Hier noch ein kleiner Bericht von unserer Ostertour dieses Jahr. In der Ideenfindungsphase für diese vier Tage tauchte unter den üblichen Kurztouren im Brandenburger Umland, die ohne viel Bahnreisestress an den Feiertagen erreicht werden können auch eine Idee auf, die insbesondere Bernd schon seit einiger Zeit im Kopf herumspukt. Man kann von uns zu Hause immer am Wasser entlang (Panke - Spree – Havel – Elbe-Havel-Kanal – Mittellandkanal – Dortmund-Ems-Kanal – Rhein-Herne-Kanal – Ruhr) bis zu unserer Verwandtschaft in NRW fahren. Schon zur Silvestertour 21/22 war diese Option unser Plan B gewesen, falls wir Corona-bedingt nicht in die Niederlande gekonnt hätten. War zu dem Zeitpunkt dann aber nicht akut geworden. Dieses Mal gewann die Idee zunehmend Charme: Wegen des begrenzten Zeitfensters über Ostern wollten wir nur den Mittellandkanal fahren. Die Anreise einfach mit direkter Zugverbindung nach Rheine und auch die Abreise aus Magdeburg sollte selbst am Osterwochenende gelingen. Bernd schwärmt schon länger von dieser Idee – meine Begeisterung hält sich anfangs noch in sehr engen Grenzen, aber ich lass mich gern überzeugen. Also Züge gebucht und los geht’s fürchterlich früh am Karfreitagmorgen.
Karfreitag: von Rheine zum Camping Kronensee – 70 kmFür den ersten Tag wird sich Lothar (rayno) zu uns gesellen und mit uns fahren. Wir treffen ihn am Bahnhof Rheine und rollen nach kurzer Bäckerpause zum Start: dem „nassen Dreieck“ wo der Mittellandkanal vom Dortmund-Ems Kanal abzweigt. Es gibt sogar einen Aussichtspunkt, um diese Attraktion ausreichend zu würdigen:
Gleich dahinter ein Imbiss-Wagen mit einladender Sitzecke, an der wir auch nicht einfach vorbeifahren können.
Gibt es am Anfang noch vereinzelte Unwegsamkeiten
so rollen wir schon bald auf einer nahezu endlosen Schotterpiste gen Osten.
Eigentlich unnötig zu erwähnen, dass der Wind, der mindestens 300 Tage im Jahr aus Westen weht, an diesen vier Ostertagen kräftig aus Osten pustete.
Nun, und ab hier bleibt eigentlich nicht mehr viel zu sagen. Es geht auf Schotter rund 400 km in Richtung Osten. Geradeaus. Immer am Kanal entlang, mal auf der linken, mal auf der rechten Seite. Stellt sich die Frage: Ist das nicht total langweilig???? – und tatsächlich kann ich rückblickend sagen: Ü-ber-haupt nicht! Solange man Schotter (und zugegebenermaßen auch Industriekulissen) mag und gern fernab vom Verkehr unterwegs ist, ist der Mittellandkanal eine Super-Option um einmal durch die Republik zu fahren.
Allerdings ist die Begeisterung für den Untergrund nicht bei allen Tourteilnehmern gleich: Einer düst den Mittellandkanal so flott entlang dass wir kaum hinterher kommen. Auch wenn Lothar klaglos jede Schotterpiste mitfährt selbst wenn sich parallel Asphalt-Optionen bieten: als wir ihn am Nachmittag auf das hohe Tempo ansprechen kommt seine Antwort prompt: „Ich möchte bald ankommen…
“
Bald zeigt sich auch die Sonne und unser Zelt schlagen wir schließlich bei schönstem Wetter und allerdings noch frostigen Temperaturen am Kronensee auf.
Ostersamstag: vom Kronensee zum Campingplatz nahe des Steinhuder Meers 90 km Lothar fährt von hier aus wieder nach Hause (auf schönem Asphalt wie er uns versichert), für uns geht es weiter am Kanal entlang.
Am frühen Mittag erreichen wir Schloss Benkhausen, gute Gelegenheit für ein zweites Frühstück.
Und weiter geht’s immer am Wasser entlang
Wir passieren die Jenny, das Ausstellungsschiff des Bundesministeriums für Bildung und Forschung. Die haben wir tatsächlich schon mehrfach mal gesehen – allerdings verpassen wir irgendwie immer die Öffnungszeiten um tatsächlich auch mal drauf zu gehen.
Rechts und links des Kanals gibt es viel Landschaft. Es ist ruhig, von Autos ist man hier weit entfernt.
Die Wegequalität ist recht unterschiedlich und bietet immer wieder Abwechslung. Ich sag ja, langweilig wird’s nicht.
