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#1540347 - 15.12.23 20:37
Re: Alles fließt in die Rhone II: Alpes Savoie
[Re: m.indurain]
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da gibt es ja "kurze" (bezogen auf die Gesamtlänge Deiner Tour) Überschneidungen mit unserer diesjährigen Tour. Wenn ich es richtig verfolgt habe, hast Du den Col du Pré bei dieser Tour ausgelassen? Schon, ja, den Col du Pré bin ich bereits 2009 gefahren (über den Lac de Roselend), zusammen mit dem Cormet d'Arêches (teils Schotterpass). Für die letztjährige Reise bot sich da eine Wiederholung nicht an, auch wenn ich die alternative Zufahrt von Beaufort so größtenteils noch nicht kenne. Den weniger spektakulären Wasserfall am Cormet de Roselend haben wir übrigens beide in ähnlicher Weise abgelichtet. Bei Dir hatte er aber wesentlich weniger Wasser. Die Kapelle am See sieht bei dir auch ähnlich aus. Die Tour über den Roselend war auch nicht dieses, sondern letztes Jahr - also im sog. Dürresommer. Da war schon Ende Juli, also auch schon Tendenz Spätsommer. In diesem Sommer war es zwar nicht viel anders und ich war auch zu ähnlicher Zeit in der Gegend, aber eben nicht exakt am Roselend (Albertville/Col de Cyclostouristes, kommt noch). Trotzdem waren die meisten Bergflüsse eher weniger von Trockenheit betroffen, schon eher die Wiesen daneben. Es gab und gibt andere Gegenden, wo das Problem deutlich brisanter war.
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#1540349 - 15.12.23 20:50
Re: Alles fließt in die Rhone II: Alpes Savoie
[Re: veloträumer]
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ALP-2022-TdF-14 Savoyer Hochalpen/Grajische Alpen IV: Die Vallées d‘Aigueblanche zwischen Tarentaise und Maurienne feat. Valmorel & Col de la Madeleine (Grand-Aigueblanche – St-François-Longchamp)Wir können dieses Kapitel als Zwitterkapitel zwischen Tarentaise und Maurienne oder als Intermezzo bezeichnen. Valmorel als Skiort vom Reißbrett knüpft fast nahtlos an die Trois Vallées an, wenngleich charmanter und heimeliger als Courchevel, Méribel oder Val Thorens – vielleicht eher mit Arc 1950 vergleichbar. Topografisch ist Valmorél komplett von den Trois Vallées getrennt und verbindet sich stattdessen in der Höhe mit dem Skigebiet beim Col de la Madeleine mit dem dortigen Skiort Saint-François-Longchamp. Valmorél bildet zusammen mit den Dörfern der Nordrampe des Col de la Madeleine (und einiger weiterer Täler) einen eigenen Gemeindeverbund unter dem Namen Vallées d‘Aigueblanche. Gleichzeitig ist der Col de la Madeleine ein von der Isère stark abgeschnittenes Tal, dass mehr von der Lauzière-Kette geprägt ist als vom Vanoise. Das Lauzière ist dann auch ein gängige Regionsbezeichnung für Bergmassiv und die wenigen anliegenden Bergdörfer. (Sa 6.8.) Aigueblanche – Bellecombe Tarentaise – St-Oyen – Doucy – Le Villaret – Le Meiller – Les Avanchers – Valmorel (ca. 1380 m) – D95 – Le Bois – Aigueblanche D94/D95/D97a – Bellecombe Tarentaise – La Lechère – Canyon/Cascades de l'Eaux Rousses (inkl. Fußweg ca. 20 min.) – Pont de Notre-Dame-de-Briançon – Pussy48 km | 1370 Hm Die erste Auffahrt hier ist schnell kommentiert. Wiederum gibt es zwei Varianten und die ruhigere führt gleichwohl über mehrere, charmante Bergdörfer. Herausragend ist vor allem die Horizontkulisse in Valmorel zu nennen, die schon weithin aus dem Mittelteil erkennbar ist. Kommt man über die westliche Route wie ich, muss man über eine Zwischenabfahrt auf die Hauptzufahrtstraße für das obere Drittel oder Viertel überwechseln. Ich kann dem Retortenort Valmorel sogar etwas abgewinnen und lasse mich deshalb gerne zu einem Eis nieder und besuche Spezialitätengeschäfte, insbesondere ein Startup für Liköre und den alpinen Kräuterschnaps Génépi, der hier eine exklusive Veredlung erfährt (siehe auch Bericht auf meiner Homepage https://pedalgeist.de/tdf-2022-0-alles-fliesst-in-die-rhone/2/). Ist die Talsohle wieder erreicht, zwängt alsbald eine Kluse die Verkehrswege auf beiden Seiten eng an die Isère. So steil hier die Felsen zu den Uferseiten sind, so überraschend gibt es da noch Schlupflöcher und Seltsames zu entdecken. Gedrungen vor dem Felsen, drängt sich hier eine Avantgardebau einer Therme ins Auge, gepaart mit einem Hotelbau noch aus der Belle-Époque-Zeit. Etwas später führt nahezu unscheinbar seitwärts ein Weg in ein dunkles Wäldchen, wo Blocksteine den Bergbach zu verstopfen scheinen. Wandert man weiter, kommt man zu einer größeren Wasserfallstaffel, die Abenteurer für Canyoning nutzen. Für Ungeübte und ohne Seil ist der Zugang allerdings heikel bis gefährlich. (So 7.8.) Pussy – Bonneval Tarentaise (Mairie) – Celliers – Col de la Madeleine (1993/2000 m) – Longchamp – St-François – D213/D99 – Chapelle Notre-Dame de Beaurevers42 km | 1500 Hm Ich hatte schließlich abends noch bei Dunkelheit den Anstieg zum Col de la Madeleine angetreten, weil sich unten Picknickplätze verwehrten. So kam ich etwas verzweifelt bei Dunkelheit bis Pussy, das etwas abseits der Passstraße, dafür umso schöner gelegen ist. Ich beneidete etwas den Wanderer gegenüber in der Gîte beim Frühstück, während ich mich mal wieder mit einem etwas abenteuerlichen Schlafplatz begnügen musste. Der Col de Madeleine ist ja sowas wie mein Schicksalsberg. Zweimal erlebte ich schweres Wetter an dem Pass, einmal musste ich in einer Art Besenkammer oben übernachten, weil außerhalb ein Regensturm lebensgefährlich tobte. Diesmal war alles anders und wie für einen Sonnenkönig bestellt. Auch deswegen zeige ich hier gerne einen Ausschnitt meiner sehr umfänglichen und gelungenen Passdoku. Die mir noch unbekannte, aber nicht mehr ganz neue Passskulptur möchte ich besonders loben. Der Pass ist dabei von beiden Seiten im Steigungsprofil in Steinplatten gehauen ( Passfoto) – mal was Gelungenes und Einfallsreiches im Gegensatz zu den abgenudelten Passschildern oder den neuen, nicht lesbaren Rostblechen wie etwa am Col de Sapey oder Col de Chaussy. So verwunschen die Nordostseite des Madeleine ist, so fahrlässig hat man auf der Südwestseite vor der weiterhin beeindruckenden Lauzière-Kette einen weiterwachsenden Skiort verbaut, der auch mit Sommergästen gut gefüllt war. Solche Orte haben aber auch Vorteile und ich kann in Saint-François-Longchamp trotz Sonntagabend noch Proviant aufstocken. Als ich am hübschen Picknickplatz der Chapelle Notre-Dame de Beaurevers eintreffe, ist bereits ein Wohnmobilpaar aus München vor Ort, die den Wein für den Abend spendieren. Da fahre ich doch glatt meinen Wein noch einen ganzen Tag lang spazieren.
