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#1542966 - 22.01.24 12:56
A.f.i.d.R. III-a: Au cœur du Dauphiné
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Dauer: | 13 Tage |
Zeitraum: | 11.8.2022 bis 23.8.2022 |
Entfernung: | 764 Kilometer |
Bereiste Länder: | Frankreich
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Alles fließt in die Rhone III-a: Au cœur du DauphinéEine Nischenberadlung der Dauphiné-Hochalpen mit Gletschertalschlüssen im Fokus des Massif des Écrins und mediterranem Vorspiel in den angrenzenden Dauphiné-Voralpen im Rahmen der Gesamtreise „Alles fließt in die Rhone (Franche-Comté – Auvergne-Rhône-Alpes)“ (2022) 11.-23.8.2022 | 13 Tage 764 km | 16.490 Hm – barometrische Messung Topo-Index: 2158 Hm/100 km Digi-Track (am PC erstellt, kein GPS-Tracking!): Au cœur du Dauphiné Im Herzen des Massif des Écrins: Le Désert-en-ValjouffreyInhaltsverzeichnisALP-2022-TdF-15 Re: A.f.i.d.R. III-a: Au cœur du Dauphiné (Reiseberichte)Dauphiné-Hochalpen I: Grandes Rousses und der nördliche Parc national des Écrins mit dem Val Romanche feat. Col du Sabot, Lac Besson, Les Deux Alpes & Vallée du Vénéon (Le Rivier d'Allemont – Séchilienne) ALP-2022-TdF-16 Re: A.f.i.d.R. III-a: Au cœur du Dauphiné (Reiseberichte)Dauphiné-Hochalpen II: Das Massif du Taillefer mit dem westlichen Parc national des Écrins feat. Valbonnais, La Salette & Valgaudemar (Séchilienne – La Guinguette) ALP-2022-TdF-17 Re: A.f.i.d.R. III-a: Au cœur du Dauphiné (Reiseberichte)Dauphiné-Voralpen I: Dévoluy, Bochaine und östliches Diois feat. Col du Noyer, Col de Carabès, Col des Tourettes, Le Claps de Luc & Col de la Grimone (La Guinguette – Col de Grimone) Ein Tastenwerk steht Kopf: Veynes im Pay de BuëchMeine Sommertour 2022 erstreckte sich erstmals über einen Zeitraum von gut drei Monaten (97 Tage, 6000 km, fast 120.000 Hm). Wer eine allgemeine Übersicht der Tour mit Anmerkungen zur geografischen Einordnung, zu Essen & Trinken, zu ein paar Nachtgeschichten, zu Pannenvorfälllen, zu einigen generellen Beobachtungen in Frankreich und zu dem Dürresommer bzw. der Klimaentwicklung sucht, kann sich die Einführung auf meiner Website anschauen: Alles fließt in die Rhone (Pedalrunde für Fortgeschrittene im südlichen Ostfrankreich durch Jura, Alpen und Zentralmassiv – Franche-Comté/Rhône-Alpes/Bourgogne). Die Teilberichte zu der Gesamtreise mit mehr Details zu den Etappen und umfänglichen Bilderstrecken setze ich hier im Forum nunmehr mit einer weiteren Region fort. Du findest bereits folgende Teilberichte zu den chronologisch zuvor befahrenen Regionen: • Alles fließt in die Rhone I/V: Jura (F) (Reiseberichte) • Alles fließt in die Rhone II: Alpes Savoie (Reiseberichte)Stimmungsvolles Intermezzo zwischen alpiner und mediterraner Klimazone sowie zwischen Hoch- und Vorlapen des DauphinéBei der Einteilung der Tour habe ich den Umfang einiger Bereiche falsch eingeschätzt. Zudem ergaben sich durch meine 2023er-Reise weitere geografische Überschneidungen mit meiner 2022er-Reise, sodass sich einige Regionen nochmals für die sinnvoll zusammengelegten Reiseteile weiter vergrößerten. Der bereits zusammengelegte Teil der Savoyer Alpen erreichte dabei schon eine kritische Berichtsgröße für die Forensoftware. Folglich muss ich abweichend von der ursprünglichen Nummerierung noch einige Unterblöcke einführen – will sagen, die Zahl der (geplanten) Teilberichte erhöhen. Die Dauphiné-Alpen unterscheiden sich nochmals in Hoch- und Voralpengruppen, wenngleich mit „Dauphiné-Alpen“ oft nur die entsprechende Hochalpenregion gemeint ist. Aber auch Dévoluy, Bochaine, Vercors, Diois, Baronnies und Monts Vaucluse sind noch Teil der Dauphiné-Alpen, sprich Dauphiné-Voralpen (Westalpengruppen vgl. diese Karte gemäß der SOIUSA.). Gemeinhin wird im Sinne der historischen Landschaft auch schlicht von dem oder der Dauphiné (alt: Dauphin) gesprochen (frz. Le Dauphiné). Wer die Region verspeisen möchte, muss keine schweren Steine zerkauen, sondern kann sich ein köstliches Gratin Dauphinois einverleiben – die Krönung aller Kartoffelgerichte. Der sog. Ritterkönig François Ier, auch Reisekönig genannt mit einem ziehenden Hofstaat von 18.000 Pferden, kriegerisch expansiver Herrscher, aber auch Förderer der schönen Künste der Renaissance wie Reformer des Finanzwesenes, erhielt als noch junger König 1515 seinen Ritterschlag in dem kleine Alpendorf La Garde-en-Oisans, dass wildromantisch über dem Romanche-Tal und an der Alpe-d’Huez-Strecke liegtZunächst werde ich also etwas ungewollt berichtstechnisch nochmal getrennte Blöcke zu den Dauphiné-Alpen einführen, wobei sich die Dauphiné-Hochalpen-Beradlung und der hier noch anschließende eher östliche Teil der Dauphiné-Voralpen ausschließlich auf die 2022er-Reise beschränkt. Die von mir beradelten Teile befinden sich dabei mittig umschlossen von anderen Gruppen der Dauphiné-Alpen oder Teilen der angerissenen Gruppen, sodass wir auch vom „Herzen der Dauphiné-Alpen“ oder eben schlicht vom „cœur du Dauphiné“ sprechen können. Neben den Hochalpenanteilen entfallen dabei Voralpenteile auf das Dévoluy, das Bochaine (Pays de Buëch) sowie auf einen östlichsten Streifen des Diois. Bochaine und Diois sind dabei wiederum nicht deckungsgleiche Begriffe für historische Landschaften bzw. Verwaltungsregionen einerseits und Gebirgsmassiven andererseits – etwa im Gegensatz zum Vercors, was nur ein geologisch definiertes Gebirgsmassiv bezeichnet. So überlappen sich etwa Verwaltungsteile des westlichen Bochaine mit dem Diois oder Teile des südlichen Vercors mit dem Diois. Indes sind einige Grenzen verschieden interpretierbar, so etwa auch die südliche Grenze des Vercors, die meistens durch die Passroute des Col de Ménée definiert ist, zuweilen aber auch erweitert wird auf die Passlinie des Col de Grimone, der im unteren westlichen Teil einige bereits sehr typische Vercors-Schluchten bildet, wenngleich Schluchten auch das Diois prägen. Die Gorges des Gâts im nordwestlichen Diois trägt bereits typische Merkmale von Vercors-Schluchten, wird dem Vercors aber meist noch nicht zugeordnetEs verbleibt dann für einen weiteren Bericht noch ein Revier der westlichen Dauphiné-Voralpen auf einer langen Linie von Norden nach Süden, die ich auf sich überschneidenden und ergänzende Routen 2022 und 2023 gefahren bin. Ob ich diesen Voralpenteil dann in einem Exposé oder nochmals in zwei Berichte unterteilen werde, lasse ich noch offen, ist aber wahrscheinllich, sodass es vermutlich Berichte III-a, III-b und III-c zum Dauphiné geben wird. Ich möchte auch schon deswegen meine Dauphiné-Alpen-Exkursion nicht bis zur Unkenntlichkeit zusammenkürzen, weil für mich insbesondere der Hochalpenteil quasi meine Initiation zum radreisenden Alpenpassfahrer darstellt, die ich im Jahre 2002 im Angesicht des Écrins-Massivs vollzog. Es ist daher auch kein Zufall, dass meine Westalpenerfahrungen immer einen gewissen Vorsprung gegenüber den Ostalpenrevieren haben, die wiederum den deutschen Alpenradlerinnen und -radlern meistens vertrauter sind. Diese meine „Uralpen“ stehen hier zur Disposition und ausgerechnet dort brach der sog. Dürresommer für gut zwei Tage kräftig ein, sodass mir einige Traumausblicke verwehrt waren und ich die noch denkbaren Quelltäler des Drac ganz ausgeschlagen hatte, sodass der Block doch etwas kürzer ausfällt als zunächst gedacht. Einige Wettereinbrüche verhinderten manchmal ungetrübte Blicke auf die Traumkulissen: Das Massif des Écrins im oberen ValgaudemarWie schon in den Savoyer Hochalpen am Vanoise-Massiv, bleibe ich auch diesmal am zentralen Écrins-Massiv ausschließlich auf der westlich zugewandten Seite, somit also insbesondere jenseits des Durance-Tals und seiner Seitentäler. (Wer sich für die Durance-Seitentäler im Osten der Dauphiné-Hochalpen interessiert, kann einen Blick in meinen PACA-Bericht von 2017 werfen: PACA-5 Haute Durance mit Guillestrois & Parc National des Écrins Re: Alpes Occidentales „PACA“ (Reiseberichte)). Gleichzeitig bleibe ich im Écrins nördlich dem Col Bayard, der so etwas wie das Tor zum Süden auf der Route Napoléon darstellt. Stattdessen zweige ich zuvor über das Dévoluy nach Südwesten in die Dauphiné-Voralpen ab. Dabei entwässern ausnahmsweise vom Rest der Tour die Flüsse des Dévoluy und Pays de Buëch in einem südöstlichen Bogen über die Durance erst weit südlich bei Avignon in die Rhone, während sich Vercors und Diois weitgehend über die nach Westen in die Rhone mündenden Flüsse Isère, Drôme und Eygues entwässern. Das Écrins-Massiv unterbreche ich zwischenzeitlich einmal, um das weniger bekannte Taillefer zu queren, wenngleich sich dessen östliche Talschlüsse auch wieder vor den Gipfelflanken des Écrins-Massivs wiederfinden. Über das Dévoluy erreiche ich das Pays de Buëch, welches eine breite Talsohle mit den beiden Quellflüssen von Grand und Petit Buëch bildet, quere aber nicht das östlich angrenzende Bergmassiv der Bochaine-Gruppe. Das Bochaine wird allerdings über die Tallandschaft weit ins östliche Diois hinein bestimmt, wobei ich auch auf diese Weise in einem ummantelten Kern – also dem Herzen vom Dauphiné – verbleibe, was auch noch für den weiteren Weg im Diois und am östlichen Rand des Departments Drôme gilt, von dem ich wieder ins Bochaine und das Department Hautes-Alpes zum Finale dieses Berichts am Col de Grimone zurückkehre. Der erste Teil aber gehört noch ein paar weniger bekannten Varianten in der radsportverrückten Region von Alpe d’Huez im Les-Rousses-Massiv, welche einige Panoramarouten über dem Romanche-Tal bereithält, sodass man zunächst die betriebige Talsohle um Le Bourg-d‘Oisans vermeidet. Überragende Panoramafahrt über dem Romanche-Tal zum Pas de la Confesion