Richtig spannend wird es dann als wir Minden erreichen. Hier kreuzt der Mittellandkanal die Weser mit einem Wasserstaßenkreuz ähnlich wie bei Magdeburg über die Elbe. Das ist schon sehr beeindruckend.
Und als Kind des Ruhgebiets mag ich einfach solche Szenerien:
Wir queren immer wieder mal den Kanal, immer auf der Suche nach der besten Fahrspur…
Dem hier ist nichts hinzuzufügen:
Für den Campingplatz, den wir heute zum Ziel haben, müssen wir kurz vom Kanal abfahren. Offensichtlich hatte ich bei der Planung große Sorge, dass es zu langweilig werden könnte. Anders kann ich mir diese Wegführung nicht erklären…
Kommen dann aber doch irgendwann an und teilen uns die Zeltwiese nur noch mit einem Motorradfahrer.
Ostersonntag: weiter nach Wolfsburg 130 km Der Morgen empfängt uns mit dichtem Nebel. Es ist kalt und ungemütlich und ja, ich gebe zu, einmal zurück am Kanal zeugt der Anblick doch von einer gewissen Trostlosigkeit:
Nur zögerlich lichtet sich der Nebel und langsam nähern wir uns Hannover, was sich vor allem durch die zunehmende Anzahl von Industriebetrieben am Kanal bemerkbar macht.
Wir bleiben am Kanal, umfahren die Stadt so nördlich und machen nur zur Mittagspause einen kurzen Abstecher zu einem nahegelegenen Imbiss.
Der Weg geht mit wechselnder Qualität weiter und es braucht heute sehr lange, bis die Sonne sich endlich durch die Wolken gekämpft hat.
Auch auf solche Tore treffen wir immer mal wieder. Wir sind nicht ganz sicher, was es damit auf sich hat. Ob es sich hier um Wildzäune handelt?
Ostern:
Als die Sonne dann endlich rauskommt ist es wieder wunderschön:
Langsam nähern wir uns Braunschweig und damit dem wie wir finden mit schönsten Abschnitt des Kanals.
Wir passieren eine Neubausiedlung mit Marina, die bei dem Sonnenschein schon fast sowas wie mediterranen Flair hat. Und sicher ganz günstige Quadratmeterpreise…
Die letzten Kilometer nach Wolfsburg im strahlenden Sonnenschein sind ein Traum. Schöner kann geradeaus fahren gar nicht sein:
Die Autostadt in Wolfsburg zwingt uns nochmal zu einem kleinen Schlenker über die Kanalbrücken und dann direkt vorbei an der Teststrecke. Bernd hat große Mühe, sich an das Befahr-Verbot für Fahrräder zu halten.
Der Campingplatz selbst ist -vielleicht nicht ganz überraschend – vor allem auf motorisierte Gäste eingestellt. Für unser Zelt bekommen wir ein Fleckchen Rasen direkt am Sanitärgebäude zugewiesen. Nicht schön aber zweckmäßig.
Ostermontag: von Wolfsburg nach Magdeburg 90 km Auch heute gibt es noch mal Sonne satt - und leider auch nochmal ordentlichen Gegenwind.
Wir erreichen Sachsen-Anhalt. Der Weg verläuft sich hier im Nirgendwo und wir queren einmal mehr den Kanal um wieder auf den Fahrweg zu kommen.
Die Industrie am Kanal haben wir erstmal hinter uns gelassen. Jetzt geht es durch malerische Landschaft und die Schutzgebiete des Drömling weiter.
Einkehren sind entlang des Kanals eher rar. Aber in Haldensleben finden wir in einer Dönerbude immerhin Gelegenheit für ein schnelles Mittagessen. Ab hier fahren wir jetzt auch auf bekanntem Terrain - diesen Abschnitt sind wir mal bei der Anfahrt zum Forumstreffen gefahren.
Kurz hinter Haldensleben biegen wir nach Magdeburg ab. Der Wind ist inzwischen richtig kräftig und bremst uns ordentlich aus. Deswegen fahren wir nicht mehr wie ursprünglich geplant den kompletten Bogen entlang der Elbe nach Magdeburg, sondern kürzen etwas ab und nehmen so – man vermutet es hier nicht – sogar noch ein bis zwei Höhenmeter mit.
Eine letzte Rastmöglichkeit bevor wir dann nach Magdeburg einfahren und in den Zug steigen bietet diese malerische Tankstelle irgendwo im Nirgendwo zwischen Kanal und Magdeburg.
Soweit der kleine Einblick in unsere Ostertour entlang des Kanals von West nach Ost. Ja, es geht viel geradeaus und ja es gibt viel (um nicht zu sagen nur) Schotter, aber langweilig war es tatsächlich keine Minute.
Übrigens: ich schreibe den Bericht grade im Zug sitzend auf dem Weg ins Ruhrgebiet – entlang des Mittellandkanals.