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Geändert von veloträumer (15.12.23 21:00) |
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#1540350 - 15.12.23 20:52
Re: Alles fließt in die Rhone II: Alpes Savoie
[Re: veloträumer]
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ALP-2022-TdF-15 Savoyer Hochalpen/Grajische Alpen V: Das westliche Pays de Maurienne feat. Lacets de Montvernier, Lac de Pramol & Col du Glandon (Chapelle Notre-Dame de Beaurevers – Le Rivier d'Allemont)Wie schon in der Einführung bemerkt, werde ich hier innerhalb der Maurienne und innerhalb des Departments Savoyen bereits Teile der Dauphiné-Alpen beradeln, weil beide Begrifflichkeiten nicht deckungsgleich sind. Zunächst steht ein Übergang durch das westliche Vanoise-Massiv an, welcher bereits auf der Gegenseite zum Maurienne-Tal gehört. Das hochgebirgige Vanoise bleibt von dieser Seite unbeleckt, weil es hier keine tiefen Taleinschnitte oder Höhenstraßen in das Gebirgsmassiv gibt wie auf der Nordseite im Tarentaise. Stattdessen kleben atemberaubende Kurveneldorados über dem Tal der Arc quasi in den Felsflanken. Gleichzeitig wechsle ich dazwischen für einmal die Talseite in die Arves-Gruppe, die ihrerseits schon Dauphiné-Alpen darstellen. Da schon die ersten Meter der Auffahrt ein Highlight abwirft, schauen wir zusammengefasst auf den Vorabend im letzten Kapitel und auf den neuen Morgen im neuen Kapitel. Nach Ausblick ins tief unten liegende Maurienne-Tal mit Talflucht Richtung Glandon-Pass erreicht man bald die Chapelle Notre-Dame de Beaurevers mit bemaltem, weit überstehendem Vordach. Die erstmals 1628, und 140 Jahre später nochmal neu erbaute barocke Kapelle ist der Jungfrau Maria gewidmet und wurde später mit klassizistischen Malereien italienischer Künstler weiter verschönert. Ein geräumiger Picknickplatz, eine Komposttoilette und eine Wasserstelle bieten alles für eine schattige Rast unter alten Lindenbäumen an diesem Pilgergebäude, das zu den hervorgehobenen religiösen Bauwerken Savoyens zählt. (Mo 8.8.) Chapelle Notre-Dame de Beaurevers – Montaimont – Col de Chaussy (1532/1533 m) – Montpascal – Montvernier – Lacets de Montvernier – Pontamafrey – St-Julien-Mont-Denis – Le Bochet – Montricher – Col d'Albanne (1656 m) – Albanne – Lac de Pramol (1727 m)54 km | 1780 Hm Der Abzweig von der Madeleine-Passstraße führt schnell in eine neue Umgebung. Die Lauzière-Berge verschwinden aus dem Blick, kleine Sichtfenster schauen schon fern zur Belledonne-Gruppe, jedoch mehr auf nahe bewaldete Bergkuppen in einem weiten, einsamen Talkessel. Der Col de Chaussy steigt etwas unrhythmisch auf, schwer, aber nicht zu schwer und auch etwas geheimnisvoll. Mit den Almwiesen öffnet sich ein gewölbtes Plateau mit viel Gelbem Enzian und zahlreichen Kühen. Etwas gestreckt ist es bis zur Passhöhe, wo mehr Radler zu finden sind als zuvor auf der Stecke. Der Grund liegt in den Lacets de Montvernier auf der Südseite am unteren Col de Chaussy, dem ein irres Kehreneldorado in den Fels eingehauen wurde. Diese Kehren sind quasi eine Rennradpilgerstätte und werden daher bisweilen nur einseitig rauf und runter befahren, der komplette Passübergang als solches ist weniger populär. Ich muss hier die selbstredenden Bilder nicht weiter kommentieren, sondern setze gleich weiter fort in der betriebigen Maurienne-Talebene, wo sich die Verkehrsadern, aber auch Gewerbegebiete, Industrie und Siedlungsbänder bündeln. Für Radler ist hier nicht immer Platz und wohl arbeitet man an einer alternativen Radwegführung, um den vielen Radsportlern gerecht zu werden, die die Gegend auch touristisch bedeutend aufwerten. Anscheinend haben aber erstmal Maßnahmen für den Autoverkehr Vorrang, wie mehrere Neubauten von Kreiseln und Trassenführung zeigen. Einen ersten Abstecher in die Arves-Gruppe und damit in die Dauphiné-Alpen starte ich mit dem Abzweig zum Col d’Albanne, der einen Teilrundkurs einläutet samt einem kleinen Bergseeidyll, dem Lac de Pramol, der auch der höchste Punkt der Strecke ist. Dem anspruchsvollen wie ansprechendem Passanstieg folgt ein kleine Zwischenabfahrt zum Bergdorf Albanne, das trotz dem grandiosen Bergpanorama u.a. auf das Galibiermassiv nur wenige Touristen anlockt – ganz im Gegensatz zum Retortenferienzentrum Les Karellis auf der anderen Seite. (Di 9.8.) Lac de Pramol – Les Karrelis – Montricher – St-Julien-Mont-Denis – St-Martin de la Porte – Col de la Porte (900 m) – La Villette – Col de Baune (1205/1210 m) – Le Mollard – Beaune – Col de Beau Plan (1420/1440 m) – La Traversaz – L'Etraz – St-Michel-de-Maurienne – D1006 – St-Julien-Mont-Denis – D79 – Grenis (1220 m)62 km | 1395 Hm Am Lac de Pramol findet gerade ein Open-Air-Konzert oder Fest statt, was aber glücklicherweise schnell zur Nachtzeit aufgelöst ist. Auf bescheidenem Niveau kann man in Les Karellis etwas einkaufen – angesichts der vielen Autos auf den Parkplätzen dürfte man sogar mehr erwarten. Die Feriengäste haben aber wohl mehr Sinn für die Berge und stehen bereits morgens Schlange für die erste Seilbahn. Ich möchte auch hier dringend raten, meine Richtung auf der Runde einzuhalten, denn nach Les Karellis verkehren weit mehr Autos als noch Albanne, ferner ist die Karellis-Route landschaftlich weniger spannend. Bei Montricher schließen sich beide Routen zusammen, der untere Teil ist also einheitlich.