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Geändert von veloträumer (24.01.24 18:15) |
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#1542969 - 22.01.24 13:06
Re: A.f.i.d.R. III-a: Au cœur du Dauphiné
[Re: veloträumer]
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ALP-2022-TdF-15 Dauphiné-Hochalpen I: Grandes Rousses und der nördliche Parc national des Écrins mit dem Val Romanche feat. Col du Sabot, Lac Besson, Deux Alpes & Vallée du Vénéon (Le Rivier d'Allemont – Séchilienne)Wer noch im Bilde meines Berichts zu den Savoyer Alpen ist, wird sich erinnern, dass ich bereits im Savoyer Maurienne-Tal in Teile der Dauphiné-Alpen vorgedrungen war, weil sich zwischen beiden Begriffen eine Schnittmenge ergibt. Insbesondere endete das letzte Kapitel in einer lang gewundenen Kluse zwischen Belledonne-Gruppe nach Nordwesten und den Grandes Rousses nach Südosten, wobei ich zuvor den Col du Glandon gequert hatte und am Lac de Grand-Maison vorbeidefiliert bin. Diese Erinnerung ist gut zu wissen, denn der erste Tag bringt nochmal einen rückwärtigen Blick in dieses obere Vallée de l'Eau d'Olle, obwohl die Berge zunächst eine gewaltig hochgezogene Sichtsperre in alle Richtungen bilden. (Do 11.8.) Le Rivier d'Allemont – Le Verney – La Condamine – Vaujany – La Vilette – Le Collet – Col du Sabot (2100 m) – Vaujany – Le Verney – Allemond – Villard Reculas60 km | 2045 Hm Le Rivier d’Allemont (im Gegensatz zum nur wenig weiter unten liegendem Allemond mit „t“ geschrieben! – und Teil dieser Gemeinde) hat kaum Platz für eine Ausdehnung jenseits der Straße und so bleibt das bald wieder abschüssige Tal sehr schmal. Anders jedoch als zuvor oberhalb von Allemont sind die Hänge dichter bewaldet, die Wasserfälle rauschen ganz nah an die Straße ran. Die Abfahrt endet zunächst am Lac du Verney, der hier das leicht breitere Tal mit seiner Seefläche auskleidet. Sehr versteckt zweigen vom See mehrere, serpentinenreiche Anstiege ab, darunter der folgende zum Wintersportort Vaujany, der bereits eine Seilbahnverbindung zum Hochplateau bei Alpe d’Huez anbietet. Indes öffnet sich der Ort an der Talstation erst nach einem engen Felsspalier, aus dem sich ein weiter Talkessel herausschält. Das Angebot für eine Proviantaufstockung ist indes ziemlich mager und wie für solche Orte typisch überteuert, einige Shops hoffen wohl auch auf bessere Kundschaft in den Wintermonaten. Einige Freizeitanlagen sind weiter aufwärts ausgelagert, wo eine Piste in Richtung Lac Besson bzw. Col du Poutran beginnt, deren durchgehende Qualität trotz Gegenbesichtigung am nächsten Tag von oben mir weiterhin unklar bleibt. Zum Lac Besson ist jedenfalls nur ein für Reiserad unfahrbarer Wandertrail vorhanden und der Col du Poutran ist sichtbar nur mit der Station de l‘Olmet verbunden, einem weiteren Skiort, den man vom Lac du Verney per Straße erreichen kann. Doch bleiben ein paar Fragen, ob und wie eine Verbindung von oder nach Alpe d‘Huez mit Reiserad passierbar sein könnte oder nicht. Für Mountainbiker dürfte es aber Möglichkeiten geben. Die letzten Zivilisationszeichen sind bald in weiter Ferne unter mir und den aufsteigenden Kurven zum Col du Sabot, ein weitgehend offenes Bergrevier mit immer wieder neu gewonnen Perspektiven. So brilliert diese Sackgasse durch bergträumerische Weite, weniger durch abwechslungsreiche Bergflora oder besondere Felsformationen. Das Asphaltbahn, das nach meiner Erinnerung vor gut zwei Jahrzehnten für ein Frauenradrennen (Vorstufe der Tour de France für Frauen, eine zuverlässige Quelle kann ich aber nicht mehr finden) angelegt wurde, endet recht exakt an der Passhöhe. Der Rückblick reicht bis zum Lac du Verney hinunter und zur anderen Seite zum Lac de Grand-Maison an der Glandon-Strecke, die ich eben Vortags herunterkam. In der Tat bestätigt sich meine Recherche, dass der Weg ins L'Eau-d'Olle-Tal nur über einen Wanderpfad führt, der keine reiseradtaugliche Passage erlaubt. Das Sabot-Passerlebnis bekomme ich nun nochmal als Abfahrtsrausch geschenkt, zurück am See und dort an der breiten Staumauer noch weiter zum Ort Allemond hinunter, der steten Suche nach weiterer Versorgung. Auch dort ist der Supermarkt extrem bescheiden ausgestattet, besser bedient finde ich beim Bäcker noch Quiche und Flan Pâtissier. Der Abzweig zum Pas de la Confesion befindet sich wiederum zurück oberhalb vom Staudamm und taucht schnell in dichten Wald ein. Die Auffahrt ist entsprechend etwas bescheiden aussichtsarm, doch wartet die Jubelroute weiter oben – nicht aber mehr an diesem Tag. (Fr 12.8.) Villard Reculas – Pas de la Confesion (1542 m) – Huez – Alpe d'Huez – Col du Poutran (1996 m) – Lac Besson (2074) – Alpe d'Huez – La Garde d'Oisans – La Carte d'Aute – Le Cert – Les Cours/Max. Balcons d'Auris (1375 m) – Le Cert43 km | 1180 Hm Villard Reculas ist ein kleiner, charmanter Terrassenort über dem Romanche-Tal, an dem der morgendliche Kaffeetrunk schon so freudig auf den Tag einstimmt, dass man nicht anders kann als sich zwischen Lächeln und Freudentränen zu fühlen. Doch sollte ich nicht so schnell sentimental werden, denn die folgende Panoramafahrt wandelt von Krönungsmomenten zu Himmelsfanfaren, ein Poesiealbum für feuchte Augen – und das noch den ganzen Tag lang bis zur Dunkelheit. Pas de la Confesion ist kein Pass, wie man vermuten könnte, sondern ein Hochpunkt an einer Bergflankenstraße, die zur Gegenseite nach Huez hinunterführt, dem ursprünglichen Basisdorf für die Alpe d’Huez, deren Karriere als Wintersporthotspot und Tour-de-France-Kultort längst das alte Huez an Größe und Geschäftigkeit überflügelt hat. Der Einstieg auf den legendären Tour-de-France-Anstieg erfolgt in Huez schon in der oberen Hälfte – vielleicht ist es nur noch ein Drittel oder gar weniger des Gesamtanstiegs – so genau vermag ich es aber nicht zu sagen. Nur wenig oberhalb Huez verteilt sich die Straße auf zwei Anstiege, die eine ist für den Hauptautoverkehr gedacht, die andere alte Straße repräsentiert den Kultanstieg – in fester Hand von Radsportaficionados aller Couleur. Ich meine, die zweite Straße gabs 2005 bei meiner Erstbezwingung noch nicht – aber so genau weiß ich es wiederum nicht. In jedem Fall eine erfreuliche Verkehrsentlastung, die dem Berg auch nicht wirklich schadet. Das Business ereilt der Radlerin oder dem Radler schon in den Kurven vor dem Zielort, in deren Kehrenauslauf Fotografen den Schnappschuss vom quälenden Kettenheld gegen gutes Geld verkaufen möchte – da lohnt sich gegen den inneren Schweinehund rechtzeitig ein Lächeln aufzusetzen. Man kann natürlich auch sein eigenes Selfie machen gratuis. Die Anstrengung ist indes – wie in meiner Erinnerung präsent – nicht die heftigste aller Alpenanstiege, sondern im Mittelfeld eines Alpendurchschnittspasses. Der Mythos fährt hier mit und überhöht die Dramatik im Lichte der Tourgeschichte, wo der Kampf am Berg ja eher ein Kampf um Geschwindigkeit ist als um Steigungsprozente und manchmal auch ein Kampf der bestmöglichen Wirkungen von Dopingmitteln, die den rechten Push für die Siegerehre geben sollen. Der Anstieg Alpe d’Huez ist indes trotz breitem Flüsterasphalt und mittelmäßiger Schwierigkeit ein landschaftlich hochkarätiges Erlebnis, denn die Kulisse vom Écrins-Massiv weiß die Gunst der vielen Betrachter für seine Bergshow zu nutzen. Auch die Grandes-Rousses-Exponate treten auf den Laufsteg der schönsten Bergwelten – allerdings im Schwerpunkt erst jenseits vom Ort Alpe d’Huez – ich komme noch dazu. Zunächst werde ich in Alpe d’Huez von einer funkigen Straßenband empfangen und es gibt Marktstände mit einem Stück kulinarischen Frankreich. Am Käsestand fülle ich meine wohl organisierten Proviantboxen, was den Beifall des Händlers für mein Food-Management findet. Mit dem Imker führe ich ein Streitgespräch über Preise von Qualitätsprodukten versus Discounterware und ein Radladen darf sich auch noch über einen Kauf einer frankophilen Radmütze „Alpe d’Huez“ freuen. Für viele Radsportler ist Alpe d’Huez die finale Krönungslocation, doch sei dem Landschaftsträumer geraten, unbedingt die Pedale weiterzutreten. Ich würde sogar vom Banausentum sprechen, wer seine Fahrt in Alpe d’Huez beendet, denn neben der Fahrt zum Lac Besson bietet sich auch noch eine Weiterfahrt über den Col de Sarenne an, den ich diesmal aber auslasse. Es fährt sich nun nicht nur freier mit weniger Tretkonkurrenz, sondern auch noch deutlich leichter als unterhalb. Und all das bekommt für noch mehr Panorama auf die Bergwelt, nunmehr auch mit den Granitwulsten des Grandes Rousses. Der Col du Poutran ist kein echter Hochpunkt auf der Asphaltstrecke, sondern knickt mit einer Piste Richtung schon besagter Station d’Olmet per Piste ab. Ein Rennradler kämpft sich heran und möchte nicht mehr weiter. Ich ermuntere ihn, dass es nicht mehr weit sei für den shcönsten Moment – dem Lac Besson. Dabei war das nur eine Vermutung von mir, weil ja auch für mich neu erkundet. Der Bergsee versteckt sich hinter nochmals zweier Zwischenhügel und verdient eine besondere Medaille für ein alpines Kleinod. Da auch Autos bis zum finalen Parkplatz anfahren können, ist entsprechend Betrieb. Die scheinbaren Wanderkracks sind oft nur Spaziergänger für eine Runde um den See. Da habe ich erstrecht ein Bier verdient habe?! – Zeit für ein Leffe Rousse in einer Chillout-Alpenbar mit den Ausblicken, die im doppelten Sinne noch weiter träumen lassen.
