Dauer: | 24 Tage |
Zeitraum: | 9.5.2024 bis 1.6.2024 |
Entfernung: | 900 Kilometer |
Bereiste Länder: | Albanien Griechenland
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Hallo liebe Forumsmitglieder,
nachdem ich bereits oft von euren Beiträgen profitiert habe möchte ich euch einen kurzen Abriss meiner Albanien Fahrt in diesem Mai/Juni zusammen schreiben. Ich werde nicht alle Etappen im Detail aufzählen, dafür die Punkte nennen, die mich im Vorhinein interessiert haben.
Wir waren zu zweit unterwegs, mit 2 Rädern und einer Campingausrüstung. Entschieden haben wir uns bei der Ausstattung der Campingausrüstung -auch dank des Forums- für einen Benzinkocher. Dieser hat uns gute Dienste geleistet. Wir benutzen zur Routenplanung den Brouter und laden die GPX Daten auf das Smartphone. Wir versuchen so wenig Dinge wie möglich dabei zu haben, aber auch auf Unvorhergesehenes vorbereitet zu sein. (Medizin, Regen, Werkzeug, …) Das ergibt pro Rad zwei Gepäcktaschen am Gepäckträger, mein Mitreisender hat noch zwei kleine Packs an der Vordergabel und das Zelt auf dem Gepäckträger. Mein Rad hat noch eine große Rahmentasche.
Wir wissen morgens meist nicht wo wir abends landen und entscheiden jeden Tag aufs Neue was die Kondition und Laune so hergibt. Gerne halten wir auch an Orten, die uns spontan gut gefallen.
Gestartet sind wir vom Frankfurter Flughafen aus nach Preveza (Nordgriechenland) um dann später von Tirana den Nachhauseweg anzutreten.
Wir kamen gegen mittags am Flughafen Aktio an. Transportiert haben wir die Räder in zwei Kartons.
Der Flughafen liegt südlich der Stadt Preveza und diese ist durch eine Bucht getrennt vom Flughafen. Für Autos wurde ein Tunnel gebaut, der nicht von Rad- und Fußgängern benutzt werden darf. Dies ist aber kein Problem. Man radelt dort einfach an die Mautstation des Tunnels und die Mitarbeitenden dort rufen einen kostenlosen Transfer, der innerhalb von ca. 10min da war.
Kurz danach trafen wir zwei Radreisende aus Italien, die aus Albanien kamen, die wir direkt nach der Hundesituation dort ausgefragt haben. Diese empfahlen uns einen Stock, den wir uns ebenso zugelegt haben. Der Stock wurde im Lauf der Reise noch sehr hilfreich zur Abschreckung. Im Gegenzug konnten wir den beiden Italienern unsere Tunnelerfahrung mitteilen, worüber diese glücklich waren. Denn im Internet finden sich verschiedene widersprüchliche Hinweise zur dortigen Situation.
Am ersten Tag waren wir nur ca. 20km unterwegs und noch etwas geschlaucht von der Anreise, da wir nachts um 2 in unserem Heimatort mit dem Taxi zum Flughafen aufbrechen mussten und ich zudem noch etwas erkältet war. Wir folgten dann 2 Tage dem Euro Velo 8 zum Grenzübergang bei Konispol. Mangels Campingplatz verbrachten wir eine Nacht bei Tsanis in seiner neu eröffneten Unterkunft. Wir stellten fest, dass er kurz vorher noch in Deutschland in unsere Nachbarstadt gewohnt hat und nun zurück in die griechische Heimat ist.
Wir hatten im Vorhinein gelesen, dass Geldautomaten auf dem Land rar sind und so war es dann auch. An der Grenze Konispol gibt es ebenfalls keinen Geldautomaten und keine Wechselstube. Kurz vor dem Badeort Ksamil überquert man per Kabelfähre eine kleine Bucht. Direkt vor der Fähre bot ein Mann Geldwechsel an. Wir waren jedoch noch unsicher ob der angebotene Kurs ein guter ist und bezahlten die Fähre noch in Euro.
In Ksamil haben wir dann festgestellt, dass der Kurs des Mannes sehr fair war, da die Automatengebühren in Albanien allgemein sehr hoch sind. Die günstigste Gebühr lag bei 6€, die höchste von uns benutzte lag bei 8€. Es gab aber auch Automaten, die eine noch höhere Gebühr verlangt hätten. Wir haben Kreditkarten, mit denen man weltweit kostenlos abheben kann. Die Gebühren waren tatsächlich die Betreibergebühren. Wichtig ist, sich das Geld immer in Lek ausgeben und den Wert auch in dieser Währung berechnen und anzeigen zu lassen. Ansonsten würden weitere Gebühren fällig, die bei 100€ bis zu 15%, also 15 € betragen hätten. Wir hatten sowieso den Eindruck, dass die Bedienungsoberfläche der Automaten besonders war und fanden diese teils sehr verwirrend. Wir trafen Reisende, die vor der Geldausgabe noch eine kleine Rechenaufgabe am Automaten lösen mussten.