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#1540351 - 15.12.23 20:53
Re: Alles fließt in die Rhone II: Alpes Savoie
[Re: veloträumer]
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… weiter ALP-2022-TdF-15 (Teil 2) Wieder wechsle ich nach einer weiteren Fahrt in der verkehrsreichen Talebene die Seite zurück ins Vanoise-Massiv. Die untere Passage zum Col de la Porte setzt deutliche Ausrufezeichen mit aufregenden Talblicken und Bergpanoramen. Später folgen waldreichere Zonen, nochmal aufgeschlossen bei Beaune, bereits auf dem Weg zum nahtlos weiter aufsteigenden Col de Beau Plan, einem nahezu vergessenen Pass in der Radlergemeinde. Auch taucht die Passabfahrt zunächst in dichten Wald ein, entblättert sich aber dann im Kurveneldorado der unteren Sektion zu ergreifenden Talblicken auf St-Michel-de-Maurienne. Nach Versorgung in St-Michel geht es fast wenig später wieder bergauf, nun aber wieder retour Richtung Westen. Was der Col de Chaussy mit seinen Serpentineneldorado kann, mag der Col de Sapey nicht ganz so zu erfüllen, aber er kommt nahe ran. Kühn auch dieser Pass in den Fels gehauen, versehen mit Warnungen vor Steinschlag und bisweilen per Ampel gesperrt, ergibt sich eine berauschende Vogelperspektive ins Maurienne-Tal. Im oberen Teil weicht dieser unmittelbare Blick in den Abgrund einer weit über die Bergweiden schweifenden Ausschau zu den Bergketten der Dauphiné-Alpen im Süden samt dem Galibier-Massiv. (Mi 10.8.) Grenis – Col de Sapey (1306/1315 m) – Notre Dame de Montandré – Hermillon – Pontamafrey – D74 – Ste-Marie-de-Cuines/St-Étienne-de-Cuines – St-Colomban-des-Villards – Col du Glandon (1924 m) – Combe d'Olle – Belvédère de Barrage de Grand Maison – Défilé de Maupas – Le Rivier d'Allemont63 km | 1750 Hm Der Picknickplatz mit Brunnen ist fast ideal, wenngleich der Bauer morgens das Wasser für sein Kühe reserviert. Die Fortsetzung der Strecke ist nun noch verwunschener über ein abzweigendes Sträßchen mit von Birken durchsetztem Mischwald, der die angrenzenden Felswände weitgehend verdeckt. Man darf hier nicht die besser ausgebaute Straße geradeaus weiterfahren, die als Sackgasse und in einem Bergweiler mit Töpferei endet. Obwohl oder vielleicht weil so unbekannt, hat man am Col de Sapey gleich mehrere Passschilder aufgestellt und eine Säule für Selfies gleich mit Stativ für Smartphones oder auch Kameras. Der Weg hinunter ist nun verschieden von der Auffahrtsseite, wenngleich ebenfalls aussichts- und kehrenreich in der unteren Hälfte. Für den nächsten Anstieg und kommende Durststrecke für Proviant suche ich noch Abhilfe in einem Intermarché in Ste-Marie-de-Cuines. Ich scheitere mal wieder am Sicherheitspersonal wegen angeblich zu kurzer Hose, was mir auf der Reise häufiger passiert ist. Es sind wohl Flausen einer security, die noch wegen Corona verpflichtet wurde und irgendwelche weltfremden Regelwerke brauchen, um ihrem Job Berechtigung zu verleihen. Im Jahr später waren sie offensichtlich verschwunden oder ich war immer in den richtigen Läden. Mit dem Col du Glandon teile ich ein ähnliches Schicksal wie dem Madeleine, wenn auch nur einmal eine Seite abwärts gefahren. Damals musste ich nageligen Eisregen aushalten und sah von der Strecke so ziemlich gar nichts. Heute war jedoch wieder Traumwetter wie alle Maurienne-Tage zuvor. Der Glandon überzeugt mit dramaturgisch gelungener Landschaftsentwicklung aus Bergbächen, Kaskaden, gewässerten Wiesen, Hainen aus Birken, offenen Bergweiden und aufregenden Horizontlinien. Zugleich fordert er die Waden mehr heraus als z.B. der Madeleine. Die so weitenfrohe obere Bergwelt imponiert auch mit den bereits meist verdorrten Gräsern – schon fast Alpenherbst im Juli. Noch mehr aber verzückt die Gegenseite mit der Belledonne-Kette nach Norden und die Grandes Rousses nach Süden – nochmals gesteigert durch den Seespiegel des Lac de Grand Maison. Zuletzt durchfahre ich die Kluse bis Le Rivier d'Allemont, wo ich endgültig den Savoyischen Raum verlassen habe.