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#1542970 - 22.01.24 13:08
Re: A.f.i.d.R. III-a: Au cœur du Dauphiné
[Re: veloträumer]
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Fortsetzung ALP-2022-TdF-15 (Teil 2) Wer jetzt glaubt, der Tag am späteren Nachmittag sei schon gelaufen – nein, gewiss noch nicht. Ich könnte weiter schwelgen über die Abfahrt, die ich aber nicht bis zur Talsohle durchziehe, sondern einen versteckten Abzweig mit Anschrift „Les Gorges de Sarenne“ einschlage. Von der Schlucht sieht man nicht so viel, dafür muss man wohl Wanderstiefel oder gleich Canyoning-Ausrüstung anlegen. Doch ist auch die Straßenpassage verwunschen an Felsspalieren und an einem kleinen, eng eingelassen Bergdorf vorbei. Bald nimmt die Straße eine Außenkurve um kühne Felsvorsprünge rum und entfaltet schwindelerregende Blicke tief ins schon schattige Flusstal. Einzig muss man hier fürchten, dass einem Steine auf den Kopf fallen könnten. Die Steigungen sind unterschiedlich, aber eher moderat. Ich darf in einer Auberge in Cours der Gemeinde Auris gegen bezahlte Zugabe eines Biers meinen eigenen Proviant verspeisen, denn die Küche hat bereits geschlossen. (Sa 13.8.) Le Cert – Le Grand-Châtain – Le Freney-d'Oisans – Barrage du Chambon – Mont-de-Lans – Les Deux Alpes (1660 m) – Bons – Le Ponteil – Les Touches – D220/D1091 – Les Clapiers – Le Bourg-d'Arud – St-Christophe-en-Oisans60 km | 1635 Hm Ähnlich wie in Huez, wartet auch hier ein höher gelegener Retortenort mit Skistation, der Station d’Auris-en-Oisans. Dazu müsste ich noch eine weite Schleife höher steigen, was mich aber nicht anlockt, fehlt mir ein sichtbarer Gewinn an Landschaftserlebnis. Tatsächlich könnte man noch weiter zu einem Col de Maronne auf guter Piste auffahren, was ich aber noch nicht wusste. So nehme ich Kurs auf Le Freney in der Talsohle, was zuvor noch ein paar Zwischenanstiege auf der fortgesetzten Panoramastrecke erfordert, die jetzt nicht mehr so dramatisch in den Fels gehauen ist. In Le Freney wird man wiederum an dem kleinen Lädele für eine geeignete Proviantzufuhr verzweifeln, aber wer nach Les Deux Alpes auffahren will, kann sich den Einkauf eh sparen. Les Deux Alpes kann es in Sachen Business mit Alpe d’Huez nicht nur aufnehmen, sondern ist dahingehend sogar eine alpine Megashoppingmeile, die mich mehr an Méribel oder Courchevel denken lässt. Auch ist Alpe d’Huez noch deutlich charmanter gebaut als Les Deux Alpes. Den Blick auf den Lac du Chambon sollte man daher fest in sich behalten, um die folgenden Kurven auf einer Alpenautobahn zu ertragen. Die Kurven sind auch hier nummeriert, aber machen doch nur wenig Spaß. Die Aussicht ist ebenso beschränkt wie der Verkehr lästig. Abwärts bildet sich sogar ein Stau am Lac Chambon, die neuen Apartmentgäste mit Kauflaune warten schon in Gegenrichtung. So überrascht kaum noch, dass wir als Einladungsszenerie zum Ort einen riesigen plattgewalzten Wohnmobilparkplatz spendiert bekommen. Hat man die ersten Geschäfte des Ortes erreicht, scheint bald kein Ende mehr. Letztlich kann man eine große Geschäftsschleife in Hufeisenform abfahren. Immerhin gibt es neben Jetset-Shopping-Geschäften und Billig-Fastfood auch noch ein passables Supermarktangebot und ein paar Läden mit Käse- und Schokoladenspezialitäten. Am anderen Ortsausgang fällt der Blick auf eine Bergarena, die aber nicht so recht begeistern will. Die steilen Hänge verhindern ein erweitertes Panroma, wi e man es von Alpe d’Huez zu schätzen wüsste. Die Freude haben offensichtlich Paraglider, die mehr Überblick genießen. Ins Vallée du Vénéon führt im Übrigen keine auch nur annähernd fahrbare Piste, weil von dem Hochplateau ein steile Abbruchkante ins Tal abfällt. Hier ist also anders als in Alpe d’Huez kurz nach dem Ort definitiv Fahrschluss und allenfalls ein Wandertrail begehbar, aber auch eine Bergbahn vorhanden. Retour darf ich mich auf ein Gegenstück zum Vorabend freuen, denn von der Hauptzufahrtsstraße zweigt nochmal eine kleine Straße bei Bons ab. Diese schraubt sich bald wiederum atemberaubend in den Fels und lässt mich schwindelerregend ins Tal schauen. Schmal und heikel ist die Route für Autofahrer, kaum der Verkehr vorherzusehen und deswegen oft durch Hupen die Anfahrt kundgetan. Ebenso wild stürzt die Straße zu Tal und endet bei einem Wasserkraftwerk, wo man schließlich die flache Talsohle des Romanche-Tals erreicht.