In Ksamil campierten wir auf dem Dach eines kleinen Hauses. Dieses gehörte einer Familie, die sich mit Wohnmobilstellplätzen rund um ihr Haus eine Gewerbe aufgebaut hat. Wir wurden sehr sehr herzlich mit Kaffee, Keksen und Kuchen empfangen. Die Chefin des Hauses hatte vor unsrer Ankunft einen Bericht über Geflüchtete gesehen und war noch etwas aufgewühlt, als wir mit ihr sprachen. Sie hat uns erzählt, dass sie und ihr Mann während des Kommunismus geflohen waren und illegal in Griechenland gelebt hatten und nun endlich ihr Leben selbst gestalten können
Ksamil ist ein Paradebeispiel dafür, wie Tourismus einen Ort verändern kann. Ich schreibe das möglichst wertfrei, da Geschmäcker ja verschieden sind und ich verstehen kann, dass die Menschen vor Ort froh sind nun einen florierenden Wirtschaftszweig zu haben. Es entstehen sehr viele Hotelanlagen und die ursprüngliche natürliche kleine Bucht wird dadurch künstlich verformt. Da wir nicht noch einen größeren Exkurs in die Tourismusindustrie machen wollten, ließen wir den größeren Badeort Saranda aus und fuhren weiter bis nach Himare.
Dort gibt es einen wunderschönen kleinen Zeltplatz, der auf der steinigen Küsten angelegt ist. Der Sohn der Betreiberfamilie lebt eigentlich in der Schweiz, kommt während der Saison nach Hause um der Familie mit dem Campingplatz zu helfen. Er erzählte uns auch, dass der Platz im Winter vom Meer abgeräumt wird und im Frühjahr wieder aufgebaut wird.
Nach Himare ging es in Richtung Llogara Pass, der ca. 1000 Höhenmeter überwindet. Wir hatten Respekt davor, aber versuchten möglichst entspannt an die Sache ranzugehen. Ich habe mir gesagt, ganz egal wie lange es dauert, wir werden schon ankommen.-Und nach ca. 3h mit kleinen Pausen waren wir dann auch oben.
Danach ging es weiter in Richtung Vlora. Auf der Nordseite des Llogara Passes lieht ein sehr schöner Wald, den wir aber nur durchbraust haben. Hier lohnt es sich bestimmt ein bisschen zu verweilen. In Vlora haben wir auf einem sehr schönen entspannten Campingplatz im Naturschutzgebiet 2 Nächte verbracht und einen Strandtag eingelegt.
Wir haben im Lauf der Reise festgestellt, dass vieles in Bewegung ist in Albanien und man sich auf Interneteinträge und auf Ausschilderungen was Campingplätze, Restaurants, Shops, etc. angeht nicht verlassen kann. Unsere Taktik war es in Google Maps zu suchen und dann in den Rezensionen nach „Neusten“ zu sortieren: Tauchen dort welche auf, scheint der Ort (noch) zu existieren.
Auch die Küste ist stark durch den Menschen n Bewegung. Viele Orte werden bebaut oder auf Bebauung vorbereitet. Einmal passierten wir einen menschenleeren Strandabschnitt, dessen Oberfläche auf mehreren hundert Metern einfach durch Bagger abgeschoben worden war. Vorher war der Strand bestimmt einmal schön. Dies war mitunter Grund für uns zu beschließen die Küste zu verlassen und das Vjosa Tal hinaufzufahren.
Auf dem Weg dorthin passierten wir auch einen Ölberg, der früher mal genutzt wurde. Als wir den Berg passierten, lagen die meisten Ölpumpen brach und die kaputte, rostige Infrastruktur erzeugte ein unwirkliches Bild. Es roch teils stark nach Gasen und Öl trat aus kaputten Leitungen aus. Trotzdem war es ein faszinierender Ort und die Reise zum und durch das Vjosatal war der Höhepunkt unserer Reise. Das Vjosatal ist eines der letzten unberührten Wildflusstäler Europas und sehr sehr beeindruckend.
Wir folgten der SH4, SH80 und Sh65 entlang der Vjosa und je mehr Flusskilometer wir machten, desto kleiner und schöner wurden die Straßenabschnitte. Wir verließen die Vjosa an der griechischen Grenze in Richtung eines Hochplateaus, auf dem auch die Stadt Korce liegt. Rund um Korce sind viele Kirschenfelder angelegt und an den Straßen werden Kirschen verkauft, die aneinandergereiht sind an Schnüren.
