Vom Allgäu nach ParisDiesen Radreisebericht schreibe ich um allen Radreisenden, die dieses Forum bereichern, etwas zurückzugeben.
Ich bin drei Jahre lang innerhalb Deutschlands geradelt. Nach zwei Reisen ohne Rad in die Bretagne wollte ich nun nach Frankreich. Straßburg als Zwischenziel und Paris als Endziel.
Die VorbereitungenSo früh wie dieses Mal habe ich noch nie angefangen meine Sachen zusammen zu zusammenzurichten und das Fahrrad aufzurüsten. Ich merke in mir eine Anspannung und Unruhe. Verunsichert bin ich vor allem durch das Gefühl, dass das linke Knie mich beeinträchtigen könnte. Da hatte ich die letzten Wochen immer wieder Probleme. Ich habe den Sattel jetzt mehrfach verstellt und ihn gestern zwei Millimeter höher und 5 Millimeter weiter nach hinten gestellt. Jetzt stimmt wenigstens das Gefühl. Das Knie meldet sich nicht bei jeder Kurbelumdrehung.
Beim Anbringen des Low-Riders habe ich eine Schraube überdreht, so dass das Gewinde beeinträchtigt ist. Ich habe mit einer Mutter gekontert. Am Lenker habe ich die Halterungen des Tacho und der Klingel, sowie des neuen Navi Garmin 530, jeweils von einer Seite auf die andere getauscht. Ich glaube, dass sich das Navi mit der rechten Hand besser bedienen lässt.
Eine Woche vor Start:
Ich habe die Route jetzt mehrfach geändert. Es kommt jetzt darauf an, ob ich vielleicht doch gleich am ersten Urlaubstag starte und zu welcher Tageszeit ich wegkomme. Ich habe mir Campingplätze in Isny und Wangen herausgesucht. Entschieden wird es, denke ich, erst am Abreisetag.
Noch fünf Tage:
Bei Ikea habe ich zwei Taschen für die Rückfahrt im FlixBus bestellt. Ich hatte den Sitzplatz, den Fahrradplatz und zwei Gepäckstücke gebucht. Es ist meine erste Reise mit dem Fernbus und ich hatte deshalb keine Erfahrungen (hat sich hinterher alles als ganz entspannt herausgestellt). Sie sollen einen Tag vor der Abfahrt ankommen. Das könnte eng werden. Ich habe angefangen die beiden Powerbanks und das Navi zu laden. Ich habe Kaffee gekauft und entschieden den Espressokocher mitzunehmen (gute Idee!).
Noch drei Tage:
Letzte Wäsche gewaschen. Die hergerichteten Sachen in die Packtaschen verpackt. Gleichrichter installiert und Powerbanks eingepackt.
Noch zwei Tage:
Die IKEA-Taschen sind da. Wetteraussichten für den Rest der Woche für Baden-Württemberg sind sehr durchwachsen. Da muss ich durch. Ich hatte jetzt drei Jahre lang Glück mit dem Wetter (kein Regen).
Start, Mittwoch, 29.05.2024: Kempten – Wangen im AllgäuDas letzte Mal im eigenen Bett geschlafen - im Trockenen, wenn man dem Wetterbericht glauben darf. Ich habe das Rad nochmal durchgesehen (die hinteren Bremsbeläge werden wohl nicht mehr so weit reichen) und noch ein bisschen gesäubert.
Heute habe ich eine der beiden IKEA-Taschen probegepackt. Ich war im Zweifel, ob ich da den Inhalt meiner Packtaschen für die Rückfahrt mit dem FlixBus unterbringen werde. Nach dem Test bin ich zuversichtlich(er).
Wir haben noch zusammen Mittaggegessen und ich bin früher losgekommen als gedacht. Allerdings sitzt mir das Wetter im Nacken und ein bisschen Zeitvorsprung kann nicht schaden. Die Wetteraussichten für die nächsten Tage sind nicht rosig. Überwiegend Regen. Vor dem fürchte ich mich nicht. Ich habe gute Regenkleidung. Allerdings sorgen mich die schweren Gewitter, die mit den Wetterwechseln verbunden sind.
