Behinderung + Radsport - Radreise & Fernradler Forum

In Antwort auf: irg

Ich denke, viele Schranken, die durch Behinderung aufgebaut werden, bestehen v.a. im Kopf durch bestehende Denkverbote. (Bitte nicht fehlinterpretieren, es gibt natürlich auch reale Grenzen, und die nicht zu knapp. Aber meistens beginnt die Barierre im Kopf: "Weil ich/du behindert bin/bist, kann ich/kannst du nicht...." Diese Denkschranken zu überwinden lohnt sich, ich habe da auch eigene Erfahrungen damit gesammelt.

Einerseits stimme ich dir absolut zu. Aber es gibt auch ein andererseits und dieses andererseits sorgt dafür, dass ich solche Filme wie den oben verlinkten nicht uneingeschränkt toll finde. Die zeigen die genaue Gegenposition zu 'ich bin behindert und kann nicht...', nämlich 'ich bin behindert und kann trotzdem alles'. Und laufen m.E. gerade deswegen Gefahr, indem sie suggerieren 'egal wie deine individuellen Voraussetzungen sind, du darfst trotzdem nicht auffallen und auf gar keinen Fall das Recht für dich in Anspruch nehmen, irgendetwas nicht zu können oder Hilfe zu benötigen'.
Die 'Behinderten' im wirklichen Leben sind eben nicht entweder bemitleidenswerte Kreaturen, die gar nichts selbst auf die Reihe bringen oder Superstars, die den 'Nichtbehinderten' erstmal zeigen müssen, wie man (z.B.) richtig MTB fährt, sondern genau wie alle anderen auch in der großen Mehrheit 'ganz normale' Leute, die ihren ganz persönlichen Alltag mehr oder weniger gut meistern. Und sie alle verdienen meine Achtung genau dafür und nicht nur die (egal ob 'behinderten' oder 'nichtbehinderten') Superstars.

Martina

#803091 - 24.02.12 08:39 Re: Behinderung + Radsport [Re: Martina]
irg Mitglied abwesend Beiträge: 6.593	Hallo martina! Du hast recht. Behinderte, die aus oder trotz ihrer Behinderung etwas Besonderes machen, sind außergewöhnlich. Ich freue mich über jeden von ihnen. Andererseits legen sie eine hohe Latte, von der gar nicht so wenige erwarten, dass die anderen auch darüber springen müssen: "Der hat das doch auch geschafft!" Das kann und will (und muss!) nicht jeder. Und, wie im Video zu sehen ist, viele haben schon gar nicht den Zugang dazu, wenn ich alleine an den hohen und damit im Allgemeinen teuren technischen Aufwand denke, der dafür betrieben wurde. Vielleicht liegt der Knackpunkt eher darin, dass bei Behinderten gerne in Extremen wahr genommen wird. Entweder ist jemand der Superstar -oder eben das Garnichts, das sich am besten in der Unsichtbarkeit verkrümelt. Mein behindertes Kind wäre, wenn es einen Preis für Lernen und Beitragen-Wollen gäbe, eine Anwärterin für einen Platz in der ersten Reihe der Preisträger. Und wenn sie es schafft, in der Tagesförderstätte, die sie besucht, den Geschirrspüler aus zu räumen oder den Tisch mit zu decken, ist sie meistens für den Rest des Tages erledigt. Ein Fall für den Mülleimer? Oder ein behindertes Mädchen, das seinen Beitrag zur Gesellschaft leistet, so gut es kann? Was auch nicht übersehen werden sollte ist, dass gar nicht so wenige der Vorzeige-Behinderten ihren Status nur geschafft haben, indem sie sich die Latte extrem hoch gelegt haben und mit sehr, sehr hohem Ehrgeiz an sich gearbeitet haben. Die erreichte Leistung ist ein Grund, ehrlich stolz auf sich zu sein, der Preis, um den dies geschehen ist, ist mitunter ein hoher. Perfektionismus passt mit einem glücklichen Leben nicht besonders gut zusammen. Letztendich darf niemand nur über Leistung definiert werden. Jeder Mensch verdient Achtung, alleine, weil er ein Mensch ist. lg! georg
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