3. Etappe Altkirch - Ballon d'Alsace, 58km, 11.3km/h
Am Morgen regnete es erneut, was uns beim Einpacken des Zeltes vor einige Probleme stellte und mich etwas wichtiges vergessen liess - das sollte ich aber erst am Abend bemerken. Das Wetter war zwar mühsam, das Elsass aber umso schöner, und wir hofften, dass der Regen nachlässt und wir in Genuss von tollen Aussichten kommen. Schliesslich standen uns 700 Höhenmeter zuvor.
Zunächst überquerten wir unseren ersten Kanal, der Rhein-Rhone Kanal bei Hagenbach.
Eine organische Wasseraufbereitungsanlage
Grau verhangener Himmel; die Kulturlandschaft ist hier schon viel wilder als in der Schweiz.
Hier in Sewen beginnt der Aufstieg zum Ballon. Früher war hier ein Bahnhof (Endstation), die Strecke wurde stillgelegt und wird nun als Radwanderweg verwendet.
Es regnete immer stärker, kalt war es auch, und die Klamotten waren recht feucht, auch wenn nicht gleich durchnässt. Wir überlegten uns, in Sewen für heute abzubrechen. Es gab hier aber weder Zeltplatz noch ein Hotel, nicht einmal ein Restaurant, das offen hatte. So fanden wir in der Kirche für einige Zeit Unterschlupf, was allerdings aufgrund der tiefen Temperaturen nicht viel nützte.
Hier wollten und konnten wir nicht übernachten. Wir hatten das Gefühl, dass der Regen aber etwas nachliess, was sich allerdings als Wunschdenken heraus stellen sollte. Wir begannen also den Pass in Angriff zu nehmen und fuhren direkt in die Wolken hinein. Fotos waren ziemlich sinnlos; ein Wald im Nebel. Die Strecke war aber wirklich schön, mit vielen Haarnadelkurven und bunten Blüten am Strassenrand und das Wetter hatte einen grossen Vorteil: Wir hatten die Strasse für uns alleine und wurden von lästigen Motorräder verschont. So konnten wir den ganzen Nachmittag im Zickzack die Steigung bewältigen. Der Regen liess aber nie nach, im Gegenteil. Dazu wurde es kälter und kälter und windiger und windiger, die Finger wurden steif, die Nerven kurz und der Nebel dichter. Wir fürchteten uns aber vor allem vor der Abfahrt in der Kälte, zehn Kilometer runter nach St. Maurice-sur-Moselle. Doch auf der Passhöhe wurden wir vom Anblick einer offenen Herberge beglückt. Die Wirtin nahm uns wohlwollend auf und schoss ein Foto zum Andenken an unsere erste Passfahrt.
Mit unserem Vorbild, René Pottier, der 1905 an der Tour de France den Ballon d'Alsace mit einem Schnitt von 20km/h bewältigte, hätten wir nicht mithalten können. Er war der einzige, der nicht schieben musste und das hatten wir allerdings auch geschafft, was uns doch ein wenig stolz machte. Eine Gedenktafel erinnert an seinem Triumph. Wenig Ruhmreich war aber sein Abgang: Er beging 1907 Selbstmord.
Danach erhielten wir ein beheiztes Zimmer und leckeren Elsässischen Eintopf. Neben uns war ein Paar zu Tisch, das von Holland aus zu Fuss unterwegs war, und das schon seit 4 Monaten. Vor dem Einschlafen bemerkte ich, dass mein Handy fehlte. Ich hatte es beim Aufladen im Bad liegen gelassen, samt Aufladegerät. Die Wirtin half mir, den Zeltplatz zu kontaktieren. Da niemand das Telefon beantwortete, mussten wir es mit Faxen versuchen. Die Nachricht kam aber glücklicherweise an, das Telefon wurde gefunden und die Platzbetreiber schickten meinen Eltern das Handy gut verpackt in die Schweiz zurück. Was mich dann zunächst nervte, war dann aber ein befreiender Schicksalsschlag. Zwei Monate ohne Handy, das tat gut!
Fortsetzung folgt.