Hallo Stefan, hallo Jan,
eigentlich hab ich mich hier angemeldet, da ich privat eben viel auf dem Rad unterwegs bin. Dann finde ich hier diesen Text, der mich auch beruflich doch berührt - ich bin beruflich einer dieser Jungs von Weber - sodaß man mir hoffentlich verzeiht, daß ich hier fast schon beruflich etwas schreibe, obwohl ich privat angemeldet bin.
Zu den beschriebenen Problemen:
Aluwanne:
Technisch richtig beschrieben. Nur möchte ich auch zwei Sachen zu Bedenken geben: Würden wir wie in der Luftfahrtindustrie testen, dann wäre der Hänger nicht mehr bezahlbar.
Die 90% möchte ich übrigens bestreiten! Es gab in der Vergangenheit tatsächlich ein Problem mit dem Verfahren - inzwischen hab ich jedoch den Eindruck, daß die Kollegen in der Werkstatt das Verfahren durchaus im Griff haben und die Wannen ordentlich verklebt sind - auch ohne aufwändige Testverfahren.
Seitenwände:
Diesmal ist die Aussage nicht ganz richtig. Die Seitenscheiben sind verschweißt und vernäht - damit sind nur die Stiche undicht! Das Problem ist, daß wir unterschiedliche Materialien miteinander verbinden müssen (Seitenscheiben und Stoff). Die Scheiben miteinander halten, der Stoff mit Stoff miteinander verschweißt hält auch. Stoff mit Scheibe löst sich einfach bei höhren Temperaturen und Belastung. Die Naht nimmt die Belastung aus der Verschweißung und somit hält die Verschweißung.
Laufräder:
Das sehe ich etwas anders. 16" Räder setzen den Schwerpunkt nicht unwesentlich herab, was den Hänger kippstabiler macht. Der Ritschie braucht das mehr als ungefederte Hänger, da die Federung einfach Platz braucht.
Richtig ist, größere Räder rollen besser über Unebenheiten, drum hat man auch bei alten Autos große Räder eingebaut. Mit der Verbesserung der Federung haben die Autos kleiner Räder bekommen. Ohne es beweisen zu können behaupte ich, gefederte 16"er sollten mindestens genausogut wie ungefederte 20"er laufen.
Kofferraum:
Nicht ganz richtig. Weber geht den Schritt, die Wanne zu vergrößern bisher nicht, weil wir den Touring Top nicht sterben lassen wollen. Ändern wir die Wannengröße brauchen wir für den Touring Top eine neue Deckelform, aber neue Werkzeuge für den Touring Top - für nicht eingeweihte, der Deckel um den Ritschie als Gepäckanhänger nutzen zu können - sind definitiv nicht bezahlbar.
Touring Top:
Da es genauso langwierig wäre die genauen Ursachen für die einzelnen Probleme zu erklären - hier nur ein - zwei Sätze dazu:
Der Ritschie wird in Handarbeit und eben nicht in industrieller Großserienfertigung gebaut. Die hierbei auftretenden Toleranzen sind zwangsläufig etwas größer. Der Touring Top muß daher individuell angepasst werden. Leider gibt es einige Händler die diese Arbeiten scheuen und sie auf die Kunden abwälzen. Meiner Meinung nach sollte der Deckel nur von erfahrenen Händlern oder im Werk angepasst werden. Privatleute scheitern zu 90% daran.
Zum Fazit:
Das Ganze klingt für mich so, als ob die Firma Weber ein Heidengeld mit dem Ritschie verdienen würde. Leider kann man mit dem, was man im Fahrradbereich verdient - insbesonders, wenn man ein Nieschenprodukt anbietet, keine großen Sprünge machen. Trotzdem wird der Ritschie weiterentwickelt: Der Ritschie von 2006 unterscheidet sich in vielen Punkten vom 2005er Modell. Dieser Kleinsch.... kostet sehr viel Zeit und logischerweise auch Geld.
Mein Job bei Weber ist Entwicklung und nicht Werbung, drum werde ich nicht groß darüber schwallen.
Florian
Hallo Jan,
Ich bin ebenso wie Du der Überzeugung, daß der Ritschie ein sehr guter Anhänger ist. Ob es auf dem Markt weitere sehr gute Anhänger gibt, mag ich nicht beurteilen, da fehlt mir einfach der aktuelle Stand.
