Hallo,
auch dieses Jahr haben wir die Karwoche wieder für eine kleine Radreise in Italien genutzt: von Verona wieder einmal durch die große Ebene und dann über den Apennin an die Ligurische Küste und dann noch weiter nach Lucca.
Wir sind fünf Tage geradelt, wovon der erste Tag wegen der Anreise eigentlich nur ein halber Radltag war:
- Erster Tag: Anreise nach Verona, dann mit dem Rad nach Mantua
- Zweiter Tag: von Mantua nach Parma
- Dritter Tag: von Parma in den Apennin in einen kleinen Ort Borgo Val di Taro
- Vierter Tag: von Borgo Val di Taro über den Passo del Bocco nach Chiavari an der Ligurischen Küste
- Fünfter Tag: mit dem Zug von Chiavari nach La Spezia/Sarzana und von dort mit dem Rad an der Küste entlang bis Forte die Marmi und dann ins Landesinnere bis Lucca
- Sechster Tag: Heimreise mit dem Zug von Lucca nach Salzburg mit einem kleinen Zwischenstopp in Bologna
Die Abfahrt zu Hause war noch sehr winterlich, die Bahnfahrt mit Umsteigen in Innsbruck sehr angenehm. Unsere Radreservierungen sind für einen offenen Sitzwagen mit je einem Hängeplatz in Einstiegsnähe. Da diese üblicherweise von Großgepäck verstellt sind, fragen wir den Schaffner, ob er uns den Gepäckswagen öffnet. Macht er und so haben wir dann in Verona auch ein sehr entspanntes Aussteigen.
In Verona strahlt die Sonne und wir radeln ins Zentrum für das obligatorische Startphoto auf der Piazza Brá.
Der Stadtrand ist rasch erreicht und hier beginnen auch die weitläufigen Obstkulturen
Der Wind meint es heute nicht gut mit uns, aber wir kommen gut voran und genießen die Sonne und die Bewegung
Immer wieder treffen wir auf Radroutenmarkierungen. Meine Planung war offensichtlich ganz gut, und wir haben die ganze Strecke bis Mantua kaum Verkehr.
Die Straßen zeugen stellenweise von den ausgeprägten Mittelmeer-Tiefs der letzten Wochen und Tage.
Überwältigende Landschaften erwarten und sehen wir heute keine, aber es ist ein schöner Tag zum Draußensein.
Der hier seenartige Mincio trennt uns noch von Mantua, dann ist das Etappenziel erreicht.
Mantua kennen wir bereits von früheren Etappenstopps; es ist durchaus touristisch, abends im Ristorante sind wir allerdings die einzigen Nicht-Italiener.
Der zweite Tag beginnt wieder mit strahlendem Sonnenschein
Wir verlassen Mantua Richtung Südwesten, der Wind bläst heute nicht von vorne, sondern stramm von links, wenns grade günstig ist von links hinten
Auch dieser Tag ist nicht der Tag der großen Gefühle
Nein, das waren nicht wir
Der Anstieg des Tages: hinauf auf den Po-Damm
mit schönen Blicken auf den großen Fluss
und auf die andere Seite des Damms
Den hier mündenden Fluss Oglio queren wir auf einer Pontonbrücke
Die nächsten Kilometer entfernen uns wieder vom großen Fluss, aber Wasser gibt es immer noch genug.
Neben dem vorherrschenden Ackerland passieren wir gelegentlich Obst- und Weinkulturen
Bei Viadana queren wir dann den Po und zugleich die Regionengrenze von Venetien zur Emilia-Romagna.
Am südlichen Ufer des großen Flusses liegt Brescello, der Filmort von Don Camillo und Peppone
Beide besuchen wir auf einen kurzen Plausch und einen kleinen Espresso
Von Brescello ist es noch eine gute Stunde bis ans Etappenziel Parma.
