besonders aufwendig gebaut. Auffaellig ist, das gleich an die Fassade der Kirche angrenzend, moderne Haueser gebaut sind. Ich habe mich in die Kirche gesetzt und die Atmosphaere auf mich einwirken lassen. Ploetzlich habe ich feuchte Augen bekommen. Mann, auf so einer Reise kann man glaeubig werden - wenn man es nicht schon ist. Aber macht euch nicht zuviel Sorgen. Erst vor einigen Monaten hat ja der beruehmte Tilmann Waldthaler die Atacamawueste per Rad durchquert. Der Mann ist ueber 60, somit zwar viel erfahrener als ich, aber ich sollte es auch schaffen.
Morgen will ich sehr zeitig aufbrechen, auf jeden Fall vor 7:00 Uhr. Die Sonne brennt dann noch nicht so sehr. Es wird einige Tage keinen Bericht von mir geben, erst gut 500 km weiter suedlich rechne ich wieder mit einem Internetzugang. Aber SMS versenden muesste moeglich sein, hoffe ich. Und Marleen leitet diese dann an euch weiter.
Uebrigens habe ich schon ueber 300 Fotos gemacht! Das freut den Dirk, den er schaut ja sooo gerne Fotos an. Ich habe mir schon ueberlegt, ihm zum Geburtstag ein Album ueber Fotoalben zu schenken, ein sogenanntes Meta-Album also.
So, bis hoffentlich bald mal, Peter
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#65065 - 05.12.03 23:13
Re: ALPHA ON TOUR
[Re: ALPHA]
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Hi Peter!
Na klar schimpfe ich jetzt wie ein Rohrspatz! Was denkst Du denn!? Mein Spanisch ist auch nicht perfekt aber ich gehe doch davon aus, dass Du wenigstens einen Dicconario bei Dir hast?
Ich habe der Streckenbeschreibung leider auch nicht viel mehr Informationen entlocken können. Da ist viel von zerfallenen Minen und deren Geschichte die Rede, Wasser scheint es allerdings nur an den beiden Tankstellen zu geben. Bei der Agua Verde soll es sogar eine Übernachtungsmöglichkeit geben, auch wenn ich mir davon nicht allzuviel versprechen würde... Ich wäre viel lieber die nicht asphaltierte und kürzere Strecke gefahren, aber ich will Dir ja jetzt nichts aufzwingen. Wie war das noch mal - Du hattest keinen Wassersack dabei? Ohne den würde es ja extrem knapp werden. Sonst würdest Du wohl noch was an nicht stillgelegten Minen bekommen, allerdings kann man die auf der Karte nicht ausmachen. Dann gäbe es da noch zwei Observatorien (eines von der ESA und eines von der Bochumer Uni, das östlichere). Dumm nur, dass die beide wohl sicher hoch auf einem Berg liegen werden, also auch nicht so das Wahre...
Aber wie immer kann ich Dir wieder nur viel Spaß und Erfolg und natürlich auch Glück wünschen.
Grüsse Sasa
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#65067 - 06.12.03 00:06
Re: ALPHA ON TOUR
[Re: Sasa]
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Hallo Sascha, Sicher ein Woerterbuch habe ich dabei! Die paar Gramm bringen mich ja nun nicht um Also, wenn in dem Turistel-Atlas nicht mal steht, wo es ueberall Wasser gibt, wofuer ist das Dingen dann gut?! Die ganzen historischen Abhandlungen, die ja sicher interessant sind, kann ich mir doch auch aus dem Netz saugen! Aber ich darf das Dingen ja nicht schlecht machen, ich habe es ja noch nie ernsthaft studiert. Renault, ein Biker aus Luetich, dem ich in San Pedro getroffen habe, hatte einen dabei. Ehrlich - ich habe nur Spanisch verstanden, als ich da mal reingeguckt habe. Die Infos ueber Wasser sind hier wirklich widerspruechlich. Vor meiner Tour habe ich gelesen, das mich suedlich von Antofagasta mit 120 km die laengste Durststrecke erwartet. Dummerweise habe ich mir die Quelle nicht aufgeschrieben, in der ich diese Info abgegriffen hatte. Leute, das sollte man bei kritischen Streckenabschnitten immer machen! Jetzt fange ich naemlich an zu zweifeln! Ich neige aber dazu, zu glauben, das dies mit den zwei Tanken wirklich die einzigen Orte sind, wo man Wasser kaufen kann und mich nicht auf das Glueck zu verlassen. Die liegen etwas mehr als zweihundert km auseinander. Es soll nicht alzu berig sein und der Wind soll mir angeblich in den Ruecken blasen - meint ein Chile hier. Those Wind will be your best Friend or your worst Enimy - hat er gesagt. Also in zwei Tagen muesste ich diese Durststrecke ueberwunden haben. Wenn ich zwischendurch Wasser kaufen kann, werde ich es mir notieren, damit andere, die auch die Atacama durchqueren wollen, nicht die gleichen Sorgen bekommen. Ich hatte sogar drei Wassersaecke dabei: 2 Liter / 2,5 Liter und denn suendhaft teueren 6-Liter Sack von MSR, der in der beruechtigten Packtasche war. Ich wuensche mir, das sie ein einsamer Biker Heiligabend finden wird Danke fuer die lieben Wuensche, Peter
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#65314 - 09.12.03 00:09
Re: ALPHA ON TOUR
[Re: ALPHA]
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Der Wind mein Freund, der Wind mein Feind
Der Chile hatte recht gehabt. Der Wind ist hier wirklich das beste oder das schlimmste was einem passieren kann. Die Berge zaehlen da gar nichts. Bin ich auf der Abfahrt und der Wind blaesst muss ich trotzdem jedesmal kraeftig zutreten. Aber der Reihe nach. Vor drei Tagen bin ich in Antofagasta gestartet. Mit zwei Litern Wasser, da die Angabe, das es 15 km ausserhalb, in La Negra, wieder neues Wasser gibt, mir sehr zuverlaessig erschien. Sonst konnte man sich aber wirklich auf keine Aussage verlassen. Von Null bis drei Posadas bis zum 230 km entfernten Agua Verde waren alle Meinungen vertreten. Deswegen habe ich dann den Wasservorrat auf 12 Liter in La Negra aufgestockt. Die Kette noch gespannt, gereint und geoelt, den Steuersatz gecheckt und weiter gings. Damit die, die es nachmachen wollen, nicht auch mit der Ungewissheit des Versorgungsnachschubs leben muessen, kommt nun der ultimative Posadafueher. Alle Entfernungsangaben gemessen von Antofagasta Zentrum. 62,5 km nach Antafagasto trifft man auf die Posada Borazarte, auf 1000 HM. Alle Posadas haben ein kleines Restaurant, wo ich mir den Bauch vollschlagen und bei Bedarf auch Wasser nachkaufen kann. Ausnahmslos alle Posadas, die entlang am Wegesrand liegen, werden von mir angetestet. Bei der Posada Borazarte gibt es Nudeln mit Fleisch fuer 1500 Pesos (knapp 2 Euro), andere Gerichte fuer 800 bis 1200 Pesos. Es folgt dann die Posada Rosario, bei km 97,3 auf 1350 HM. Die Familie lebt mittem im Nichts - es ist einfach unvorstellbar. Wenn jemand meint, ich bin errueckt, wenn ich mit meinem Rad durch die Wueste fahre - nein - das ist verrueckt. Ein Leben lang hier zu wohnen. Der Wind hilft den ganzen Tag sehr gut mit. Am Ende des Tages hat er mich ueber eine Distanz von 141,7 km und fast 1900 Meter hoch die Berge raufgeschoben. Gruss an Juergen Trittin, DEM Umweltminister! Juergen, Danke Mann! Sonst sind die Bedingungen an diesem Tag nicht ohne. Die Sonne kommt fast senkrecht von oben. Ein ueber zwei Meter hohes Verkehrsschild wirft Mittags noch nicht einmal 10 cm Schatten. Ich fahre bei 42 Grad im Pullover (Gruss an Guenther Strohmeyer). Das mag unvernueftig klingen, aber ich habe den Eindruck es ist besser fuer das Koerperklima. Der Schweiss und die Feuchtigkeit bleiben noch laenger bei mir und der Wind trocknet mich nicht so schnell aus. Abwechslung bringen die Graeber am Strassenrand. Ich habe nicht den Eindruck, das es Graeber von Unfalltoten sind. Es schein mir Brauch zu sein, das man zu Lebzeiten den Wunsch auessern kann, in der Wueste bestattet zu werden. Die Graeber sind manchmal sehr schlicht, manchmal aber auch unglaublich aufwendig gestaltet. Die letzteren erstrecken sich manchmal ueber ein Arenal von ca. 200 Quadratmetern, haben ein Grab aus Mamor, sind ummauert und, was am erstaunlichsten ist, es stehen auch ein paar Baueme herum, die mit ausgekluegelten Methoden am Leben erhalten werden. Bei den aufwendigeren gibts auch Baenke und Stuehle, auf die man sich waehrend der Andacht setzen kann, sie haben einen kleine Schuppen, die wahrscheinlich Geraete und Wasser uer dieGrabpflege enthalten. Alle Graeber sind so gestaltet, das sie persoenliche Dinge aufweisen, die mit dem Leben des Verstorbenen in Beziehung stehen. Es ist wirklich interessant, ein Auge auf die Graeber zu werfen. Am Ende des Tages suche ich mir einen Erdwall und lege mich auf die Matte. Das Zelt baue ich gar nicht erst auf. Warum auch, es regnet hier eh nicht.