So, genug geredet. Jetzt geht es endlich los! Ich verabschiede mich und starte. Zuerst über die Iller und weiter Richtung Buchenberg. Die ersten Steigungen mit 5 oder 6 Prozent. Nach Wirlings geht es dann zur Sache. Einmal 13 % und einmal 11 % Prozent, aber ich kann es durchradeln. Von Buchenberg der letzte Blick ins Illertal.
In Buchenberg noch Lebensmittel gekauft. Morgen ist Feiertag, auch in Baden-Württemberg. Dann geht es weiter nach Eschach Ried und Wegscheidel. Danach geht es schön bergab bis nach Urlau. Da bin ich ziemlich genau nach zwei Stunden. Der Schnitt passt. Allerdings baut sich im Westen langsam eine Wetterfront auf. Zu viel Zeit habe ich wohl nicht.
Die Zeit drängt. Der Wind wird stärker und das Wetter wird nicht mehr lange halten. Von Waltershofen geht es ins Tal der Oberen Argen. Um ziemlich genau 16 Uhr komme ich am Campingplatz Röhrenmoos am Großsee, oberhalb von Wangen, an. Die letzten drei Kilometer hat es schon angefangen zu tröpfeln. Vor dem Großsee kommt noch eine einen Kilometer lange, fiese Steigung, mit 10 %. Die wollte kein Ende nehmen. Vor allem wenn es tröpfelt.
An der Rezeption des Campingplatzes angekommen, hat es schon ganz schön geregnet. Ich habe gefragt, ob ich ein Iglu für eine Nacht bekommen kann. Lieber etwas mehr zahlen, aber trocken. Leider werden die nicht vom Campingplatz vermietet. Der Mann an der Rezeption hat mir aber einen Raum unterhalb der Terrasse gezeigt. Der ist von drei Seiten mit Fenstern verschlossen, nur der Zugang auf der Stirnseite ist offen. Ich kann meinen Schlafsack auf einer Holzbank ausbreiten. Gesagt getan. Erst ausbreiten, dann anmelden und bezahlen. Weil noch nichts los ist, auch gleich noch geduscht. Heiß, ohne Zeitlimit oder Münzautomat. Klasse! Im Anschluss die Gunst der Stunde genutzt und etwas gegessen. Heute war klar, dass das mit selbst kochen nichts wird. Dafür ist das Wetter jetzt zu schlecht. Morgen wird es aber voraussichtlich den ganzen Tag regnen. Mal sehen, wo ich morgen unterkommen werde.
Donnerstag, 30.05.2024 (Fronleichnam): Wangen im Allgäu - Stockach Das Plätzchen für die vergangene Nacht hätte besser nicht sein können. Mollig warm im Schlafsack und der Regen ist an den Fenstern heruntergelaufen. Danke Campingplatz Röhrenmoos.
Das Aufstehen fällt schwer, wenn es im Schlafsack warm ist. Aber es hat aufgehört zu regnen und die Vögel zwitschern. Ich habe mir Porridge zum Frühstück gemacht und meine Espresso-Kanne auf Radreise eingeweiht. Es ist schon ein riesiger Unterschied zum löslichen Kaffee.
Ich bedanke mich noch einmal beim Chef des Campingplatzes für die unkonventionelle Lösung. Das neue Navi beherrscht mich, nicht umgekehrt - oder ich bin noch nicht vertraut genug damit. Das Handy hatte mir eine andere Route vorgeschlagen, aber nein, ich muss auf das neue Teil hören. Also erst einmal wieder die 10 %-Steigung runter und durch Wangen durch. Irgendwann wollte es dann nicht mehr auf einer gespeicherten Route weiter navigieren. Also doch übers Handy eine neue Route gesucht und übertragen, dann lief es besser.