Die Einfahrt nach Parma lässt erahnen, worum es hier geht: Schinken, Käse, Pasta. Am gut ausgebauten Radweg, der uns bis weit in die Innenstadt führt, passieren wir ausgedehnte Industrieanlagen.
Die Innenstadt ist an diesem Samstagabend ausgesprochen lebhaft, im Restaurant sind wir wieder die einzigen Ausländer. Am großen Nebentisch feiert eine junge Dame ihren 15. Geburtstag im Kreis ihrer Freunde. Eine der Mütter, die die Gesellschaft dann abholen, erkundigt sich besorgt bei uns, ob sie uns wohl nicht gestört hätten. Wir können beruhigen: nein, absolut nicht.
Die Prosciutteria in der Innenstadt verheißt Köstlichkeiten in der Auslage, am nächsten Morgen kann sich die Verkäuferin gar nicht mehr einkriegen vor Belustigung über meine Unschlüssigkeit, welchen ich denn nun wolle von den vielen, die hinter ihr auf den Regalen liegen. Nach einigem Hin und Her ist die Sache aber klar und ich kann beruhigt von dannen ziehen.
Auch die Panaderia wenige Schritte weiter hat am Sonntagmorgen geöffnet und wir können also in Richtung Apennin aufbrechen, ohne den jähen Hungertod fürchten zu müssen.
Der heutige Tag bleibt grau und trüb, die Wolken hängen im Apennin, aber es bleibt trocken.
Es geht stetig leicht bergan, unter uns sehen wir immer wieder die Autobahn und den Taro im engen Flusstal.
Irgendwann stoßen wir auf die alte Bahnlinie, die offenbar für den Radverkehr adaptiert und asphaltiert wurde. An Wegweiser oder Beschilderung hat aber niemand gedacht.
Am Bahnhof von Valmazzola halten keine Züge mehr, nach Legionen von Radlern sieht es allerdings auch nicht aus
Um die Mittagszeit führen wir den Parma-Schinken aus Parma der ihm zugedachten Verwendung zu.
Der Tunnel kann seine eisenbahnerische Vergangenheit nicht leugnen und verzichtet konsequenterweise auf Beleuchtung.
Am Nachmittag erreichen wir unser Etappenziel Borgo Val di Taro. Abends in der Pizzeria sind wir ein weiteres Mal die einzigen Gäste aus dem Ausland.
Der Seniorchef erzählt uns von seiner österreichischen Großmutter, interessanterweise zwar geboren in der Nähe von Wien, aber eigentlich eine Welschtirolerin, wie man zu Kaisers Zeiten die Trentiner nannte.
Beim Aufbruch am nächsten Tag scheint die Sonne – ein guter Tag für die Apennin-Scheitelstrecke.
Eis, Schnee und Schneekettenpflicht müssen wir heute nicht fürchten
Die Strecke am Taro entlang ist wunderschön und langsam gewinnen wir Höhenmeter
einige Gegengefälle sorgen für ein paar Schweißtropfen extra
Nicht nur auf den Gipfeln, auch in den Schattenlagen unserer Strecke liegt noch Schnee
Santa Maria del Taro ist die letzte Ortschaft, hier beginnt der kontinuierliche Anstieg zur Passhöhe. Die versprochenen Pilze, Käselaibe und Wildschweine begegnen uns aber nicht
Zwei Kilometer vor der Passhöhe überqueren wir die Regionengrenze nach Ligurien.
Den Passo del Bocco erreichen wir um halb eins, den erhofften Kaffee müssen wir uns leider verkneifen.
Wir jausnen kurz, dann ziehen wir uns (fast) alles an, was wir haben und werfen uns in die Abfahrt.
Die Abfahrt ist so einsam wie der Anstieg und mit den fallenden Höhenmetern steigen langsam die Temperaturen.
Schlagartig nimmt dann auch der Verkehr wieder auf italienische Normalverhältnisse zu und viel zu schnell haben wir die Höhenmeter wieder verloren und kommen wir in Chiavari an. Im Schatten von Giuseppe Garibaldi muss ein Reifen getauscht werden.