Am zweiten Tag komme ich erst kurz vor 8 Uhr weg. Im nachhinein ist das schlecht, den der Wind blaest Morgens noch nicht so stark. Die Posada San Fransisco erreiche ich bei km 203 und auf 1850 HM. Im Gegentum zu den beiden anderen Posadas sind die Leute hier sehr unfreundlich. Die ersten dreisig km lassen sich recht gut fahren, obwohl die Strasse noch bis auf 2200 km ansteigt. Dannach gibt es ein staendiges auf und ab, der WInd blaesst nun aber wieder frontal von vorne (Mensch Juergen!) Er weht so stark, das ich meine, gegen eine Wand zu fahren. Muehsam geht es weiter. Agua Verde erreiche ich bei km 232 (1600 HM). Nach gerade mal 91 km beschliesse ich, das es fuer heute genug ist. Man muss sich den Gegebenheiten anpassen. Ausserdem - vielleicht kommt der Wind Morgen wieder von hinten?
Agua Verde besteht aus zwei Posadas, einer Copec Tankstelle und einer Wasserfoerderanlage die das ca. 80 km entfernte Taltal am Ozean mit Wasser versorgt. Die suedlichere der beiden Posadas macht einen gepflegteren Eindruck, das Bad ist richtig sauber, was hier sehr ungewoehnlich ist. Die Essenauswahl ist etwas reichhaltiger, die Frau ist sehr freundlich. Aber bei der noerdlicheren Posada habe ich ein Zimmer fuer die Nacht gefunden. Kostet 3500 Pesos, die kalte Dusche kann man sich fuer 500 Pesos kaufen. Was auch noetig war. Wegen dem Wind sind meine Augen gereizt und traenen etwas. Trotz Brille kam der Wind hinter die Glaesser. Das Licht brennt den ganzen Tag sehr grell. Wer es genau wissen will: Bei ISO 64, Blende 8.0 und Objektivlichtstaerke kommt man auf Belichtungszeiten von 1/200 (Morgens/Abends) nbis runter zu 1/320 (Mittags).
Am dritten Tag mache ich Morgens frueh, um 6:15 einen langen Schuh. Man muss soviel wie Moeglich fahren, bevor die Wind kommt. Es geht nochmal 200 Meter aufwaerts. Das Wetter spielt an diesem Tag verrueckt. Nach 50 km kommen ich in ein Nebelfeld - unglaublich - Nebel in der Wueste! Hier gibt es im kurzem Abstand (auf 10 km) drei Posadas. Die erste ist geschlossen, hat aber zweei sehr nervige Hunde, die mich Kilometerweit in die Wuesste verfolgen. Vor allem der groessere ist hartnaeckig. Bloedes Vieh! Lauf mir nur weiter in die Wuesste nach und verdurste dann. Kurz vor der zweiten Posada gibt er Ruhe und macht kehrt. Hier zapfe ich mir erst mal ein Fruehstueck. Sehr gut komme ich die ersten 70 km voran, die Kilometersteine fliegen nur so an mir vorbei. Bei km 114 (600 Meter HM) erreiche ich die Plantage La Bomba. Es gibt hier eine Posada, in die ich aber nicht einkehre. Das Casino fuer die Arbeiter erscheint mit interessanter. Mitten zwishcen all den Arbneitern nehme ich mein Essen ein. Fuer den grossen Teller inclusive zwei Glaessern Saft und zwei Nektarien bezahle ich 1000 Pesos. Die Leute sind sehr freudlich, ich werde gefragt, wo ich her komme. Einer der Arbeiter bringt mir persoenlich das zweite Glas Saft zum Tisch. Vielleicht schaffe ich es heute noch bis Chaneral? Im Laufe des Tages wechsele ich von der zweiten in die dritte Region Chiles. Es sind nun auch keine 1000 km mehr bis Santiago. Aber der naechste Meilenstein ist erst mal La Serena. Der Wind faengt wieder moerderisch an zu blasen. Ich glaube, es sind Foenwinde, die vom Meer aufwaerts die Berge hochkommen. Zusaetlich muss ich an diesem Tag ueber 1100 Hoehenmetern ueberwinden. ABER ICH WILL CHANERAL ERREICHEN! 25 km Vor Chaneral hat man noch 700 HM auf dem Hoehenmesse, die mir aber kaum nutzen. Ich muss trotzdem kraeftig zutreten. 10 km vor Chaneral gibt es nochmal eine Posada, wo ich mir nochmal gut den Bauch vollschlagen kann. Bald habe ich es geschaft. Nach 174 km rolle ich in Chaneral ein. In dieser 12000 Einwohnerstadt am Pazifik habe ich nun nichts besseres zu tun, als noch ein Internetcafe zu suchen und noch diesen Bericht zu schreiben. So schlimm kann die Fahrt also gar nicht gewesen sein...
Morgen erwartet mich eine kuerze Etappe. Ziemlich genau 100 km, immer entlang der Kueste. Bis demnaechst, Peter
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#65355 - 09.12.03 10:09
Re: ALPHA ON TOUR
[Re: ALPHA]
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Hallo Peter!
Schöner Bericht! Da kommt richtig Fernweh auf...
Weiterhin gute Fahrt und nicht so viel Gegenwind,
Katja
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Geändert von Ula (09.12.03 10:11) |
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#65395 - 09.12.03 14:35
Re: ALPHA ON TOUR
[Re: ALPHA]
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Ich brauche wieder Urlaub!!! Übrigens: Dein Standort, die Weltstadt Chañaral, ist sogar auf meiner Weltkarte verzeichnet. So klein kann die also gar nicht sein. Grüsse Sasa
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#65418 - 09.12.03 17:32
Re: ALPHA ON TOUR
[Re: ALPHA]
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Horrido Peter,
174 km - bei diesen Bedingungen? Du wirst mir allmählich unheimlich!
Hau rein und pass´ auf Dich auf! Georg
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#65570 - 10.12.03 22:28
Re: ALPHA ON TOUR
[Re: Joscho]
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Ja Mann, auf die 174 km bin ich auch wirklich Stolz. Allerdings - obwohl mittlerweile zwei Tage her, merke ich die immer noch. Deswegen habe ich es auf den vergangen zwei Etappen auch etwas ruhiger angehen lassen. Hier nun mein naechster Bericht. Sascha - wenn es Dir nicht allzuviel Muehe macht und Dich meine Bilder ueber die gmx-Adresse erreichen werden: KAnnst Du sie dann hier einstellen? Ich habe - noch - keinen Webspace. Aber ich bin Dir auch nicht boese, wenn nicht sein soll. Es wird gruener Das Hotel in Channeral hat 5000 Pesos gekostet. Die Dusche war diesmal sogar warm :-) Fuer chilenische und ueberhaupt suedamerikanische wohl ungewoehnlich wurde das Hotel ausschliesslich von Willy gefuehrt, der sehr freundlich war. Wieder die Frage nach dem woher und wohin. Nach Tierra del Fuego. Mit dem Fahrrad?! Er faengt an zu lachen. Wenn ich denn endlich da angekommen bin, werde ich am Stock gehen. Er beginnt einen alten Mann am Stock zu immitieren. Ich lache auch. In Santiago soll ich mich bloss vor den Trickdieben in acht nehmen. Versprochen Willy, mache ich. Ansonsten habe ich von dem kleinen Staedtchen Chaneral wenig gesehen. Viel zu spaet bin ich gestern dort angekommen. Gerade noch Zeit, nach dem Hotel Checkin etwas Wasser und Obst einzukaufen und das Internetcafe aufzusuchen. Ich fahre am naechsten Morgen erst kurz vor 9 Uhr los, da nun eine kuerze Etappe ansteht. 26 km hinter Chaneral gibt es wieder eine Posada. Hier esse ich eine Kleinigkeit. Die naechsten eineinhalb Tage wird es bewoelkt sein, was mir sehr entgegenkommt. Die Wolken bleiben an den teilweise sehr steil aufsteigenden Bergen, die bereits 300 bis 400 Meter im Hinterland aufsteigen, kleben. Aber es regnet nicht. Der Humboltstrom, der draussen auf dem Pazifik sein Unwesen treibt, hat die Wolken bereits abregnen lassen. Die Strasse ist recht flach, von kleineren auf und abs abgesehen. Nie geht es an diesem Tag hoeher als 150 Meter. Rechts von mir kann ich den ganzen Tag ueber einen Blick auf den Ozean werfen. Eine schoene Abwechslung fuer die Augen. Ich sehe hier auch, wie die Chilenen (A C H T U N G: Blaubaergeschichte!) Shampoo herstellen. Mit grossen Kellen schoepfen sie die Gicht des Meeres ab, die dann in Zentrifugen zu den verschiedenen Seifenarten verdichtet wird. Ich fahre an weiteren Posadas vorbei (km 33) und km 54. Hier mache ich Mittag. Die Posada hat eine grosse Auswahl an Gerichten. Die Versorgungslage ist sehr viel besser als ich Gedacht habe. Ich schleppe viel zu viel Wasser mit mir herum. Ein km weiter gibt es sogar eine Posada, die Zimmer vermietet. Direkt am Ozean. Auf dem Weg nach Caldera treffe ich einen Motorradfahrer aus England. Er hat auch schon groessere