Zuerst war ich in Tettnang und habe den Hopfen bestaunt, später dann den Wein am Bodensee.
Das nächste Ziel war dann Friedrichshafen und nach drei Stunden musste ich das erste Mal die Regensachen anziehen.
Zuvor hatte ich niemand getroffen. Jetzt sind viele Radler unterwegs.
Nach Friedrichshafen bin ich über Immenstaad - Meersburg - Uhldingen- Überlingen nach Ludwigshafen am Bodensee.
In Überlingen habe ich mir wegen der Unterkunft für die kommende Nacht Gedanken gemacht. Ursprünglich wollte ich am Campingplatz in Bodman übernachten. Ich war ziemlich durchfeuchtet und voller feinem Sand. Kommende Nacht und am Freitag soll es weiter regnen. Ich habe mich deshalb nach Unterkünften umgeschaut und bin dann in einer Pension in Stockach geblieben.
In Ludwigshafen ist meine rechte Vorderradtasche kaputt gegangen. Nach fast dreißig Jahren wurde der Verschluss ein UV-Strahlungs-Opfer (Die Tasche ist mittlerweile bei Ortlieb beim Umrüsten. Der Service bei Ortlieb ist klasse!)
Nach Ludwigshafen ging es einen Kilometer mit 5 % bergauf. Da war es dann doch wieder gut, das neue Navi. Es zeigt nämlich, wie weit es noch bergauf geht.
Freitag, 31.05.202: Stockach - Schramberg Die Nacht über war es trocken. Kaum aufgestanden, fing es zu tröpfeln an. Nach dem Frühstück hat es angefangen zu regnen und den ganzen Tag nicht mehr aufgehört.
31 Kilometer bis Tuttlingen. Das sollte in zwei Stunden machbar sein. Allerdings geht es über die Alb und der Anstieg von 490 Metern auf 860 Meter zeiht sich.
Innerhalb von drei Kilometern geht es dann wieder auf 700 Meter runter nach Tuttlingen. Da war ich dann doch erst nach drei Stunden.
Die Strecke war allerdings sehr schön. Kein einziger Radler war heute unterwegs (wen wundert es?).
Von Tuttlingen bin ich dann noch ein Stück rausgefahren und habe in einer Bäckerei einen Kaffee getrunken. Hingesetzt habe ich mich mit meinen nassen Regensachen nicht. Ich habe schon im Stehen eine Pfütze hinterlassen.
Richtung Rottweil hatte ich dann zum starken Regen auch Gegenwind. Der hat mich doch gebremst. Vom höchsten Punkt meiner Strecke im Schwarzwald ging es dann steil runter nach Schramberg. Ich habe schon gemerkt, dass meine Hinterrradbremse nicht mehr so gut zieht. Deshalb habe ich die Zeit genutzt, bis der Gasthof, in dem ich mich für diese Nacht einquartiert habe, öffnet und habe mir ein trockenes Plätzchen gesucht und die Bremsbeläge gewechselt.
Der Gasthof ist ein Feinschmecker-Lokal. Die Küche hat eine Auszeichnung für 2023/24 von Gault Milau bekommen. Leider sprengt das mein Reisebudget.
Ich musste eh nochmal raus, da ich die abgenutzten Bremsbeläge liegen gelassen habe. Also bin ich nochmal ums Eck und habe die Beläge im Abfalleimer entsorgt. Beim Bummel durch die leere Fußgängerzone bin ich dann in einem Döner-Restaurant gelandet. 13,50 € und eine Portion für Radfahrer. Das passt besser für mich.
Samstag, 01.06.2024: Schramberg - StrasbourgDas Tal, in dem Schramberg liegt, ist für mich bedrückend eng. Bei diesem Wetter schon zweimal. Der Radweg ist die alte Bahnlinie. In Schiltach komme ich an dem Campingplatz vorbei, auf dem ich eigentlich unterkommen wollte. Das Wetter hatte entschieden.