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#1542971 - 22.01.24 13:09
Re: A.f.i.d.R. III-a: Au cœur du Dauphiné
[Re: veloträumer]
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Fortsetzung ALP-2022-TdF-15 (Teil 3) Wiederum ahnt man kaum, dass sich hier nochmal ein langes Tal tief in die Bergwelt des Écrins zur Seite einschneidet. Das Vallée du Vénéon wird radfahrtechnisch als Montée de la Bérarde ausgeschildert, was sich auf den Namen das Bergdorf samt Talschluss bezieht. Für die erste, fast flache Passage darf man zwischen einer smarten Rad- und Wanderpiste direkt am Fluss und der Straße direkt am steilen Fels wählen, was durchaus verschiedene Eindrücke vermittelt, obwohl nur wenige Meter dazwischen liegen. Der Vénéon schafft bei guter Sonnenausleuchtung schon fast einen karibischen Zauber, aufgewühlt von zahlreichen Wasserwirbeln über die Flusssteine. In der Ferne verspricht eine Bergkulisse farbenfrohes Motivmaterial für die Fototapete in sonst grauen Jugendzimmern der 1970er-Jahre. So könnte es weitergehen – doch das trügt, es gibt ja auch noch Wetter. Nach Le Bourg d'Arud mit gut besuchtem Campingplatz folgen eine Steilrampe durch eine Kluse mit wilden Bergflusskaskaden und ein Zwischenplateau, wo sich der Fluss ein weites Kiesbett geschaffen hat. Sodann steigt die Straße über weite Kurven zu einer engeren Schluchtpassage. St-Christophe-en-Oisans fällt alsbald mit seinem Kirchlein ins Auge, wengleich noch einige Höhenschleifen entfernt, bis der kleine Bergort mit einem Museum für Alpinismus erreicht ist. Das Ortswunder in solch steilem Hang ist insofern dann auch eine Herausforderung für einen Zeltplatz. So raste ich schließlich auf einem Seitenweg, wo unerwartet nachts ein Auto anfährt, dessen Fahrerin zu ihrem Ferienhaus möchte. Statt einer Protestnote wiegelt sie meine Pein ab, eine Wegsperre errichtet zu haben und das Feld zu räumen. Hingegen möchte sie, dass ich im Zelt bleibe und sie werde einfach zum Haus laufen. Am nächsten Morgen kommt sie im Auto ihres Partners zum abgestellten Auto zurück. So freundlich bleiben wohl nur Bergmenschen mit einer verwandten Seele und von gegenseitiger Wertschätzung getragen. (So 14.8.) St-Christophe-en-Oisans – Champhorent – La Bérarde (1713 m) – St-Christophe-en-Oisans – Le Bourg-d'Arud – Les Clapiers – Le Bourg-d'Oisans – Rochetaillée – Livet – Rioupéroux – Séchilienne74 km | 420 Hm Freundliche Menschen also, doch was sagt die Petrus mit seinem bekannten Schleusenrepertoir nunmehr? Bald brechen die Dämme im finster behangenen Wolkenhimmel und die Bergwelt versinkt im Schleier aus Regenguss und Wolkendampf. Die Zeit, die ich unter kleinstem Schutzgewölbe ausharre, bleibt ungemessen. Die Frage, kann es Tage dauern, scheint bald gar nicht mehr vermessen. Doch so arg regnet sich es dann doch nicht ein. Die Wolken erhalten Gelegenheit mühsam aufzusteigen, doch bleiben viele Gipfel in den himmlischen Gardinen gefangen. Der Bergfluss quillt mit braunem Schlamm beladen tosend über Flusssteine und durch Felsspaliere. Die Fluten wohl gewohnt, umspülen die wilden Wasser ihre Stämme, entstehen kleine Seen. Mehr noch berauschen sich die Wasserfälle an der gespendeten Zugabe des flüssigen Elements, sie protzen und tönen wohl wissend, dass sie die Architektur seit Jahrtausenden hier schleifen und fräsen. Klobige Steinblöcke aus einem Riesenreich verteilen sich in Geröllhängen wie Wachtürme, Granitsteine sind wie von Meisterhand zu glänzenden Fliesenplatten oder Schieferdächern getäfelt. Ein enthemmtes Sprühen, Stürzen, Reißen und Sprudeln inszeniert ein Infernal berstender Wildheit. Das Fahrgelände ist dabei überraschend moderat, so wogt es eher leicht auf und ab mit steigender Tendenz in einem Tal vom Ende der Welt. Ein paar Sonnenstrahlen bohren sich in Le Bérarde dann doch noch durch die Wolken, ohne jedoch alle Gipfelkulissen freizulegen. Die beiden Talfluchten – fast konträr gegenüberliegend – schrauben ihre Felswände steil vor dem Betrachter empor, nur kleine Gletscherfelder lugen hervor – eine noch höhre Welt aus Eis und Schnee für die Fußexpeditionisten. Die Barre des Écrins, südlichster und westlichster 4000er der Alpen, verteckt sich hier auch noch ohne Wolken. Es ist eben eine geheimnisvolle Welt für den gehobenen Entdeckergeist, eine fast beliebig erweiterbare Schatzsuche für Horizontverkoster. Der Weiler hat ein paar elementare touristische Einrichtungen einschließlich Camping, eher kann man jedoch einkehren als sich in dem kleinen Laden selbstversorgen, der ein paar Spezialitäten und Souvenirs den Besuchern offeriert. So verträume ich in dieser der Szenerie doch noch bei einer Tartiflette mit Bier und Heidelbeerkuchen. Man muss ein solchen Moment schon angemessen würdigen. Die Urgewalt der Berge brüstet sich nochmal mit einem Füllhorn dampfender Wolken zwischen den Bergkulissen, zeichnen immer wieder andere Szenerien auf der Abfahrt. Für die Fahrt zu Tal braucht man schon einige Zeit bis Bourg-d’Oisans, wo ich nochmal Rede und Antwort für einen Radbewunderer stehen muss. Da ich das untere Romanche-Tal als wenig attraktiv in Erinnerung glaube, entscheide ich mich für eine Dunkelfahrt nach Séchilienne hinunter. Indes bieten sich auch keine wirklichen Zwischenstationen zur Rast an. Indes habe ich die Streckenlänge unterschätzt, zumal es keine durchgehende Abfahrt. Séchilienne wirkt erschreckend verlassen als abgewirtschafteter Pendlerort für Grenoble – kein Bäcker, kein Laden, kein Restaurant und morbide Fassaden. War das vor 13 Jahren auch schon so oder gabs damals noch ein Restaurant? – Ich kann mich wieder nicht erinnern – auch bin ich damals nur am Tage durchgefahren.
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#1543000 - 22.01.24 18:42
Re: A.f.i.d.R. III-a: Au cœur du Dauphiné
[Re: veloträumer]
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Merci für noch einmal einen anderen Blickwinkel auf eine nicht unbekannte Region. Da ich im Gegensatz zu Dir intellektuell eher anspruchslos an meine Urlaube herangehen waren mir die detailiierten Abgrenzungen zwischen den einzelnen Regionen und Gebirgen immer nicht so wichtig, aber interessant sind die Einzelheiten schon. Auch habe ich allein beim Anblick der Bilder Lust wieder loszufahren . Um Alpe d'Huez habe ich wegen der doch nicht unerheblichen Beliebtheit bislang immer einen großen Bogen gemacht, aber vielleicht war das auch übertrieben. Auch fahre ich keine Sackgassen, ich habe immer so wenig Zeit, dass es mir zutiefst widerstrebt direkt hintereinander die gleiche Strecke (hin und retour) zu fahren. Mit langem zeitlichen Abstand wäre es mir egal. Aber das ist ja nicht gegeben. Gruß Nat Gruß Nat
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#1543004 - 22.01.24 19:00
Re: A.f.i.d.R. III-a: Au cœur du Dauphiné
[Re: veloträumer]
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Moderator
abwesend
Beiträge: 13.216
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Matthias, Deine Berichte machen immer wieder Freude! Auch diie Vorfreude auf die eigenen Touren steigt und man sammelt zugleich Ideen für neue Reiseziele . Vielen Dank!
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Gruß, Arnulf
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#1543016 - 22.01.24 21:41
Re: A.f.i.d.R. III-a: Au cœur du Dauphiné
[Re: natash]
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Um Alpe d'Huez habe ich wegen der doch nicht unerheblichen Beliebtheit bislang immer einen großen Bogen gemacht, aber vielleicht war das auch übertrieben. Auch fahre ich keine Sackgassen, ich habe immer so wenig Zeit, dass es mir zutiefst widerstrebt direkt hintereinander die gleiche Strecke (hin und retour) zu fahren. Rauf und runter sind zwei unterschiedliche Erlebnisse. Die Zeit kostet die Auffahrt, runter ist bei einer halbwegs guten Straßen meist kurzweilig und brauchst nicht mehr zum Fotografieren anhalten, weil bereits bei Auffahren erledigt. Ein Abendessen dauert meistens länger, soweit wir nicht von schwierigen Schotterabfahrten reden. Fährt man einen Pass auf und zur anderen ab, hat es auch den Nachteil, dass die Abfahrtsseite meistens deutlich schlechter im Gedächtnis bleibt. Das entfällt bei Sackgassen. Weiterhin sind Sackgassen meistens verwunschen einsamer und ursprünglicher, die Skiorte wie Les Deux Alpes mal ausgenommen. Alpe d'Huez ist ja, wie angedeutet, keine Sackgasse, die meisten anderen Sachen schon. Ich bin nur diesmal den Col de Sarenne nicht gefahren, weil früher schon mal. Wenn man ein der Auffahrten von Alpe d'Huez nimmt, geht es oben in Alpe d'Huez (ohne Lac Besson, das ist extra) im Zielbereich der Tour de France rechter Hand (Bild mit den 3 Rennrädern) auf eine bergige Höhenroute, und du fährst später abwärts zum Stausee Chambon runter (Passstraße Lautaret), der in der Bilderstaffel zu sehen ist. Trubel ist immer relativ, ein bisschen brauchst du überall, wenn du dich versorgen möchtest. Wenn du von der dir bekannten Glandon-Straße von Allemond über Pas del Confesion und Alpe d'Huez weiter nach Sarenne fährst, sind vielleicht 3-4 Kehren und Alpe d'Huez selbst ein wenig "Trubel", die Straße aber sogar nahezu autofrei, wie beschrieben wegen zweiter Straße. Ein paar andere Radler sollte man ertragen können (denke an Forumstreffen , Bodenseeradweg ist mehr los), oben Käse einkaufen und der Rest ist wieder einsam.
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#1543018 - 22.01.24 21:45
Re: A.f.i.d.R. III-a: Au cœur du Dauphiné
[Re: Keine Ahnung]
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Matthias, Deine Berichte machen immer wieder Freude! Auch diie Vorfreude auf die eigenen Touren steigt und man sammelt zugleich Ideen für neue Reiseziele . Und sogar noch mit Track zum nachfahren.
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#1543020 - 22.01.24 22:05
Re: A.f.i.d.R. III-a: Au cœur du Dauphiné
[Re: veloträumer]
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Mann, du kannst doch nicht mitten im Winter solche Bilder hier einstellen - denn da will man sofort ab in die Westalpen Trotzdem vielen Dank fürs Zeigen, ich freue mich jetzt noch viel mehr auf die Schneeschmelze!
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#1543022 - 22.01.24 22:19
Re: A.f.i.d.R. III-a: Au cœur du Dauphiné
[Re: Biotom]
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Du hast doch keine Hemmungen, auch durch Schnee zu radeln - oder habe ich das falsch in Erinnnerung?
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#1543036 - 23.01.24 08:48
Re: A.f.i.d.R. III-a: Au cœur du Dauphiné
[Re: veloträumer]
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Und sogar noch mit Track zum nachfahren. Für Menschen ohne Orientierungssinn, wie mich, ist das ein Segen . So weiß ich zumindest, wo ich mit eigenen Planungen ansetzen muss. Meine Tour für 2024 steht aber schon fest. Start: Thessaloniki, Ziel: München und der Teil dazwischen dürfte auch schon ziemlich weit optimiert sein. Du fährst mit deutlich mehr "Abstechern". Die gibt es bei mir nur seltener und kürzer. Mal sehen, vielleicht inspirieren mich Deine Tracks einmal, auch etwas "ausgefranstere" Tracklinien zu entwerfen .