Reisen mit dem Rad unternommen. Aber er meint: I wont drive the Atacamadesert by bike. Its too boring. The landscape doesnt change, nothing for your eyes. I just do it, to clean up my head, antworte ich ihm. Ich empfinde es in der Tat als sehr wohltuend, die Leere auf mich einwirken zu lassen. Es ist, als wuerde der Geist einmal so richtig gut durchgelueftet werden. Es gibt nur wenig worauf ich zu achten habe, dieser Tage. Wir stimmen beide darin ueberein, das der Wind die groessten Probleme macht. Auch er hat Probleme mit diesen teilweise sturmartigen Wind und das, obwohl er auf einem Motarrad sitzt. Meinen Lippen geht es mitlerweile viel besser. Ich habe sie oft mit diesem Fenistil-Gel eingeschmirt, sie sind schon fast wieder heil. Sehr bewaehrt haben sich auch die Brausetabletten, die ich mir aus Deutschland mitgebracht habe. Das Essen in den Posadas ist zwar reichhaltig, aber die Brausetabletten sorgen zusaetzlich fuer den notwendigen Nachschub an Vitaminen und Minaeralstoffen, die ich tagsueber ausschwitze. Am Rad macht sich der kleine Rueckspiegel sehr gut (Danke Sascha fuer de Tip). Wann immer es geht machen die chilenischen Trucks und Busse einen grossen Bogen um mich, aber wenn sich zwei auf meiner Hoehe begegen , halten sie es nicht fuer noetig, wegen einem Radfahrer abzubremsen. Ich weiche dan auf den Seitenstreifen aus, der zwar meist eine geringere Asphaltqualitaet hat, aber gut genug fuer solche Manoever ist. Ich erreiche Caldera bei km 93,5. Hier treffe ich auch auf zwei Deutsche Reiseradler, Ronny und Arianne aus Berlin. Sie sind durch die noerdliche Atacamawueste mit dem Buss gefahren und erst ab Chaneral gestartet. Ich werde um meine Rohloffnabe beneidet. Aber das Gespraech ist kurz. Nur 100 Meter weiter sehe ich aus dem Augenwinkel ein Hotel und da zieht es mich magisch hin. Vielleicht sieht man sich am naechsten Tag. In Caldera sehe ich dann Pelikahne. Ich haette gar nicht gedacht, das diese kopflastigen grossen Voegel so elegant fliegen koennen. Jeden Fall eleganter als Oliverkahne, hoho. Abends habe ich noch mit den Kleinigkeiten des Alltags zu kaempfen. Zunaechst muss ich diesen unglaublich roehrenden Kuehlschrank in meinem Zimmer kaltstellen. Einen Schalter hat er nicht und es bereitet mir Muehe mit meinem Arm unter die Verkleidung der Arbeitsplatte zu greifen, bis ich den Stecker aus der Dose ziehen kann. Am naechsten Morgen erwartet mich eine mittlere Ueberschwemmung im Zimmer. Und kurz vorm schlafen summt mir noch eine Muecke an meinem Ohr rum. MUSS STERBEN! Ich habe doch keine Lust, mich anzapfen zu lassen! Am naechsten Tag treffe ich 20 km hinter Caldera Ronny und Arianne aus Berlin wieder. Mit ihren leichtbepackten 28-Zoll Raedern donnern sie teilweise mit 25 bis 30 kmh ueber die Ebene. Ich haenge mich in den Windschatten, komme aber eben noch so mit. Sie sind viel ausgeruhter und da sie nur den Norden bereisen, in dem es nie regnet und auch keine Cam´pingausruestung dabei haben, ist ihr Gepaeck gerade mal halb so schwer wie meins. Darum beneide ich sie. Ronnys Vater war mal Berliner Meister im Rennradfahren. Wir fahren gemeinsam bis nach Copiapo, der Hauptstadt der Region 3 von Chile. Die Versorgungslage zwischen Caldera und Copiapo ist so gut, das es sich gar nicht lohnt, all die Posadas zu nennen. Das liegt vor allem daran, das wir ca. 40 km vor Copiapo ganz ploetzlich ein Tal durchqueren, indem es vor Bauemen und Straechern nur so wimmelt. Es wird sogar Obst angebaut. In Copiapo trennen sich unsere Wege wieder, am naechsten Tag fahren sie mit dem Buss nach La Serena. Copiapo hat 45.000 Einwohner und eine nette Plaza. Dort sitzen sie, die chilenischen Schachspieler. Schnell ist ein Gegner gefunden und nach soviel geistiger Leere tut es gut, sich mal wieder mit dem Kopf zu betaetugen. Die Partie ist spannend, der Spielstil des Chilenen ist gepraegt vom suedamerikanischen Temperament. Ich habe zwei verbunden vorgerueckte Freibauern, aber eine Figur weniger. Die Freibauern erweisen sich als wertvoller. Kurz vor dem Ende des Spiel biete ich ihm Remis an und er nimmt an. So Leute, ich muss mir jetzt noch den Bauch vollstopfen und dann mal ausspannen. Bis demnaechst, Peter
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#65660 - 11.12.03 17:10
Re: ALPHA ON TOUR
[Re: ALPHA]
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Jajaja... ich bin ja mal wieder Mädchen für alles. Das haben wir ja gerne... Hier sind sie. Grüsse Sasa
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#65661 - 11.12.03 17:22
R... ON TOUR
[Re: Sasa]
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Schau, schau: Letztes Bild: Rotkäppchen on tour. Wolfrad
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#65670 - 11.12.03 18:31
Re: ALPHA ON TOUR
[Re: Sasa]
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drittes Bild: "Boh - wat Kaktusse!"
(das war ruhrpöttisch)
Es grüßt der Sendung-mit-der-Maus-Liebhaber Georg
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#65673 - 11.12.03 18:40
Re: ALPHA ON TOUR
[Re: ALPHA]
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Hola Peter
Klasse Fotos wie auch dein Bericht. Weiter hin alles Gute wünsch ich dir auf deine Tour.
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#65906 - 13.12.03 23:35
Re: ALPHA ON TOUR
[Re: Sasa]
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Hallo Sascha, Das war Super von Dir! Herzlichen Dank!!
Nun der naechste Bericht:
La Serena!
Hinter Copiapo gehts auf 13 Kilometer fast 500 Meter bergauf. Aber es ist ja noch am fruehjen Morgen und noch bin ich fit. Bereits um 7:15 sitze ich auf dem Rad. Vielleicht erreiche ich ja heute noch Vallenar, was 200 Kilometer vor La Serena liegt?
Bei km 15 treffe ich auf die erste Posada, aber zum einkehren ist es noch zu frueh. Erst bei km 73, auf halben Weg nach Vallenar kommt die zweite Posada, wo ich zum gewohnt niedrigen Preis zu Mittag essen kann. Bei km 94,5 (HM 570) liegt die dritte Posada auf dem Weg nnach Vallenar. Nur der Vollstaendigkeit halber: Bei km 106 gibt es eine Posada und 15-20 km vor Vallenar kommen gleich drei hintereinander.
Das abgefahrenste habe ich aber ca. 30 km vor Vallenar gesehen. Dort wo die Eisenbahngleise die Panamericana ueberqueren, hat im Schatten eines Baumes, eine Familie Ihren Verkaufsstand aufgebaut. Wegen der Gleise, die sehr derb im Teer verlegt sind, muessen die Autos auf Shitt-Tempo abbremsen. Das nutzen sie aus, um auf die Wagen zuzugehen und Ihnen Erfrischungen anzubiten. Mich muss mal nicht zweimal bitten. Gleich zwei Eis kaufe ich Ihnen ab.
Bei km 147 und einem weiteren heissen Tag komme ich in der gruenen Oasenstadt Vallenar an. Obwohl fast so gross wie Copiapo hat die Stadt nicht viel zu bieten. Ich mache aber auch nur einen kurzen Spaziergang durch die Stadt.
Am naechsten Morgen sind bis auf 31 km hinter Vallenar gleich 700 Hoehenmeter zu bewaeltigen. Da ich in Vallenar meine Sonnenbrille vergessen habe, muss ich umkehren und darf einen Teil des Anstieges gleich zweimal ueben. So ein Stuhl! Am "Gipfel" gibt es eine Posada, in der ich sogar meine mitgebrachten Stullen essen darf. Vorher gibt es weitere Versorgungsmoeglichkeiten auf dem Anstieg. Bei km 54 (HM 850) liegt das groessere Dorf Domeyko, wo ich zu Mittag essen kann. Die Versorgungslage wird immer besser!
Kurz darauf radeln mir zwei Gestalten entgegen - wieder zwei Reiseradler aus Deutschland! Es ergibt sich ein netter Plausch am Strassenrand, sie fahren dann allerdings in die entgegengesetze Richtung weiter. Mir wird eine schoene Abfahrt versprochen, die gleich kommen soll. . Aber bis dorthin muss ich erst mal wieder 500 Meter hochklettern. Bis auf 1450 Meter steigt die Strasse an. Kann es sein, das die beiden schon so viele Anstiege hinter sich haben, das sie nicht mehr wissen, wann es hoch oder runter geht?!