Die Kinzig ist noch nicht über die Ufer getreten, aber man merkt schon, dass sie mehr Wasser führt als sonst.
Zwei Stunden radle ich im Regenzeug. Zum einen aus Sorge, dass es jederzeit wieder fallen lassen könnte, zum anderen, weil alles voller Sand ist und der hoch spritzt. Nach zwei Stunden wird es mir aber zu warm und die Regenkleidung kommt runter. Teilweise hat der starke Regen den Boden aus den Feldern gespült
Kurz vor dem Ortseingang nach Offenburg erwischt mich der Regen doch wieder und ich muss für 10 Minuten unterstehen. In Offenburg selbst bleibe ich nicht lange. In der Fußgängerzone sind so viele Leute, dass ich mich entscheide nach einer kurzen Pause weiter nach Kehl zu fahren.
Gestern war ich noch an der Donau, heute bin ich über den Rhein nach Strasbourg geradelt.
Leider habe ich mich nicht gut genug informiert. Der Camping-Platz, auf den ich wollte, nimmt nur Wohnmobile und Wohnwagen. Noch dazu war er voll bis auf den letzten Stellplatz. Die Frau an der Rezeption hat mir empfohlen nach Kehl zurück, auf den Camping-Platz zu fahren oder 24 Kilometer raus aus Strasbourg. Das habe ich für mich ausgeschlossen. Nach über 100 Kilometern ist einfach mal Feierabend.
Ich habe mich dann auf Zimmersuche begeben und seitdem ich ein Dach über dem Kopf habe, hat es wieder angefangen stärker zu regnen. Wer weiß, für was es gut war.
Sonntag, 02.06.2024: RuhetagHeute war ein geplanter Ruhetag. Mit meinem Knie hatte ich bisher keine Probleme. Die Sitzposition passt. Ein Tag Pause schadet aber bestimmt auch nicht.
Die Hochwassersituation in Schwaben lässt mich nicht in Ruhe. Ich telefoniere mit zuhause und entscheide dann, den Urlaub nicht abzubrechen. Die Rückfahrt wäre sowieso schwierig. Aufgrund der Hochwassersituation ist fast der komplette Fernverkehr der Bahn in Süddeutschland eingestellt. Busse sind ausgebucht.
Während des Frühstücks hat es wieder ordentlich geregnet. Ich habe dann in der Tiefgarage mein Rad sauber gemacht und die Kette geschmiert. Das Rad hat in den letzten Tagen auch gelitten.
An Sonntagen kann man mit dem Fahrrad großartig die Städte erkunden. Kaum Autoverkehr. Ich bin zuerst an verschiedenen Wasserwegen entlang zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte und dann weiter zum Europaparlament.
Montag, 03.06.2024: Strasbourg - GondrexangeHeute in der Früh endlich trocken. Vor dem Frühstück schon die beiden Vorderradtaschen montiert.
Gut gefrühstückt und los. Strasbourg ist eine Radlerstadt. So viele Radler in der Früh bin ich nicht gewöhnt. Es macht auch Spaß. Eigene Fahrradspuren und höhengleiche Übergänge. Auch mit den Autofahrern geht es gut. Man nimmt einfach Rücksicht aufeinander.
Eine gute Stunde habe ich aus Straßburg und seinen Vororten gebraucht. Dann war ich am Canal de la Marne au Rhin.
Er wird mich die nächsten Tage immer wieder begleiten. Zuerst geht es durch das Elsass und dann nach Lothringen. In Lothringen wird es hügelig. Der Kanal windet sich durchs Gebirge. Die armen Bootsfahrer haben eine Menge Schleusen zu bewältigen.
Da ist mir mein Radl schon lieber. Heute ging es gut vorwärts. Meistens mit 20 Kilometer in der Stunde.
In Saverne / Zabern habe ich noch meine Vorräte ergänzt und gleich Mittagpause gemacht.
