8. Etappe Taissy - Chamouille, 61km, 15.6km/h
Gut erholt dank weichem Bett machten wir uns auf den Weg durch Reims. Am Kanal entlang führte ein gut ausgebauter Radweg.
Schon am Morgen waren viele mit dem Velo unterwegs. Nach zwei Kilometern fuhren wir an einer Gruppe, schon fast eine Versammlung, Rennradfahrern vorbei. "Attention punaise!" riefen sie uns zu. Ich drehte mich um und fragte meine Partnerin, was das wohl bedeute. Sie wusste es auch nicht. Doch bald darauf lernte ich ein neues Wort. Die Reifen waren plötzlich voll farbiger Reissnägel. Eine schöne Bescherung eines äusserst grosszügigen Mitmenschen. Da lernte ich noch etwas: Wenn Du einen Reissnagel im Reifen hast, lass ihn besser stecken. Das lernte ich auf die harte Tour. 3 Platten liessen sich trotz viel Mühe, Fluchen und vielen Hilfsangeboten nicht reparieren. Mit nur einem Ersatzschlauch mussten neue Schläuche her. Doch woher? Just als wir diese Frage beantwortet haben wollten, kreuzten zwei junge, hübsche Damen in Uniform auf. Velopolizistinnen. Da nahmen wir an, dass wir schnell eine Lösung zur Hand haben würden. Zuerst erklärten wir, was passiert war. "Wo ist denn Euer Auto?" wollten sie wissen (!). Tja. Auf die Frage, wo der nächste Velomechaniker sich befinde guckten sie sich gegenseitig an, schüttelten den Kopf und behaupteten allen Ernstes, dass es in Reims keinen solchen gäbe. In einer Stadt mit 180'000 Einwohnern! Schliesslich erklärte uns ein Passant den Weg zum Decathlon. 20 Minuten schieben und wir waren dort. Der Hausmechaniker war sichtlich erstaunt und glücklich über so aussergewöhnlichen Kunden dass er uns die Arbeit gar nicht verrechnete und nur die Schläuche zahlen liess.
Damit war der Morgen futsch. Nebenan assen wir dann Mittag in McDo's und wurden auf Schweizerdeutsch empfangen. Eine Familie, die gleich in der Nähe von uns wohnt, sprach uns an. So hatten wir ein interessantes, unerwartetes Gespräch und vergassen unsere Sorgen schnell. Danach nahmen wir wieder Kurs auf und stellten erfreut fest, dass die Punaise mittlerweile weggeräumt worden waren. Die Kathedrale liessen wir aber sein und begnügten uns mit dem Kanal.
Wir hielten Richtung Nordwesten weiter in das Departement Aisne. Im Hintergrund Reims:
Die Region ist sehr ländlich geprägt.
Cauroy-lés-Hermonville
Die Aisne bei Pontavert
Unsere Tagesetappe hätte von uns aus hier enden können. Hier hätte gemäss Internetrechere eigentlich ein Camping sein sollen, doch ein paar Kinder erklärten uns, dass der Platz geschlossen sei. Wie wir später herausgefunden hatten, sind zahlreiche Camping Municipal im Norden von Frankreich in den letzten Jahren geschlossen worden, was das Reisen so etwas mühsam macht. Jedenfalls fuhren wir so weiter, hier ein kurzes Stück auf der "Chemin des Dames" mit Blick auf das Aisnetal:
Über den Hügel und in ein neues Tal: Im Tal der Ailette befindet sich ein Naturschutzgebiet mit Seen und eine Klosterruine.
Es ist hier sehr ländlich.
In Chamouille stiessen wir auf eine grosse Ferien- und Seminaranlage, ein riesiges Privatgelände mit hohen Zäunen und Eingangskontrolle. Spontan konnte man hier nicht übernachten, aber der Wächter frischte unsere Wasservorräte auf und empfahl uns, unser Zelt ein paar Kilometer weiter unten am See aufzustellen. Es war ein wunderschöner Ort um zu schlafen inmitten ungestörter Natur. Sogar Nacktbaden war möglich.
Am nächsten Morgen waren wir längst vor den Schwänen wach, deren ganze Familie samt Junge ruhig weiter döste und sich nicht von uns stören liess.
Fortsetzung folgt.