Mir kommt ein Tanklastwagen der Firma CRISTAL entgegen, DER chilenischen Biermarke. Mitten in der Wueste! Zwar ist es hier nicht ganz so Brauch wie in Deutschland, doch dieser Spassvogel hat auch ein Schild an der Windschutzscheibe kleben, die seinen Namen ausweist: Arsch! Kaum zu glauben, wie kann man nur so heissen?! Trotzdem - sehr passend, denke ich mir. In Incahuasi mache ich Ende. Das ist schon sehr speziell hier. Das Dorf hat - meiner Schaetzung nach - gerade mal 200 bis 250 Einwohner. Der Karte nach zu urteilen haette ich nicht gedacht, das der Ort so klein ist. Aber wenn auf der Karte schon Minenorte eingetragen sind, die seit jahrzehnten geschlossen sind.... was sehr tueckisch in der Wuestte sein kann. Als ich Incahuasi entdeckt habe, dachte ich zuerst, hier findest Du nie ein Zimmer. Aber ich werde dann zu Senora Alvarez gefuehrt. Die Familie vermittet auch ein Zimmer an Fremde. Etwas verhalten wir auf meine Anfrage reagiert. Die Naechte im Schlafsack sind nicht wirklich erholsam - sonst wuerde ich weiterfahren. Gerade mal 1700 Pesos kostet die Unterkunft. Von den umherlaufenden Kindern werde ich angestart. Mein Essen koche ich mir auf dem Campingkocher. Mit Muehe und Not kann ich in dem kleinen Dorfmarkt eine (!) Kartoffel erwerben, die ich mir in mein Sueppchen schneide. Waehrend ich am Essen bin, kommt dann doch noch der Hausherr und fragt, wo ich herkomme (ich hatte mich allerdings schon vorgestellt) und was ich hier in Incahuasi mit dem Fahrrad mache. Mit Muehe, Haenden und Fuessen entwickelt sich sogar ein kleinen Gespraech. Waehrend ich meine Suppe esse. Ich bin muese, aber es ist laut hier. Die Familie wird wahrscheinlich erst gegen Mitternacht zur Ruhe kommen. Am naechsten Morgen will ich aber um 6:00 Uhr aufstehen und weiter nach La Serena fahren.
Frueh um 6:30 bin ich in Incahuasi aufgebrochen. Am Morgen fahre ich wieder durch ein Nebelfeld. Ueber die Strasse fuehren Hochspannungsleitungen. Die feuchte, spannungsgeladene Luft bringt den Schweiss auf meinen Backen zum prickeln. Nichts wie drunter her!" General Pinochet laesst gruessen. Aber so ein eitles Blondchen, zieht sich so etwas dreimal in der Woche rein. Elektromassage nennt man das dann. 40 km vor La Serena mache ich in einer Posada ein spaetes Fruehstueck. Im Radio laeuft ein Lied - Ultra derechta, Libertad - ultrarechts, Freiheit. Das ganze als Popsong aufbereitet. Hmmhmm, schon ganz schoen fragwuerdig. Es geht weiter am Ozean entlang, de steilen Klippen hinauf und hinunter. Du kannst hier nicht mit dem Rad diese Anstiege hochflitzen. Mit den rund 45 Kilo unter mir, je nach Wasserstand, wir Dir das ganz schnell beigebogen. Am fruehen Nachmittag habe ich dann La Serena, die Hauptstadt der vierten Region Chiles erreicht. Die Wuesste soll hier zu Ende sein. Immer hoeher wurden auf den letzen km die Gewaechse am Strassenrand, von denen ich nicht sagen kann, ob es Straeucher oder Kakteen sind. Aber egal - hauptsache hoch! Ihr wisst schon warum... Nun habe ich schon einiges von La Serena gesehen. Ich habe mich am Meer einquartiert, die eigentliche Stadt liegt ca. 3 Kilometer im Hinterland. Aber ich habe mir ein Taxi genommen. 931 Kilometer, in acht Tagen, bei diesen Bedingungen waren einfach genug! Es war Grenzwertig. In La Serena mache ich nun zwei Tage Pause. Am Nachmittag habe ich noch einen Spaziergang am Strand entlang gemacht, habe mir dann nach der Taxifahrt die Plaza und die Kathedrale angesehen und eben war ich noch einkaufen. Klar - ich habe mir auch ein Sixpack Bier geholt. In kleinen Flachen. Hallo Gernot! Morgen haue ich mich auf die Matte. Das Bild was ich dabei abgebe, duerfte so ungefaehr dem eines im Staub liegenden Strassenhundes entsprechen. Die Pause ist auch gut fuer die Flosskeln. Wenn das Gewicht des Oberkoerpers naemlich den ganzen Tag auf die Handballen drueckt. dann kommt es schon zu kleineren Durchblutungsstoerungen in den Haenden. Was sich in einem Taubheitsgefuehl in den Fingerspitzen bemerkbar macht.
Als Fazit fuer die Atacamawueste moechte ich nur sagen, das es lediglich zwischen Antofagasta und Agua Verde mit dem Wasser eng werden koennte. Ansonsten ist die Versorgungslage besser als gedacht. Viel zu Nervoes bin ich von Antofagasta aufgebrochen. Ansonsten sind die Bedingungen wirklich nicht von schlechten Eltern. Die Kombination aus Gegenwind, Hitze und Berge erfordern schon ene gewisse Beharlichkeit, um weiter zu kommen.
So, bis demnaechst mal, Peter
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#65997 - 14.12.03 20:37
Re: ALPHA ON TOUR
[Re: ALPHA]
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Immer wieder super interessant Deinen neuesten Bericht zu lesen. Also: Bitte auch weiterhin schon mal die Lage für mich da unten erkunden...
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"One man's poison is another man's meat." | |
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#66110 - 15.12.03 23:34
Re: ALPHA ON TOUR
[Re: ALPHA]
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Hallo Alpha,
tolle Berichte! Mehr davon bitte.
Allzeit eine Handbreit Asphalt unter den Reifen wünscht Andreas
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#66805 - 20.12.03 19:59
Re: ALPHA ON TOUR
[Re: ALPHA]
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Valparaiso!
Hallo Leute, nach 5 Tagen Fahrt bin ich wieder ein paar Hundert km weiter suedlich von La Serena und befinde mich nun in Valparaiso, der wichtigsten chilenischen Hafenstadt. Hier mache ich eineinhalb Tage Pause, es gibt hier auch einiges zu sehen. La Serena selbst hat mir nur bedingt gefallen. So eine klassische Strandpromenade mit Bettenburgen ist doch nichts fuer mich. Vielleicht haette ich mich in der Stadt selbst einquartieren sollen? Dort gab es einen netten japanischen Garten, ein Museum (hatte allerdings kein Interesse an der Ausstellung) und den schoenen Plaza de Armas. Hier konnte ich wieder Schach spielen (3:0 fuer Deutschland) und mich auf den schattigen Baenken ausruhen. Es gibt auf den Plazas aber auch diese nervigen Zigeuner, die einen ziemlich aggresiv anbetteln. Ich versuche das einfach zu ignorieren, aber dieses Stueck fing doch tatsaechlich an, an meiner Lenkertasche rumzufingern! So was sehe ich gar nicht gerne und fast haette es was auf die Selbigen gegeben. Gernervt hat ungemein eine Taxifahrt am zweiten Abend. Das Restaurant, wo ich eigentlich essen wollte, hatte geschlossen und ich dachte mir "Lass Dich zu einem guten Restaurant kutschieren". Eingestiegen und den Spruch abgeschickt: "Una buenno Restaurante, parfovor" (Ein gutes Restaurant bitte) "En el Mar, o en el ciuadad?" (Am Meer, oder in der Stadt?) "Este no importannte, buenno este importante" (Das ist nicht wichtig, es soll ein gutes sein). Der Kerl faehrt mit mir in die Stadt und macht dort eine Rundfahrt mit mir. Zeigt mit einen geschlossenen Laden nach dem anderen. Irgendwann bin ich es leid und steige in den Gassen aus. Dumm wie ich bin, zahle ich auch noch den vollen Preis fuer die Fahrt. Das wuerde ich das naechste Mal nicht mehr machen. Um mir die Laune vollends zu verderben, schleiche ich mich ins Restaurant Bavaria. Bei dem Namen haette ich es eigentlch wissen muessen... Also Leute, wenn ihr mal euren Magen entleeren wollte, geht nach La Serena ins Restaurant Bavaria. In La Serena kann man ausserdem noch an der Standpromenade spazieren gehen. Dort gibts auch einen Fahrradweg und Fahrradcops. Ich musste mich schon ein bischen beherrschen, die nicht zu aergern ;-) Ohne Gepaeck zu radeln, es ist als koennte man fliegen! Und mit so ein zwei Cops hinter mir her, haette ich vielleicht einen neuen Geschwindigkeitsrekord aufgestellt?! Aber ich bin ja lieb... In La Serena konnte ich auch einmal mehr meine Waesche waschen. Mit der ueblichen Methode: In der Badewanne, mit etwas "Rei in der Tube". Im Waschsalon in der "Los Carrera 650" waere dies aber eleganter gegangen, nur muss man diese Info auch haben. Nach zweieinhalb Tagen bin ich weitergefahren und musste feststellen, das es suedlich von La Serena ziemlich oede wird. Wenn also jemand wegen Zeitnot einen Teil von Chile mit dem Buss ueberbruecken muss, dann sollte er den Teil suedlich von La Serena nehmen. Ich fand es weniger interessant, als die Atacamawueste. Nun ja, man hat mir keinen Rosengarten versprochen. Die Versorgungslage wird wieder schlechter und man faehrt nunmehr auf einer 4-spurigen Autobahn daher. Auf den ersten beiden Tagesetappen wird man kein Hotel finden. Und die zwei Naechte im Schlafsack neben der 4-spurigen Autobahn waren wirklich nicht erholsam. Musste schon ein bischen gucken, um ueberhaupt ein Plaetchen zu finden, wo Du die Matte ausrollen kannst. Es ist naemlich so, dass das Hinterland von der Strasse ueber mehre hundert km von einem Zaun abgetrennt wird. So etwas ist einfach Stuhl! Nicht, dass ich vorhaette kilometerweite Maersche von der Strasse weg dort hinein zu marschieren, aber ich fuehlte mich gleich so ausgeschlossen! Am ersten Tag war es auch wieder sehr heiss: 43 Grad zeigte das Thermometer in der Mittagszeit. Nachts hatte ich wenigstens einen schoenen Sternenhimmel, der seinem Ruf gerecht wird. Man kann hier die Sternbilder Widder, Stier und Zwillinge sehen und natuerlich all das andere Gedoens, was sich auf der Ekliptik tummelt, nur eben nicht zu dieser Jahreszeit. Das Sternbild Orion steht Nachts im Zenit (so war es jedenfalls am Anfang meiner Reise), alles was suedlich des Orions ist, kenne ich nicht. Morgens hatte ich aber Tau auf dem Schlafsack (das erste Mal auf der Reise), deswegen habe ich in der darauffolgenden Nacht mein Zelt aufgebaut. Ich hatte "Glueck", ein Parkplatz zu einem Mirador (Aussichtspunkt) lag neben der Autobahn. Der Zaun fuehrte etwas weitlaeufiger um diesen herum und so konnte ich unterhalb des Miradors mein Zelt aufbauen. Abends habe ich angefangen, mir eines der Hoerbuecher, die ich mir auf MD gebrannt habe, anzuhoeren. Ist gut mal etwas unterhalten zu werden...