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#1543068 - 23.01.24 19:16
Re: A.f.i.d.R. III-a: Au cœur du Dauphiné
[Re: veloträumer]
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ALP-2022-TdF-16 Dauphiné-Hochalpen II: Das Massif du Taillefer mit dem westlichen Parc national des Écrins feat. Valbonnais, La Salette & Valgaudemar (Séchilienne – La Guinguette)(Mo 15.8.) Séchilienne – St-Barthélemy-de-Séchilienne – La Morte – La Cascade de La Morte – Col de La Morte (1368 m) – Moulin Vieux – Cascade de Vaunoire – Vaunoire, Parking (1220 m) – Moulin Vieux – Lavaldens – La Valette – Col de Malissol (1105/1153 m) – Nantes-en-Rattier – La Mûre – Roizon-le-Haut – Siévoz – Valbonnais – Les Habits71 km | 1600 Hm Mal wieder hatte ich den besten Platz des Ortes abends nicht gefunden, sondern mit einem etwas ramponierten Wetterschutzraum einer Bushaltestelle vorlieb genommen. Bei der Mairie hätte es aber viel Platz einschließlich Wohnmobilstellplatz und Wasserstelle gegeben. Wenigstens bin ich so aufgetankt für den nächsten Anstieg. Wohl übersehe ich auch noch einen kleinen Laden, weil nicht in der Hauptstraße gelegen. Séchilienne ist die Basis gleich dreier Nischenpassrouten, dazu kommt noch die Lautaret-Route Als Transitachse und mit den diversen Verzweigungen. Die ersten Meter bringen gleich idyllische Ausblicke, auf der Gegenseite erkennt man nun das Château von Séchilienne über dem Ort, was man von unten nicht sehen kann. Indes rückt an meiner Route der Bergbach näher und blendet mit fülligen Kaskaden auf. Eine 360°-Schleife windet sich um einen Baum, so habe ich noch nie eine Kurve gesehen. Die Passhöhe ist zugleich Ortschaft und mit einem kleinen Badesee. Erfrischender strömt die Cascade de la Morte etwas am Rande mit zahlreichen Teilkaskaden über einen breiten Berghügel aus funkelndem Wasserglitzer. Weil der örtliche Laden lange Mittagspause macht, ziehe ich einen Gastrobesuch mit einem Mittagsmenü vor, was mich aber unerwartet viel Zeit kostet, werde ich doch als Gast etwas vergessen. Damit war auch ein denkbarer Anstieg zum Lac du Poursollet obsolet geworden, der sich mir unerwartet noch anbot. Dem trauere ich bald schon wieder etwas nach. Doch hatte ich ja noch einen weiteren Exkurs zu Wasser ohnehin geplant zu der Cascade de Vaunoire. Anders als die Karte vermuten ließ, ist aber am Ende der Straße kein weiterer Wasserfall, sondern nur ein aussichtsloser Wanderparkplatz von Nadelbäumen umschlossen. Die Straße komplett auszufahren lohnt insofern nicht, man kann beim Wasserfall gleich wieder umkehren bzw. dort ein wenig verweilen. Die Straße fällt zunächst noch etwas ab, bevor sich der weitere Anstieg zum Col de Malissol ergibt. Dabei hat man die ein oder andere schöne Aussicht und passiert ein paar kleine Dörfer oder Weiler. Der Pass ist eher unbesiedelt und bleibt landschaftlich etwas blass. La Mûre war schließlich meine große Einkaufshoffnung, ich fühlte mich gut in der Zeit, die größeren Supermärkte wie dort haben meist bis 20 Uhr auf. Doch nicht diesmal. Die Stadt feiert ein Fest (obwohl offenbar schon abgebaut wurde), und deswegen macht der Supermarkt heute ausnahmsweise eine Stunde früher dicht – da bin ich nicht der einzige verdutzte Besucher. So bleiben meine Taschen leer, womit sich meine Hoffnung wenigstens auf ein Restaurant in Valbonnais aufbaut. Das Dévoluy-Massiv mit dem exponierten Grande Tête de l'Obiou macht hier schon seine erste Paradevorstellung am Horizont. Für das Valbonnais – Tal- und zugleich Ortsname – fährt man zunächst mit Abwärtstendenz in eine kleinere Schlucht, der zwei beeindruckende ehemalige Eisenbahnviadukte vorgelagert sind, die sich heute dem Straßenverkehr beugen müssen. Im nunmehr mäßig ansteigenden Tal passiert man eine ehemalige Zementfabrik, die auch die einstige Bahnlinie erforderte. Noch vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs wurde die Fabrik nach ca. 60 Jahren der Produktion geschlossen. Das einst erfolgreiche Unternehmen konnte auf die nahe Wasserkraft setzen, die auch noch heute genutzt wird. Im Gegensatz zu den Fabrikruinen hat die ehemalige Direktorenvilla neue Bewohner gefunden. Obwohl ich in Valbonnais zunächst kein geöffnetes Restaurant finden kann, habe ich dann doch noch Glück, die Proviantlücke in einem Bistro beim weit unten liegenden Camping auszugleichen. Etwas teuer, gleich zweimal an einem Tag einzukehren. Arme Landstriche sind halt etwas für reiche Leute. (Di 16.8.) Les Habits – Valbonnais – Entraigues – Gragnolet – La Chapelle-en-Valjouffrey – Gorges du Béranger – Valsenestre (1300 m) – La Chapelle-en-Valjouffrey – Valjouffrey – Les Faures-en-Valjouffrey – Le Désert-en-Valjouffrey – Palisse et Passort (1300 m, via Piste) – Le Désert-en-Valjouffrey – La Chapelle-en-Valjouffrey – Entraigues – Les Engelas – Col de Parquetout (1382/1398/1436/1437 m) 61 km | 1720 Hm Gleich im Ort gibt es immerhin einen kleinen Laden mit recht gutem Sortiment für die Basisverpflegung. Man wird ja durch die Erfahrungen misstrauischer und die Zuladung wächst wie auch das Frühstück etwas opulenter ausfällt. Die breite Felderebene verengt sich zunehmend bis zum Abzweig zum Col de Parquetout, wo nur noch ein schmales ein schmales Tal nach Entraigues weiterführt, und dann eine stark gewinkelte Talteilung die Richtungen splittet. Während von Norden die Straße von Bourg-d’Oisans über den Col d’Ornon einmündet, bieten sich nach Osten zwei weitere Bergsackgassen an, zunächst auf einer gemeinsamen Strecke durch eine Engstelle. In La Chapelle-en-Valjouffrey mit hübschem Ortsbild verzweigt sich die Strecke erneutl. Während das Haupttal der Bonne einen Bogen in südöstlicher Richtung macht, beschreibt der Béranger einen nordöstlichen Bogen um den mittigen Pic de Valsenestre und endet schließlich nach einer Schluchtbefahrung mit recht konstant anspruchsvoller Steigung im Bergweiler Valsenestre mit einer kleinen Lokalität, die gerne von Wanderern besucht wird. Eine weiterführende Piste ist zu rustikal zum Radeln und würde noch etwas weiter in den Talschluss vorstoßen, der aber auch zuvor bereits gut einzusehen ist. Die mit Flechten überzogenen Bäume versprühen eine aparte und lichtdurchflutete Bergwaldszenerie, die mich etwas an den Großen Ahornboden im Karwendelgebirge erinnert, wenngleich dort die Baumstämme sich nicht hell, sondern dunkel hervorheben. Die Symmetrie beider Schlusstäler ist verblüffend, denn auch über das Haupttal Valbonnais erreicht man mit Velo eine maximale, identische Höhe von 1300 m, nur auf etwas längerer Wegstrecke. So hat der Verlauf mehr Spielraum für Steigungsschwankungen von fast flach bis zu recht steil. Auch bleibt das Tal weit geschnitten mit Ödweiden, aber auch etwas bergbäuerlicher Aktivität und Besiedlung samt Campingplatz. Der ungefähr letzte Asphaltkilometer windet sich über ein paar Serpentinen zu dem abschließenden Bergweiler Le Désert-en-Valjouffrey mit etwas mehr touristischem Angebot als in Valsenestre, gleich ebenso von morbidem Weltenendecharme. Mit Radl kommt man noch ein Stück ruckelige Piste eher schlecht voran und findet sich bald an der Nationalparkgrenze mit Veloverbot wieder. Der von mir angestrebte Wasserfall ist dann noch deutlich weiter entfernt als vermutet und mir für eine Wanderung angesichts der fortgeschrittenen Zeit schlicht zu weit. Zurück in Entraigues, soll ein Weinfläschchen noch meinen Abend versüßen, was ich mir etwas zu schön ausmalen sollte. Kurz vor Valbonnais-Dorf nehme ich schließlich die Asphaltspur zum Col de Parquetout auf, ein von dieser Seite recht harter Bursche, den ich schon von meiner Alpenreise 2007 von der anderen Seite kannte, wenngleich etwas mehr noch in Sommerblüte stehend, jetzt schon vom Dürresommer etwas gezeichnet. Indes hat die Nordseite kaum Aussichtsmomente außer im untersten Teil mit ein paar Obstgärten von Anwohnern. Aussicht wäre ohnehin nicht mehr, da bald die Dunkelheit einbricht. Der höchste Punkt, nicht die echte Passhöhe, bietet keinerlei Platz, sodass ich noch bis zur echten Passhöhe mit Picknicktisch fahre. So ungefähr konnte ich mich auch erinnern. Dort steht schon ein Camper mit deutschem Kennzeichen, der allerdings mitten in der Nacht den Platz verlassen sollte, ohne dass ich die Insassen kennenlernte. Richtig zapfig wurde aber der Wind, der sich zu Sturmstärke aufschaukelte und mir tief in die Glieder fuhr. Trotz schützenden Kiefern gelang es mir nur mühevoll, das Zelt überhaupt aufzubauen. Das Picknick war so an dem komfortablen Tisch nicht möglich, nur noch geschützt im Zelt.