Nachmittags wurde es dann nochmal hügelig. Es gibt am Kanal mehrere Tunnel. Da können aber nur die Boote durch. Fußgänger und Radler müssen oben drüber.
Für eine Weile verlässt meine Route den Kanal. Erst die letzten Kilometer vor Gondrexange fahre ich wieder am Kanal entlang und komme auf den Camping-Platz Mouselle.
Die Übernachtung mit 12 Euro ist günstig, der Komfort gering. Auf Klos ohne Brille und Klopapier, eine spartanische Ausstattung der Duschen, muss ich mich erst einstellen. Vielleicht bin ich auch zu verwöhnt. Es ist auf jeden Fall alles da, was ich brauche.
Als ich das erste Mal seit meinem Aufbruch die Abendsonne genieße, setzt sich ein älteres Ehepaar in meine Nähe. Sie haben ein EBook dabei und lesen sich gegenseitig Kurzgeschichten vor. Für die beiden sicherlich ein gewohntes Ritual, mich bringt es jedoch um meine Ruhe. Sie merken vermutlich nicht, dass sie jemanden stören könnten.
Dienstag, 04.06.2024: Gondrexange - ToulDen siebten Tag bin ich jetzt unterwegs. Welche Wettergegensätze ich hatte. Vom Regen, der den ganzen Tag nicht aufgehört hat, bis zum strahlenden Sonnenschein heute mit 25 Grad.
Heute Nacht habe ich gut geschlafen. Das Übernachten im Zelt macht viel Spaß. Gestern Abend habe ich dann noch bei Sonnenuntergang im Zelt gelesen.
Wenn ich nachts mal wach geworden bin, dann war da ein Frosch- und Vogelkonzert zu hören. Daran bin ich auch um 6 Uhr aufgewacht.
Die Luft war heute Nacht feucht. Trotz aller geöffneten Lüftungsöffnungen hat sich an der Zeltinnenseite Kondenswasser gebildet. Außen war das Zelt sowieso nass und die Unterlage auch. Wen wundert es, nach den letzten Tagen. Ich habe alles Nasse zusammengepackt und nur das Innenzelt, getrennt von den nassen Sachen, verpackt. Der Zeltplatz war schattig und in der Früh war es noch kühl. Ich bin dann los geradelt, auf der Suche nach dem „idealen“ Frühstücksplatz. Der Radweg führt zwischen zwei großen Weihern hindurch. Ich war allein mit der Tierwelt. Kormorane, Fischreiher und ein Reh.
Nach ca. 10 Kilometern bin ich zur „Großen Schleuse“ am Canal gekommen. Sie hat eine Hubhöhe von 16 Metern. Dort habe ich mein Frühstücksplätzchen gefunden. Tische mit Bänken und niemand außer mir. Ich habe die Sachen in der Sonne zum Trocknen ausgebreitet, mir mein Müsli bereitet und Espresso gekocht. Nie wieder ohne Espresso-Kocher auf Radreise! Gute zwei Stunden habe ich mir Zeit gelassen. Bis Nancy sind es nur etwas über 70 Kilometer (dachte ich mir). Dann kamen noch zwei Boote und ich habe den Schleusungsvorgang beobachtet. Das hat weitere 30 Minuten in Anspruch genommen. Letztendlich bin ich um 10:30 Uhr von der Großen Schleuse los.
Entlang des Kanals lief es richtig gut. Meistens mit fast 20 Kilometern in der Stunde. Vor Nancy habe ich dann noch etwas zu essen gekauft.
Ich habe mir noch einmal die Adresse, Bilder und Wegbeschreibung des Campingplatzes in Nancy im Internet angeschaut. Zuerst bin ich an einer Baustelle gescheitert. Der vom Navi vorgeschlagene Weg um die Baustelle herum, war so schmal, dass ich nicht hätte umdrehen können. Weitergekommen bin ich da aber auch nicht. Also dann den großen Bogen Richtung Osten. Sackgasse. Dann eben großer Bogen Richtung Westen. Keine Sackgasse, aber auch kein Campingplatz. Ich habe eine Frau gefragt und sie hat gesagt, dass es in Nancy keinen Campingplatz mehr gibt. Das, trotz funktionierender Internetseite. Schon verrückt.