Am Morgen des dritten Tages war alles nass und klamm. Es gab sogar einen leichten Nieselregen. Kurz nach dem Start kam ich an dem Huentelauquen sowie an zwei, drei Posadas vorbei. Es war noch frueh am Morgen, alles war noch geschlossen. Ich war hunrig, muede und ausgelaugt, die Packtaschen gaben nichts mehr her. In La Serena hat ich zu wenig eingekauft, im Glauben die Versorgungslage werde so gut bleiben, wie auf den letzten hundert km vor dieser Stadt! Mir ging es gar nicht gut und ich konnte erst nach 50 km in Los Villos etwas Vernueftiges essen. Gegen 14:00 Uhr sind dann aber die Wolgen weggezogen. In denn endlosen Senken, ueber die die Panamericana fuehrt, ging die Fahrt weiter. Als Fahrradfahrer bleibt man an den Mautstellen von der Gebuehr verschont. Hiner Los Villos habe ich an einer Autobahnraststaette einen der GESA-Angestellten (GESA ist Betreiber der Autobahn), mein Fahrrad heben lassen. Er hat sich fast einen Bruch gehoben. Und wieder die Frage nach dem wohin und woher. Das Rad wurde bewundert. Nachmittags habe ich dann den Ort Pichidangui erreicht. Es ist ein kleiner Fischerort mit einer malerischen Bucht. Wer auf Badeurlaub steht, muesste hier viel mehr als in La Serena auf seine Kosten kommen, weil es hier viel idyllischer ist. Der Ort hat mehre sehr kleine Hotels (aber keine Bettenburgen) ich habe mir eine Cabana fuer 20.000 Pesos gemietet. Das ist so ein kleines Blockhaus, mit Wohn- und Schlafzimmer, Kueche und Bad. Die Terasse hatte sogar einen eigenen Liegestuhl. Hier wuede ich gerne mal einen Tag ausspannen. Aber ich habe meinen Zeitplan. Das Restaurant war hier auch nicht uebel. Am Ozean gibt es natuerlich allerei aus dem Meer, das man sich auf seinen Teller ordern kann. Ich habe eine Fischsuppe gegessen, in der es vor Tentakeln und Gluppschaugen nur so wimmelte. Lecker!
Am vierten Tag, nach der Nacht auf einen vernuenftigen Matraze und einem ordentlichen Fruehstueck, gings gleich viel besser voran. Eigentlich wollte ich nur bis La Calera, aber ich war dort noch fit genug, weiter zu fahren. Dann werde ich frueher in Valparaiso sein... Es gab auch mal die ein oder andere Luecke im Zaun. Der Landschaftliche Hoehepunkt war aber ein Berg, 25 km noerdlich von La Calera. Die Autobahn wurde durch einen Tunnel nach Santiago gefuehrt. Als Alternative fuer Gefahrenguttransporter und sonstige fragwuerdigen Gefaehrte wurde die Fahrt ueber Serpentinen den Berg hinauf und hinunter (loh nuff, hinnerruecks runner) angeboten. Die Fahrt durch den Tunnel erschien mir zu gefaehrlich. Es hat sich aber auch gelohnt, nach diesen unzaehligen, nervenden Senken mal einen richtigen Berg hinaufzufahren. Ich hatte einen schoenen Ausblick auf das hinter mir liegenden Land und wurde nach dem Pass mit einer tollen Abfahrt belohnt - die beste die ich bislang auf der Reise hatte. Quilleta selbst hat nicht viel zu bieten. In einem Gitter von Einkaufsstrassen laufen die Leute auf und ab. Es ist eng auf den Buergersteigen. Einmal mehr darf ich "bewundern", wie die Hausser mit Strom versorgt werden. Verteilerkaesten scheint es hier nicht zu geben. Wirft man einen Blich nach oben, erschliesst sich einem ein Gewirr von Strippen, das man es nicht glauben kann. Wie kann da jemals jemand wissen, welches Kabel zu welcher Verbindung gehoert? Das bemerkenswerteste ist das Hotel (Boston). Der Hotellier spricht sogar ein paar Worte Deutsch. Wie geht es Ihnen, Peter?, fragt er mich, Es ist sehr schoen, mal in der Heimatsprache angesprochen zu werden. Ich werde darauf aufmerksam gemacht, das sie Haenchen haben - zum Abendessen, falls ich etwas braeuchte. Kein Wunder, in ganz Chile gibt es Haenchen. Auf der Autobahn ueberholt mich alle 15 Minuten ein LKW mit der Aufschrift "SUPER POLLO". Wenn ich nach Hause komme, habe ich das Federvieh satt! In einer Bar, in der ich mein erstes Abendessen einnehme, spricht mich ein fragwuerdiger Typ an. Ich will mich nicht unterhalten, einfach nur in Ruhe essen, versuche aber hoeflich zu bleiben. Was ich mache, wo ich herkomme? Ach ja - Deutschland? Ob die Mauer noch steht? Arghr! Es wird immer schlimmer. Wie ich den die Frauen hier in Chile finde. Ich schaue ihm tief in die Augen, die Mundwinkel zu einem leichten Laecheln verzogen: Ich mag keine Frauen! Danach habe ich wieder Ruhe. Mann muss manchmal zu drastischen Massnahmen greifen!
Seit knapp fuenf Stunden bin ich nun in Valparaiso. Hier gibts einiges fuers Auge. Am intersantesten war bislang die Fahrt in einem Aufzug, von einem Stadtviertel in das naechste. Die Stadt ist naemlich derart steil die Berge hinauf gebaut, das man hier zum Teil Aufzuege benutzt, um sich fortzubewegen. Morghen werde ich mir auf jeden Fall noch den Hafen anschauen und sehen, was es sonst noch so zu gucken gibt.
Die Fahrt zwischen Vina del Mar und Valparaiso war uebrigens haarstraubend. Der Autoverkehr ist sehr gefaehrlich, nichts fuer Gaensebluemchenpfluecker auf dem Fahrrad. Die Abfahr nach Vina del Mar ist sehr steil. Auf dem Asphalt hatte es ploetlich so einen Hubbel und ich flog mitsamt dem schweren Rad ein Stueck weit durch die Luft. So wie die Autos in den Verfolgungsjagden dei "Die Strassen von San Fransisco". Die Anspannung liess deutlich nach, als ich endlich hier angekommen bin.
Weihnachten werde ich in Santiago sein! Ihr hoert dann wieder von mir. Will auch mal wieder ein paar Fotos mitschicken, aber das ist gar nicht so einfach. Ich haette mein Connectionkabel mitnehmen sollen. Und hier bekommste sowas nicht zu kaufen. In Santiago vielleicht... Das Equipment in den Laeden ist etwas rueckstaendig. Gruss, Peter
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#67136 - 23.12.03 18:13
Re: ALPHA ON TOUR
[Re: ALPHA]
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Santiago!