Die größte Fehlerquelle ALLER Ritschie-Anhänger ist die Aluwanne!
Diese wird folgendermaßen gefertigt: Man nimmt ein Alublech, darauf kommt ein Klebevlies, dann eine Kunststoffwabenmatte, dann wieder ein Klebevlies, dann wieder ein Alublech. Dies wird dann alles unter Wärmeeinwirkung zu einem Sandwich verbacken.
Idealerweise ist es nun so, daß der Klebevlies zerläuft, der Kleber jedoch nicht vollständig in die Wabenmatte eindringt, sondern dort ein Luftpolster hinterläßt, da die Kraftlinien bei einem Aufprall sich in der Luft schlechter vortreiben können als in einem Material.
Um dies genau so fertigen zu können, ist ein enormer technischer Aufwand nötig (erklärte mir mal ein Luft- und Raumfahrtingenieur) und ein hoher Ausschuß die Folge; und genau diesen Aufwand betreibt Weber nicht, verwendet aber trotzdem das Konzept!
Man bekommt bei Weber Wannen, die halt nach gut Glück entweder mit durchfloßenem Kleber, mit Luftpolster oder gar nicht verklebt sind. Gerade letzteres ist sehr häufig der Fall. Ich kontrolliere jeden Ritschie, der mir in die Finger kommt und rund 90% sind am Unterboden gar nicht verklebt, da kann man das Blech drücken wie bei einer Coladose. Ich selbst habe erst bei der dritten Reklamation eine akzeptable Wanne bekommen.
Ich behaupte also, das Weber nicht die beste Sicherheit aus diesem Konzept herausholt, und hier muß man ihnen immer und immer wieder auf die Füße stehen!
Die Seitenwände:
Seit dem Hitzesommer 2003 verschweißt Weber nicht mehr die Sichtfenster der Seitenwände, weil sich die Verklebung/Verschweißung gelöst hat; sie werden jetzt vernäht. Dies ist aus meiner Sicht Baumarktniveau und hat bei einem Hänger dieser Preisklasse nix verloren; Wände und Verdeck müssen 100% wasserdicht sein!
Die Laufräder:
Wurden umgestellt auf 16", was Weber als Fortschritt verkauft. ..... Dabei weiß jeder, daß ein kleines Rad schlechter über Unebenheiten rollt als ein großes. Man arbeitet damit aus meiner Sicht gegen die eingebaute Federung. Und es ist ebenso Tatsache, daß die Reifenauswahl sowohl für 16" als auch für 18" sehr schlecht ist.
Der Kofferaum:
Weber ist bekannt, daß nahezu alle Kunden den zu geringen "Kofferraum" bemängeln. Gerade bei dem doch höheren Gesamtgewicht würde es Sinn machen, die Wanne noch um 20 cm zu verlängern, da damit das nur unwesentlich ansteigende Gesamtgewicht sinnvoll einsetzbar wäre.
Weber geht diesen Schritt nicht, weil die Herstellung der Werkzeuge/Formen einfach sehr teuer ist.
Das Touring-Top:
Der hohe Preis des Ritschie rechfertigt sich doch auch dadurch, daß man ihn nach der Kinderzeit auch als Lastenanhänger mit Touringdeckel nutzen kann.
Dieser Touringdeckel ist jedoch auch in seiner neuesten, überarbeiteten Fassung mangelhaft; und das bei einem Preis von sage und schreibe 230 Euro! Es würde jetzt zu lange dauern, den Mangel auszuführen (bei Interesse bitte anfragen), es ist aber so, daß der Mangel durch eine präzisere Fertigung behoben werden könnte, und das will ich als Kunde bei dem Preis einfach einfordern!
Fazit: Also die Jungs da unten am Chiemsee sind wirklich fit, mit denen kann man reden. Alles, was ich hier geschrieben habe, sehen die auch voll und ganz ein. Aber es sind halt auch scharfe Rechner, und so lange der Kunde den Ritschie so kauft, wie er ist, wäre es ja unwirtschaftlich, da was zu ändern.
Beste Grüße