Der nächste Campingplatz wäre 34 Kilometer weg gewesen und auch nicht meine Richtung. In Nancy waren mir die Unterkünfte zu teuer. Ich habe dann weiter auf meiner eigentlichen Route geschaut und bin in Toul fündig geworden. Eigentlich wollte ich in Nancy einen Tag Pause einlegen und mir die Stadt anschauen. Aus zwei Tagen sind zwei Stunden geworden.
Die 26 Kilometer nach Toul hatten es aber in sich. Ich musste 250 Höhenmeter rauf. Bei der Abfahrt habe ich dann den Oberlauf der Mosel überquert. Letztes Jahr in Koblenz war ich an ihrer Mündung in den Rhein, dieses Jahr bin ich 370 Flusskilometer weiter flussaufwärts.
Mittwoch, 05.06.2024: Toul - Bar-Le-DucZunächst bin in ich wieder am Kanal entlang geradelt. Plötzlich hat mich das Navi über Feldwege geleitet und ich bin eine ausgewaschene Forststraße hoch und drüben den Höhenzug sehr vorsichtig wieder heruntergefahren. Nach etwa 15 Kilometern habe ich auf das Handy geschaut, wo ich überhaupt bin. Ich dachte, ich wäre total von der Route abgekommen. Das Navi hat mich richtig gelotst. Auf der Strecke waren wieder mehrere Kanaltunnel. Einer davon sogar 2 Kilometer lang. Klar, da konnte ich nicht durch.
Ich habe mich dann mühsam über Landsträßchen auf meine Route zurückgekämpft. Bis nachmittags um 14 Uhr habe ich kaum jemanden getroffen. Einmal eine ganze Stunde lang gar niemand.
Der Canal de la Marne au Rhin ist auf dieser Strecke ziemlich zugewachsen und der Radweg ist nicht so gut, wie die Tage zuvor.
Ziel war der Campingplatz in Bar-le-Duc und diesmal gab es den Campingplatz. Klein aber fein.
Donnerstag, 06.06.2024: Bar-Le-Duc - Epernay Heute geht es auf die längste Etappe der Tour. Nach 20 Kilometern habe ich auf einem Skaterplatz gefrühstückt und das feuchte Zelt getrocknet. Die Hälfte der Etappe ging heute nicht am Kanal entlang. Ich bin über einsame Sträßchen in der Champagne gelangt.
Zunächst, nicht einmal merkbar (außer der Beschilderung), da es weiterhin Getreideanbau, Sonnenblumen und Zuckerrüben gab. In Chalons en Champagne habe ich Mittag gemacht. Dort war es sehr lebhaft. Leute, die einen um Geld anhauen war ich nicht mehr gewöhnt, ein Musikfestival, bei dem einem mittags bei den Soundchecks die Ohren weh tun, auch nicht. Am Canal war es etwas ruhiger. Nach Epernay hatte ich dann noch 36 Kilometer.
Auch die ließen sich gut fahren. Den richtigen Weg zum Campingplatz zu finden war dann ziemlich tricky, da nicht ausgeschildert und das Navi überfordert.
Der Campingplatz ist prima. Mit einchecken war ich um 16:30 Uhr fertig. Schnell duschen, Sachen rauswaschen und ab zum Einkaufen.
Freitag, 07.06.2024: Eparney - TrilportSo wenig am Canal bzw.ab jetzt an der Marne, wie heute, bin ich die Tage noch nicht geradelt. Schon nach 10 Kilometern ging es ins Hinterland.
Weinbau ist viel Handarbeit. Die Gassen müssen gemäht, die Reben beschnitten werden. In der Champagne ist zwar meist eine maschinelle Bearbeitung möglich, mähen mit dem Motormäher ist für mich jedoch Handarbeit.