Gestern Abend bin ich in Santiago angekommen. Die Fahrt war mal wieder alles andere als einfach, 147 km insgesamt. Zuerst der steile Aufstieg aus Valparaiso heraus, auf der Strecke dann gleich zwei Tunnelumfahrungen. Die erste war nur steil. Die zweite fuehrte ausserdem noch weitlauefig von der kuerzesten Strecke fort. Ausserdem noch zwei Platte. Nach 130 km dann die Einfahrt in die 5-Millionen Metropole. Ich wollte unbedingt ins Zentrum. Um mir den Rest zu geben, bin ich schliesslich in der Fussgaengerzone gelandet, wo ein Gewimmel herschte, wie ich es bislang noch nie erlebt habe. Auch die Chilenen kaufen auf den letzten Druecker ihre Weihnachtsgeschenke. Ich mitten drin und keine Ahnung, wo ein vernueftiges Hotel ist. Unweit der Plaza de Armas habe ich dann einen Polizisten angesprochen. Keine 5 Minuten spaeter habe ich mir den Pullover ueber mein verschwitztes Shirt gezogen, die Haare ausgeschuettelt und ein Grinsen aufgesetzt. Ich stand vor der Rezeption, es wurde spannend! Die haben mich reingelassen, oui!
Aber der Reihe nach: Im Valparaiso habe ich sehr viel gesehen. Mit mehreren dieser alten Aufzuege bin ich die Haenge hochgefahren. Von einem Stadtviertel ins naechste. Oben erwarteteten mich schoene Promenaden. Von einem der Aufzuege habe ich das Baujahr erfahren: 1893! Ich hatte wunderbare Ausblicke auf die unterhalb liegende Stadt. Es gibt sehr viele alte und bunt angemalte Fassaden mit schoenen Stuckarbeiten. Dann habe ich noch eine Schiffsrundfahrt durch den Hafen gemacht und das Museum der Marine besucht. Im Hafen gab es eine Boje, auf der sich mehrere Seehunde tummelten. Neben den ganzen Dooks, Verladekraenen und Containerschiffen waren auch einige Schiffe der chilenischen Marine zu sehen. Man durfte die nicht fotographieren, aber ich konnte es einfach nicht lassen. Bin nochmal mit dem Leben davongekommen :-) Im Marinemuseum waren besonders die Bilder ueber den Befreiungskrieg gegen Spanien sowie ueber den Pazifikkrieg gegen Peru/Bolivien interessant. Ich weiss nun wer die zwei Spassvoegel sind, nachdem hier die Strassen in jeder beliebeigen Stadt benannt werden: O´Higgens war der Fuehrer des Befreiungskrieges, Arturo Pratt der Befehlshaber der Marine im Pazifikkrieg. Den Rest, Seile und deren Knoten, Modellbauten zu Schiffen, Flaggen und ausgestelltes Equipment hat man so oder aehnlich schon in anderen Schifffahrtsmuseen gesehen.
Trotz der anstrengenden Fahrt nach Santiago gab es aber auch schoene Momente. Die Tunnelumfahrungen waren landschaftlich wieder sehr ansprechend. Bei der zweiten Abfahrt fuhr ich spaeter ueber eine Strasse, deren Rand rechts und links mit bluehendem Oleander und Azaleen gesauemt war. In der Ferne waren die schneebedeckten Gipfel der Anden zu sehen. Die Platten waren aergerlich und haben aufgehalten. Zumindest der zweite waere vermeidbar gewesen. Auf der Suche nach dem Uebeltaeter habe ich mir den Mantel genau angeschaut, konnte aber nichts finden. Kein Wunder, in der prallen Mittagssonne... Den Schlau habe ich ausgetauscht, aber nach wenigen km war die Luft wieder raus. Ich habe dann einen Bauernhof entdeckt, mit einem schattigen Plaetzchen. Ein Tischstand dort, zwei Baenke drumherum. Alles rein privat, aber ich habe es trotzdem mal versucht. Statt mich rauszuwerfen hat der Bauer mir einen Becher mit warmem Tee gebracht und der Sohn hat mir die ganze Zeit beim Austausch des Reifens zugesehen. Diesmal habe ich den Mantel gleich mitgetauscht!
Nun bin ich tatsaechlich in Santiago und schaue mir die Stadt an. Mehr dazu in der naechsten Mail.
Weihnachtsgruss an alle aus Santiago de Chile, Peter
Hier noch ein kleines Weihnachtsgeschenk fuer Gernot:
Der Peter eine Reise macht, der Gernot sitzt zu Haus´ und lacht.
Von Geschenken weiss er zu Berichten, unter kleinen, blauen Fichten!
Weihnachten von Freunden umgeben, das ist ein schoenes, feines Leben!
Sylvester wird ins Glas geschaut, der Peter sich sein Sueppchen braut!
Er sitzt sich blau und wund, ihm wird es bald zu bunt!
Der Sattel hart wie Stein, der Gernot trinkt nen´ leckeren Wein.
Im Sueden ist es heiss und trocken, zu Hause gibt es frische Socken.
Der Schweiss rinnt in den Kragen, wofuer sich hier plagen?
So uebel ist der Winter nicht, liesst man erst dies klein´ Gedicht...
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#67138 - 23.12.03 18:22
Re: ALPHA ON TOUR
[Re: ALPHA]
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Hallo Peter! Auch dir frohe Weihnachten und einen guten Rutsch! Auch wenn es nicht so kalt ist und du keine Weihnachtsbäume um dich herum hast (die aus Kunststoff mal ausgenommen ). Du kannst dir ein paar grosszügige Mahlzeiten ja ruhig leisten, frei nach dem Motto "essen macht Spass" Alles Gute noch zum Schluss und weiterhin pannen + verlustfreie Fahrt!
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Schönen Gruß Markus Unterwegs zu sein, heißt für mich nicht auf der Flucht zu sein. Ich habe Zeit genug, oder nehme sie mir. Vielleicht weil ich noch kein Rentner bin? Bin auf Reisen nicht elektrifiziert unterwegs. Wieso? Weil ich es noch kann! | |
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#67139 - 23.12.03 18:26
Re: ALPHA ON TOUR
[Re: ALPHA]
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Detlef
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Moin Alpha, ich wünsche Dir, so fern der Heimat, auch eine schöne Weihnacht. Im Hafen gab es eine Boje, auf der sich mehrere Seehunde tummelten. Bin mal zur See gefahren und habe dort 1979 mit Pinguinen gebadet - ehrlich! Gruß aus Hamburg
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#67159 - 23.12.03 21:22
Re: ALPHA ON TOUR
[Re: ALPHA]
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Hi Peter! Jetzt schon in Santiago!? Kaum zu glauben, Du rast ja so schnell, dass Du Dir im Zeitnot sicherlich keine Gedanken mehr machen musst. Ich wünsche Dir dann noch ein schön warmes und sonniges Heiligabend während ich mich hier am Schnee erfreue. Grüsse Sasa
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#67163 - 23.12.03 21:38
Re: ALPHA ON TOUR
[Re: ALPHA]
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Hola Peter Feliz Navidades
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#67201 - 24.12.03 09:40
Re: ALPHA ON TOUR
[Re: ALPHA]
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...und pünktlich zu Weihnachten gibt's hier auch wieder ein paar Fotos vom Peter. Grüsse Sasa
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#67206 - 24.12.03 10:38
Re: ALPHA ON TOUR
[Re: ALPHA]
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Hi Peter, auch von meiner Stelle frohe Weihnachten und weiterhin viel Spaß! ... und hetz nicht so, Pausen machen doch auch Spaß.... Gruß, ein sehnsüchtig aus dem Fenster blickender, Björn
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#67314 - 25.12.03 19:06
Re: ALPHA ON TOUR
[Re: ALPHA]
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Horrido Peter,
zwar heiße ich nicht Gernot, sondern Georg, aber da ich glaube gemeint zu sein bedanke ich mich herzlich für Deine Poesie und wünsche Dir ganz schöne und erholsame Feiertage im fernen, warmen Chile. Hier bei uns ist´s derzeitig in der Tat ziemlich lausig: gelegentlich Schneeregen, ruppige Böen...naja, Du weißt schon! Ich hoffe jedenfalls, Du bist der reichlichen Sonne noch nicht überdrüssig; Dein aktueller Bericht klingt jedenfalls nicht danach - gut so! Während Du also Deine Süppchen köchelst und zwischendurch selbst in der Sonne brutzelst genieße ich faul die heimische Christ-Mast, jedoch niemals mit Wein sondern stets - da bleib´ ich proletarisch - mit gutgekühltem Gerstenblütentee.
Für den Jahreswechsel (kommst Du eigentlich eher im neuen Jahr an? ich lern´s nie!) wünsch´ ich Dir eine südamerikanisch-peppige Feier in netter Gesellschaft und für Deine weitere Tour viel Glück und ebensoviel Spaß! Hau rein bis die Tage!