Dann sind wir auch schon am Hafen
und schauen aufs Meer hinaus – zuerst mit, dann ohne Kaffee
und später mit Aperitiv
Zuhause zeigt der Winter seine letzten Zähne, uns zeigt der Süden seine Früchte
Der nächste Tag beginnt mit einer Zugsfahrt entlang der Ligurischen Küste. Zwei Züge am Tag stehen als Regionalzüge mit Fahrradmitnahme im Fahrplan. Der Fahrkartenautomat weigert sich aber, uns Fahrradkarten für diese Verbindung zu verkaufen („non vendible“), ebenso der Mann am Schalter, der auf „ich weiß von nichts“ macht.
Der Zug ist lange, schwach besetzt und hat tatsächlich kein Radplätze. Wir stellen die Räder hinter die Eingangstür, der Schaffner verliert ebenso wie wir kein Wort darüber und so bringt uns die Bahn nach Sarzana, kurz hinter La Spezia. Dort setzen wir unsere Radtour in dichtem Bewuchs fort
Bald erreichen wir die Küste bzw. die Küstenstraße, denn vom Meer ist auf viele Kilometer hinaus nicht viel zu sehen.
Die Küste ist durchgehend dicht verbaut und auf der Straße donnert der Verkehr, zum Glück gibt es meist einen angenehmen Streifen für Fußgänger und Radfahrer
In Marina di Carrara haben wir Ligurien bereits wieder verlassen und sind nun in der Toskana
Immer wieder schön: diese Blicke von der Küste mit den Palmen in die noch schneebedeckten Apuanischen Alpen.
Das Meer ist nur selten frei zugänglich – hier in Forte dei Marmi
Dort verlassen wir die Küste wieder und biegen ins Landesinnere ab
Pietrasanta
Hier stoßen wir vermehrt auf Beschilderungen des Franziskusweges, der von Canterbury über Assisi nach Rom verläuft, offenbar in öfters unterschiedlichen Varianten für Auto-, für Rad- und für Fußpilger
Hier stehen noch einige Höhenmeter an, die nach dem Trubel der Küste angenehm ruhig sind
Echte Franziskuswegpilger
und der letzte Anstieg unser Tour – und die letzte Abfahrt
Auf den letzten Kilometern des Tages folgen wir dem Serchio
und sind dann schon in Lucca. Lucca kennen wir noch nicht: eine sehr schöne Stadt mit einer begeh- und radfahrbaren Stadtmauer und schönen Plätzen und Sehenswürdigkeiten. Hier die Einfahrt bei einem der mittelalterlichen Stadttore.
Damit ist unsere kleine Osterradreise auch schon wieder zu Ende. Am nächsten Tag steigen wir in Lucca in den Zug und nutzen den Umsteigeaufenthalt in Bologna wieder für eine kleine Runde ins Zentrum
Auf der Piazza Nettuno trinken wir unseren letzten italienischen Espresso und genießen die Frühlingssonne.
Der ÖBB-DB-Eurocity bringt uns dann wieder nach Norden. Auch heute ist der Schaffner so freundlich, den Gepäckswagen für uns zu öffnen, obwohl die Stellplatzreservierungen für die Räder auf Sitzwägen lauten. Abends sind wir dann wieder daheim.
Fazit: es war wieder eine sehr schöne Radreise. Es war unsere vierte und wahrscheinlich schönste Durchquerung der Po-Ebene und die dritte Apenninquerung. Auch diese durchaus empfehlenswert, vor allem der zweite Tag im Apennin war ruhig und sehr schön.
Die Temperaturen waren dieses Jahr eher verhalten und absolut nicht frühsommerlich wie letztes Jahr. Einerseits dem frühen Ostertermin, andererseits dem insgesamt kühlen März geschuldet, aber zum Radeln war es sehr angenehm.
Hans
PS: mehr Fotos von der Reise gibt es in meinem
Album.