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#1540409 - 17.12.23 15:41
Re: Alles fließt in die Rhone II: Alpes Savoie
[Re: veloträumer]
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ALP-2023-AOC-03 Beaufortain, Lauzière & Belledonne: Kleine Schätze am Rande Hochalpen feat. Col des Cyclotouristes & Fort d’Aiton (Albertville – Montmélian)Noch einmal springe ich zurück in die Savoyer Alpen, aber auch vorwärts in die 2023er-Tour. Eigentlich bleibe ich auf dieser Tour nur in den Voralpen, doch streife ich drei Hochalpenregionen, ohne dabei typisches Hochalpenterrain zu erreichen. Wer sich noch an Kapitel ALP-2023-AOC-02 erinnert, weiß, dass ich das Massif des Bauges gerade eben verlassen habe und bereits auf einem Zwischenplateau vor Albertville lagere, nachdem ich die Burg Miolans als letztes Highlight des Bauges-Massivs passiert hatte. (Fr 7.7.) Montailloset – Frontenex – Albertville – Conflans – Fort du Mont – Col du Cyclotouristes (1305/1330 m) – Molliessoulaz – Queige – Albertville – Grignon – Ste-Hélène-sur-Isère – La Perrière68 km | 1265 Hm Von der Olympiastadt muss man bereits kräftig die Pedalen durchtreten, um die mittelalterliche Altstadt von Albertville, Conflans, zu erreichen. Da schwelge ich wieder in Erinnerungen und denke an das Bild, was ich hier mal gekauft hatte. Ob es den Künstler immer noch gibt, konnte ich nicht herausfinden. Trotzdem besuchte ich auch diesmal ein Atelier einer Künstlerin, die mich zum Kaffee einlud. Leider konnte ich mit den sehr gelungenen und kreativen Taschen und Accessoires nicht viel anfangen. Es ist wohl etwas kurios, dass es einen Pass für Reiseradler gibt, der aber in der Reiseradlergemeinde ein Schattendasein fristet. Conflans liegt bereits an der Auffahrt zum Col de Cyclotouristes und garantiert zumindest wadentechnisch einen durchschnittlich harten Anstieg. Nach Panoramablicken im Unterteil, verschwindet er weitgehend im Wald, sodass er landschaftlich nur mittelmäßig abschneiden kann. Ziemlich unvermittelt taucht das Fort du Mont auf, das als Verteidigungsanlage im späteren 19. Jahrhundert gebaut wurde. Heute kann man das Fort nur auf Anfrage besichtigen und dient ferner teils als Reifekeller für Beaufortkäse. Die Passhöhe ist zu eng für eine Picknickecke und man muss daher noch ein kleines Stück weiterfahren, um rasten zu können. Die Gegenseite ist deutlich aussichtsreicher, nunmehr mit Blicken ins Beaufortain und Richtung Mont-Blanc-Massiv. Der Geschichte des Passes ist etwas skurril, geografisch wohl kein echter Pass, verdankt man die Passbenennung dem radfahrliebenden Förster Jean Poncet, der das Passschild gegen den Willen der Verwaltungsbehörden lausbubenhaft durchsetzte, obwohl es zwischenzeitlich nach der ersten Installation 1969 von den Behörden mal abmontiert wurde. Den Durchbruch brachte die Bewerbung Albertvilles für die Olympischen Spiele, in dessen Folge eine Langlaufloipe über den Pass führte und sich der Name des unerlaubten Schildes als Örtlichkeit für Langläufer und Wanderer etablierte und durch die Bilder mit dem Schild sich in der Öffentlichkeit manifestierte. 1992 fand der Pass dann erstmals Eingang in die Kartenwerke. Es zeigt mal wieder den anarchischen Charakter, den die überzeugten Radfreunde irgendwie immer ein wenig in ihrer Seele mit sich tragen. Zurück nach Albertville hieß es Gas geben, um im dichten Autoverkehr mitzuschwimmen. Fortan jenseits von Albertville gibt es dann zwar Radwegoptionen an der Isère, die ich aber nicht lange nutze, schon allein, um nicht den rechten Abzweig zu verpassen. Der Verkehr ist nun auch schwächer, schließlich greift hier die Autobahnentlastung und Departmentstraßen als aufgeteilte Alternative zu beiden Talseiten. In Hélène-sur-Isère finde ich noch ein nettes und preiswertes Bistro für Chickenburger und Bier. (Sa 8.7.) La Perrière – Bonvillard – Côte de Bonvillard (755 m) – Aiton – Bourgneuf – La Trinité – Col de Cochette (587 m) – Villard-d'Héry – Planaise – La Chavanne – Montmélian [ – Chapareillan – La Palud (+) ]56 km | 1100 Hm Ich kann hier kaum über die Routen berichten, weil sie einfach schlicht, aber doch schön waren. Bonvillard liegt auf einer Passhöhe und führt das Leben eines beschaulichen Terrassenortes über den Taleinschnitten und der abgeflachten Westflanke des Lauzière-Massivs. Eigenartig überbaut wirkt das Fort Aiton, eine heute zivil genutzte Militäranlage, in der zweifelhafte Praktiken eines Militärgefängnisses in den 1960er und 1970er Jahren ausgeübt wurden. Von dem markanten Gebäude hat man einen weitschweifenden Blick ins Isère-Tal, wo die Arc einmündet. Mit der folgenden Route über Villard-d’Héry befahre ich eine Vorkette des Belledonne-Massivs, die gleichwohl eine eigenständige Stimmung versprüht und durchaus ein kleines Kurveneldorado entfacht. Bis man die Talsohle des Isère-Tals erreicht, streicht man noch länger über ein Zwischenplateau. Von der Brücke über die Isère blickt man auf ein hier breites und natürliches Flussbett, was man sonst selten an der Isère findet. Jenseits von Montmélian ist die kürzeste Querverbindung zur Chartreuse nicht ganz einfach zu finden, weil die Lokalstraße nicht entsprechend ausgeschildert ist.