Georg
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#67349 - 26.12.03 09:54
Re: ALPHA ON TOUR
[Re: Joscho]
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kommst Du eigentlich eher im neuen Jahr an? ich lern´s nie später natürlich, da es bei uns eher Tag wird als in Südamerika, du mußt die uhr zurückdrehen, wenn du Richtung Westen fliegst oder radelst /Besserwissermodus off/ Hoffe, das ist dir jetzt klar, die Hoffnung nie aufgeben
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#67469 - 27.12.03 17:52
Re: ALPHA ON TOUR
[Re: ALPHA]
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Santiago II
Am ersten Tag bin ich mit der Metro zum Parque Metropolitan gefahren. Der Park ist der groesste in Chile und dem am Eingang ausgehaendigten Flyer nach einer der groesten der Welt (> 600 Hektar). Mit einer Kabelbahn kann man die 320 Meter Hoehendiffernz zum Stadtzentrum ueberwinden. Von oben hat man einen guten Ueberblick ueber die Stadt, viele Details verschwinden aber im Smog. Am Gipfel des Huegels steht die 14 Meter hohe und 36 Tonnen schwere Marienstatue Virgen de la Immaculada Conception. Mit zwei Liftbahnen (aehnlichen denen der Liftbahm vom Koelner Zoo in den Rheinpark, nur viel laenger) fahre ich weiter durch den Park. Viel bringt dies nicht ein, da es ausschliesslich ueber bewaldete Haenge und Huegel dahingeht. Keine bunten, bluehenden Pflanzen. Am Fusse des Viertels ist ein Stadtviertel zu sehen, in denen die Leute Santiagos leben, die es geschafft haben. Zu vielen der Villen gehoeren Gaerten, in denen auch Swimingpools zu sehen sind. In der Ferne sehe ich die schneebedeckten Gipfel der Anden, was schon Glueck sein muss, da auch die oft im Smog verschwinden.
Ich fahre wieder nach unten und besichtige die Iglesia Cathedrale, 1748 bis 1775 erbaut. Drei fruehere Konstruktionen wurden durch Erdbeben und Braende zerstoert. Die Kirche wirkt von innen so wie von aussen: dunkel und sehr barock eingerichtet. Die Weihnachtsgrippe ist mit allerlei blinkenden Laempchen geschmueckt. Das ist hier in den chilenischen Kathedralen so. Diskogrippen... Neben der Kathedrale ist der Prachtbau der 1882 von dem Architekten Ricordo Brown errichteten Correo Central (Hauptpost) zu sehen. Die Fassade besteht aus aufwendigen Stuckarbeiten, innen sind viele gusseiseneren Ballustraden zu sehen. Neben der Hauptpost steht der Palacio de la Real Audencia (1804 - 1807). Dort tagte am 19.9.1810 Chiles erste Regierungsjunta. Heute beherbergt er ein historisches Museum. Dann sehe ich die Schachspieler auf der Plaza. Bestimmt 5 Duzend Geisteskaempfer sitzen dort beisammen, umringt von zahlreichen Kibitzen, die das Geschehen auf den Brettern beobachten. Ich Kibitze auch nur und spiele selber nicht. Einige Spieler sind sehr stark.
Unterhalb der Plaza, in der Metrostation ist eine kleine Ausstellung ueber die Indianderstaemme Chiles zu sehen. Ich besuche die katholische Universitaet, in der es eine Vernisage gibt. Moderne Realisten haben ausgestellt, die Bilder sind mit interessanten Mischtechniken hergestellt. Zum Teil wird auch Sand verwendet. Ich fotographiere einige der Werke, keiner beschwert sich. Weiter geht es zum Cerro Santa Lucio, lange nicht so hoch wie der Cerro San Cristobal, aber viel Zentrumsnaeher gelegen. Hier kann ich nur zu Fuss rauf, was aber schon wieder geht. In den Huegel sind zwei interessante, auf alt gemachte Fassaden verbaut. Die Aussicht auf das Zentrum ist lohneswert.
Auf dem Rueckweg vom Cerro Santa Lucio zum Hotel raste ich aus. Dieser Punkt in Santiago wird in meinem Reisefuehrer als gefaehrlich beschrieben. Schon am Eingang zum Park versucht man mir Eintrittskarten fuer das Gelaende zu verkaufen, was ja noch sehr harmlos ist. Waehrend ich so dahergehe packt mich eine Gestalt mit beiden Haenden am linken Arm, faengt an daran zu ruetteln. Nachdem ich ausgerastet bin gehe ich weiter und hinter mir ertoenen, dem Tonfall nach, Schimpfworte, die ich nicht verstehen kann. Hin und wieder ist es nuetzlich, das ich kein Spanisch kann. Am zweiten Tag in Santiago schaue ich mir zuerst die Tribunales de Justicia (Justizpalast von 1907 bis 1929 erbaut) an. Gleich daneben liegt der Nationalkongress. Die Bibliothek des Nationalkongresses ist geoeffnet und zeigt wunderbare alte Lesesaelle mit grossen lederbespannten Holzsesseln. Die Waende sind mit dunklem Holz beschlagen, die Buecher in den Regalen sind in Leder eingebunden. Die Lampen haengen tief ueber den Tischen, es herscht eine Atmosphaere von einem Barock eingerichteten englischen Wohnzimmer, nur das alles viel groesser ist. Den eigentlichen Nationalkonkress darf man nicht besuchen, aber um den Nationalkonkress herum ist ein Park angelegt. Er ist Palmenbewachsen und es gibt viele interessante Baeume aus diversen Laendern zu sehen, deren Heimatland durch kleine Schilder ausgewiesen wird.
Ich komme wieder an der Plaza de Armas vorbei und miete mir einen Satz Figuren fuer 300 Pesos. Viele Nasen von gestern sind hier wieder versammelt, vor allem an die Gesichter der staerkeren Spieler kann ich mich erinnern. Ein Spielpartner ist rasch gefanden. Es wird ohne Uhr, aber trotzdem recht flott gespielt. Heute fange ich mir eine. Ich verliere 2:4. Kann mich einfach nicht kondensieren. Sogar 2 gewonnene Partien werden weggeschmissen. Aber mein Partner war wohl auch besser...
An der Plaza de la Constituation vorbei ging es zum Palacio de la Moneda, seit Mitte des 19 Jh. Praesidial und Regierungspalast. Das 1799 erbaute neoklassistische Gebaeude war zuvor koenigliche Muenze und Spaniens groesstes oeffentliches Gebaeude in Uebersee. Vor dem Palast seht ein Denkmal des von Pinochet gestuerzten und ermordeten Praesidenten Salvador Allende. Den Palast selbst darf man nicht besuchen. Im Hof gibt es eine Ausstellung von Weihnachtsbaeumen zu sehen, jeweils mit dem angeblich landestypischen Schmuck. Der deutsche Weihnachtsbaum erscheint mir wenig repraesentativ zu sein.
Irgendwann stehe ich vollkommen leer in den Strassenschluchten und frage mich was ich eigentlich hier mache. Gut 5 Minuten hetzen die Leute links und rechts an mir vorbei, bevor ich wieder klar denken kann. Gut das es nicht weit bis zum Hotel ist. Auf den kuerzestem Weg geht es dorthin zurueck. Nun ja, nicht ganz, ich suche noch ein Telephonbuero auf, wo ich versuche Marleen zu erreichen. Aber keine Chance, das Netz ist wohl ueberlastet. Im Hotel angekommen, versuche ich mich beim flicken meiner zwei defekten Schlaeuche etwas zu entspannen. Aber das geht nicht, das Handy klingelt. Ich muss mich nun auch noch zum wiederholten Male rechtfertigen, warum ich nicht fuer 5 Euro pro Minute nach Deutschland telephonieren moechte. Man wuenscht "jedenfalls mir" viel Spass in Santiogo. Um es nochmal (wahrscheinlich vergebens) hier zu schreiben: Ich will hier keinen Spass haben und habe auch keinen. Ich will etwas erleben. Was mich das an Energie und Nervon kostet, davon hat wahrscheinlich keiner meiner Bekannten eine Ahnung (alles Bus- und Autofahrer). "Er soll das halt machen, wenn er das braucht", habe ich vor meiner Abfahrt gehoert. Diese Auesserung stellt einen auf die Stufe von Wirrkoepfen, die sich an beliebig geilen Trendsportarten ergoetzen, wie sie die heutige Spassgesellschaft hervorbringt (Gut formuliert in der Meinung zu den entfuehrten Radtouristen im Irak) Er braucht das, er muss springen. Er braucht das, er muss skydiven. Das ist in, das ist DER HYPE. Jetzt neu aus Amerika... Spass macht es nicht, vom Bauern einen warmen Becher Tee zu bekommen. Aber es ist ein schoenes Erlebniss. Tilmann Waldthaler hat mir vor meiner Reise geraten, das Handy zu Hause zu lassen. Ich haette auf ihn hoeren sollen.
Morgen werde ich um 5 Uhr aufstehen, damit ich weiter gegen Sueden fahren kann. Viel Spass dabei! Danke. Bitte. Und nochmal ausdruecklich herzliche Weihnachtsgruesse an alle. Um 22:00 werde ich hier aus dem Internetcafe geworfen. Nachdem viele jetzt denken werden: Der Jung braucht mal Pause, beschliesse ich fuer mich, die naechsten zwei Wochen jegliches Internetcafe zu meiden und das Handy auszuschalten. Das wird eine erholsame Pause werden! Wie ihr seht, ist daraus nichts geworden.