In Chateau-Thierry habe ich in einem Riesen-Supermarkt eingekauft. Eigentlich wäre es sinnvoll, das Rad mit reinzunehmen und die Regale abzufahren. Die Märkte sind so groß.
Danach ging es in die Hügel. An einem vier Kilometer langen Anstieg hat mich eine Reiseradlerin überholt. Am Scheitelpunkt haben sich unsere Wege getrennt, ohne dass wir miteinander gesprochen haben.
Die Frau ist auf der Teerstraße weitergefahren und ich bin der Route des Navi gefolgt. Es ging zuerst über einen Feldweg, der bald zum schlammigen Waldweg wurde. Oh, war ich wieder sauer aufs Navi. Aber bei genauer Betrachtung kann das Navi nichts dafür, dass ein Weg aufgeweicht ist oder nicht. Das hat mich wieder versöhnt. Nach drei Kilometern war die Schlamm- und Buckelpiste zu Ende. Jetzt erstmal Schuhe säubern.
Gegen 16 Uhr bin ich am Campingplatz in Trilport angekommen. Der Platz ist ziemlich einfach ausgestattet.
Am Campingplatz habe ich dann die Frau wieder getroffen und wir haben festgestellt, dass wir mehr oder weniger aus der gleichen Gegend kommen. Mehr haben wir aber nicht gesprochen. Ebenso sind Stefan und seine Frau da. Sie fahren in 5 Monaten von Kiel mit einem Tandem und „Wohnanhänger“ nach Finistère in der Bretagne und wieder zurück.
Morgen habe ich theoretisch noch 65 Kilometer bis zum Campingplatz Paris Est. Mal sehen, ob das so funktioniert.
Samstag, 08.06.2024: Trilport - Champigny Heute das Halbfinale - auf nach Paris!
So einen starken Tau, wie heute Morgen, hatte es auf der ganzen Strecke nicht. Ich habe das nasse Zelt zusammengepackt, mich von Stefan verabschiedet und ihm und seiner Frau eine gute Reise nach Finistère gewünscht. Ab Trilport bin ich dem Canal de l’Ourcq gefolgt. In der Früh ein einsamer Weg. Das Radfahren entlang des Kanals ist eigentlich verboten. An jeder Einfahrt hängt ein Verbotsschild. Die Franzosen halten sich allerdings auch nicht an das Verbot. Mein Navi schlägt mir keine passende Umgehung vor. Deshalb bewege ich mich respektvoll auf dem Weg und bekomme auch keine Schwierigkeiten. Ich weiß nicht genau, wie ich mich in solchen Situationen verhalten soll. Logischer Weg, weg von der Straße, gegen Verbot.
Nach Meaux ging es zwei Kilometer über einen Feldweg, der mit Kies und Glasscherben aufgefüllt war. Zum Glück sind da schon viele Male Traktoren darübergefahren und die scharfen Splitter waren weg. Glück gehabt!
Die nächsten 30 Kilometer konnte ich wieder am Canal fahren und bin so nach Paris Ost gekommen. Ziemlich viel los auf den Radwegen. Radler, E-Scooter, Läufer, … Dazu immer ein Auge auf Navi und Verkehr. Die letzten 15 Kilometer dann quer durch Paris.
Ich war froh, auf dem Campingplatz angekommen zu sein. Eine Oase der Ruhe in der Stadt. Für einen Campingplatz nicht billig, aber alles, was das Herz begehrt. Wegen meiner entladenen Powerbank habe ich an der Rezeption gefragt und dort lädt man sie ohne Probleme auf. Das nächste Mal nehme ich doch mein Solarpanel mit.
Sonntag, 09.06.2024: Finale in ParisVom Campingplatz aus sind es 16 Kilometer bis zur Champs Élysée. Selbst oder gerade am Sonntag sind so viele Radler, E-Scooter. Rennradler, Gravelbiker, E-Biker, normale Radler, Geisterradler, Fußgänger, Jogger und auch Autofahrer unterwegs.