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#1543069 - 23.01.24 19:18
Re: A.f.i.d.R. III-a: Au cœur du Dauphiné
[Re: veloträumer]
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Fortsetzung ALP-2022-TdF-16 (Teil 2) (Mi 17.8.) Col de Parquetout – Villelonge – Col de l‘Holme (1207 m) – Ste-Luce – Corps – La Salette-Fallavaux – St-Julien – Col de Prés Sales (1554 m) – Col de l‘Homme (1657 m) – Notre-Dame de la Salette (1765 m) – Corps48 km | 1050 Hm Die Schlechtwetterphase war noch nicht vorbei, obwohl es zunächst leicht aufheiterte. Auch der Folgepass in Richtung Corps war mir ein alter Bekannter, schließlich ist die gesamte Strecke bis nach Corps identisch zu der im Jahre 2007 in umgekehrter Richtung. So fühle ich mich in Corps auch gleich etwas heimisch, das Restaurant von damals, wo man mir nach Küchenschluss noch liebevoll ein köstliches Mahl mit kalten Gerichten zubereitete, gibts immer noch und scheint gut besucht. Corps erinnert sich gerne seiner Vergangenheit, die sich auf zwei Ereignisse bzw. Personen bezieht, die bis heute ein Teil der Vermarktung sind. Da ist zunächst der gute, alte Napoléon, die umstrittene Überfigur eines modernen und expansiven Frankreichs, der eigentlich mehr gescheitert war als seine Erfolge vermuten lassen, aber doch einen ewigen Mythos des größten Feldherrn der Geschichte trägt. Er war einerseits ein Modernisierer, aber auch andererseits ein radikaler Schlächter und Imperialist. Corps war einer der Etappenorte auf Napoléons Siegeszug nach Grenoble bzw. Paris zur Rückeroberung seiner Macht im Jahre 2015. Die andere Figur – genauer sind es zwei plus eins – sind die beiden Hirtenkinder Mélanie Calvat und Maximin Giraud. Ihnen erschien am 19. September 1846 in den Bergen von La Salette die Jungfrau Maria – so die Überlieferung. Nur fünf Jahre später erkannte die katholische Kirche die Marienerscheinung an, weitere 10 Jahre später stand bereits die mächtige Wallfahrtskirche. Bis heute besteht ein Pilgerkult – nach Lourdes der zweitwichtigste in Frankreich – nebst Kirche, Skulpturen mit Rundweg, Herberge, Seminarzentrum, Restaurant, Parkplätzen und E-Ladestationen auf 1765 m Höhe. Um die Märchen besser zu verstehen und Kraft für die Bergtour zu gewinnen, besuche ich zuvor noch eine Destillerie für Génépis in Corps. Mit der Auffahrt zur Notre-Dame de la Salette nimmt die Bewölkung stetig zu und ich gerate noch vor Erreichen der Bedachung mit christlichem Beistand in eine erste Regenfront. Zuvor passiere ich im unteren Teil den Cimitière Canadien, einer älteren Kapelle mit einer neueren Gedenkstätte und Friedhof für ein Flugzeugunglück einer kanadischen Passagiermaschine, die am 13. November 1950 am nahegelegen Grande Tête de l’Obiou zerschellte. Dazu machte ich auch ein Bilderrätsel 1015 (Dies & Das), wo man noch ein paar mehr Dinge darüber nachlesen kann. Der Vorteil solcher Pilgerorte – wer hätte es geahnt? – sind tolle Toiletten – mit Trockner und Papier für die gewässerten Kleiderteile. In einem Putzschrank finde ich sogar eine Schraube, die mir zusammen mit Kabelbinder hilft, eine verloren Schraube am Gepäckträger zu ersetzen. Was die Christen alles haben! An einer Gottesfügung scheint doch was dran zu sein, zumindest für diese Minuten, weniger für die Nacht – da kam der Teufel. Nachdem ich noch recht trocken die Abfahrt antreten konnte, schüttete es bald deftig in Corps. Ersten Unterschlupf suchte ich in einem Bistro, doch es sollte die berühmten Katzen und Hunde die komplette Nacht durchregnen. Da war auch der Campingplatz keine gute Adresse. Aber Hotelpreis zahlen? – Das geht ja gar nicht, setzte ich mir in den Kopf. So endete ich wortwörtlich in der Gosse auf einem ca. 50 cm breiten Streifen neben dem Wasserabfluss einer Pflastergasse unter einem breiteren Hausbogen. Sachen gibts solcher Art eben nur auf veloträumer-Reisen, ohne Vorbuchung, aber eben mit fließend Wasser. (Do 18.8.) Corps – Aspres-les-Corps – Col des Festreaux (1106 m) – St-Firmin – St-Maurice-en-Valgaudemard – La Chapelle-en-Valgaudemar – Les Portes –Gorges des Oulles – Navette Parking (1310 m) – Navette (Fußweg ca. 30 min.) – Navette Parking – La Chapelle-en-Valgaudemar – Le Bourg39 km | 840 Hm Die Luxusnacht musste ich erstmal mit einem Tankstellenkaffee wegspülen, während die aufsteigenden Wolken einige besondere Momente über Corps, dem Lac du Sautet oder der mäandernden Drac zauberten – immer auch wieder im Wechselspiel mit dem Dévoluy-Massiv. Passend dazu präsentiert sich das Dorf Aspres-les-Corps als Kleinod. Der ehemaligen Geschäftsmann François Magnan verfügte, dass sein gönnerhaftes Erbe der Schönheit des Dorfes und Erhaltung seiner Straße dienen solle. Doch im Rechtsstreit der sich aufs Eigenwohl berufenen Familienerben zehrten die Prozesskosten das Erbe auf. Irgendeinen kleinen Gönner hat das Dorf wohl doch noch gefunden, so wie sich dieses belle village mit bescheidenem, aber liebevollem Charme präsentiert. Eine Spezialität der Region scheint ein mit Vanillepudding gefüllter Mürbekuchen zu sein, den ich gleich probieren muss, wenngleich nur schwer transporttauglich. Neben dem kleinen Basiszentrum St-Maurice-en-Valgaudemard bietet auch weiter taleinwärts La Chapelle-en-Valgaudemar eine etwas bessere touristische Infrastruktur. Schon das untere Tal weiß zu verzücken, steht aber der Dramatik der oberen Bereiche noch weit nach.
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#1543070 - 23.01.24 19:19
Re: A.f.i.d.R. III-a: Au cœur du Dauphiné
[Re: veloträumer]
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Fortsetzung ALP-2022-TdF-16 (Teil 3) In La Chapelle-en-Valgaudemar führt schließlich noch ein Stich mit Steilrampe ins Tal der Navette auf, das zunächst durch eine extreme Engstelle unzugänglich scheint. Nach der Steilrampe quert man einen Weiler und erreicht ein Ende mit Parkplatz, wo man nach einigen hundert Metern zu Fuß das ehemalige, verfallene Dorf Navette erreicht, welches bedroht von Lawinen und stark dezimiert durch die Spanische Grippe 1937 endgültig aufgegeben wurde. Ich fühle mich hier zwischen den überwucherten Mauern an die Lektüre „Schätze von Copán“ erinnert, eine abenteuerliche Entdeckung der Maya-Kulturen in den Urwäldern von Honduras. Ausgerechnet die restaurierte Kapelle finde ich im Wegegewirr nicht, da mich auch das schlechte Wetter zur Rückfahrt drängt. Bald nach Ausfahrt aus La Chapelle-en-Valgaudemar mit erstem Regen wird klar, dass ich heute nicht mehr weiter in die steile Bergsackgasse eindringen kann – müsste ich doch mangels von Rastplätzen bis zum Refuge Gioberney am Ende durchhalten. Zum Etappenabbruch finde ich Unterschlupf auf dem letzten Camping im Tal, der etwas verloren bei einem Weiler schon etwas entfernt von La Chapelle liegt. Wegen der unklaren Wetterentwicklung übernachte ich lieber in einem Aufenthaltsraum. Als ich morgens zahlen möchte, verzichtet der Betreiber auf eine Nachtgebühr angesichts meines Kurzaufenthalts auf dem Bretterboden. (Fr 19.8.) Le Bourg – Chalet Hôtel Refuge du Gioberney (1635/1650 m) – La Chapelle-en-Valgaudemar – La Chaup – L‘Allée – D16/N85 – Chauffayer – La Ginguette – Lacoue – Les Evarras – Le Noyer – Col du Noyer (1661/1664 m) – St-Étienne-en-Dévoluy 61 km | 1435 Hm Der Tag soll das große Finale der Écrins-Welten werden. Welche Kulissen mich erwarten, konnte ich noch nicht ahnen, wie die Wolken sich entwickeln auch nicht. Zunächst brechen überschwänglich Wasserfälle aus allen Felsspalten hervor – ein Festival der Kaskaden, das bis zu Endpunkt Gioberney anhalten soll. Immer wieder öffnen sich neue Schaufenster mit Berggruppen, von Gipfelarchitekten höchster Kunstfertigkeit geschaffen. Kuppen, Grate, Zacken, Spitzen, Säulen, Gletscher vereinen sich zu immer wieder neuen Kollektiven von Bergarenen. Die Wolken sorgen für geheimnisvolle Schleier, enttarnen kurz eine neu Perspektive und verbergen wieder eine andere Gipfelgruppe. Der Genuss soll sich auf schlichte Momente von limitierten Kostbarkeiten konzentrieren, stets wachsam zu sein, nichts zu verpassen. Die Schlussrampe führt nochmal an einem donnernden Wasserstrahl vorbei, der kaum sichtbar, aber hörbar seine tonnenschwere Urgewalt in die Bergwelt brüllt. Die Kurven steigern sich zu einer Rampenfahrt, bleibt entgegen martialischer Zahlen auf dem Asphalt noch gut fahrbar. Ganz gegensätzlich verästelt sich die Cascade Le Voile de la Mariée in ein fein ziseliertes Wasserfallgemälde wie ein breit fallender Brautschleier. Trotz gut besuchtem Parkplatz mit Wandervolk scheint das Refuge noch mit Gästen zu kämpfen, der Eindruck scheint auch etwas elitär unangepasst der Bergwelt und spricht mich nicht an. Indes verweigern sich einige Wolkenschleier, die 360°-Bergarena vollständig freizugeben als wollten sie fordern, nochmal wiederzukommen. – Großer Tusch und ab ins Tal!
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#1543091 - 24.01.24 06:47
Re: A.f.i.d.R. III-a: Au cœur du Dauphiné
[Re: veloträumer]
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Alles fließt in die Rhone III-a: Au cœur du Dauphiné Eine Nischenberadlung... Toller Bericht. Abgesehen von der Reise, hast du etwas geschafft was nur wenige Leute mit entsprechendem Sprachgefühl schaffen: Google kennt nur einen Treffer deiner Wortschöpfung!