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#1540410 - 17.12.23 15:44
Re: Alles fließt in die Rhone II: Alpes Savoie
[Re: veloträumer]
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ALP-2023-AOC-04 Savoyer Voralpen V: Das Massif de Chartreuse kreuz & quer (Chapareillan – Tullins)Bevor ich in ungewisser Zukunft die nächsten Kapitel der Dauphiné-Alpen aus beiden großen Radreisen 2022 und 2023 in einem neuen Bericht aufschlagen werde, fällt der Blick abschließend noch auf die letzte Savoyer Voralpengruppe, die ich 2022 gar nicht beradelt hatte, obwohl sie ebenso geeignet gewesen wäre, vom nördlich angrenzenden Jura den Alpeneinstieg einzuleiten. Die Bergflanken der Chartreuse haben Ähnlichkeiten mit den exponierten Felsabbrüchen und Schluchten im Jura wie auch mit den gebogenen, schrägen Felsschichten im Massif des Bauges. Der Unterschied liegt vor allem in halboffenen Felsflanken, die schräg, aber gerade gebürstet in den Himmel reichen wie Wale oder Haie, die aus dem Meer schießen – vielleicht sogar ein Bild wie sinkende Schiffe. Manche dieser Bergvorsprünge erhalten den so treffenden Beinamen „dent“ (=“Zahn“). Andere sind eher ähnlich wie Tafelberge. Gleichzeitig ist die Chartreuse auch eine Art Vorhof der Schluchten und Bergwelten des Vercors, dem es etwas versetzt gegenüberliegt. Indes erinnern die Vegetation und der Wasserreichtum mehr an das Bauges-Massiv als an den südlichen Jura. (Sa 8.7.) La Perrière – Bonvillard – Côte de Bonvillard (755 m) – Aiton – Bourgneuf – La Trinité – Col de Cochette (587 m) – Villard-d'Héry – Planaise – La Chavanne – Montmélian – Chapareillan – La Palud (+)56 km | 1100 Hm Beginnen wir die Chartreuse mit einer Abendstimmung am Rand des Gebirgszugs in Chapareillan, einem kleinen Zentrum für die Weingegend an der Ostflanke der Chartreuse mit einer zunächst moderat aufsteigenden Bergstraße. Bei Palud dringen Freudenklänge von Sommerfesten in Weingärten herüber, wo sich bald der verschärfte Anstieg zum Col du Granier auftut. Das wollte ich dann doch für den nächsten Tag bewahren. (So 9.7.) La Palud (+) – Col du Granier (1134 m) – Entremont-le-Vieux – Col de la Cluse (1170 m) – Corbel – Col des Egaux (958 m) – St-Jean-de-Couz – D1006/Tunnel des Échelles – via Voie Sarde!, teils nicht fahrbar, auch Treppen) – St-Christophe-sur-Guiers – Les Échelles – Miribel-les-Échelles – Col des Mille Martyrs (865/873/884 m)51 km | 1455 Hm Tatsächlich habe ich dann mit den Steigungswerten des oberen Teils des Granier-Passes gut zu kämpfen. Auf der Passhöhe befindet sich ein gut besuchtes Café/Restaurant, zudem ein Laden mit Regionalspezialitäten. Das Chartreuse-Feeling mit den markanten Felsflanken begleitet die Abfahrtsseite ebenso wie gute Teile des folgenden Anstiegs zum Col de la Cluse, nicht ohne auch mal unauffällig in einem Wäldchen abzutauchen. Besonders hübsch weilt auch das kleine Dorf Entremont-le-Vieux in der Talsenke dazwischen, aber auch das offener gelegene Corbel. Mit der stärker befahrenen D1006 schwindet auch der landschaftliche Reiz ein wenig, was aber nicht lange anhält. Vor dem Straßentunnel hat man nämlich die Möglichkeit, auf den Voie Sarde abzubiegen. Das ist nicht zu übersehen, weil eine Touristenattraktion, auch wegen der Höhlen, die man nur mit Führung besuchen kann. Bistro und Kassenhaus liegen gleich an der Parkplatzeinfahrt, weiter unten finden sich zahlreiche, schattige Picknicktische. Die Höhle wollte ich eh nicht besuchen und versuche mich daher gleich an dem alten Voie Sarde, dessen Name etwas irreführend ist. Tatsächlich handelt es sich um einen alten Alpen-Handelsweg der Römer, der unter Karl Emmanuel II, dem Herzog von Savoyen erneuert und von diesem 1670 eingeweiht wurde, und ihm dafür ein Monument gewidmet wurde, das letztlich teurer als der Straßenbau gewesen sein soll. Zum Sardischen Weg wurde die Straße schließlich benannt, als die Herzöge von Savoyen auch Könige von Sardinien wurden, was aber erst im folgenden Jahrhundert der Fall war. Fürs Radeln ist das klobige Pflaster alles andere als brauchbar – heißt, man muss größere Passagen schieben. Bekanntlich waren die Römer keine prädestinierten Radler. Um nach unten nach St-Christophe-sur-Guiers zu gelangen, führt zur Mitte etwa sogar eine Treppe hinunter, sodass ich mein Gepäck abmontieren musste. Ob sich diese ruppige Abkürzung lohnt, ist sicherlich zwiespältig. Ich würde empfehlen, ein Reiserad oben abzustellen und zu Fuß das Gelände zu erkunden. Das kostet aber schon einige Zeit, und ist auch per pedes vor allem mit Radschuhen recht mühsam. Also vielleicht doch mit Velo durch. Irgendwie lohnt sich das Anschauen schon. Nach der Treppe kann man übrigens wieder besser fahren. Erst ganz am unteren Ende stößt man auf die alte Römerbrücke, wo man noch eine enge Schlucht bewandern könnte. Die folgende Ebene mit mehreren Ortschaften, die sich kreuzweise auf verschieden Straßen anfahren lassen, ist von den felsigen Graten wie von Tafelbergen umgeben. Mit dem Col des Mille Martyrs überwiegt aber mehr eine hügelige Weide- und Wiesenlandschaft, wo sich die markanten Berge langsam aus dem Sichtfeld verabschieden. (Mo 10.7.) Col des Mille Martyrs – St-Sixte – Macherin – St-Étienne-de-Crossey – La Rossetière – St-Roch – Entre-deux-Guiers – St-Christophe-sur-Guiers – St-Pierre-d'Entremont – via D45C – St-Même – Cirque de St-Même (860 m) – Chenevey – Col du Cucheron (1140 m)64 km | 1225 Hm Angesichts der abrückenden Bergwelt überrascht die folgende Route mit ganz neuen Landschaftseindrücken. Zunächst überwiegen liebliche Streuobstwiesen um Saint-Sixte, dann schneidet sich die Straße durch eine feuchte Aue, welche man eher im Odenwald erwarten würde. Der liebliche Schwung mündet hier bei Macherin in eine flachere Ebene, deren Orte trotz Betriebigkeit aber kaum Versorgungsmöglichkeiten bieten. Bäcker und Supermarkt schieben Ruhetage am Montag. Spannend wird die wieder ansteigende Route, wenn die Straße in eine Kluse eintritt, in der man über eine 360°-Schleife aufsteigt, ns Ach der man bald die Kapelle St-Roch erreicht, wo sich das Höhenplateau öffnet. Man