Paris ist schon im Olympiafieber. Überall stehen Bauzäune und Tribünen werden aufgebaut. Ein Teil der Straßen und Wege ist bereits gesperrt.
Und dann konnte ich doch in aller Ruhe die Champs Élysée hochradeln. Das war ein erhebendes Gefühl. Eine Runde um den Triumph-Bogen gehört mit dazu.
Dann bin ich zum Eifelturm.
Nach vier Stunden Stadt hat es gereicht. Dann war ich erschöpft vom Aufpassen und Schauen.
Morgen habe ich noch Zeit. Da werde ich wahrscheinlich ins Umland fahren. Da ist es ruhiger.
An dieser Stelle vielen Dank an meine Familie, dass sie mir die Zeit für diese Reise gegeben hat.
Ein Dank auch an mein Fahrrad, das mich soweit getragen und mir viele Schlaglöcher verziehen hat.
Dienstag, 11.06.2024: RückreiseAm gestrigen Tag habe ich einen unspektakulären Ausflug entlang der Seine gemacht.
Heute habe ich mir Zeit gelassen mit dem Aufstehen. Später bin ich zur nächsten Boulangerie geradelt. Dort habe ich mir ein Croissant und ein Pan au Chocolat gekauft da meine Vorräte nahezu aufgebraucht sind. Auf dem Campingplatz habe ich meinen letzten Espresso gekocht.
Um 10 Uhr war das Zelt trocken und der Himmel sah gewittrig aus. Ich bin gemütlich zum Busbahnhof Bercy geradelt. Welch ein Unterschied, wenn man nicht im Berufsradelverkehr unterwegs ist.
Der Busbahnhof hat 80 Bussteige. Sie sind nicht alle belegt, aber trotzdem ist viel los. Leider ist die sanitäre Situation sehr schlecht. Für so viele Reisende stehen gerade einmal zwei Toiletten zur Verfügung. Dementsprechend riecht es überall nach Urin.
Meine IKEA-Taschen habe ich nicht gebraucht. Die Vorderradtaschen habe ich in den Packsack und die Hinterradtaschen musste ich nicht einmal zusammenbinden. Alles war ganz entspannt.
Am Bus (Paris - Bratislava) war ein Radträger für drei Fahrräder angebracht. Der Fahrer hat mich gebeten meinen Lenker um 90 Grad zu drehen, da noch zwei weitere Fahrräder kommen würden. Gut, dass ich mein Werkzeug griffbereit hatte. Auch die Gummihandschuhe taten einen guten Dienst. Wer mag schon 12 Stunden mit dreckigen Fingern im Bus sitzen?
Pünktlich um 17:25 Uhr war Abfahrt in Paris. Am Morgen waren fünf Minuten zu früh am Zentralen Omnibusbahnhof in München. Busfahren ist nicht so bequem wie das Zugfahren, aber ohne Umsteigen so eine Strecke zu fahren ist einfach super.
In München habe ich noch gefrühstückt und bin dann mit dem Zug nach Kempten.
Fazit der Reise:
- Die Regentage haben mir wenig ausgemacht. Zelten hätte ich allerdings nicht wollen.
- Trotz meiner eingeschränkten Sprachkenntnisse bin ich in Frankreich gut zu Recht gekommen. Man hat es mir aber auch nicht allzu schwer gemacht.
- Die Umstellung von Land zu Stadt fällt mir, nach wie vor, schwer. Mit vielen Menschen komme ich dann plötzlich nicht so gut klar.
- Die Rückfahrt aus Frankreich nach Süddeutschland mit dem Bus ist deutlich einfacher als mit dem Zug.
- Das nächste Mal würde ich mein Solarpanel mitnehmen. Der Nabendynamo schafft es nicht, die Powerbank zu laden.
- Nie wieder ohne Espresso-Kanne auf Radreise
Viele Grüße
FizRoy