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" Wenn du Gott zum Lachen bringen willst, erzähle ihm von deinen Plänen" (Blaise Pascal) --- Einige Radreisen |
Geändert von drachensystem (24.01.24 06:48) |
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#1543093 - 24.01.24 08:19
Re: A.f.i.d.R. III-a: Au cœur du Dauphiné
[Re: veloträumer]
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Du hast doch keine Hemmungen, auch durch Schnee zu radeln - oder habe ich das falsch in Erinnnerung? Ein bisschen Schnee schadet sicher nicht [URL=https://www.directupload.net][IMG] https://s20.directupload.net/images/240124/k7m2idm5.jpgAber in den Westalpen liegt momentan wahrscheinlich mehr Schnee als bei obigem Bild ais der Margeride. Das ist mir dann doch zu gefährlich... Monsterbild in Link gewandelt.
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Geändert von Juergen (24.01.24 08:25) |
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Off-topic
#1543125 - 24.01.24 18:07
Re: A.f.i.d.R. III-a: Au cœur du Dauphiné
[Re: drachensystem]
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Alles fließt in die Rhone III-a: Au cœur du Dauphiné Eine Nischenberadlung... Toller Bericht. Abgesehen von der Reise, hast du etwas geschafft was nur wenige Leute mit entsprechendem Sprachgefühl schaffen: Google kennt nur einen Treffer deiner Wortschöpfung! Meine Rechtschreibprüfung stellt sich noch weit öfter quer, was es alles nicht kennt. Aber interessanter Google-Treffer. Bei der Relevanz von Seiten sehe in jüngster Zeit eher wieder eine Abwärtstendenz bei Google, was offensichtlich mit wieder mehr Priorisierung von Werbekunden zu tun hat.
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#1543126 - 24.01.24 18:09
Re: A.f.i.d.R. III-a: Au cœur du Dauphiné
[Re: veloträumer]
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ALP-2022-TdF-17 Dauphiné-Voralpen I: Dévoluy, Bochaine und östliches Diois feat. Col du Noyer, Col de Carabès, Col des Tourettes, Le Claps de Luc & Col de Grimone (La Guinguette – Col de Grimone)(Fr 19.8.) Le Bourg – Chalet Hôtel Refuge du Gioberney (1635/1650 m) – La Chapelle-en-Valgaudemar – La Chaup – L'Allée – D16/N85 – Chauffayer – La Ginguette – Lacoue – Les Evarras – Le Noyer – Col du Noyer (1661/1664 m) – St-Étienne-en-Dévoluy61 km | 1435 Hm Ich erlaube mir, die ansprechend, aber nicht mehr spektakuläre Restfahrt auf der Écrins-Seite des Drac kommentarlos zu überspringen. Es warten neue Akzente, wenn auch der anstehende Col du Noyer ein weiterer mir bekannter Pass ist, mit dem ich einprägsame Erfahrungen auf meiner Westalpentour 2009 in umgekehrter Richtung gemacht habe. Zur Noyer-Eröffnung werden grüne Weiden, Schafe und Kühe in milder Abendsonne bei weitem Talpanorama angeboten. Dann inszeniert sich eine helle, aparte, fast mondähnliche Gesteinswelt, durch die verwegen gemauerte Kehren führen. Es wiederholt sich ja oft, was schon mal so war, wie der Wind vom Col du Noyer – offenbar ein Markenzeichen dieses Bergs. Kaum habe ich die Passhöhe bei Dämmerung erreicht, fegt von der Westseite ein kalter, heftiger Wind mir entgegen und vertreibt alle Sommergefühle. Ich möchte dann in der Passgaststätte einkehren, doch dort ist kein Platz mehr. Offenbar fährt man hier zu beliebter Küche mit Auto den Pass auch am Feierabend hoch. Für den geschafften Radler ist dann kein Platz mehr. Mangels geschützter Raststellen rase ich gleich bis zum Dorf Dévoluy durch, auch den Campingplatz zuvor auslassend. Dort finde ich tatsächlich eine geräumige Mauernische, wo ich windgeschützt die Nacht mal wieder unkonventionell verbringen kann. (Sa 20.8.) St-Étienne-en-Dévoluy – Rioupes – Col de Rioupes (1430 m) – La Joue-du-Loup (1465 m) – Col de Rioupes – Col du Festre (1441 m) – La Cluse – Veynes – St-Marcellin – Col des Eygaux (914 m) – La Faurie – Montbrand – Col de la Haute-Beaume (1268 m) – Haute-Beaume – La Beaume67 km | 995 Hm Der Morgen ist leicht kalt, aber der Wind abgeflaut. Die Sonne muss sich durch aufsteigende Wolken noch durchkämpfen, was wiederum träumerische Szenerien entwirft. Nach der Schluchtmulde steigt die Straße wieder an, um den Col de Rioupes zu erklimmen, der mir noch unbekannt ist im Gegensatz zum folgenden Col du Festre. Die weißen Berge entfalten eine elegante Festatmosphäre mit exotischen Horizontlinien, die mich an Fantasiebilder amerikanische Wüstenlandschaften erinnern. Es fehlen aber doch die Kakteen und Cowboys. Was Gauchos auf Gäulen sein könnten, stellt sich als Liftanlagen heraus, die bis auf die Bergkämme hinaufreichen. Unweit vom Pass zweigt eine Zufahrt nach La Joue-du-Loup ab, ein gepflegter Retortenort für Skitourismus und mit gutem Bäcker für ein Frühstück. Der Sonnentag hat längst weite Teile der Bergarena ergriffen, auch wenn noch einige Wolken bis zum Col du Festre versuchen, die oberen Etagen zu verstecken. Das Dévoluy-Zwischenspiel nimmt ein recht flottes Ende mit einer atemberaubenden Berglandschaft, die eine Schlucht abschließt bis sich die typischen breiten Kiesbänke vom Pays de Buëch entfalten. In einer Talnische der nunmehr breiteren Ebene des Petit Buëch versteckt sich etwas sichtfern Montmaur mit Château, das mir aber den Umweg nicht wert scheint, wenn auch schön anzusehen. Beim Wiedersehen mit Veynes, dessen Ortskulisse einige Fassadenmalereien zur Schau stellt, muss ich mich doch über den sehr aufdringlichen, vor allem ruhenden Verkehr aufregen. So sind Teile im Ort so zugeparkt, dass für den Menschen weder Sitzplätze bleiben, noch ungetrübte Fotoperspektiven möglich sind. Die heiße Südsonne treibt mich dann ohnehin zu einem Badeplatz bei einem sich auftürmenden schwarzen Mergelberg an dem kleinen Buëch. Der weiße Sand glüht bereits, nicht auszudenken, wäre er auch noch schwarz. Der eher unauffällige Col des Eygaux bietet nochmal ein paar weitere Mergelhügel, zur Westseite dann den Blick auf die Hauptverkehrsader zum Col de la Croix-Haute zwischen Sisteron und Grenoble. Die Fahrt auf der Europastraße ist indes nur kurz, denn in La Faurie zweigt zum Col de la Haute-Beaume die nächste remote route ab, wenngleich man in den oberen Dörfern ein dezente Neubauentwicklung beobachten kann, was angesichts der Abgeschiedenheit schon etwas verwundert. Aber es ist ja zu begrüßen, wenn die Landflucht so gestoppt wird. Die Dämmeriung holt mich wieder schneller ein, während ich noch den Berg erklimme. So ist die Passhöhe bereits gedimmt im mageren Tagesrestlicht fast versunken und ohne Rastmöglichkeit für ein Zelt. Dazu muss ich noch weit tiefer hinunter bis zum etwas größeren Ort La Beaume, der dann schon an der Col-de-Cabre-Route liegt und schon in fast schlaftrunkene Nacht getaucht ist, während ich erst noch mein Abendpicknick verspeise.