kann hier ohne Dopplung der Vortagsroute über Miribel-les-Échelles eine darunter liegende Lokalstraße nach Entre-deux-Guiers beradeln. Die Gorges du Guiers Vif erreicht man nach längerer Anfahrt aus der Ebene raus, und bewältigt einen kanitgen Anfangsanstieg, um dann die Schlucht bei moderaten Steigungswerten zu genießen. Dramatisch hängt hier der Stein fast über dem Kopf, Felstunnels durchstoßen die steinernen Flanken, die wie Brettwurzeln einen gleitenden Durchschlupf verhindern. Zwischen Felsspalten drängen immer wieder Bäche, Wasserfälle und feuchte Haine hervor und versprühen ein erfrischendes Fahrfeeling bei Sommerhitze. Erst unweit St-Pierre-d’Entremont beginnt sich das Tal etwas zu weiten. In dem Ort fließen drei Bergflüsse etwas versetzt zusammen. Umgeben von imposanten Bergwänden steht man im Herzen der Chartreuse. Die Fromagerie Arpin ist einen Besuch wert, eine delikate Auswahl an Käsen und leckeren Joghurts sind mir eine kleine Zuladung wert, es gibt aber auch noch viele andere Spezialitäten wie Liköre, Biere, Konfitüre, Säfte u.a.m. Obwohl das Schluchterlebnis schon seine eigene Klasse hat, ist hier noch nicht das Talende und der Höhepunkt erreicht. Für den Bergkessel St-Même braucht man nun aber bessere Waden, die Straße steigt steiler an und wird zunächst von wenig aussichtsreichen Wald begleitet. Den Cirque St-Même erreicht man noch auf Asphalt, die letzte Passage ist eine mautpflichtige Straße, wobei ich nicht erkennen konnte, ob wirklich Maut aktuell verlangt wird. Auch diese Straße endet dann im Sichtfeld des Bergkessels, doch näher ran kommt noch per Piste bis zu einem Wasserfall. Die Piste zur Linken war für mich aber bald nicht mehr radelbar und meine Füßen sagten nein zum Wandern. Ich musste so den Wasserfall ausfallen lassen, obwohl er nicht mehr so weit entfernt war. Eventuell ist der Weg zur Rechten auch eher fahrbar.
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Re: Alles fließt in die Rhone II: Alpes Savoie
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… weiter ALP-2023-AOC-04 (Teil 2) Es war schon wieder Abend und knappe Zeit, um noch etwas Neues anzugehen. Trotzdem hatte ich noch positive Energie für einen guten Schlussspurt, um den Col du Cucheron bei Dämmerung zu erreichen. Hier ist die untere Passage aufregender als die obere, die Passhöhe leider mal wieder nur Parkplatz ohne jede Sitzgelegenheit. Diese immer wieder so unterschiedlichen Passhöhen mit Toprastplätzen bis hin zu komplett trostlos macht mich immer wieder kirre und diese Dominanz von öden Parkplätzen zornig. Ein paar Häuser gibt es hingegen um die Passhöhe, darunter eine Gîte, im Winter auch ein kleines Skigebiet. (Di 11.7.) Col du Cucheron – St-Pierre-de-Chartreuse – Brévardière – Col du Coq (1434 m) – Les Meunières – St-Hilaire-du-Touvet – St-Bernard – Col de Marcieu (1060 m) – La Flachère – Le Touvet – Crolles – St-Ismier73 km | 1225 Hm Nach Cafébesuch und Versorgung im beliebten Wander- und Skibasisort St-Pierre-de-Chartreuse startet eine abwechslungsreiche wie mitreißende Passauffahrt zum Col du Coq, Aussicht, Blumen, Wasserspiele, schattiger Wald und ein typischer, imposanter Chartreuse-Felssporn als Panorama bei der Passhöhe sorgen für einen tollen Mix einer der Toppässe der Chartreuse. Wenn man nicht ins Isère-Tal ganz runterfahren möchte, bietet sich hier eine Weiterfahrt auf einem panoramareichen Höhenplateau an, sodass der nächste Pass keine große Herausforderung mehr ist (empfohlen) und die gesamte Pässetour nochmal deutlich aufwerten kann. Die Höhenorte scheinen von Pendlern in die Talsohle bewohnt, die die weite Aussicht auf die Hochalpen der Gegenseite nach Feierabend genießen wollen (empfohlen). Die Straße schleicht etwas distanziert an den mächtigen Felsflanken entlang. Waldpassagen verdecken auch mal die Ausblicke, doch schält sich der große Gebirgskessel wiederholt auf der ansonsten oft schattigen Abfahrt heraus. Die akute Baustelle war gerade betriebsfrei und zumindest mit Radl gut passierbar. Der Himmel hatte sich längst dunkel eingetrübt und ich rechnete mit einem Gewitter. Das sollte erst nachts und in dessen unkritischer Randzone geschehen. Weit bemerkenswerter war die Entwicklung der Temperatur. Schon tiefer Abend, stieg der Wert auf 37-38 °C, obwohl bereits stundenlang dicht bewölkt. Wie ein Wüstenfön strömte mir die heiße Luft entgegen. In tiefer Nacht lag die Temperatur noch bei über 30 °C. Nach dem eher schwachen Gewitter war die Luft merklich abgekühlt, verblüffend aber war, dass es den ganzen Tag lang noch weiter abkühlen sollte, soweit die Sonne verdeckt war. (Mi 12.7.) St-Ismier – Corenc – Col de Vence (781 m) – Le Sappey-en-Chartreuse – Col de Palaquit (1154 m) – Col de Porte (1320 m) – Martinière – La Diat – St-Pierre-de-Chartreuse – La Diat – via Gorges du Guiers Mort – St-Laurent-du-Pont – via Gorges du Crossey – Parking Gorges de Grossey/St-Étienne-de-Crossey51 km | 1190 Hm Ich war etwas in Hanglage geblieben, um nicht ganz zur untersten Isère-Talzone und der Grenoble-Agglomeration abzurutschen. Es lässt sich aber nicht ganz vermeiden, im Auf-und-ab recht weit unten den nächsten Anstieg anzugehen, eine abkürzende Höhenhangroute konnte ich nicht finden. Die folgende drei Pässe summieren sich höhentechnisch zu nur einer einzigen Auffahrt, dem finalen Col de Porte. Der spannendste Teil ist hier die untere Passage mit noch häufiger Aussicht ins Isère-Tal und an die Straße aufrückenden Felswänden. Nach dem Zwischenplateau bei Le Sappey-en-Chartreuse fährt man nur noch etwas langweilig durch eine schwarzwaldähnliche Waldpassage zum Col de Porte, der umso mehr eine glanzvolle Bergkulisse entblättern kann, wenn nicht tiefhängende Wolken das gerade verhindern sollten. Der Himmel dunkelte nun noch mehr und ein Wolkenbruch kündigte sich unmissverständlich an. Das Lottospiel beginnt, wann es losgeht. Da ich meine Karte falsch lese, gelange ich mit zusätzlichen Höhenmetern nochmal nach St-Pierre, wo ich selbstgemachtes Eis aus dem empfehlenswerten Café am zentralen Platz verspeise. Abwärts gleite ich durch die