Der Weg von Korce an den Ohridsee war für uns ein seltsames Erlebnis. Dort erfuhren wir auch die ersten beiden Hundeattacken unserer Reise, die im weiteren zunahmen. Meist wurden wir in oder kurz vor Städten angegriffen. Auf dem Weg zum Ohridsee von einem großen weißen Hund, der uns auf freiem Feld entgegen gerannt kam. Dort ging es zum Glück bergab. In allen anderen Fällen konnten wir die Hunde mit lauten Rufen und Drohgebärden abhalten uns weiter anzugehen. Wir hatten zuvor auch gelesen, dass es helfen soll langsam zu fahren und sogar abzusteigen. Ich kann das für mich nicht bestätigen, insbesondere wenn es große Hunde sind, die mit einer großen Geschwindigkeit kläffend und fletschend auf mich zurennen, habe ich wirklich keine Lust abzusteigen.
Wir sind meist auf Straßen gefahren, Radwege haben wir nur in den Städten Vlora, Durres und Tirana befahren. Die Straßen waren unserer Meinung nach in gutem Zustand und die vielgenannten Schlaglöcher haben wir nicht so wahrgenommen.
Der Weg zum Ohridsee selbst führte durch eine teils verlassene Landschaft und Dörfer, die nur noch wenig bewohnt sind. Immer weide sind die großen Wohnungsbauten der Kommunisten zu sehen.
Der Ohridsee ist sehr schön und beeindruckend groß. Von dort aus fuhren wir wieder in Richtung Küste. Der Plan war über Elbasan in Richtung Durres zu fahren. Jedoch war die Straße aufgrund des Grenzverkehrs (viele LKWs, Reisebusse etc.) für uns zu heftig. Sodass wir nach ca. 25km einen Stopp bei einem Restaurant machten und die Busfahrer ansprachen ob sie uns mitnehmen könnten. Dies klappte dann auch.
Wir trafen auch einen sehr entspannten radelnden Schotten, der die Strecke als nicht schlimm empfand. Für mich war es jedoch die absolute Horror Strecke: Enge Straße, viel Schwerlastverkehr, der ohne Rücksicht überholt. Dies war für uns auch die einzige negative Ausnahme. Bis auf den genannten Horrorabschnitt wurde auf uns große Rücksicht genommen. Immer wieder kam es vor, dass uns begeistert zugewinkt wurde.
Durres hat einen langen, mehrere Kilometer langen Strandabschnitt mit Promenade, auf dem es sich meist auch ganz gut radeln lässt. Es reihen sich Unterkünfte und Bars aneinander. Das Meer sah dort für meinen Geschmack sehr trüb aus. Ein paar Strandtage haben wir südlich von Durres am "Strand des Generals" gemacht. Bis auf viel Kleinplastik im Boden und Sand, war es dort augenscheinlich relativ sauber und vor allem ruhig.
Nach ein paar erholsamen Tagen fuhren wir den letzten Teil der Strecke nach Tirana um dort nochmal zwei Nächte in einer Unterkunft zu verbringen.
Ich hatte die Unterkunft so ausgesucht, dass sie in der Nähe einer Straße liegt, in der viele Radshops sind. Dort haben wir auch nach kurzem herumfragen einen Shop gefunden, der Radkartons für 10 Euro das Stück verkauft.
Unterwegs sind immer wieder Auto Waschanlagen zu sehen, die meist aus ein bis zwei Personen und Hochdruckreinigern bestehen. In Tirana ließen wir unsere Räder auch in einer solchen Reinigen, bevor sie eingepackt wurden für die Rückreise.
In den von uns bereisten Abschnitten Albaniens war die Verschmutzung der Umwelt heftig und in verschiedenen Facetten sichtbar. Die Abwässer laufen ungefiltert in die Böden, der Boden ist teils durchsetzt von Müll und Plastik. Ich war auch schon auf anderen Kontinenten unterwegs und habe das in Europa bisher noch nicht so extrem gesehen.
Viele Albaner sprechen Englisch, Italienisch oder auch Deutsch, da viele nach dem Zusammenbruch des Kommunismus das Land verlassen haben. Wir haben viele aufgeschlossene, herzliche und hilfsbereite Menschen getroffen und haben die Albanerinnen und Albaner sehr ins Herz geschlossen.
Ich liebe das Reisen weniger wegen dem Ankommen an konkreten Zielen, als vielmehr wegen des Unterwegs Seins und der Atmosphäre der jeweiligen Orte. Und so kann ich kann Albanien sehr empfehlen wegen der Menschen und der Orte abseits der Strände.