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#1543127 - 24.01.24 18:10
Re: A.f.i.d.R. III-a: Au cœur du Dauphiné
[Re: veloträumer]
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Fortsetzung ALP-2022-TdF-17 (Teil 2) (So 21.8.) La Beaume – St-Pierre-d'Argençon – Aspremont – Serres – Sigottier – La Piarre – Le Château – Col de Carabès (1261/1263 m) La Bâtie-des-Fonds – Valdrôme – Col de la Rossas (1115/1121/1125 m) – St-Dizier-en-Diois56 km | 1015 Hm Das untere Tal ist eine breite Feldebene mit geradliniger Straßentrasse, was bei mir keine so rechte Begeisterung auslöst. Indes ist die Erinnerung an meine Col-de-Cabre-Beradlung von 2005 in umgekehrter Richtung doch recht beschränkt auf die Passhöhe und die Drôme-Wälder der Gegenseite. Nach einem weiteren Landschaftswechsel Richtung Aspremont, bildet der Grand Buëch ein ansprechendes Tal nach Serres. Aspremont macht zwar einen entschleunigten, heimeligen Eindruck für einen Kaffee, ich ziehe jedoch vor bis 12 Uhr noch einen Supermarkt in Serres zu erreichen (weil Sonntag). Auch die nächsten Routen lassen recht siedlungsarmes Gebiet mit wenig Versorgungsmöglichkeit erahnen, da pressiert es wieder Proviant aufzustocken. Serres kann sich einer herrlichen Lage über dem Fluss und unter den Pignolette-Felsen rühmen, wo sich durch mittelalterliche Gassen schlendern lässt, aber auch einfach am Buëch-Ufer eine chillige Pause verlockend ist. Mit verspeisten Obst- und Joghurt-Erfrischungen versuche ich den nächsten Anstieg in berstender Hitze. Sigottier weilt an einer auffällig eingeschnittenen Felskluse, die Schlucht nur kurz. Der kleine, überwucherte Bach verwehrt meist Badestellen, wenngleich sich einige verlockende Strudelpools gebildet haben. Die Felsenwelt wird von einer Feldebene unterbrochen, aus der ein mächtiger Mergelberg erhebt. La Piarre leitet eine weitere, diesmal etwas längere Schlucht ein. Die gehobene Steigungsverschärfung entwickelt sich eher noch weiter oben, wenn die Straße langsam aus der Felsenwelt austritt und sich weite Panoramablicke ergeben. Im oberen Teil entwickelt der Col de Carabès langsam die waldreiche Zone, die dann die Westseite noch deutlicher bestimmt. Der Departmentwechsel ist somit auch ein Wechsel aus einer mediterranen Berglandschaft mit felsigen Mergelbergen zu einer geschlossen, überbordend grünen Waldlandschaft, in der die Drôme in verwunschenen Quellteichen entspringt. Die offizielle Quelle zelebriert weiter unten ein Brunnen in La Bâtie-des-Fonds. Diese erfrischenden wasserreichen Wälder folgen weiter der Drôme, während in meiner Fahrtrichtung ab Valdrôme (Dorf) die Wälder zum und jenseits vom Col de la Rossas wieder mediterraner werden. (Mo 22.8.) St-Dizier-en-Diois – Col du Fays (1051 m) – Establet – La Charce – Bruis – Montmorin – Col des Tourettes (1126 m) – Col de la Saulce (877/878 m) – Col de Palluel (801/803 m) – Moydans – Rosans – Col de la Fromagère/Col de Pommerol (1072/1081 m) – Gorges de Pommerol – La Charce – Establet – Bellegarde-en-Diois71 km | 1295 Hm Irgendwo zwischen Hinterhofgarten und Weideland hatte ich noch einen Platz fürs Zelt gefunden in sonst ziemlich schräger Hanglage eines kleine Dorfes, das trotzdem einen gut besuchten Gastbetrieb für ein Abendessen geöffnet gehabt hätte. Mal mehr, mal weniger Kiefernwälder beschreibt die einsame Route bis Establet, wo ich endlich einen Quellbrunnen finde. Angesichts kaum vorhandener Einwohner verwundert die großräumig wirkende Mairie und ein schöner Picknickplatz. Dann kommt doch noch eine Frau mit Gießkanne zum Brunnen, um Blumen zu beträufeln. Es gibt also doch Bewohner hier. Nach einer Schlucht scheint das Dorf Charce etwas belebter, doch ist auch hier kein Laden, kein Bäcker. Das Burgbistro hat nur wenige ausgewählte Öffnungszeiten in der Woche, mehr um die Dorfgemeinschaft zu stärken als Touristen zu empfangen. Ein überraschend gut gepflegtes Château schmückt den obersten Dorfteil, wo abends gerne mal Boule gespielt wird. Die beschauliche Route streift nunmehr durch Obst- und Walnusswiesen sowie Schafsweiden. Auch Montmorin hat ein kleines Château, während am Ortseingang eine hübsche Sonnenuhr dem Besucher die Stunde weist. Langsam steigt die Straße an und läuft auf eine Felsenformation zu, die näher betrachtet grandiose Türme aufstapelt. Der auch so benannte Pass windet sich dann weniger spektakulär weitere Kurven hinauf, mit reizendem Blick zurück und vorbei an einem Fischteich mit Picknickareal. Mit dem Col des Tourettes wechselt die noch grüne und gewundene Landschaft zu einem offenen, breiten Plateau, auf dem man zur wichtigsten Verbindungsstraße zwischen Bochaine und Baronnies aufschließt. Die weiten Felder werden von eigenwilligen Mergelhügeln begrenzt, nachdem man den sanften steigenden Col de la Saulce passiert hat. Auch diese Route sollte mir bekannt sein und so fieberte ich etwas dem verträumt lieblichem Rosans entgegen, wo so treffend der vor 150 Jahren geborene Hirtendichter Ismaël Triolaire seine Poesie verfasste. Rosans, dass ich vormals recht stark von Touristen besucht erlebte, wirkt nunmehr fast trostlos verlassen, das einzige geöffnete Café schließt gerade seine Tore. Ein Motorradlerpaar meint, dass die letzte Augustwoche schon Ferienende bedeutet und daher das Leben in solchen Dörfern nahezu erlischt.
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#1543128 - 24.01.24 18:12
Re: A.f.i.d.R. III-a: Au cœur du Dauphiné
[Re: veloträumer]
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Fortsetzung ALP-2022-TdF-17 (Teil 3) Über den Col de la Fromagère oder Col de Pommerol ist man sich im Passnamen nicht ganz einig, Pommerol schreibt er sich jedenfalls auf dem Straßenpassschild aktuell. Die überwiegend mediterran buschige Vegetation wird auch mal von grüneren Waldpassagen unterbrochen, sodass die Südflanke einen abwechslungsreichen Anstieg bildet. Die Nordrampe gleitet hingegen über Weideland hinein in eine wiederum aufregende Schlucht, bevor ich erneut auf das Dorf La Charce mit der Burganlage treffe. Zurück nach Establet stellt sich bald wieder die Frage nach dem Nachtlager, für das ich in Bellegarde eine etwas auenfeuchte Picknickanlage finde. (Di 23.8.) Bellegarde-en-Diois – Col de Prémol (963/964 m) – Jonchères – Luc-en-Diois – Saut de la Drôme – D93/D174 – Miscon – Col Miscon (1023 m) – Boulc – D148/D539 – Gorges des Gâts – Glandage – Grimone – Col de Grimone (1318 m) 53 km | 1260 Hm So leicht, wie sich der Morgenschwung anfühlt, hätte ich vielleicht am Vorabend auch noch die Passhöhe erreichen können. Die Aussicht schweift weit über die Hochfläche. Bei Jonquères setzt sich eine weit gebogene Horizontlinie eines Bergkessels in Szene, während den unteren Talteil bereits abgeerntete Lavendelfelder prägen neben Walnuss- und Obstwiesen und zahlreicher wie nobler werdender Landhäuser. Luc-en-Diois macht als quirliges Städtchen mit historischem Bewusstsein viel Spaß. Die erstmals von mir gekosteten Nyons-Oliven aus dem hiesigen Supermarkt finden gleich meinen Applaus für das außergewöhnlich edle Geschmackserlebnis. Der Unterschied zu anderen Schwarzoliven ist deutlich zu schmecken, ein ganze Gourmetstufe höher zu bewerten. Neben historischen Fotos aus der Ortsgeschichte finden sich auch Zeugen der einst römischen Besiedlung. Nicht weit ist es von der Ortsausfahrt bis zum Durchbruch der Drôme, als Le Claps de Luc oder schlicht Le Claps bezeichnet – ein wild und doch wieder scheinbar durchdacht gestalteter Haufen gewaltiger Steinblöcke, durch die die Straße wie auch die scheinbar geschrumpfte Drôme hindurchschlüpfen. Die Drôme bildet dazu eher schwächere Kaskaden als man bei solchen Felstürmen vermuten würde. Der Hauptwasserfall befindet sich aufwärts direkt unter der Leitplanke der Straße, nicht gut ins Bild zu rücken und mehr ein Felsüberlauf als ein kräftiger Fall. Schon hat man ein neues Landschaftsbild erklommen, die sich von der Drôme-Route abzweigend zu einer Kulisse von schräg aufgestellten Schichtbergen entwickelt. Mit den bunten Laubtönen entsteht ein opulentes, warmes Farbenspiel mit stets kleinen Überraschungen nach jeder Kurve oder Felstunneln. Den steileren Anlauf nimmt der doch eigentlich unbedeutende Miscon-Pass ab dem gleichnamigen und letzten Dorf zuvor, wo eine fruchtbare Talsohle noch Früchte und Gemüse gedeihen lässt. Aus lehmigem, ockerfarbenem Berg sprudelt direkt an der oberen Straße kristallklares Quellwasser und läuft den Straßengraben entlang zu Tal. Die Gegenseite schlängelt sich verwunschen zu Tal, durchschneidet ein kleines Hopfenanbaugebiet, bevor wiederum eine Schluchtpassage zur Kreuzung führt. Auf der D539 will nun der Schluchtkanal kaum noch enden, der namentlich als Gorges des Gâts die nur leicht ansteigende Fahrt zum Col de Grimone einleitet. Die Felsen ragen zunehmend kühn über den Kopf, ein Kanal senkrecht zum Himmelsblau hinauf. Die Felstürme bevorzugen eine geschichtete Stapelstruktur, die sie farblich immer wieder variieren. Es folgt eine Serie von kurzen Felstunnels, wild in den Berg gehauen, bis eine Weideebene bei Glandage das höhlenartige Schauspiel beendet. Da an Höhe noch nicht so viel gewonnen ist, muss die Straße in die Kurven gehen, um den Berg zu meistern, bleibt aber im Anstiegsmoment eher durchschnittlich. Die Felsen sind nun wieder freier und schräg nach oben laufend, wie schon zuvor am Miscon-Pass. Viele Ausblicke reichen frei in oder über den Talgrund. Die Passhöhe mit Kühen und Pferden im Weidehain erreiche ich gerade noch rechtzeitig zum Abendrot – oder Abendbrot, je nachdem, was man mehr ersehnt. Vom Col de Grimone bis zum Col de la Croix-Haute streift die Straße zwar noch durch das Pays de Buëch im Diois-Massiv, was aber nur noch eine kurze, schnelle Strecke ist. So beende ich hier bereits den Bericht über das Herz der Dauphiné-Alpen und werde als nächstes die westlichen Randgruppen der Dauphiné-Alpen erkunden, zunächst das im Nordwesten gelegene Vercors. Eine Fortsetzungsprognose zu einem weiteren Detailbericht kann ich dafür aber nicht stellen – es dürfte eher wieder viel Zeit ins Land gehen. --- Ende ---
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#1543155 - 25.01.24 07:02
Re: A.f.i.d.R. III-a: Au cœur du Dauphiné
[Re: veloträumer]
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Da kann ich nur meinen Helm ziehen. So ein toller Bericht! Vielen Dank, dass du uns mitgenommen hast auf deine beeindruckende Reise.
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Mit sportlichen Grüßen aus Köln und allzeit gute Fahrt! geRADeRaus.comHeinz | |
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#1543862 - 04.02.24 18:32
Re: A.f.i.d.R. III-a: Au cœur du Dauphiné
[Re: veloträumer]
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Auch ich bin fasziniert vom Tourbericht. Schaut man sich die Streckenführung und das Höhenprofil auf Komoot an, weiß was da von Matthias geleistet wurde. Viele Abstecher bist du wieder zurück gefahren und hast viele Highlights damit sichtbar gemacht. Merci!
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...es reist sich besser mit leichtem Gepäck. | |
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