Gorges du Guiers Mort mit einigen aufregenden Felsen und Tunnellöchern. Der Wolkenbruch hatte Gnade und begann mit der Einfahrt nach St-Laurent-du-Pont, sodass ich dort unterstehen konnte. Ich konnte so kaum noch sinnvoll Voiron erreichen, zumal ich die Stadt ja auch zum Campen wieder verlassen müsste. So zog ich eine Rast zuvor in noch ländlicher Umgebung vor und blieb am unteren Ende der letzten Schlucht auf meiner Chartreuse-Runde an einem attraktiven Rastplatz neben der Straße. Einzig weiter drohendes Gewitter sorgte mich, zumal schon etliches Gehölz vom vorhergehenden Guss am Boden lag. Die Nacht sollte aber trocken bleiben und ich wurde nicht erschlagen. Auch die Gorges de Grossey verdient eine Extrawürdigung, obwohl sie vergleichsweise kurz ist. Der Straße dorthin führt über einen kleinen zusätzlichen Anstieg aus der landwirtschaftlich genutzten Ebene zuvor, die sich bei St-Laurent ergibt. (Do 13.7.) Parking Gorges de Grossey/St-Étienne-de-Crossey – Voiron – Moiran – Tullins – Les Massons/Veloroute Isère – St-Gervais – Col de Romeyère (1069 m) – Col du Mont Noir (1421 m)57 km | 1270 Hm Der Himmel heitert erst zur Tagesmitte auf bei dann wieder hohen Temperaturen. Nach unauffälliger Fahrt mit nur kleinem Zwischenhügel erreiche ich mit Voiron den Rand der Chartreuse – eine bereits recht große Stadt abseits eines großen Isère-Knicks, und immerhin bereits 30 km entfernt von Grenoble. Da ich mich zwecks Suche nach einem Supermarkt lieber an Orten jenseits der Isère bewege, schließe ich erst spät auf den Isère-Radweg bei Les Massons auf. Entsprechend kurz ist der Rest bis St-Gervais, ein kleines, geschichtsbewusstes Örtchen bereits auf der gegenüberliegenden Flussseite und unmittelbar am aufsteigenden Vercors-Massiv, dass dann Teil eines (vielleicht) nächsten Berichts sein soll. --- Ende ---
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#1540902 - 27.12.23 14:05
Re: Alles fließt in die Rhone II: Alpes Savoie
[Re: veloträumer]
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Danke für den schönen Bericht, lieber Matthias! Ich habe mir beide Routen mal vorgemerkt - auch wenn es unglaublich viele Höhenmeter sind... Herzlich grüsst Paul
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#1540906 - 27.12.23 14:59
Re: Alles fließt in die Rhone II: Alpes Savoie
[Re: veloträumer]
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Kolossal Hallo Matthias, wenn ich mir ne Tour vorstelle von Annecy über Chambéry, Grenoble noch Die und dich nach der besten Reisezeit frage, würdest Du den Hochsommer empfehlen? Ich bin mir nicht sicher, ob Campingplätze oder feste Unterkünfte total überfüllt sind? LG und einen guten Rutsch ins neue Jahr Jürgen
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Geändert von Juergen (27.12.23 14:59) |
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#1540919 - 27.12.23 19:20
Re: Alles fließt in die Rhone II: Alpes Savoie
[Re: Juergen]
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Ein guten Rutsch ins neue Jahr wünsche ich auch dir, Jürgen! wenn ich mir ne Tour vorstelle von Annecy über Chambéry, Grenoble noch Die und dich nach der besten Reisezeit frage, würdest Du den Hochsommer empfehlen? Ich bin mir nicht sicher, ob Campingplätze oder feste Unterkünfte total überfüllt sind? Es hängt von der lokalen Region ab. Annecy ist sicherlich überfüllt. Wenn du die Seeroute fährst (bin ich nicht, nur ein paar km), hat es ja Radweg, das geht auch in der Hochsaison, Bondeseeradweg wäre jedenfalls deutlich schlimmer. Radweg geht ja wohl komplett durch bis Grenoble, wenn ich recht informiert bin. Da ist auch genug Platz und abseits vom See teils sogar eher wenig los (bin noch 1-2 weitere Passagen gefahren), z.B. in Faverges ganz abgeschieden, aber an der Radroute. Auf halben Weg nach Ugine gibts ein Freizeitgelände mit künstlichem See und Restaurant (Marlens), nahebei den Camping Champ Tillet - habe aber wild bei See gecampt (Toilette vorhanden). Die Chartreuse ist auch eher wenig besucht und solltest überall noch was bekommen. Fährst du am Rand und an der Isère nach Grenoble, ist di erechte Uferseite mit den Vororten sicherlich schwierig für Unterkünfte oder Campings - der Radweg ist eh wohl auf der linken Seite. Generell sind Vororte von Großstädten meist schlecht für Touristen. Entweder ganz rein in die Stadt oder Dörfer weiter abseits suchen. Solltest du vom Lac d'Annecy durch das Massif des Bauges nach Chambéry radeln wollen, ist dort auch nicht voll, aber wiederum schmale Kapazitäten. Gute Möglichkeiten hat es bei Lescheraines/Châtelard, was etwa auf der Mitte der Route liegen würde. Auf der Vercors-Route (mehrere Variante sind nach Die denkbar) musst du gelegentlich mit Motorradaufkommen rechnen, besonders auf der Strecke am Col du Rousset runter nach Die, Nordanfahrten gibt es viele Varianten, die Gorges de la Bourne von Pont-en-Royans ist z.B. mehr befahren, wenn du über den Col de Romeyère fährst, ist nahezu nichts los, bis dann letztes Teilstück ggf. nach Villards-de-Lans (2 Varianten) und weiter die D103 zum Col de Rousset. Fährst du wiederum von Villard-de-Lans die Nebenroute D221 und später über Vassieux-en-Vercors zum Col de Rousset, ist es wiederum sehr einsam. Das alles spiegelt sich auch auf den Campingplätzen und Hotels/Gîte etc. wider. Selbst in Villard-de-Lans oder den populäreren Randorten wirst du noch einen Platz oder ein Zimmer finden. Im Vercors hast du eher Probleme, überhaupt etwas zu finden. In Vassieux hat es wenige Unterkünfte und keine offiziellen Camping. Ich habe wie ein anderes Radlerpaar mitten im Ort gezeltet (Picknickareal). Etwas nördlicher und südlich von La Chapelle-en-Vercors findest du den Camping les réveilles, der liegt inmitten von Natur und ist garnatiert immer Platz. Habe eine Familie getroffen, die da sogar häufiger Urlaub macht. Versorgung in La Chapelle. Verschiedene Gîtes sind mitten im Vercors ohne Ortsanschluss - weiß aber nicht, wie man das dann spontan buchen kann. Die oder Crest sind schon stärker betriebig in der Hochsaison, aber nicht vergleichbar mit Annecy.