Dem Vater werde ich empfehlen nochmal in Andalusien 100 km an einem Tag zu fahren (Es muessen ja nicht gleich 150 oder 170 sein, wie bei mir, der Wind wird einfach ausgeknippst), sich dann innerhalb eines 3/4 Tages: Sivilla anzusehen (auch das ist eher zu seinem Gunsten gerechnet, betrachtet man sich das Groessenverhaeltniss von Sevilla zu Santiago), SELBER einkaufen zu gehen, zu duschen, Waesche zu waschen (natuerlich mit der Hand) ein Internetcafe aufzusuchen, einen ausfuehrlichen Bericht zu schreiben, (Probehalber diesen mal abtippen und die Zeit stoppen), sich bei Spiegel.de auf dem laufenden zu halten, was es neues ueber Hussein, die Marsexpedition & Co. gibt (man bekommt vom ihm Nachrichten geschickt, als wuerde man hier hinter dem Mond leben), nach neuen Packtaschen zu suchen und sich dann diese Fragen zu stellen: Kann ich jetzt noch umfangreich mit meiner Kamera experimentieren und Probeaufnahmen inclusive der Beschreibung der jeweiligen Einstellungen nach Hause schicken? Hier in diesem Internetcafe? Oder vielleicht in dem naechsten? Ich weiss der Vater, hat es nur gut gemeint. Aber er sollte es eigentlich wissen...
SAN FERNANDO
Am folgenden Tag fahre ich nach San Fernando, 143 km suedlich von Santiago gelegen. Da ich frueh losgefahren bin und obendrein noch dieser tolle Feiertag ist, komme ich gut aus Santiago raus, ohne mein Leben zu gefaerden. Im Gegensatz zur Stadteinfahrt ist die Stadtausfahrt sehr gut ausgeschildert. Alle paar Hundert Meter gibts ein Schild mit der Aufschrift "al Sur". Nicht nur an den Stellen, wo ich abbiegen muss, sondern auch zwischendurch, sozusagen als Hinweis, das ich noch auf dem richtigen Weg bin. Trotz der unmenschlichen Zeit gibt es doch schon recht viele Autos auf den Strassen. Die Ausfallstrasse hat drei Fahrspuren nach Sueden und ich bin froh, frueh losgefahren zu sein, da es auf den ersten 14 km keinen Seitenstreifen gibt. Zur normalen Tageszeit wuerde ich hier keinem raten, mit dem Fahrrad herzufahren. Die Strecke nach San Fernando ist so lieblos, wie der Ort selbst. Das interessanteste ist noch der Supermarkt, wo ich mir die Tuete Chips fuer den Abend hole und eine grosse Flasche Trinkjoghurt. Ausserdem zwei kleine Salamiwuerste einen Obstsalat, zwei Bananen und Saft. Danach gehts mit Kohldampf in ein Restaurant. Die Chilenen sind nicht gerade mit dem Kochloeffel in der Hand geboren, aber hier laesst es sich ganz gut speisen.
CURICO
Heute fahre ich nur 55 km nach Curico. Auf der Karte wird der Plaza de Armas besonders hervorgehoben, ausserdem soll es schoene Kirchen zu sehen geben. Der Platz ist wirklich sehenswert, er gilt als einer der schoensten von ganz Chile und ist mit 60 Palmen bepflanzt. Die erste Kirche ist geoeffnet. Eine interessante Architektur. Die vordere Fassade ist alt, dahinter muss einmal ein Unglueck gewuetet haben. Findigerweise hat man die Kirche neu aufgebaut, aber mit einer modernen Architektur. Zwischen der alten Fassade und der modernen Kirche liegt ein kleiner Platz. Die zweite Kirche ist geschlossen, aber hat eine schoene Architektur, die ich von aussen betrachten kann.
Am Platz entdecke ich ein sehr schoenes Restaurant und ich muss sagen das ich hier bislang am besten gegessen habe, seit ich in Chile bin. Mein Stimmung hebt sich wieder. Ich bin in einem Weinclub gelandet. Lange ueberlege ich, ob ich mir wohl einen Schluck erlauben darf. Es ist mitten am Tag und bis Morgen muesste sich der Alk im Blut wieder abgebaut haben. Also goenne ich mir eine halbe Flasche und ich bin sehr zufrieden mit dem chilenischen Tropfen. Hinterher goenne ich mir sogar einen Expresso. Ja, das hoert sich jetzt ziemlich enthaltsam an, aber so empfinde ich es nicht. Das Bier schmeckt mit hier immer weniger. Es gibt hier so leckere Saefte, kaum zu glauben! Erdbeersaft, Himbeersaft, Kiwisaft, Annanassaft, Birnensaft, alles schon in Massen in mich reingeschuettet.
Ansonsten muss ich erlicherweise zugeben, das es ziemlich oede ist, auf der Panam zu fahren. Ich lebe von der Hoffnung, im Laufe des Tages eine interessante Stadt anzusteuern, in der ich mir ein Hotel suchen kann. Die Stadt muss natuerlich so auf der Strecke liegen, das mein Zeitplan nicht gefaehrdet ist. Wer sich an den Sehenswuerdigkeiten der Staedte nicht erquicken kann (oder nicht mehr die Kraft hat, sie sich nach der Fahrt anzusehen), der sollte gar nicht erst daran denken, per Rad ueber die Panam zu fahren. Immerhin, ich komme so ganz gut weiter. Und suedlich von Puerto Montt wird wieder alles anders sein.
TALCA
Heute bin ich ziemlich am Ende und genau das ist auch der Grund, warum ich mit meinem Vorsatz breche, zwei Wochen kein Internetcafe aufzusuchen. Ich brauche einfach mal Rat bzw. Meinungen. In Curico bin ich frueh um 7:00 Uhr aufgestanden. Und schon bliess mir wieder der Wind entgegen. Es ist einfach zum kotzen. Ich kann mich ja noch damit abfinden, die letzten 3 Stunden gegen den Wind anzufahren, meinetwegen soll er auch fruehmorgens schon etwas wehen. Aber das ist schon anders hier und einfach total zermuerbend. Bis Puerto Montt sind es noch 813 km, dafuer habe ich nun noch 13 Tage Zeit. 2 Tage will ich in Puerto Montt Pause machen, ein Tag Pause auf der Strecke moechte ich mir auch goennen. Das heisst also 80 km pro TAg im Schnitt fahren. Hoert sich nicht unmenschlich an, aber sowohl gestern als auch heute bin ich nur 60 gefahren und ich bin ziemlich am Ende. Ausserdem macht das Radfahren so einfach keinen Spass mehr. Was sind die Alternativen? 1) Zaehne zusammenbeisen und durch 2) Zug bis Temuco nehmen und 458 km Radfahren einsparen 3) Die ganze Sache vergessen, gar nicht nach Ushuaia fahren, sondern ueber die Anden gleich nach Buenes Aires.
Ich schwanke zwischen 1 und 2. Das Ziel ist schon lohneswet, aber es schmerzt auch, sich in den Zug zu setzen. Das ganze ist dann nicht mehr das, was ich mir vorher davon versprochen habe. Ich wollte die Stecke mit dem Rad fahren.
Natuerlich hatte ich mich vorher auch ueber die Windrichtung informiert, aber nach allem was ich an Infos bekommen habe, haette ich ihn eher im Ruecken haben sollen. Mittlerweile bin ich der Ueberzeugung, das diese Informationen absolut falsch sind und, meiner Erfahrung nach, habe ich auch in den folgenden Wochen mit Gegenwind zu rechnen. Um ganz sicher zu gehen, ob ich mir den Gegenwind nicht einbilde, habe ich mir uebrigens mehrfach auf der Strecke die Windfahnen angeschaut, die hin und wieder am Rande der Panam stehen. Aber es ist klar, so einen Gegenwind kann man sich eigentlich gar nicht einbilden.
Nicht mal die Maedels, die auf den uebergrossen Plakaten halbnackend Werbung fuer Unterwaesche machen, koennen meine Laune anheben. Was soll ich nur tun?
Gruss, Peter
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#67485 - 27.12.03 20:26
Re: ALPHA ON TOUR
[Re: ALPHA]
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hi alpha, es schaut so aus als wenn du wirklich urlaub von urlaub braeuchtest ich/wir hatten genau das selbe problem mit dem wind in canada (1 woche wind mit bis zu 60km/h von vorne und temperaturen von +35c) ich uberlegte auch sehr lange ---und weisst du was? wir nahmen den bus klasse entscheidung! und genau das selbe wuerde ich an deiner stelle auch tun. schalte das daemliche handy aus, mach dir nicht so viele gedanken "was andere sagen werden" sondern geniese DEINEN urlaub--URLAUB got it? take care!
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#67488 - 27.12.03 22:15
Re: ALPHA ON TOUR
[Re: ALPHA]
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Hi Peter, lass Dich nicht hängen. Was Du ganz offensichtlich brauchst, sind ein paar nette Leute, die am besten noch gleichgesinnt sind. Kleine Empfehlung von mir: Nimm Dir doch als nächstes Ziel das Torre Suiza vor, eine kleine Packpacker-Herberge, die von zwei Reiseradlern gegründet wurde. Davon solltest Du nicht mehr allzuweit entfernt sein... Grüsse Sasa
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#67530 - 28.12.03 15:23
Re: ALPHA ON TOUR
[Re: bikebiene]
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Hoffe, das ist dir jetzt klar,
Horrido, für den Moment ist mir das klar - besten Dank! Bei nächster Gelegenheit, wenn ich die Zusammenhänge garantiert wieder vergessen haben werde, würd´ ich mich dann gern sofort an Dich wenden. Es grüßt der bekennende Zeitzonen-Dilletant Georg
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