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#1540920 - 27.12.23 19:26
Re: Alles fließt in die Rhone II: Alpes Savoie
[Re: Paulalfred]
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Danke, Paul. Du kannst aber auch gut immer irgendwo abkürzen bzw. unten rum fahren und den eine oder anderen Pass einsparen, wenn es zuviel wird. Zumindest in den Savoyer Voralpen hat man ein tolles Straßennetz in den Bergen mit vielen Kombinationsmöglichkeiten. In den Hochalpen ist das wegkürzen schwieriger. Manche Sackgassen sind eben einmalig, auch wenn es umständlich erscheint. Sosnt wird es eine andere Tour. Bei den Skiorten kannst du selektieren, ich habe ja ein paar Wertungen vorgenommen. Nicht alles erste Wahl, andere Auffahrten aber überraschend wertvoll trotz mancher unschöner Verbauung.
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#1541062 - 29.12.23 12:17
Re: Alles fließt in die Rhone II: Alpes Savoie
[Re: Juergen]
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[…] wenn ich mir ne Tour vorstelle von Annecy über Chambéry, Grenoble noch Die und dich nach der besten Reisezeit frage, würdest Du den Hochsommer empfehlen? Ich bin mir nicht sicher, ob Campingplätze oder feste Unterkünfte total überfüllt sind?[…] In dieser Region geht es nach meinen Erfahrungen. Da sind die Küsten krasser in Frankreich. Auf einem Campingplatz bin ich noch nie abgewiesen worden, auch in Hochsaison nicht. Hat mit Zelt und Rad immer geklappt. Auch bei Hotels gab es immer irgendwie etwas. Sicher nicht direkt am See in Annecy, aber grundsätzlich schon. Was aber ein Problem werden kann, ist die Hitze. Natürlich gilt das nicht nur für Frankreich, aber in diesem Sommer gab es da ein paar mal Alerte rouge, also höchste Warnstufe wg. Hitze auch am Rande der Alpen. Ansonsten schaffe ich es jetzt über den Jahreswechsel hoffentlich endlich mal, Matthias' Bericht zu lesen. Habe ich mir bis jetzt nur vorgenommen...
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#1541072 - 29.12.23 12:41
Re: Alles fließt in die Rhone II: Alpes Savoie
[Re: veloträumer]
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Danke für deine ausführliche Antwort. Nein, ich wollte gar nicht nur am See oder im Tal bleiben. Eigentlich dachte ich den Vercors, die Chartreuse und die Bauges mittendurch zu erfahren. Dabei gings mir nur um die Auslastung allgemein. En Detail beschäftige ich mich erst dann mit der Tour, wenn ich da bin.
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#1541187 - 30.12.23 20:01
Re: Alles fließt in die Rhone II: Alpes Savoie
[Re: Juergen]
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Vielleicht noch was Generelles, was man manchmal übersieht. In einsamen Gegenden, wo es wenig Unterkünfte gibt, sind diese bisweilen in der Hochsaison ausgebucht (oft Stammgäste) und es gibt dann keine Alternativen. Campings trifft das weniger, weil die ländlichen Plätze fast immer auch Zeltweise haben mit Restplätzen (anders als luxuriöse Großcampings, die nur Parzellen vermieten). Es kann also sein, dass trotz wenig Betrieb auf den Straßen die Auslastung der wenigen Festunterkünfte durchaus höher sein kann als in Hotspots. In Annecy oder Grenoble hat es ggf. wiederum so hohe Bettenkapazitäten für Spontanurlauber, sodass auch meist irgendwo noch was frei ist - es gibt eben viele Leute, aber auch viel Angebot bei hoher Konkurrenz. In Nizza habe ich auch Mitte Juli noch problemos spontan einen Bettenplatz in einem zentralen Hostel bekommen trotz mehrer Großveranstaltungen usw. und nicht mal teuer.
Für alle - auch kleine Orte - gibt es nebst Hochsaison allgemein vor allem noch zwei Daten on top, die man immer auf dem Plan haben sollte, an denen auch Campingplätze voll sein können: Nationalfeiertag (14.7.) und Etappenort der Tour de France. Im beschaulichen St-Flour im Zentralmassiv bekam ich mal keinen offiziellen Campingplatz mehr, wegen Tour de France. Ein anderer Camper lud mich dann auf seine Parzelle ein. Als Beispiel für den Nationalfeiertag habe ich Porto Vecchio in Korsika, als ich einst noch ohne richtiges Zelt unterwegs war. Zimmer war unmöglich noch zu finden, so landete ich mit Strandtuch irgendwo im Schilf über die Nacht. Sonst fand ich immer eine Unterkunft trotz Juli-Reisezeit - auch in Toporten wie Bonifacio oder Ajaccio. Gewiss, heute ist alles etwas schwieriger geworden - das sollte man ergänzen.
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